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Unternehmerische Freiheit in deutscher KGaA und britischer PLC

Eignet sich die PLC als Rechtsformalternative für börsenwillige Familienunternehmen in Deutschland?

von Eric Becker (Autor:in)
©2017 Dissertation 182 Seiten

Zusammenfassung

Noch Anfang 2016 waren tausende Unternehmen mit britischer Rechtsform in Deutschland im Handelsregister eingetragen. Die britische «Public Limited Company» (PLC) ist unter diesen allerdings die Ausnahme geblieben. Dieses Buch stellt einleitend die möglichen Auswirkungen eines «Brexit» auf britische Auslandsgesellschaften dar. Im Hauptteil erörtert der Autor anschließend eine mögliche Verwendung der britischen PLC anstelle der deutschen «Kommanditgesellschaft auf Aktien» (KGaA). Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Vergleich der Binnenverfassung beider Rechtsformen. Ähnlichkeiten zeigen sich in den Bereichen der Satzungsgestaltung und der unternehmerischen Mitbestimmung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • Teil 1 – Anerkennung der britischen PLC nach einem Brexit
  • A. Grundlagen: Sitztheorie vs. Gründungstheorie
  • B. Mögliche Szenarien und ihre Auswirkungen
  • I. Szenario 1: Das Vereinigte Königreich erlangt EWR-Status
  • II. Szenario 2: Abschluss völkerrechtlicher Freundschaftsverträge
  • III. Szenario 3: Schottland verbleibt in der EU
  • IV. Szenario 4: Das Vereinigte Königreich wird zum „Drittstaat“
  • C. Fazit und Ausblick
  • Teil 2 – Hypothesen für eine Verwendung der PLC anstelle der KGaA 23
  • A. Rechtslage in AG und SE
  • I. Kontrollverlust bei Kapitalminderheit
  • II. Unternehmerische Mitbestimmung
  • III. Satzungsstrenge
  • B. Motive für die Verwendung der KGaA
  • I. Kontrollerhalt trotz Kapitalminderheit durch KGaA-Struktur
  • II. Besonderheiten bei der unternehmerischen Mitbestimmung
  • III. Teilweise Satzungsautonomie
  • C. Hypothesen für eine mögliche Verwendung der PLC
  • I. Kontrollerhalt trotz Kapitalminderheit durch Stimmgewichtung der Aktien
  • II. Keine unternehmerische Mitbestimmung
  • III. Satzungsautonomie
  • D. Zusammenfassung und Fortgang der Arbeit
  • Teil 3 – Vergleich der Binnenorganisation von PLC und KGaA (ohne IPR-Bezug) 33
  • A. Einführung zu den Rechtsformen
  • I. PLC
  • 1. Einordnung der Rechtsform und Rechtstatsachen
  • 2. Überblick über die Organstruktur
  • 3. Vorschriften zur Binnenorganisation
  • a) Companies Act 2006 (CA 2006)
  • b) Listing Rules
  • c) UK Corporate Governance Code
  • d) Leitlinien institutioneller Investoren
  • e) Richterrecht
  • II. KGaA
  • 1. Einordnung der Rechtsform und Rechtstatsachen
  • 2. Überblick über die Organstruktur
  • 3. Vorschriften zur Binnenorganisation
  • a) Dualismus von Aktien- und Kommanditrecht
  • b) Deutscher Corporate Governance Kodex
  • III. Ergebnis
  • B. Satzung als Gestaltungsinstrument für die Binnenorganisation
  • I. PLC
  • 1. Funktion und Inhalt der Satzung
  • 2. Rechtsnatur und Form der Satzung
  • 3. Mustersatzung
  • 4. Satzungsautonomie und Grenzen
  • a) Anlegerschutz
  • b) Gläubigerschutz
  • c) Gesellschaftspolitische Ziele
  • II. KGaA
  • 1. Funktion und Inhalt der Satzung
  • 2. Rechtsnatur und Form der Satzung
  • 3. Mustersatzung?
  • 4. Satzungsautonomie und Grenzen
  • a) Anleger- und Gesellschafterschutz
  • aa) Aktienrechtliche Grenzen
  • bb) Personengesellschaftsrechtliche Grenzen
  • cc) Zusätzliche Inhaltskontrolle in kapitalistischer KGaA
  • b) Gläubigerschutz
  • c) Gesellschaftspolitische Ziele
  • III. Ergebnis in Thesenform
  • C. Einzelfragen zur Satzung
  • I. PLC
  • 1. Auslegung von Satzungsbestimmungen
  • 2. Satzungsänderungen
  • II. KGaA
  • 1. Auslegung von Satzungsbestimmungen
  • 2. Satzungsänderungen
  • III. Ergebnis
  • D. Ausübungskontrolle als Instrument für den Gesellschafterschutz
  • I. PLC (unfair prejudice Rechtsbehelf)
  • 1. Mehrheitsaktionäre
  • 2. Minderheitsaktionäre
  • II. KGaA (Treuepflichten)
  • 1. Mehrheitsaktionäre
  • 2. Minderheitsaktionäre
  • 3. Sonderstellung der Komplementäre
  • III. Ergebnis
  • E. Aktien mit unterschiedlichem Stimmgewicht
  • I. PLC
  • 1. Einführung und Rechtstatsachen
  • 2. Stimmrechtslose Vorzugsaktien (Einzelheiten)
  • 3. Anlegerschutz durch Sonderbeschlusserfordernis
  • II. KGaA
  • 1. Einführung und Rechtstatsachen
  • 2. Stimmrechtslose Vorzugsaktien (Einzelheiten)
  • 3. Anlegerschutz durch Sonderbeschlusserfordernis
  • III. Ergebnis
  • F. Kapitalerhöhungen
  • I. PLC
  • 1. Kapitalerhöhungen und Vorratsermächtigungen
  • 2. Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss
  • a) CA 2006 und Richterrecht
  • b) Listing Rules
  • c) Leitlinien institutioneller Investoren
  • II. KGaA
  • 1. Kapitalerhöhungen und Vorratsermächtigungen
  • 2. Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss
  • 3. Komplementäreinlage als Besonderheit
  • III. Ergebnis
  • G. Unternehmerische Mitbestimmung und Einfluss der Arbeitnehmer
  • I. PLC
  • 1. CA 2006 und Verweigerungshaltung des Vereinigten Königreichs
  • 2. Ausnahme nur bei grenzüberschreitender Verschmelzung
  • II. KGaA
  • 1. Eingeschränkte Kompetenzen des Aufsichtsrats
  • 2. Keine Besonderheiten in der kapitalistischen KGaA
  • a) Meinungsstand
  • b) Stellungnahme
  • III. Ergebnis
  • H. Geschäftsleitung und Einflussnahmemöglichkeiten
  • I. PLC
  • 1. Leitung der Gesellschaft
  • 2. Weisungsrechte
  • 3. Entlastungsbeschluss?
  • 4. Personalkompetenz
  • a) Wahl der Direktoren
  • b) Absetzung der Direktoren
  • 5. Mitwirkungsvorbehalte
  • a) Bestimmte Strukturmaßnahmen
  • b) Sonstige bedeutende Geschäfte
  • c) Geschäfte der Direktoren mit der Gesellschaft
  • II. KGaA
  • 1. Leitung der Gesellschaft
  • 2. Weisungsrechte
  • 3. Entlastungsbeschluss
  • 4. Personalkompetenz
  • a) Wahl der Geschäftsleiter
  • b) Absetzung der Geschäftsleiter
  • 5. Mitwirkungsvorbehalte
  • a) Bestimmte Strukturmaßnahmen
  • b) Sonstige bedeutende Geschäfte
  • c) Geschäfte der Geschäftsleiter mit der Gesellschaft
  • III. Ergebnis in Thesenform
  • I. Ergebnis und Bezugnahme auf die Hypothesen
  • Teil 4 – Einzelfragen zur PLC in Deutschland (mit IPR-Bezug) 139
  • A. Keine Implikationen durch das deutsche IPR
  • I. Keine unternehmerische Mitbestimmung
  • II. Keine Geschlechterquote
  • III. Keine Anwendbarkeit des DCGK
  • B. Bedenken und Praxistauglichkeit
  • I. Anlegerschutzlücken als Kehrseite der Satzungsautonomie
  • 1. Kapitalerhöhungen
  • a) Ausgangspunkt der Diskussion
  • b) Schalls „gesellschaftsrechtliche Lösung“
  • c) Hirtes „kapitalmarktrechtliche Lösung“
  • d) Ablehnende Stellungnahme
  • e) Verbleibende „vertragliche Lösung“
  • 2. Bedeutende Geschäfte
  • II. Laufende Kosten und Koordinierungsaufwand
  • III. Akzeptanz am Kapitalmarkt
  • IV. Einzelheiten zum Fall Air Berlin
  • C. Wege in die PLC
  • D. Ergebnis und Bezugnahme auf die Hypothesen
  • Teil 5 – Zusammenfassung und Schlussbetrachtung in Thesenform
  • Literaturverzeichnis
  • Sachwortverzeichnis
  • Reihenübersicht

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Einleitung

Die rechtliche Zulässigkeit der Verwendung einer britischen public limited company (PLC) als Rechtsform für deutsche Unternehmen hat bis zum britischen EU-Referendum vom 23. Juni 2016 kaum jemand, der im internationalen Gesellschaftsrecht bewandert ist, in Frage gestellt.1 Mit den Entscheidungen Centros (1999), Überseering (2002) und Inspire Art (2003) des Europäischen Gerichtshofs2 wurden die nationalen Grenzen für EU-Auslandsgesellschaften geöffnet und längst hat sich diesem Kurs auch der Bundesgerichtshof angeschlossen.3 Noch Anfang 2016 waren tausende Unternehmen mit britischer Rechtsform in Deutschland aktiv.4 Auch wenn die börsenfähige PLC darunter die absolute Ausnahme darstellt,5 hat die Fluggesellschaft Air Berlin sich doch für diese Rechtsform entschieden und ihre Aktien im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse notieren lassen.

Am 23. Juni 2016 haben die Briten dann mit einer knappen Mehrheit von 51,9 Prozent für einen EU-Austritt des Vereinigten Königreichs (Brexit) gestimmt. Sollte es – wie von der seit dem 13. Juli 2016 amtierenden Premierministerin Theresa May angekündigt – zu einem Brexit kommen,6 könnten sich die Vorzeichen im Gesellschaftsrecht ändern. Im ungünstigsten Fall würde den ← 15 | 16 → im Vereinigten Königreich gegründeten Gesellschaften ab dem Tag des Austritts die Anerkennung in Deutschland versagt. Es wird längst dazu geraten, englische Auslandsgesellschaften mit effektivem Verwaltungssitz in Deutschland in deutsche Rechtsformen zu überführen.7 Auch die Aktionäre von Air Berlin wurden vor einer möglichen persönlichen Haftung gewarnt, sollte die Rechtsprechung zur Sitztheorie zurückkehren.8 Unter präventiven Gesichtspunkten sollten bestehende Auslandsgesellschaften solche „Worst-Case-Szenarien“ durchaus ernst nehmen.

Gleichzeitig ist zu betonen, dass ein Brexit mitnichten das Ende der PLC in Deutschland bedeuten muss. Vielmehr wird es darauf ankommen, wie die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland zukünftig ausgestaltet werden. In dieser Arbeit sollen zunächst die möglichen Szenarien nach einem Brexit und ihre Auswirkungen auf die Anerkennung britischer Auslandsgesellschaften aufgezeigt werden (unten, Teil 1). Erst anschließend wird mit den möglichen Motiven für die Verwendung einer PLC anstelle der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) der Hauptteil eingeleitet und der weitere Fortgang der Arbeit beschrieben (unten, Teil 2). Der Hauptteil baut auf einer unveröffentlichten Masterarbeit des Verfassers auf.9


1 Nicht unerwähnt bleiben sollen vereinzelt geäußerte Zweifel zu den europarechtlichen Vorgaben in Folge der Entscheidung EuGH, NJW 2012, 2715 – VALE; so etwa G. H. Roth, ZIP 2012, 1744; König/Bormann, NZG 2012, 1241, 1243; dem widersprechend Ege/Klett, DStR 2012, 2442, 2447; Teichmann, ZIP 2016, 899, 900; Teichmann, DB 2012, 2085; Verse, ZeuP 2013, 458, 470 ff.; H. F. Müller, in: Spindler/Stilz, IntGesR Rn. 14a.

2 EuGH, NJW 1999, 2027 – Centros; EuGH, NZG 2002, 1164 – Überseering; EuGH, NZG 2003, 1064 – Inspire Art.

3 Vgl. nur BGHZ 190, 242, 246, Rn. 17 = NZG 2011, 1114, 1116; BGH, NJW 2011, 844, 846; BGHZ 178, 192, 196, Rn. 19 – Trabrennbahn (Schweiz) = NZG 2009, 68, 69.

4 Kornblum, GmbHR 2016, 691, 699: in deutschen Handelsregistern sind zum 1. Januar 2016 insgesamt 8.968 Zweigniederlassungen britischer Limiteds eingetragen; siehe auch die umfassende empirische Analyse bei Ringe, ECFR 2013, 230 ff.

5 Ringe, ECFR 2013, 230, 248 zählte in den Jahren 2004 bis 2011 insgesamt 18 PLCs, die ausschließlich in Deutschland tätig sind.

6 o.V., Was Großbritanniens neue starke Frau will, FAZ vom 12. Juli 2016, Nr. 160, S. 15: „Brexit bedeutet Brexit“; zweifelnd aber Mayer/Manz, BB 2016, 1731; G. Kirchhof, Ist die EU noch zu retten?, FAS vom 10. Juli 2016, Nr. 27, S. 26; auch der österreichische Finanzminister in Siebenhaar, Interview mit österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling, Handelsblatt vom 5. Juli 2016, Nr. 127, S. 8.

7 Bode/Bron, GmbHR 2016, R129; Freitag/Korch, ZIP 2016, 1361, 1364.

8 Wieduwilt, Die Anwälte bekommen viel zu tun, FAZ vom 25. Juni 2016, Nr. 146, S. 26; siehe zur Sitztheorie sogleich, unter Teil 1, A.

9 Die Masterarbeit mit dem Titel „Majority shareholders and the division of powers in the British PLC and the German AG. A comparison and a suggestion to use the PLC for German family businesses going public“ hat der Verfasser 2013 an der University of the West of England in Bristol eingereicht. In der 54-seitigen Masterarbeit wurden verschiedene Aspekte der Binnenverfassung der PLC noch gar nicht behandelt (etwa die Grenzen der Satzungsautonomie sowie jegliche Fragen der Kapitalverfassung), viele andere nur in geringer Tiefe. Auch auf die KGaA wurde nur kurz eingegangen. Die vorliegende Arbeit knüpft daran an und weist an relevanten Stellen auf die Masterarbeit hin.

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Teil 1 – Anerkennung der britischen PLC nach einem Brexit

A.  Grundlagen: Sitztheorie vs. Gründungstheorie

Im internationalen Privatrecht wird hinsichtlich der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des Gesellschaftsrechts (Gesellschaftsstatut) grundlegend zwischen der Sitz- und der Gründungstheorie unterschieden.10 Nach der Sitztheorie knüpft das Gesellschaftsstatut an den effektiven Verwaltungssitz der Gesellschaft an. Für eine ausländische Gesellschaft bedeutet dies, dass sie als solche in Deutschland nicht anerkannt wird. Vielmehr wird sie als rechtsfähige Personengesellschaft deutschen Rechts behandelt.11 Der Bundesgerichtshof wendet die Sitztheorie in Bezug auf Drittstaaten an (etwa in Bezug auf die Schweiz), deren Gesellschaften weder aufgrund des Europarechts noch aufgrund völkerrechtlicher Verträge in Deutschland anerkannt werden müssen.12

Demgegenüber ist nach der Gründungstheorie das Gesellschaftsstatut des Gründungsstaates maßgeblich. Diese wendet der Bundesgerichtshof auf Gesellschaften aus der EU13 und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)14 an. Grundlage ist die auch auf Gesellschaften anwendbare Niederlassungsfreiheit aus Artt. 49, 54 AEUV bzw. aus Artt. 31, 34 des EWR-Abkommens. Gleiches gilt im Ergebnis für Gesellschaften aus den USA,15 da mit diesen ein völkerrechtliches ← 17 | 18 → Freundschaftsabkommen16 geschlossen wurde, aus dem die gegenseitige Pflicht zur Anerkennung von Gesellschaften folgt.

Ob die Gründungstheorie – ihre grundsätzliche Anwendung unterstellt – auch auf sogenannte Scheinauslandsgesellschaften ohne tatsächlichen Bezug (genuine link) zum Gründungsstaat zu erstrecken ist, wird unterschiedlich beurteilt. Bei EU- und EWR-Auslandsgesellschaften ist dies anzunehmen.17 Sofern die Gründungstheorie aufgrund von völkerrechtlichen Abkommen angewendet wird, muss die konkrete vertragliche Ausgestaltung betrachtet werden.18 Selbst wenn man bei völkerrechtlichen Abkommen einen genuine link für erforderlich halten sollte, sind die Anforderungen daran nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls gering.19 Aus Vorsichtsgründen sollte in der Praxis auf irgendeine Art und Weise eine Beziehung (etwa durch ein Bankkonto) zum Gründungsstaat hergestellt werden, um die Anerkennung der Gesellschaft sicherzustellen.20

B.  Mögliche Szenarien und ihre Auswirkungen21

Im Folgenden werden die möglichen politischen Szenarien nach einem Brexit und ihre Auswirkungen auf die Anerkennung der PLC in Deutschland dargestellt. Nicht berücksichtigt wird ein möglicher Bestandsschutz für bereits ← 18 | 19 → bestehende Gesellschaften.22 Von Interesse ist vielmehr allein die zukünftige Verwendung der Rechtsform PLC.

I.  Szenario 1: Das Vereinigte Königreich erlangt EWR-Status

Ein Szenario, wonach Scheinauslandsgesellschaften aus dem Vereinigten Königreich auch nach einem Brexit in Deutschland anerkannt werden müssten, wäre ein Beitritt des Staates zum EWR oder das Aushandeln eines vergleichbaren Status. Derzeit werden nach dem EWR-Abkommen wesentliche Teile des Binnenmarktes auf die teilnehmenden Vertragsstaaten (Norwegen, Island und Liechtenstein) ausgedehnt.23 Dies umfasst auch die Niederlassungsfreiheit als Grundlage einer grenzüberschreitenden Anerkennung von Rechtsformen.24 Eine politische Mehrheit könnte daran scheitern, dass ein Austritt aus dem Binnenmarkt ein entscheidendes Motiv für die Brexit-Befürworter gewesen ist.25 Gleichzeitig steht die EU in einer starken Verhandlungsposition und wird eine „Rosinenpickerei“ bei den Austrittsverhandlungen nicht zulassen.26

II.  Szenario 2: Abschluss völkerrechtlicher Freundschaftsverträge

Möglich ist auch der Abschluss von sonstigen völkerrechtlichen Freundschaftsverträgen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU, in denen die Anerkennung von Gesellschaften ausdrücklich festgelegt wird. In Art. XXV Abs. 5 Satz des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom ← 19 | 20 → 29. Oktober 1954 heißt es beispielsweise: „Gesellschaften, die gemäß den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, gelten als Gesellschaften dieses Vertragsteils; ihr rechtlicher Status wird in dem Gebiet des anderen Vertragsteils anerkannt.“27 Es muss dann darauf geachtet werden, wie der Vertrag ausgestaltet ist und ob er auch Scheinauslandsgesellschaften ohne genuine link zum Gründungsstaat erfasst.

III.  Szenario 3: Schottland verbleibt in der EU

Details

Seiten
182
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631731604
ISBN (ePUB)
9783631731611
ISBN (MOBI)
9783631731628
ISBN (Hardcover)
9783631731598
DOI
10.3726/b11657
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (August)
Schlagworte
Brexit Rechtsvergleich Binnenverfassung Satzungsautonomie Auslandsgesellschaft Unfair prejudice
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 182 S.

Biographische Angaben

Eric Becker (Autor:in)

Eric Becker studierte Rechtswissenschaften in Mainz, Bristol und Köln. Er war wissenschaftliche Hilfskraft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und darüber hinaus für verschiedene Anwaltskanzleien tätig.

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