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Die Ordnung der Meere

Zur Integration von maritimer Raumplanung und Meeresumweltschutz

von Anja Maurer (Autor:in)
©2017 Dissertation 474 Seiten

Zusammenfassung

Seit Jahrhunderten wurden die Meere als schier unerschöpfliche Ressourcenträger verstanden. Sie bieten Menschen Nahrung, dienen als Transportwege und Rohstoffquelle. Der freie Zugang zu ihnen und ihre freie Nutzung wird nun in Frage gestellt. Neben die Schifffahrt und Fischerei sind neue Nutzungen wie Offshore-Windparks getreten. Gleichzeitig steigt das Bewusstsein, dass eine gesunde Meeresumwelt keineswegs selbstverständlich ist. Hieraus entstehen Interessenkonflikte zwischen wirtschaftlichen Nutzungsansprüchen und ökologischen Schutzinteressen um die zunehmend als knappe Ressource wahrgenommenen Meere. Lösungsstrategien sehen eine rechtliche Überformung der Meere vor, wobei zwei Instrumente im Fokus stehen: Die maritime Raumplanung und der Meeresumweltschutz nach der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Die Konfliktlage in den Meeresgewässern der Nord- und Ostsee
  • B. Die vorhandenen rechtlichen Steuerungsinstrumente
  • C. Verknüpfung und Arbeitsthesen
  • D. Gang der Untersuchung
  • 1. Kapitel: Die maritime Raumplanung
  • A. Planung: Begriff, Funktion, Ziele
  • I. Zu den Begriffen Raumordnung und Raumplanung
  • II. Arten der räumlichen Planung: Gesamtplanung und Fachplanung
  • III. Marine und maritime Raumplanung
  • IV. Raum und Umwelt
  • B. Völkerrechtliche Grundlagen für eine maritime Raumplanung
  • I. Völkerrecht und nationales Recht
  • II. Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ)
  • 1. Die Meereszoneneinteilung
  • a. Küstenmeer und Anschlusszone
  • b. Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) und Festlandsockel
  • c. Hohe See
  • 2. Die Zuweisung souveräner Rechte und Hoheitsbefugnisse
  • 3. Die Meeresumweltschutzanforderungen
  • 4. Raumplanerische Befugnis
  • a. Ausdrückliche Befugnis aus dem Seerechtsübereinkommen
  • b. Necessary implication
  • c. Umfang der raumplanerischen Befugnisse
  • d. Ergebnis
  • III. Sonstige völkerrechtliche Regelungen mit Bedeutung für eine maritime Raumplanung
  • 1. Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt und des Nordostatlantiks (OSPAR-Übereinkommen)
  • 2. Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (HELSINKI-Übereinkommen)
  • 3. Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention)
  • 4. Rechtsetzungstätigkeit der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO)
  • a. Festlegung von Schifffahrtswegen
  • b. Ausweisung von Particularly Sensitive Sea Areas (PSSA)
  • c. Ausweisung von Sondergebieten nach MARPOL-Übereinkommen
  • 5. Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention)
  • 6. Weitere Übereinkommen
  • IV. Zusammenfassung
  • C. Ansätze für eine maritime Raumplanung in der Europäischen Union
  • I. Die integrierte Meerespolitik der EU: Grünbuch, Blaubuch & Co.
  • II. Unionsrechtliche Kompetenzen – Verhältnis Unionsrecht, Völkerrecht und nationales Recht
  • III. Kompetenztitel Raumplanung
  • 1. Umweltrechtliche Kompetenznorm
  • 2. Territorialer Zusammenhalt
  • 3. Kompetenzmix aus Art. 43 Abs. 2, Art. 100 Abs. 2, Art. 192 Abs. 1 und Art. 194 Abs. 2 AEUV
  • 4. Ergebnis
  • IV. Unionsrechtliche Rechtsakte mit Bedeutung für eine maritime Raumplanung
  • 1. Seeschifffahrt
  • 2. Transeuropäische Netze
  • 3. Fischereirecht
  • 4. Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EE-RL)
  • 5. Carbon Capture and Storage (CCS-RL)
  • 6. Natura 2000
  • a. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL)
  • b. Vogelschutz-Richtlinie (Vogelschutz-RL)
  • 7. UVP- und SUP-Richtlinie
  • 8. Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
  • 9. Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL)
  • 10. Maritime Raumplanungsrichtlinie (MRRL)
  • V. Zusammenfassung
  • D. Grundlagen maritimer Raumplanung in Deutschland
  • I. Nationale Meerespolitik
  • 1. Ausbau der erneuerbaren Energien Offshore
  • 2. Ministerkonferenz für Raumordnung
  • 3. Strategie der Bundesregierung zur Windenergienutzung auf See
  • 4. Entwicklungsplan Meer und Maritime Agenda 2025
  • 5. Rechtliche Folgeentscheidungen
  • II. (Verfassungs-)Rechtlicher Rahmen für eine maritime Raumplanung in der deutschen AWZ
  • 1. Verhältnis Völkerrecht und nationales Recht: Geltung der Verfassung in der deutschen AWZ
  • a. Territoriale Souveränität und Gebietshoheit
  • b. Keine Geltung der Verfassung in der deutschen AWZ
  • c. Geltung aufgrund des Rechtsstaatsprinzips
  • d. Ergebnis
  • 2. Anwendbarkeit unterverfassungsrechtlichen Rechts in der deutschen AWZ
  • a. Anwendbarkeit ipso iure
  • b. Erforderlichkeit einer förmlichen Erstreckungsklausel
  • c. Zwischenergebnis
  • d. Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004: Normative Erstreckungsklausel § 1 Abs. 1 Satz 3 ROG 2004
  • 3. Gesetzgebungskompetenz für die maritime Raumplanung in der deutschen AWZ
  • a. Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004: Erlass des § 18a ROG 2004
  • b. Geltung des Bundesstaatsprinzips in der deutschen AWZ: Innerstaatliche Verteilung von Kompetenzen in der AWZ
  • c. Ausschließliche Kompetenz des Bundes
  • d. Ausschließliche Kompetenz des Bundes kraft Natur der Sache
  • e. Konkurrierende Kompetenzen
  • f. Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GG a.F.
  • g. Ausnahmefall des Art. 75 Abs. 2 GG a.F.
  • h. Zwischenergebnis
  • i. Neue Rechtslage nach der Föderalismusreform 2006
  • 4. Verwaltungskompetenz für die maritime Raumplanung in der deutschen AWZ
  • 5. Gesetz zur Neufassung des Raumordnungsgesetzes (GeROG) 2009
  • III. Marines und maritimes Raumplanungsrecht
  • 1. Grundlagen der Raumordnung – Das Raumordnungsgesetz (ROG)
  • a. Aufgabe und Leitvorstellung der Raumordnung
  • b. Erfordernisse der Raumordnung, §§ 2–6 ROG 2009
  • aa. Ziele der Raumordnung
  • bb. Grundsätze der Raumordnung
  • cc. Bindungswirkungen
  • c. Allgemeine Vorschriften über Raumordnungspläne, § 7 ROG 2009
  • aa. Raumordnungsrechtliches Abwägungsgebot
  • bb. Abstimmungsgebot
  • cc. Kennzeichnungspflicht von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung
  • dd. Begründungspflicht
  • ee. Verträglichkeitsprüfung nach dem Bundesnaturschutzgesetz
  • ff. Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Raumordnungsplänen
  • d. Gebietskategorien und deren Ausweisung, § 8 Abs. 7 ROG 2009
  • aa. Vorranggebiete
  • bb. Vorbehaltsgebiete
  • cc. Eignungsgebiete
  • dd. Sonstige Gebietskategorien
  • e. Verfahren zur Aufstellung von Raumordnungsplänen, §§ 9–11 ROG 2009
  • aa. Umweltprüfung
  • bb. Beteiligung bei der Aufstellung der Raumordnungspläne
  • cc. Bekanntmachung
  • dd. Planerhaltung
  • f. Vorgaben des § 18a ROG 2004/§ 17 Abs. 3 ROG 2009
  • aa. Überleitungsvorschrift des § 29 ROG 2009
  • bb. Vorgaben des § 18a ROG 2004
  • cc. § 17 Abs. 3 ROG 2009
  • 2. Sonstige nationale Regelungen
  • a. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • b. Seeanlagenverordnung a.F. (SeeAnlV) – Seeanlagengesetz (SeeAnlG) und Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG)
  • c. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)
  • d. Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG)
  • e. Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG)
  • f. Sonstige Vorschriften
  • IV. Rechtsschutz
  • V. Zusammenfassung
  • E. Raumplanung im Küstenmeer
  • I. Rechtliche Unterschiede zur Situation in der AWZ
  • II. Niedersächsisches Landes-Raumordnungsprogramm
  • III. Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein
  • IV. Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern
  • V. Strategien und Maßnahmen der Bundesländer Hamburg und Bremen
  • VI. Zusammenfassung
  • F. Maritime Raumplanung in der deutschen AWZ
  • I. Die Entstehung der AWZ-ROV – Die Verordnungsentwürfe des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)
  • 1. Rechtliche Grundlage
  • 2. Zuständigkeit des BSH
  • 3. Öffentlichkeitsbeteiligung
  • 4. Erstellung der Umweltberichte zu den Raumordnungsplänen für die deutsche AWZ in der Nordsee und Ostsee
  • a. Beschreibung und Einschätzung des Umweltzustands
  • b. Voraussichtliche Entwicklung bei Nichtdurchführung des Plans
  • c. Beschreibung und Bewertung der voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen der Durchführung des Raumordnungsplans auf die Meeresumwelt
  • d. Verträglichkeitsprüfung bzgl. der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bzw. bzgl. europäischer Vogelschutzgebiete
  • e. Alternativenprüfung
  • f. Zusammenfassung
  • 5. Entwurfsfassungen
  • a. Erster Entwurf der AWZ-ROV vom 13. Juni 2008
  • b. Zweiter Entwurf der AWZ-ROV vom 28. April 2009
  • II. AWZ-ROV Nordsee: Verordnung, Textteil, Karte
  • 1. Verordnung vom 21. September 2009
  • 2. Textteil und Karte
  • a. Leitlinien zur räumlichen Entwicklung der AWZ
  • b. Festlegungen
  • aa. Festlegungen mit Doppelcharakter
  • bb. Festlegungen vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Interessen
  • cc. Konkrete Festlegungen zum Schutz der Meeresumwelt
  • dd. Nutzungsspezifische Festlegungen zum Schutz der Meeresumwelt
  • ee. Originäre Festlegungen zum Schutz der Meeresumwelt
  • ff. Zusammenfassung
  • c. Berücksichtigung sonstiger Belange
  • d. Zusammenfassende Umwelterklärung und Überwachungsmaßnahmen
  • III. Besonderheiten des AWZ-ROV Ostsee
  • 1. Verordnung vom 10. Dezember 2009
  • 2. Textteil und Karte
  • a. Leitlinien zur räumlichen Entwicklung der AWZ
  • b. Festlegungen
  • c. Berücksichtigung sonstiger Belange
  • d. Zusammenfassende Umwelterklärung und Überwachungsmaßnahmen
  • G. Bewertung
  • I. Unionsrechtskonforme Umsetzung der Maritimen Raumplanungsrichtlinie
  • II. Rechtliche Verankerung der Raumordnungsplanung im Raumordnungsgesetz
  • III. Grundannahmen für die Raumordnungspläne: Ergebnisse der Umweltberichte
  • IV. Inhaltliche Ausrichtung: Mehrwert der Raumordnungspläne in der deutschen AWZ
  • V. Entwicklungsmöglichkeiten: Ein maritimer Raumordnungsplan für die europäischen Meere
  • 1. Vergleich aktueller Einbindungsszenarien
  • 2. Vorteile und Möglichkeiten einer grenzüberschreitenden maritimen Raumplanung
  • 3. Optionen und Herausforderungen
  • VI. Ergebnis
  • H. Zusammenfassung des 1. Kapitels
  • 2. Kapitel: Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) und ihre nationale Umsetzung
  • A. Die Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt
  • I. Politischer und rechtlicher Hintergrund
  • 1. Sechstes Umweltaktionsprogramm der EG
  • 2. Thematische Strategie für den Schutz und die Erhaltung der Meeresumwelt
  • 3. Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
  • a. Rechtliche Grundlage
  • b. Änderungen im Gesetzgebungsverfahren ggü. der Entwurfsfassung
  • c. Inhaltlicher Überblick über die Richtlinie
  • II. Die Rolle der Europäischen Kommission
  • III. Gegenstand und zentraler Begriff der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
  • IV. Geographischer und sachlicher Anwendungsbereich
  • V. Die Meeresstrategien und ihr zeitlicher Rahmen
  • 1. Vorbereitungsphase
  • a. Anfangsbewertung: Erfassung des aktuellen Umweltzustandes
  • b. Beschreibung des guten Umweltzustandes: Soll-Zustand
  • c. Festlegung von Umweltzielen
  • d. Erstellung und Durchführung eines Überwachungsprogramms
  • 2. Maßnahmenphase – an der Schnittstelle zur maritimen Raumplanung
  • a. Begriffsbestimmung
  • b. Maßnahmenprogramme
  • c. Räumliche Schutzmaßnahmen
  • d. Praktische Umsetzung der Maßnahmenprogramme
  • 3. Ausnahmevorschriften
  • a. Fristverlängerung und Zielabweichung
  • b. Empfehlung für Gemeinschaftsmaßnahmen
  • c. Urgent Action
  • 4. Verfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung
  • B. Nationale Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
  • I. Nationale Meerespolitik
  • II. Die rechtliche Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie im Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
  • 1. Das Umsetzungsgesetz
  • 2. Anwendungsbereich
  • 3. Zuständigkeiten
  • 4. Öffentlichkeitsbeteiligung und Verfahren
  • III. Die deutsche Meeresstrategie – Aktueller Stand der Umsetzung
  • 1. Vorbereitung
  • a. Anfangsbewertung der deutschen Nord- und Ostsee
  • b. Beschreibung eines guten Umweltzustandes für die deutsche Nord- und Ostsee
  • c. Festlegung von Umweltzielen für die deutsche Nord- und Ostsee
  • d. Überwachungsprogramme
  • e. Bewertung und Hinweise der Kommission
  • 2. Maßnahmenprogramme
  • a. Räumliche Schutzmaßnahmen
  • b. Maßnahmenprogramme
  • IV. Fortgang
  • C. Bewertung
  • I. Fehlende sektorpolitische Integration
  • II. Fehlende rechtliche Verknüpfung
  • 1. Integration anderer meeresumweltschutzbezogener Regelwerke auf regionaler, supranationaler und internationaler Ebene
  • 2. Integration der mitgliedstaatlichen Meeresstrategien untereinander
  • III. Unbestimmtheit des Begriffs „guter Umweltzustand“
  • 1. Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit einer guten Meeresumwelt
  • 2. Fehlende Mindeststandards
  • 3. Schwache Betonung des Vorsorgeprinzips
  • IV. Instrumente zur Zielerreichung
  • V. (Zu) Weitreichende Ausnahmemöglichkeiten
  • VI. Mehrwert der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
  • VII. Ergebnis
  • D. Zusammenfassung des 2. Kapitels
  • 3. Kapitel: Die Integration von maritimer Raumplanung und Meeresumweltschutz
  • A. Integrationsauftrag der Europäischen Kommission
  • I. Begriffsklärung
  • II. Inhalt des Integrationsauftrages
  • 1. Integrationsprinzip
  • 2. Integration raumplanungsrechtlicher Instrumente
  • 3. Integration als Problemlösungsstrategie
  • B. Integrationsfähigkeit von Meeresumweltschutz und maritimer Raumplanung
  • I. Integrationsfähigkeit de lege lata und de lege ferenda
  • II. Erfüllung des Integrationsauftrages in der Bundesrepublik Deutschland? Zum Status quo: Schnittstellen zwischen maritimer Raumplanung und Meeresumweltschutz
  • 1. Entstehungsgeschichte: Kein Bezug zum Integrationsauftrag
  • 2. Formalia: Integrationsauftrag nicht erfüllt
  • 3. Realität: Integrationsauftrag nicht zielgerichtet erfüllt
  • 4. Institutionelle Integration: Integrationsauftrag teilweise erfüllt
  • 5. Inhalt: Integrationsauftrag nicht erfüllt
  • 6. Bewertung des marinen Status quo
  • III. Gründe für das bisherige Scheitern einer Integration: Spannungsverhältnisse und Inkompatibilitäten
  • 1. Systematische Gründe
  • 2. Hinterfragung des Integrationsauftrages
  • 3. Neuer Ausgangspunkt für eine Integration
  • C. Zusammenfassung des 3. Kapitels
  • 4. Kapitel: Schluss
  • A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Arbeit
  • B. Ausblick
  • Anlage 1
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

← XXVI | 1 →

Einleitung

„Would you tell me, please, which way I ought to go from here?“
„That depends a good deal on where you want to get to“, said the Cat.
„I don’t much care where –“, said Alice.
„Then it does not matter which way you go“, said the Cat.
Lewis Carroll, Alice in Wonderland1

Die umfassende Inwertsetzung der Meere hat schon vor Jahrzehnten begonnen.
Hanns Buchholz, IzR 2004, 485

In ihrer fabelhaften Reise durch das Wunderland sieht sich Alice mit der Situation konfrontiert, eine Grinsekatze, die dazu auch noch nach Belieben auftaucht und verschwindet, um Hilfe bitten zu müssen. Ihr Problem liegt dabei sowohl in der Grinsekatze selbst, die ihr auf der Suche nach dem richtigen Weg zwar eine Hilfe sein könnte, deren Antworten aber so richtig wie gleichzeitig wenig hilfreich sind. Daneben hat Alice das Problem, momentan weder zu wissen, wo sie sich befindet, noch, welchen Weg sie einschlagen soll.

So oder ähnlich stehen Politiker und Rechtswissenschaftler vor den Herausforderungen eines funktionierenden Meeresumweltschutzes und dem stringenten Aufbau einer maritimen Raumplanung in den europäischen Meeren. Allen Beteiligten ist klar, dass sich im Vergleich zur aktuellen Situation zukünftig etwas ändern muss, um immer stärker in Konflikt geratene Meeresnutzungen und politisch formulierte Schutzziele verwirklichen und in Einklang bringen zu können. Welcher Weg aber der richtige ist und zum Ziel führt und wie dieses Ziel auszusehen hat, ist bislang weitgehend unbeantwortet.

Gerade aktuelle politische und gesetzgeberische Entwicklungen der Jahre 2016 und 2017 haben zudem die hohe Dynamik des Themas noch einmal deutlicher werden lassen. Die Entscheidung des britischen Volkes, die EU zu verlassen und die damit neu in den Blick gerückte Verflechtung und wechselseitige Abhängigkeit der Staaten Europas zeigen dies in besonders unmittelbarer und hoher Deutlichkeit. Gleiches gilt für die vielfältige Tätigkeit des deutschen und europäischen Gesetzgebers im Gebiet der Raumordnungsplanung und der entsprechenden Gesetzgebung. ← 1 | 2 → So hat die Bundesregierung Anfang des Jahres einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des Raumordnungsgesetzes vorgelegt, mit dem u.a. die Vorgaben der 2014 erlassenen Richtlinie zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung umgesetzt (Maritime Raumplanungsrichtlinie, 2014/89/EU) werden sollen. Eine Fortschreibung der beiden Raumordnungspläne für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee ist ebenfalls für angekündigt.

A.   Die Konfliktlage in den Meeresgewässern der Nord- und Ostsee

Konkreter zeichnet sich das folgende Bild: Die unionalen Meeresgewässer sind geprägt von einer räumlichen Verteilungsproblematik von Nutzungsansprüchen und Schutzinteressen. Dies trifft auch und besonders auf die beiden an die Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Meere der Nord- und Ostsee zu. Die Konfliktlage in den beiden deutschen Meeren der Nordsee und Ostsee lässt sich zunächst einmal in ihrer tatsächlichen Ausprägung beschreiben:2 Die scheinbare Unendlichkeit des Meeres und der gefühlte Platzmangel an Land durch „störende“ landbasierte Nutzungsformen führten zu einer Entwicklung, in der immer mehr Nutzungen vom Land auf das Meer übertragen wurden. Zu den ursprünglichen Nutzungsformen der Schifffahrt, Fischerei, Rohr- und Kabelverlegung sind so im Laufe der Zeit weitere hinzugetreten: Vorrangig zu nennen ist hier die Windenergienutzung, aber auch der Sand- und Kiesabbau/Bergbau, die militärische Nutzung und der Tourismus. Weitere Nutzungsarten stehen mehr oder weniger kurz vor einer Realisierung, d.h. einer beginnenden realen Nutzung: Aquakultur und Kohlendioxidspeicherung. Diesen Nutzungsinteressen stehen Schutzinteressen am Erhalt der Natur und am Erhalt der dem Meer eigenen Freiraumstruktur gegenüber. Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach zukünftigen, momentan noch unbekannten Nutzungen. Welchen Teil des Meeres werden sie beanspruchen?

Allen wirtschaftlichen und ökologischen Belangen, die an das Meer gestellt werden, ist eines gemein: Sie beanspruchen Raum. Die Schifffahrt verlangt zur schnellen Erreichung der großen Häfen freie Schifffahrtswege, auf denen hindernisfrei und damit treibstoffsparend hohe Geschwindigkeiten erreicht werden können. Rohrleitungen und Seekabel müssen im und auf dem Meeresgrund so verlegt werden, dass weder von ihnen für andere Nutzungen – z.B. Schifffahrt – noch für sie selbst durch andere Nutzungen – z.B. Fischerei – Gefahren ausgehen können. Die Fischerei benötigt freie (Boden-)Flächen, in denen mit den unterschiedlichen Fangmethoden – z.B. Schleppnetzfischerei oder der Fang mit Baumkurren – gearbeitet werden kann. Offshore-Windenergieanlagen müssen in besonders windstarken Gebieten und in bestimmtem Abstand voneinander errichtet werden, um den größtmöglichen Ertrag an Windenergie zu erhalten. Militärs benötigen Raum für Tiefflugübungen, ← 2 | 3 → Schießgebiete und U-Boot-Einsatzmanöver. Der Tourismus lebt von dem Erholfaktor des sauberen, weiten und unendlichen Meeres. Dem Schutz und Erhalt der Meeresnatur versucht man bereits seit einigen Jahren mit der Einrichtung von Meeresschutzgebieten nachzukommen. In diesen Schutzgebieten sind potentiell schädigende Nutzungen nur eingeschränkt erlaubt oder vollumfänglich untersagt.

Hier zeigt sich die Problematik: Die tatsächlichen Konflikte ergeben sich damit, ganz holzschnittartig reduziert, aus einem gegenseitigen Ringen der Vertreter unterschiedlicher wirtschaftlicher (auch militärischer) und ökologischer Interessen um die Ressourcen des Meeres. Dabei entsteht die Gefahr, dass die Nutzungsanforderungen drohen, die Kapazität des Raumes zu übersteigen; einzelne Nutzungen können nicht mehr nebeneinander stattfinden, ohne sich gegenseitig zu stören. Durch die Überlagerung unterschiedlicher Nutzungen kann auch eine normalerweise reproduktionsfähige Ressource kurzfristig erschöpft oder sogar zerstört werden.3 Die an das Meer gestellten Erwartungen hinsichtlich der Befriedigung wirtschaftlicher Interessen und die dort gleichsam verorteten Schutzinteressen sind also vielfältig – sowohl der zur Verfügung stehende Raum in Nord- und Ostsee als auch die energetischen und ökologischen Ressourcen sind hingegen beschränkt. Der verfügbare Raum ist überdies so sehr beschränkt, dass nicht alle Belange so unabhängig nebeneinander bestehen können, ohne die jeweils anderen nicht (negativ) zu beeinflussen. Im Ergebnis zeigt sich das Meer damit als ein endlicher Raum, der die wachsenden raumbedeutsamen Ansprüche nicht mehr in vollem Umfang und gleichermaßen befriedigen kann.

Welche Möglichkeiten bestehen nun, um diese Verteilungsproblematik zu lösen oder zumindest zu entschärfen? Die potentielle Idee, bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten in der deutschen Nord- und Ostsee vollständig zu untersagen und damit die räumliche Enge zu entzerren, ist – jedenfalls momentan – sowohl in ihrer tatsächlichen als auch ihrer politischen Umsetzung utopisch. Ebenso wenig wäre es – selbst bei unterstellter rechtlicher Machbarkeit – angezeigt, auf Kosten des Meeresumweltschutzes die wirtschaftlichen Tätigkeiten auf die bestehenden Meeresschutzgebiete zu erweitern. Eine funktionierende Meeresumwelt ist nicht hübsches Beiwerk. Sie ist die Voraussetzung, um die für die Bundesrepublik Deutschland immens bedeutsamen wirtschaftlichen maritimen Tätigkeiten weiter zu gewährleisten. Am deutlichsten – und um nur ein plakatives Beispiel zu nennen – wird dies beim Blick auf die Fischereiwirtschaft: Gehen die Zahl und der Umfang der Fischbestände weiter zurück, entfällt die konstitutive Grundlage dieses Wirtschaftszweiges.

Der Ausschluss von einzelnen Belangen führt also nicht zu einer Lösung. Das bedeutet, dass mit den energetischen und ökologischen Ressourcen sowie dem vorhandenen Raum effizient umgegangen werden muss. Effizienz wird definiert als die Suche nach einem Vorgehen bzw. einem Konzept, um mit knappen Ressourcen ← 3 | 4 → den größtmöglichen Ertrag zu erreichen.4 Die knappe Ressource ist hier das Untersuchungsgebiet der Arbeit: Der zur Verfügung stehende maritime Raum in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee. Der größtmögliche Ertrag wäre hier ein Zustand, in dem die hinter den Nutzungsansprüchen und Schutzinteressen stehenden Akteure so auf diesen Raum zugreifen können, dass ihre individuellen Interessen sämtlich und in vollem Umfang befriedigt werden. Da der vorhandene Raum aber nicht unendlich ist, bedeutet das – wie bereits oben gesehen –, dass ein unbeschränkter Zugriff auf den Raum nicht realisierbar ist. Die vollumfängliche Befriedigung aller Interessen scheidet damit aus. I.S.e. größtmöglichen Ertrages kann es folglich also nur darauf ankommen, dass die Interessen der Akteure so weit wie möglich befriedigt werden. Da sich die Ansprüche an den Raum gegenseitig beeinflussen, können sie nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Vielmehr muss in einer Gesamtschau ausgelotet werden, wie ein Neben- und Miteinander der Ansprüche und Interessen zu erreichen ist. Durch die Dreidimensionalität des Meeres sind dabei jenseits konkreter (horizontaler) Gebietsabgrenzungen auch stockwerkartige (vertikale) Nutzungsmuster denkbar. So tolerieren sich bspw. Windenergieparks und Marikulturen gegenseitig, wenn sie sich nicht sogar vorteilhaft ergänzen.5 Das Gleiche trifft auf Offshore-Produktionsbetriebe und den Tourismus zu; hier ist der Gedanke, dass ein neuer Zweig des Offshore-Tourismus’ entsteht, nicht abwegig.

B.   Die vorhandenen rechtlichen Steuerungsinstrumente

An dieser Stelle kommt das Recht ins Spiel: Sucht man auf rechtlicher Ebene nach einer Lösungsmöglichkeit durch Einrichtung eines Verteilungsschlüssels, der eine effiziente und gerechte Abwägung zwischen den Nutzungsansprüchen und Schutzinteressen erlaubt, so sieht man sich mit einer komplexen rechtlichen Situation konfrontiert. Völker-, unions- und nationalrechtliche Vorgaben beeinflussen die Strategien, die auf eine Auflösung bzw. Verminderung der Konflikte gerichtet sind, erheblich. Problematisch ist zudem, dass das vorhandene rechtliche Instrumentarium vorwiegend sektoral auf die Behandlung einzelner Konfliktfelder ausgerichtet ist. Das bedeutet, dass der rechtliche Lösungsansatz ganz spezifisch auf eine bestimmte Tätigkeit oder ein bestimmtes Projekt in einem bestimmten Gebiet zugeschnitten bzw. ausgerichtet ist, wohingegen ein gesamtheitlicher Ansatz umfassend jegliche Tätigkeit in dem bestimmten Gebiet beachtet.6 Erste Erfahrungen haben in der ← 4 | 5 → Vergangenheit gezeigt, dass rein sektorale und medienbezogene Ansätze wie bspw. das auf die Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe gerichtete MARPOL-Abkommen keine übergreifende und integrierende Betrachtungsweise bieten.7 Bei der Betrachtung jeweils nur eines Anspruchs werden die Wechselwirkungen mit anderen Ansprüchen ausgeblendet oder kommen nur sehr eingeschränkt zum Tragen. Wie zu zeigen sein wird, ist dies jedoch nicht zielführend. Die übergreifende und integrierende Betrachtungsweise ist deshalb erforderlich, um alle Ansprüche und Interessen gemeinsam zu bewerten sowie miteinander und aufeinander abstimmen zu können.

Welche rechtlichen Lösungsmöglichkeiten bestehen also, um die Verteilungsproblematik in den deutschen Meeren integrativ zu steuern?8 Neue Lösungsansätze finden sich im (maritimen) Raumplanungsrecht, das integrierend und übergreifend alle Konfliktfelder in den Blick nimmt.9 Die maritime Raumplanung wird als dasjenige Instrument angesehen, das integrativ und nachhaltig, ordnend und steuernd auf die Verteilungsproblematik reagieren kann. So beziehen die seit dem Jahr 2009 für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone in Nord- und Ostsee bestehenden Raumordnungspläne eine Vielzahl der o.g. Ansprüche und Interessen mit ein und versuchen, unter diesen im Konfliktfall eine im Vorhinein bestimmte Lösung zu finden. Die Raumordnungspläne ordnen die bestehenden Belange und weisen jedem einzelnen davon seinen Raum zu. Bezogen auf den Meeresumweltschutz bedeutet das etwa, dass in den gemäß der Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutzrichtlinie (Natura 2000) ausgewiesenen Gebieten keine Offshore-Windenergieanlagen genehmigt werden dürfen, dauerhaft nicht mehr genutzte Rohrleitungen und Seekabel zurückgebaut werden müssen oder die Schifffahrt die Regelungen der International Maritime Organization zur besten Umweltpraxis („best environmental practice“) zu berücksichtigen hat. Die Meeresumwelt wird dabei durch die mehr oder weniger exklusive Zuweisung von Raum geschützt.

Diesem rein raumbezogenen inhaltlichen Ansatz fügt die im Jahr 2008 durch das Europäische Parlament und den Rat erlassene Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt ← 5 | 6 → (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, 2008/56/EG) für die Schutzinteressen am Erhalt der Meeresumwelt eine weitere Komponente hinzu. Hiernach sollen von den Mitgliedstaaten u.a. Maßnahmenprogramme erstellt werden, die durch „räumliche Schutzmaßnahmen“ zum Erhalt bzw. zur Erreichung eines „guten Umweltzustandes“ der Meeresgewässer beitragen – der qualitative Ansatz soll also durch prozedurale Vorkehrungen umgesetzt bzw. erreicht werden. Diese Maßnahmen sollen insbesondere beeinflussen, wo und wann eine Tätigkeit erfolgen darf und in welchem Umfang menschliche Tätigkeiten im betroffenen Meeresgebiet zugelassen sind. Die Managementmaßnahmen sollen sowohl untereinander als auch mit den Maßnahmen anderer Mitgliedstaaten koordiniert werden.

Insbesondere die Europäische Kommission versteht die maritime Raumplanung als eine solche räumliche Schutzmaßnahme i.S.d. Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und erteilt den Mitgliedstaaten einen Integrationsauftrag beider Instrumente.10 Zu untersuchen ist, welchen Beitrag die maritime Raumplanung zum Erreichen eines guten Umweltzustandes der Meeresgewässer nach der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie leisten kann. Das wirft eine Reihe von Fragen auf: Inwieweit wirken die maritimen Raumordnungspläne in ihrer aktuellen Ausgestaltung am Erhalt bzw. an der Erreichung eines guten Umweltzustandes der Meeresgewässer mit? Inwieweit sind Änderungen erforderlich und möglich? Wie wird mit dem Koordinierungsauftrag aus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie umgegangen?

An dieser Schnittstelle zwischen maritimer Raumplanung und den Vorgaben für die Meeresumwelt aus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie setzt die vorliegende Arbeit an. Die Arbeit fokussiert sich dabei auf die rechtliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland, vor dem Hintergrund der relevanten völker- und unionsrechtlichen Vorgaben. Konkret herangezogen werden dazu die beiden Verordnungen über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone von Nord- und Ostsee und die im Wasserhaushaltsgesetz umgesetzten Vorgaben der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.

C.   Verknüpfung und Arbeitsthesen

Die zuvor skizzierte Problematik hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Mit diesem Bedeutungsgewinn gehen jedoch auch Problemstellungen einher, die zumindest rechtlich bislang nur vordergründig gelöst werden konnten. Anders als die terrestrische Raumplanung, die sich in den letzten Jahrhunderten nach und nach herausgebildet und entwickelt hat, steht die maritime Raumplanung in den meisten Ländern noch ganz am Anfang. Es ist fraglich, ob das bewährte terrestrische Instrumentarium 1:1 auf das Meer übertragen werden kann oder ob hier ← 6 | 7 → ein völlig neues Rechtsregime entstehen muss. Zwischen Land und Meer existieren nämlich erhebliche Unterschiede, die eine Anpassung der rechtlichen Vorschriften, die auf das Land bezogen sind, verlangen: Die Dreidimensionalität des Meeres ist zu berücksichtigen,11 die Eigentumsverhältnisse im Meer sind weitgehend ungeklärt12 und die Meeresbiologie ist eine andere als an Land. Dazu kommt, dass sehr viele der biologischen, chemischen und physikalischen Gegebenheiten und Wechselwirkungen mariner Ökosysteme noch immer unbekannt sind. Angesichts dieser Ungewissheit ist es sinnvoll und erforderlich, Eingriffe in die Umwelt auf das technisch mögliche und zumutbare Maß zu beschränken.13 Hinzu kommt, dass nur eine vielfältige und dynamische Meeresumwelt die produktive Nutzung der Meere und damit das langfristige wirtschaftliche Wachstum des maritimen Wirtschaftszweiges gewährleistet. Es geht damit um beides: Gewährung wirtschaftlicher Nutzungsansprüche und Schutz der Meeresumwelt. An dieser Schnittstelle sind jetzt und in den kommenden Jahren wichtige Entscheidungen zu treffen, die eine maritime Raumplanung abbilden kann.

Bislang ist die Integration von Meeresumweltschutz in die maritime Raumplanung nur als teilweise erfolgreich zu bewerten. Die Raumordnungspläne für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone in Nord- und Ostsee setzen die Vorgaben der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie hinsichtlich der Ausweisung von räumlichen Schutzmaßnahmen zwar weitgehend um. Die aktuelle Ausgestaltung der Pläne ist jedoch so deutlich wirtschaftsbezogen, dass sie nicht ausreichend dazu beitragen werden, den nach der Richtlinie geforderten guten Zustand der Meeresumwelt bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Neben der nachrichtlichen Darstellung von marinen Natura 2000-Gebieten in den Raumordnungsplänen könnte die raumplanerisch gestützte Ausweisung zusätzlicher Meeresschutzgebiete einen verstärkten Schutz ggü. dem Status quo bewirken. Ein umfassender und wirksamer mariner Umweltschutz würde zudem die Ausweitung der maritimen Raumplanung auch auf grenzüberschreitende Meeresgebiete innerhalb der EU erfordern. ← 7 | 8 →

In den nächsten Jahren werden in vielen Mitgliedstaaten aufgrund von Initiativen der EU erste Ansätze einer maritimen Raumplanung entstanden sein; solche Mitgliedstaaten, die bereits über Ansätze oder sogar schon bestehende maritime Raumordnungspläne verfügen, werden diese in Abstimmung mit Nachbarstaaten weiterentwickelt haben. Die Mitgliedstaaten werden die Maßnahmenprogramme und die räumlichen Schutzmaßnahmen nach der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie praktisch umgesetzt haben; möglicherweise gibt es hier bereits erste Rückmeldungen über Erfolge oder Misserfolge. Zudem wird sich zeigen, wie die EU ihre Rolle auch als „Hüterin und Bewahrerin“ einer intakten Meeresumwelt zugunsten ökonomischer und ökologischer Interessen versteht und ob im Jahr 2020 ein guter Zustand der Meeresumwelt erreicht sein wird.

D.   Gang der Untersuchung

Die nachfolgenden Ausführungen sind in vier Kapitel untergliedert. Im ersten und zweiten Kapitel geht es um die Untersuchung der beiden relevanten Instrumente von maritimer Raumplanung und Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Gegenstand des dritten Kapitels ist dann die Zusammenführung der ersten beiden Abschnitte mit Blick auf die Frage des Beitrags der maritimen Raumplanung zur Erreichung eines guten Umweltzustandes, wie er nach der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gefordert ist. Das vierte Kapitel schließt die Untersuchung ab und gibt einen Ausblick.

Gegenstand des ersten Kapitels ist die nationale maritime Raumplanung in Gestalt der beiden für die ausschließliche Wirtschaftszone in Nord- und Ostsee erlassenen Raumordnungspläne. Planung und maritime Raumplanung sind dabei wesentliche Begriffe, die zunächst definiert werden. Nach einem Abriss zur Entstehungsgeschichte werden die Raumordnungspläne vor dem Hintergrund der völkerrechtlichen, unionsrechtlichen und nationalen Anforderungen detailliert vorgestellt. Das planungsrechtliche Instrumentarium des § 18a ROG 2004/§ 17 Abs. 3 ROG 2009, der Rechtsgrundlage für die maritimen Raumordnungspläne, steht dabei im Fokus.

Details

Seiten
474
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631736067
ISBN (ePUB)
9783631736074
ISBN (MOBI)
9783631736081
ISBN (Hardcover)
9783631733899
DOI
10.3726/b11980
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (September)
Schlagworte
Raumordnungsplan Maritime Raumordnung Ausschließliche Wirtschaftszone Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Maritime Raumplanungsrichtlinie Umweltrecht
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XXV, 474 S., 2 farb. Abb.

Biographische Angaben

Anja Maurer (Autor:in)

Anja Maurer studierte Rechtswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle, der Universität Zürich sowie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Ihr Referendariat absolvierte sie in Frankenthal. Sie war Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht der Universität Bremen, wo sie auch promoviert wurde und ist als Projektkoordinatorin für das Personaldezernat der Universität Mannheim im Bereich des Wissenschaftsmanagements tätig.

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Titel: Die Ordnung der Meere
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