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Die gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt der Region Ionien

Studien zu den ionischen Siedlungen von ihrer Gründung bis zu ihrer Eroberung durch die Perser

von Moritz Lange (Autor:in)
©2018 Dissertation 346 Seiten

Zusammenfassung

Der Kontakt zu fremden Völkern führt zu Adaptionen und gesellschaftlichen sowie kulturellen Veränderungen. Diesem Prozess waren bereits die Griechen ausgesetzt, die infolge der als Ionische Wanderung bezeichneten Migration an die kleinasiatische Westküste kamen. Hier trafen sie auf den östlichen Kulturkreis und interagierten mit der indigenen Bevölkerung sowie den Phrygern, Lydern und Karern. Der Autor untersucht über einen interdisziplinären Ansatz, inwieweit das neue Umfeld Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und die politische Entwicklung der ionischen Siedlungen in ihrer Frühzeit hatte. Dabei geht er auch der Frage nach, ob man im Fall der Siedlungen von einer homogenen oder einer durch unterschiedliche Einflüsse geprägten heterogenen Region Ionien sprechen muss.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Die ionische Migration im Zeichen des Akkulturationsprozesses
  • 2. Quellen und Forschung
  • 2.1 Forschungsstand: Ionien vorwiegend ein Thema der Klassischen Archäologie
  • 2.2 Quellenlage und die damit verbundenen Probleme
  • 2.2.1 Die Quellenarmut als Chance für einen interdisziplinären Ansatz
  • 2.2.2 Quellenprobleme
  • 2.2.2.1 Unterschiedliche Quellenmenge – unterschiedliche Aussagekraft
  • 2.2.2.2 Die Problematik des Begriffs „Ionier“
  • 3. Der „ionische“ Raum
  • 3.1 Definition des geographischen Rahmens
  • 3.2 Die Vorgeschichte und die Ankunft der Griechen
  • 3.2.1 Der Mythos um die sogenannte Ionische Wanderung und der damit verbundene Forschungsdisput
  • 3.2.2 Die Tradition Ioniens – Die Vorgeschichte
  • 3.2.2.1 Gab es ein Reich „Groß-Ionien“? – Westkleinasien in der späten Bronzezeit
  • 3.2.2.2 Der Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit – die Periode der Migrationen?
  • 3.2.3 Der Ablauf der Ionischen Wanderung – Parallelen zur Großen Kolonisation?
  • 3.3 Das geographische und soziale Umfeld der Ionier
  • 3.3.1 Die Ortswahl der griechischen Migranten
  • 3.3.1.1 Standortvorteile
  • 3.3.1.2 Die Standortnachteile – Erdbeben, Malaria und Verlandung
  • 3.3.2 Die nähere Umgebung – die Völker Westkleinasiens
  • 3.3.3 Vorstellung der Karer, Phryger und Lyder
  • 3.3.3.1 Die Karer (und die Leleger)
  • 3.3.3.2 Das Reich der Phryger
  • 3.3.3.3 Das Reich der Lyder
  • 4. Darstellung der ionischen Siedlungen
  • 4.1 Die Entwicklung des Siedlungsbildes bis in die archaische Zeit
  • 4.2 Die ionischen Siedlungen im Konflikt mit auswärtigen Feinden
  • 4.2.1 Die Stadtmauern als Indiz äußerer Bedrohung
  • 4.2.2 Die Angriffe der Lyder und Kimmerer
  • 4.2.2.1 Die Kimmererbedrohung
  • 4.2.2.2 Die lydischen Raubzüge, Belagerungen und Kroisosʼ Eroberungen
  • 4.3 Ionien als außenpolitische Einheit?
  • 4.3.1 Das Panionion und der panionische Bund – ein politisches Bündnis?
  • 4.3.2 Das innerionische Verhältnis der Siedlungen
  • 4.3.2.1 Konflikte und Allianzen auf dem Schlachtfeld
  • 4.3.2.2 Konkurrenz sowie Wettkampf im Handel und um Ansehen
  • 4.4 Die Bevölkerungsstruktur in den ionischen Siedlungen
  • 4.4.1 Phylen und Sprachen als Nachweis einer griechisch geprägten Gesellschaftsstruktur
  • 4.4.2 Nachweis anatolischer Bevölkerung in den Siedlungen
  • 4.4.2.1 Hundeopfer und die Karer im Süden Ioniens
  • 4.4.2.2 Smyrna und Ephesos als „lydische“ Siedlungen?
  • 4.4.2.3 Phryger in den ionischen Siedlungen
  • 4.4.3 Zusammenleben mit der indigenen Bevölkerung
  • 4.4.3.1 Die Ankunft – Gewalt und Konflikt oder Koexistenz
  • 4.4.3.2 Integrationsmöglichkeiten der Anatolier in die ionischen Gemeinden
  • 4.4.4 Pluralität im Inneren und Heterogenität nach außen als Charakteristika der ionischen Siedlungen
  • 4.5 Die politische Entwicklung – politische Instabilität als Konstante
  • 4.5.1 Überblick über die politische Situation
  • 4.5.2 Die Anfänge und Entwicklung der Siedlungen in der Frühzeit
  • 4.5.2.1 Die Historizität der Oikisten
  • 4.5.2.2 Die ionischen Siedlungen unter der Herrschaft von βασιλεῖς
  • 4.5.3 Die Aristokratie als bestimmender Faktor in archaischer Zeit
  • 4.5.3.1 Die Herrschaft der Aristokratenclans
  • 4.5.3.1 Gastfreundschaft und Heirat als politische Instrumente
  • 4.5.3.1.1 Die Gastfreundschaft – ein altorientalischer Brauch als Mittel zum Machtausbau
  • 4.5.3.1.2 Politische Heiraten
  • 4.5.3.2 Die politischen Ämter und Institutionen
  • 4.5.3.2.1 Die Magistrate
  • 4.5.3.2.1.1 Das oberste Amt – Verbindung von Kult und Politik
  • 4.5.3.2.1.2 Die Entwicklung der αἰσυμνητεία
  • 4.5.3.2.1.3 Überlegungen zum Amtsmissbrauch und der Amtsiteration in den ionischen Siedlungen
  • 4.5.3.2.2 Die Beteiligung des Volkes an der Politik
  • 4.5.3.2.2.1 Ein „demokratisches“ Ionien? – Die Gesetzesinschrift von Chios
  • 4.5.3.2.2.2 Die Bewertung des δῆμος
  • 4.5.3.3 Die ältere ionische Tyrannis
  • 4.5.3.3.1 Die Tyrannen Ioniens
  • 4.5.3.3.2 Ein Amt als Sprungbrett zur Tyrannis?
  • 4.5.3.3.3 Die Etablierung der Tyrannis – ein Modell anatolischen Ursprungs
  • 4.6 Die ökonomischen Verhältnisse
  • 4.6.1 Die Definition einer antiken Handelsstadt – die Landwirtschaft als Grundlage
  • 4.6.2 Die Landwirtschaft als wirtschaftliche Basis
  • 4.6.2.1 Die Produkte
  • 4.6.2.1.1 Die mediterrane Trias – Getreide, Oliven, Wein
  • 4.6.2.1.2 Obst und Gemüse aller Art
  • 4.6.2.1.3 Kolophonium und Mastix – Harze, Heilmittel und Kaugummi
  • 4.6.2.1.4 Die Vieh- und Pferdezucht
  • 4.6.2.2 Die soziale Situation im landwirtschaftlichen Sektor
  • 4.6.2.2.1 Das Landschaftsbild im Umland
  • 4.6.2.2.2 Die Besitzverhältnisse
  • 4.6.2.2.2.1 Großgrundbesitzer als Feudalherren im ionischen Raum?
  • 4.6.2.2.2.2 Die Götter der Ionier als Großgrundbesitzer
  • 4.6.2.2.3 Sklaven und unfreie Bevölkerungsgruppen in Ionien
  • 4.6.2.2.3.1 Nachweis indigener unfreier Bevölkerungsgruppen? – Die Γέργιθες und die Πεδιεῖς
  • 4.6.2.2.3.2 Ionier als Sklavenhalter und Menschenhändler
  • 4.6.3 Das Meer als ökonomische Quelle
  • 4.6.3.1 Ressourcen aus dem Meer – Fische und Salz
  • 4.6.3.2 Die Schifffahrt
  • 4.6.3.2.1 Die Entwicklung der ionischen Seefahrt
  • 4.6.3.2.2 Probleme, Gefahren und die Träger des Risikos
  • 4.6.3.2.3 Der Fernhandel – Auf der Suche nach…
  • 4.6.3.2.3.1 … Getreide – Erschließung neuer Nahrungsquellen?
  • 4.6.3.2.3.2 … Erzen – Nutzung und möglicher Ausbau bekannter Routen
  • 4.6.3.2.3.3 … Holz – eine notwendige Ressource für den Schiffsbau
  • 4.6.3.2.4 Die Piraterie als akzeptierte Erwerbsform
  • 4.6.3.2.4.1 Die Ionier als Piraten
  • 4.6.3.2.4.2 Das Ansehen der Piraterie
  • 4.6.3.2.4.3 Schutz vor Piraterie in den Städten
  • 4.6.4 Bewohner ionischer Siedlungen im Dienste anderer Völker
  • 4.6.4.1 Ionier im Einsatz als Söldner
  • 4.6.4.1.1 Nachweis und gesellschaftlicher Stand der ionischen Söldner
  • 4.6.4.1.2 Die Einsatzgebiete der Söldner – die Begeisterung für die „bronzenen Männer“ im Nahen Osten
  • 4.6.4.1.3 Finanzielle und berufliche Perspektiven für Söldner
  • 4.6.4.1.4 Die Söldner als Absatzmarkt für Geschäftsleute
  • 4.6.4.2 Handwerker – Griechen in der Ferne und Anatolier in Ionien
  • 4.6.5 Die Einführung des Münzgelds
  • 4.7 Die kulturellen Innovationen
  • 4.7.1 Der Einzug nahöstlicher Innovationen in die ionische Kultur
  • 4.7.1.1 Ionien im kulturellen Spannungsfeld zwischen dem westlichen und östlichen Kulturkreis
  • 4.7.2 Die Stoa und der Tempelbau als Beispiele für den Wissenstransfer architektonischer Elemente
  • 4.7.2.1 Die Heterogenität beim Tempelbau: Ägypter und vorderasiatische Völker als Vorbild
  • 4.7.2.1.1 Ägyptische und vorderasiatische Elemente des griechischen Tempels
  • 4.7.2.1.2 Die Peristasis und die Stoa – Architektur phrygischen, griechischen oder ägyptischen Ursprungs?
  • 4.7.3 Das Speisen auf Klinen als Brauch der griechischen und lydischen Elite
  • 4.7.3.1 Die Kline und das Andron – Merkmale einer Entwicklung des griechischen Gastmahls
  • 4.7.3.2 Das Marzēaḥ und das Symposion – die Lyder als „Mittelsmänner“ eines phönizischen Festes
  • 4.7.3.3 Das Symposion und „die Dicken“
  • 4.7.3.4 Weitere Merkmale des Symposions: Wirklich „à la lydienne“?
  • 4.7.4 ἁβροσύνη und Verweichlichung als Folgen der Innovationen?
  • 5. Die ionischen Siedlungen im Spannungsfeld zwischen den Kulturkreisen
  • 5.1 Auf der Suche nach dem Charakter der ionischen Siedlungen
  • 5.2 Die ionischen Siedlungen als anatolisch beeinflusste „griechische“ Gemeinden?
  • 5.2.1 Der „griechische“ Einfluss auf die ionischen Siedlungen
  • 5.2.1.1 Die ionischen Siedlungen als typisch „griechische“ Apoikien
  • 5.2.1.2 „Griechische“ Elemente als Grundlage der Siedlungsordnung
  • 5.2.2 Der anatolische Einfluss als Basis einer griechischen Vorreiterrolle
  • 5.2.2.1 Der Austausch mit der indigenen anatolischen Bevölkerung und ihre Akkulturation
  • 5.2.2.2 Die Beziehung zu den anatolischen Nachbarn
  • 5.2.2.2.1 Söldner, Handwerker und Aristokraten als Kulturvermittler zwischen den Kulturkreisen
  • 5.2.2.2.2 Anatolischer Einfluss in Politik, Religion und Kultur
  • 5.2.2.2.3 Phryger und Lyder als Inspiratoren der Bewohner der ionischen Siedlungen
  • 5.2.2.2.4 Die Assyrer als unbeachtete Vorbilder zweiter Ordnung
  • 5.2.3 Die Heterogenität als prägendes Element der ionischen Siedlungen
  • 5.2.3.1 Vielfalt als typisches Charakteristikum der griechischen Poliswelt
  • 5.2.3.2 Aspekte der heterogenen Entwicklung der ionischen Siedlungslandschaft und ihre Ursache
  • 5.2.3.2.1 Der griechische Partikularismus – Vielfalt als griechisches Charakteristikum
  • 5.2.3.2.2 Die Wahl des Siedlungsstandorts als entscheidender Faktor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Prägung
  • 5.2.3.2.3 Die Historie – historische Begebenheiten als Gründe für eine heterogene Entwicklung
  • 5.2.3.2.3.1 Die Gründungsphase der ionischen Siedlung
  • 5.2.3.2.3.1 Gründung und Ausdehnung des panionischen Bundes
  • 5.2.3.2.3.2 Die historische Zeit – Einflussnahme als Folge von Konflikten
  • 5.2.3.3 Ein Vergleich mit der griechischen Halbinsel – Gab es in Ionien zwischen den Siedlungen größere Kontraste?
  • 6. Die Diversität im ionischen Raum als Modell der Koexistenz
  • 7. Literatur- und Quellenverzeichnis
  • 7.1 Quellenverzeichnis
  • 7.1.1 Abkürzungsverzeichnis
  • 7.1.2 Ausgaben antiker Autoren
  • 7.2 Literaturverzeichnis
  • 7.2.1 Literatur
  • 7.2.2 Internetadressen
  • 8. Anhang – Tabellen
  • 8.1 Tabelle 1: Die Ankunft der griechischen Migranten und die Vorgeschichte der Siedlungsplätze
  • 8.2 Tabelle 2: Die Entwicklung der ionischen Siedlungen
  • 8.3 Tabelle 3: Die Auseinandersetzungen mit den lydischen Königen
  • 8.4 Tabelle 4: Kriege und Bündnisse innerhalb Ioniens
  • 8.4.1 Tabelle 4a: Belegbare Kriege zwischen den ionischen Siedlungen
  • 8.4.2 Tabelle 4b: Belegbare Bündnisse zwischen den ionischen Siedlungen
  • 8.5 Tabelle 5: In der Literatur besprochene Tyrannen der ionischen Poleis bis ca. 545 v. Chr.

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1.   Die ionische Migration im Zeichen des Akkulturationsprozesses

Migration ist ein Konstituens der Conditio humana wie Geburt, Vermehrung, Krankheit und Tod. Die Geschichte der Wanderungen ist so alt wie die Menschheitsgeschichte; denn der Homo sapiens hat sich als Homo migrans über die Welt ausgebreitet.1

So wie Wanderungen Teil der Menschheitsgeschichte sind, so gingen mit diesen allseits auch Prozesse einher, die Kulturen und Gesellschaften beeinflussen und verändern konnten. Spannend hierbei ist es, vor allem den Beginn einer Migration zu betrachten, da hier die Probleme einer Ansiedlung zu Tage treten und die Grundlage für das weitere Zusammenleben zwischen indigener Bevölkerung und Neuankömmlingen gelegt wird. Verbunden mit dieser Phase sind daher Fragenstellungen wie beispielsweise die Wahl des Standorts, ob die Ansässigen vertrieben wurden oder wie die klimatischen und topographischen Bedingungen waren und die Ansiedlung beeinflussten. Vor allem gilt es aber, das neue Umfeld zu beleuchten und eine Antwort darauf zu finden, wie der Kontakt mit den neuen Nachbarn aussah und inwieweit man seine eigene Kultur, Sprache und politische sowie gesellschaftliche Form den Rahmenbedingungen des neuen Habitats zum Trotz bewahren konnte. Denn mit Migration hängen auch soziale und kulturelle Veränderungen der betreffenden Bevölkerungsgruppen zusammen, die durch das neue Umfeld und den damit verbundenen „Prozess der Aneignung“2 bedingt sind. Der Kontakt zu fremden Kulturen führt nämlich zur Adaption von Bräuchen und zu anderen gesellschaftlichen und kulturellen Anpassungen. Dieser Prozess, der gern als Akkulturationsprozess3 bezeichnet wird, lässt sich nicht erst im Zusammenhang mit der heutzutage allgegenwärtigen Diskussion um Interkulturalität feststellen, sondern der Umstand, dass eine Gesellschaft durch Migration Veränderungen durchlief, lässt sich bis mindestens in die Antike zurückverfolgen. Eine der ältesten historisch greifbaren Migrationen war die in der Literatur gern als „Ionische Wanderung“ bezeichnete früheisenzeitliche Besiedelung4 der kleinasiatischen Westküste. Diese führte zur ← 13 | 14 → Gründung der ionischen Siedlungen,5 die nicht nur unter anderem in früharchaischer Zeit Homer und die Naturphilosophen hervorbrachten und zahlreiche Apoikien gründeten, sondern die auch für die Entwicklung des aus klassischer Zeit bekannten Griechentums und der gesamten westlichen Zivilisation wichtig waren. Dies lag weniger an militärischen Erfolgen als vielmehr an der geographischen Lage der Neugründungen, die zu einem engeren Zusammenwachsen des nahöstlichen und westlichen Kulturkreises führten. Infolge ihrer Migration lebten die griechischen Neuankömmlinge an der kleinasiatischen Westküste nämlich direkt im Spannungsfeld dieser beiden Kulturkreise, weswegen die Region nicht zu Unrecht in der Wissenschaft auch als Brücke zum Orient6 bezeichnet wird. Ihre Bewohner sahen sich nun nicht nur mit anderen Griechen, wie in ihrer Heimat, sondern mit der indigenen anatolischen Bevölkerung und den nahöstlichen Nachbarvölkern konfrontiert, ein Umstand, der durch das neue soziale Umfeld zu Veränderungen innerhalb der Gesellschaft geführt hat, wodurch sich ein Charakter der ionischen Siedlungen offenbart, der von westlichen, aber auch nahöstlichen Einflüssen durchdrungen ist. Trotz der Bedeutung als Mischkultur und Bindeglied werden die ionischen Siedlungen meist lediglich im Zusammenhang mit politischen und wirtschaftlichen Ereignissen, wie der Großen Kolonisation, der Älteren Tyrannis oder dem Ionischen Aufstand, behandelt. Eine Gesellschaftsstudie, die den Charakter der ionischen Gemeinden näher beleuchtet, stellt jedoch ein lang überfälliges Desiderat dar. Die vorliegende Abhandlung zielt daher im Groben darauf ab herauszufiltern, wie sich die griechischen Neuankömmlinge nach der Überwindung der Anfangsphase in einem neuen Gebiet ausdefinierten, das heißt, in welchen Aktionsfeldern man sich an Umfeld und Nachbarvölker anpasste, welche Chancen oder Probleme sich ergaben bzw. an welcher Stelle man sich an dem Mutterland orientierte. Es soll sich daher um keine reine Gesellschaftsstudie handeln, in der die Gesamtheit der Quellen jeder Siedlung vorgestellt wird, stattdessen stellt sich auf der dargelegten Basis die Frage, ← 14 | 15 → inwiefern man von einer homogenen Gruppe an Siedlungen sprechen kann und in welchen Punkten man von einer internen Differenzierung sprechen muss. Bei dieser Thematik ist vor allem der Beginn des Zusammenlebens von Interesse, weil man so nicht nur die ersten Schritte des Akkulturationsprozesses nachverfolgen kann, sondern auch den Ursachen von einzelnen Entwicklungen genauer auf dem Grund gehen kann. Daher setzt der zeitliche Rahmen schon vor der Ankunft der griechischen Neuankömmlinge an, um die kulturelle Grundlage und Situation, in der die ionischen Siedlungen gegründet worden sind, aufzeigen zu können. Sein Ende wiederum stellt die Integrierung der Siedlung ins Achämenidenreich, die um ca. 5457 anzusetzen ist, dar und den damit verbundenen Verlust der sowohl inneren wie auch äußeren Freiheit. Zwar fielen die Gemeinden schon zuvor spätestens unter Kroisos allesamt unter die Herrschaft der lydischen Mermnaden, doch konnten sie hier zumindest unter der Bedingung, Tribut zu zahlen und Soldaten für das lydische Heer zu stellen, ihre ἀυτονοµία bewahren. Um die definierten Ziele verwirklichen und den Charakter der einzelnen ionischen Siedlungen aufzeigen zu können, beschränkt sich die Arbeit auf die wirtschaftliche und politische Ausrichtung der Siedlungen und ihre Gesellschaftsstruktur, während die Kulte der Siedlungen und die extraurbanen Heiligtümer aufgrund des Umfangs weitgehend außen vor bleiben.

Durch diese Zielsetzung ergibt sich für die Arbeit eine Dreiteilung. Nach einem Quellen- und Forschungsteil leitet ein Einführungsteil in die Arbeit ein. In diesem wird die Situation an der kleinasiatischen Küste vor der Ankunft der Griechen dargestellt, die Migration der Griechen analysiert und das Umfeld, in dem sich die Neuankömmlinge niederließen, vorgestellt. Ihm folgt der umfangreichste Abschnitt, die Darstellung der ionischen Siedlung. In diesem Teil werden über einen interdisziplinären Ansatz anhand der verfügbaren Quellen die für ein Siedlungsleben bedeutsamen Bereiche, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, näher beleuchtet werden und unter anderem Aspekte wie der Charakter des panionischen Bundes, wirtschaftliche Möglichkeiten abseits des Handels und der Landwirtschaft oder das politische System in den einzelnen Siedlungen behandelt. Intention dieses Abschnitts ist es, zum einen einen allgemein gehaltenen Einblick in das Siedlungsleben der ionischen Gemeinden seit ihrer Gründung zu bekommen, zum anderen gewisse Entwicklungen, aber auch Konstanten über die Jahrhunderte aufzeigen zu können. Während dieser Teil allein thematisch geordnet ist, wird abschließend über zwei Ansätze der Akkulturationsprozess näher beleuchtet, um damit auch den Charakter der einzelnen ionischen Siedlungen näher auszudifferenzieren. Hier werden im ersten Schritt die typisch „griechischen“ Merkmale den anatolischen ← 15 | 16 → Einflüssen gegenübergestellt. Im zweiten Schritt werden durch die Herausarbeitung von homogenen und heterogenen Elementen im Siedlungsbild die ionischen Gemeinden untereinander verglichen, um eine Diversität im ionischen Raum aufzuzeigen, die durch Begriffe wie „Ionischer Aufstand“ oder „Ionische Ordnung“ etwas verschleiert wurde.


1 Bade (2002), S. 21, vgl. auch Zick (2010), S.21.

2 Zick (2010), S. 21.

3 Die soziologische Thematik „Akkulturation“ ist ein komplexes Forschungsfeld, zu der unterschiedliche Definitionen vorliegen. Daneben ist es schwierig, zwischen Akkulturation, Assimiliation, Adaption und Integration zu differenzieren. Ausführliche Abhandlung: Zick (2010). Interessanter Aufsatz zur Akkulturation im Altertum: Attoura (2002). Die hier verwendete Definition orientiert sich an Sam/Berry (2006), S. 1: „The meeting of cultures and the resulting changes are what we collectively has come to be known as acculturation“.

4 Da sich Ionien im Spannungsfeld zwischen nahöstlichem und westlichem bzw. griechischem Kulturkreis befand, gestaltet sich bei der Arbeit die Epochenchronologie schwierig. So wird hier der Beginn der Eisenzeit nicht nach der für Griechenland typischen Chronologie (ca. 1050/30 v. Chr.) angesetzt, sondern nach der anatolischen Rechnung, wodurch sich für den Schnittpunkt von Bronzezeit zu Eisenzeit ungefähr das Jahr 1200 v. Chr. ergibt. Im Fall der ionischen Siedlungen wird aber daneben nichtsdestotrotz öfters von geometrischen und archaischen Funden, die dann nach der griechischen Chronologie bewertet werden müssen, gesprochen. Zur geographischen Definition des Begriffs vgl. Kap. 2.2.2.2 und 3.1.

5 Es wird in der Arbeit der Terminus Poleis für die ionischen Gemeinden bewusst vermieden, da sich die Siedlungen in der frühen, für die Arbeit relevanten Phase erst am Beginn des Entwicklungsprozesses befanden, der sie zu Poleis werden ließ. Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen, werden vielmehr die Begriffe „Gemeinden“ und „Siedlungen“ gewählt. In Ausnahmefällen wird auch von den „späteren ionischen Poleis“ gesprochen.

6 Vgl. beispielsweise Hoepfner (2011).

7 In der vorliegenden Arbeit beziehen sich alle Jahresangaben auf Ereignisse vor Christus und werden daher nicht näher durch die Angabe von v. Chr. spezifiziert. Stattdessen werden nachchristliche Daten mit n. Chr. gekennzeichnet. Eine Ausnahme bilden die auf die Forschung bezogenen Daten.

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2.   Quellen und Forschung

2.1   Forschungsstand: Ionien vorwiegend ein Thema der Klassischen Archäologie

Beim Blick auf die Forschungsliteratur fällt auf, dass die Bedeutung der ionischen Siedlungen in der Geschichtswissenschaft im Vergleich zu den Gemeinden der griechischen Halbinsel, insbesondere Athen und Sparta, abfällt. Natürlich ist dies auch der Quellenlage geschuldet, da sich vor allem die überlieferten schriftlichen Werke mit den beiden Mächten klassischer Zeit befassen, doch selbst für die Frühzeit, einer Zeit, in der in Ionien Philosophen wie Thales von Milet gewirkt haben und die Epen Homers entstanden sind, lässt sich ein starker Kontrast bei der Forschungsliteratur feststellen. Im Gegensatz dazu besitzt Ionien in der Schwesterdisziplin, der Klassischen Archäologie, einen hohen Stellenwert. Offensichtlich wird dieser anhand der zahlreichen laufenden Ausgrabungskampagnen und Surveys im ionischen Raum. Grabungen in Alt-Smyrna8, Klazomenai, Kolophon oder auch Phokaia9 können beispielsweise genannt werden. Hervorheben muss man allerdings die Kampagnen und Surveys in Ephesos, wo der Beginn der laufenden Grabungen des ÖAI über 100 Jahre zurückreicht,10 und Milet, wo vor allem die Universität Bochum tätig ist.11 ← 17 | 18 → Neuerdings ist auch eine Kampagne im Gebiet von Teos geplant.12 Da bei diesen nun auch die Frühgeschichte der ionischen Siedlungen im Fokus steht, sind das Ergebnis dieser Grabungen und Surveys auch zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen über den in der Arbeit behandelten Zeitraum. Trotz zahlreicher Monographien über die Architektur in den Siedlungen – diese thematisieren aber vor allem die nacharchaische Zeit13 – und zu den extraurbanen Heiligtümern14 stellen wissenschaftliche Aufsätze die wichtigste Informationsquelle dar. Sie erscheinen in Zeitschriften und Sammelbänden und dokumentieren entweder zusammengefasst den aktuellen Grabungsstand und bislang unpublizierte Ergebnisse oder befassen sich mit einem speziellen Einzelthema oder einer auftretenden Problematik. Erwähnenswert sind besonders zum einen der Tagungsband „Frühes Ionien“15, zum anderen die zahlreichen Beiträge von Kerschner und Herda.16 Allerdings ist auch die Lage bei der Archäologie nicht unproblematisch. Denn einerseits liegt das Hauptaugenmerk der Archäologen auf Ephesos und Milet, andererseits sind naturwissenschaftliche Analysen17 meist noch Mangelware, da diese erst seit wenigen Jahren bei den Grabungen in den Fokus gerückt sind. Daher behandeln die Untersuchungen zur Küstenmorphologie vorwiegend Ephesos und das Maiandros-Delta.18 Ähnlich gestaltet sich die Lage bei wissenschaftlichen Abhandlungen über die archäobotanischen und archäozoologischen Befunde,19 weil auch hier nur für einen begrenzten Rahmen Ergebnisse vorliegen. So konzentrieren sich beispielsweise Archäozoologen bei ihren Beiträgen vorwiegend auf die Tierreste in den extraurbanen Heiligtümern. Besonders schwer ist es aber vor allem wissenschaftliche Berichte über die archaische Palynologie,20 einer bei Ausgrabungen eher neueren Disziplin, zu bekommen. Bisher sind lediglich Ergebnisse für Ephesos und Milet publiziert und die wissenschaftlichen Auswertungen behandeln vor allem die nacharchaische Zeit. Da aber ← 18 | 19 → durchaus Pollendiagramme mit den Daten der vorarchaischen und archaischen Zeit vorliegen, konnten auch daraus Ergebnisse entnommen werden.

Wendet man sich den Monographien über Ionien zu, so muss man auf der einen Seite die Darstellung einzelner Siedlungen anführen. Auch wenn diese den Schwerpunkt einmal auf die archäologischen, ein anderes Mal auf die literarischen Zeugnisse legen, liefern sie Informationen und Quellen zur Geschichte sowie zur politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage in der behandelten Gemeinde. Allerdings existieren bedingt durch die Quellenlage allein für die bedeutenden Siedlungen Milet, Samos, Ephesos und Chios21 solche Abhandlungen, unter denen man besonders Gormans Werk über Milet22 oder die Quellensammlungen von Meyer und Fischer zu Samos bzw. Ephesos23 nennen könnte. Auf der anderen Seite müssen die Bücher über die gesamte Region erwähnt werden, die eine wichtige Grundlage für die vorliegende Arbeit bilden. Anführen muss man hier vor allem mehrere ältere Werke, die in den 1950er-1970er Jahren veröffentlicht wurden. So verfasste Huxley eine Abhandlung, die die Frühgeschichte der Ionier thematisiert, während Roebuck über die Wirtschaft und Gesellschaft in Ionien schrieb und Harris die politische Geschichte der Region darstellt.24 In neuerer Zeit sind besonders drei Bücher von Bedeutung für die ionische Forschung. Während sich die Althistorikerin Mac Sweeney25 den Gründungsmythen widmete, schrieben Hoepfner und Greaves26 – symptomatisch für die Forschungslage zwei Archäologen – zwei Überblicksdarstellungen zur Region. Letzterer sah sich veranlasst, ein Einführungswerk zu schreiben, um „the essential identity of the region and its society using archaeoloy as its prime source“27 zu definieren. Wenngleich sein Werk einen wichtigen Beitrag zur Forschungslage liefert, gilt es, sein Vorhaben durch die vorliegende Abhandlung zu vertiefen. Greaves konzentriert sich nämlich vorwiegend auf die archäologischen Fakten, wodurch eine Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Situation in den ionischen Siedlungen außen vor bleibt und bei den gewählten Themen die literarischen Quellen eher stiefmütterlich behandelt werden. Interessant ist daher vor allem die Abhandlung des US-amerikanischen Wissenschaftlers Balcer,28 der vor über 30 Jahren, 1984, sein Werk „Sparda by the bitter sea“ veröffentlichte, in dem er sein Hauptaugenmerk eindeutig auf „the landed gentry of the East Greek poleis“29 gerichtet hat. Da seine Darstellung einen weiteren Rahmen umfasst ← 19 | 20 → und auch die Auswirkungen des persischen und athenischen Imperialismus auf Ionien beleuchtet,30 werden einzelne bedeutsame und interessante gesellschaftliche Gesichtspunkte nur am Rande behandelt. Nichtsdestotrotz bilden seine Überlegungen unter anderem zum Zusammenleben der Griechen und der indigenen Bevölkerung sowie sein Ansatz über archäologische und literarische Quellen sowohl westlicher als auch nahöstlicher Provenienz die Gesellschaft in Ionien darzulegen, die Grundlage der vorliegenden Abhandlung.

2.2   Quellenlage und die damit verbundenen Probleme

2.2.1   Die Quellenarmut als Chance für einen interdisziplinären Ansatz

An diesem großartigen Bauwerk, welches Unverstand und Ungunst der Überlieferung in ein weites, nur für Gelehrte noch mühsam zu durchschreitendes Trümmerfeld verwandelte, aus dem jetzt nur noch einzelne mächtige Pfeiler zur ursprünglichen Höhe aufragen, haben zahlreiche vortreffliche Handwerker und nicht nur wenige Meister mitgewirkt.31

Erschwert wird dieses Vorhaben allerdings durch die Quellenlage in den ionischen Siedlungen. Die zitierte Metapher, die Strasburger einst gewählt hat, um die Situation der antiken Geschichtsschreibung bildlich darzustellen, lässt sich nämlich vortrefflich auch auf jene übertragen. Denn sieht man metaphorisch in dem prachtvollen Bauwerk den Erhalt aller Zeugnisse, die eine Rekonstruktion der Situation des früheisenzeitlichen Ioniens ermöglichen, so illustriert das beschriebene Trümmerfeld die Quellenlage mit der man, wenn man sich mit dem behandelten Zeitraum befasst, gegenwärtig konfrontiert wird. Dies trifft nicht nur dann zu, wenn man die Funde in Relation zu den Funden der neueren Zeit, sondern auch zu denen der späteren Epochen des Altertums setzt.32 Obwohl sich hierfür auch der Bereich der Literatur anbieten würde, wird dies besonders bei den archäologischen Quellen sichtbar, wenn man beispielsweise den Blick auf die Grabungsstätte Ephesos wirft. Hier kann man zwar die prachtvollen Marmorstraßen herunterwandern, das antike Theater besuchen oder prachtvolle Gebäude wie die Celsius Bibliothek und Tempel wie den des Hadrian besichtigen, doch stammen alle diese architektonischen Zeugnisse aus hellenistischer oder sogar römischer Zeit.33 Bautechnisch gegenüberstellen lassen sich diesen aus der frühen Eisenzeit lediglich vereinzelte Grundrisse von ← 20 | 21 → Einraumhäusern.34 Bei den epigraphischen Quellen lässt sich diese Diskrepanz sogar zahlenmäßig belegen. Während man für den Zeitraum des Hellenismus allein für die Polis Ephesos auf mehrere tausend Inschriften zurückgreifen kann, muss man sich in der Archaik im gesamten ionischen Raum mit einigen wenigen vorwiegend fragmentarischen Einzelstücken zufriedengeben.35 Auch wenn diese Quellenarmut – geschuldet ist diese wie so oft den Faktoren Zeit, Mensch und Natur, denn über die Jahrhunderte ließen Verlandung von Flüssen, „[k]riegerische Auseinandersetzungen, Erdbeben, Verwendung als Baumaterial und die […] entstandenen modern[en Städte] die antiken Gebäude verschwinden“36 – für die Abhandlung des Themas problematisch ist, so bietet sie doch auch eine Chance. Trotz des geographisch und zeitlich weit gefassten Rahmens muss nämlich keine subjektive Auswahl getroffen werden, sondern man kann über einen interdisziplinären Ansatz das Quellenmaterial verschiedener Fachrichtungen nutzen, um die Situation in den ionischen Siedlungen zu schildern. Das Hauptaugenmerk liegt nichtsdestotrotz auf den altertumswissenschaftlichen Disziplinen. Als erstes muss man hier die literarischen Quellen anführen, bei denen man zwischen retrospektiven und zeitgenössischen Berichten differenzieren muss. Die erste Gruppe beinhaltet, auch wenn in dieser Zeit schon Prosatexte existierten,37 allein Dichtungen,38 zu denen die homerischen Epen,39 aber auch Fragmente der in Ionien lebenden Lyriker40 Hipponax von Ephesos und Kallinos von Ephesos sowie der Lyriker Alkaios und Sappho von der Insel Lesbos zu zählen sind.41 Da ihre Texte aber vor allem die Zuhörer unterhalten und nicht über geschichtliche Ereignisse informieren wollen, muss man diese mit Bedacht einsetzen.42 Trotzdem stellt die früharchaische Lyrik insgesamt eine wertvolle Quelle dar, weil sie ungefärbte Eindrücke aus dem Leben wiedergibt und unter anderem die aristokratische Wertevorstellung dieser Zeit vermittelt. Bei den retrospektiven Schilderungen muss man, wenngleich auch die Biographien des Diogenes ← 21 | 22 → Laertius wertvolle Informationen enthalten,43 besonders auf die Geschichtsschreiber verweisen, unter denen die Historien des Herodots die bedeutendste Quelle darstellen, da hier im ersten Buch die Geschichte der ionischen Siedlungen geschildert wird.44 Abgesehen von diesem muss man Ion von Chios, Xanthos den Lyder und Pherekydes von Athen nennen, die wie auch Hekataios von Milet im 5. Jahrhundert Lokalgeschichten oder Genealogien verfassten.45 In gleicher Weise wie bei einer Vielzahl klassischer und hellenistischer Lokalhistoriker46 wird man bei diesen, da ihre Werke nur fragmentarisch erhalten sind, mit der von Strasburger geschilderten Problematik der antiken Histiographie konfrontiert. Da man daneben auch bei anderen Autoren, die beispielsweise über gesellschaftliche Bräuche berichten, mit dieser Schwierigkeit zu kämpfen hat, sind die Schriften von Athenaios von Naukratis47 oder Strabon48 besonders wertvoll, da in diesen Fragmenten zahlreiche antike Autoren zitiert werden. Neben dem Geographen lassen sich für die römische Zeit noch als wichtige Autoren der Reiseschriftsteller Pausanias49 und Nikolaos von Damaskus50 anführen. Abseits des westlichen Kulturkreises sind für die Erforschung des ionischen Raums auch nahöstliche Zeugnisse von Bedeutung. Neben assyrischen Keilschriftdokumenten, die Einblicke in die Herrschaft der Großkönige gewähren,51 sind vor allem mehrere Bücher des Alten Testaments52 zu nennen. Als zweite große Quellengruppe kommen die archäologischen Funde zum Einsatz. Obwohl vor allem im Zuge der frühen Miletgrabung aufgrund fehlender Veröffentlichungen Zeugnisse verloren gingen,53 konnten durch die bereits erwähnten Grabungskampagnen seit der Abhandlung von Balcer54 zahlreiche neue Erkenntnisse, auch über die Gründungsphase, gewonnen werden.55 So besitzt man nun neue Informationen unter anderem über die Geschichte und Entwicklung der Siedlungen sowie über kulturelle Einflüsse oder Handelsbeziehungen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die archäobotanischen und archäozoologischen Befunde, um die ökonomische Ausrichtung erforschen zu können. Diese beiden wichtigen Quellenkategorien ergänzen zum einen epigraphische Zeugnisse aus dem nahöstlichen und ionischen Raum. Da allerdings verwertbares zeitgenössisches Material in den ionischen Siedlungen ← 22 | 23 → Mangelware darstellt, wird vor allem in diesem Bereich unter der Annahme von Kontinuität in gewissen Bereichen, wie im Fall von Teos die Dirae Teiae56 zeigen, auch auf nacharchaische Zeugnisse zurückgegriffen. Zum anderen werden seit wenigen Jahren verstärkt naturwissenschaftliche Untersuchungen eingesetzt, deren Ergebnisse hier im Gegensatz zu anderen Publikationen verwendet werden. Neben Bohrkernuntersuchungen zur Auswertung der Küstenmorphologie kann man, um die Pflanzenwelt Ioniens darzulegen, auf palynologische Untersuchungen in Form von Pollendiagrammen57 zurückgreifen. Aus der Kombination der verschiedenen Quellengattungen lässt sich schließlich ein Bild zeichnen, das einem nicht nur die ionische Frühzeit näherbringt, sondern auch Antworten zur Fragestellung um die Heterogenität im ionischen Raum zulässt. Bevor dieser aber auf den Grund gegangen wird, muss noch auf zwei Probleme, die mit den Quellen im Zusammenhang stehen, hingewiesen werden.

2.2.2   Quellenprobleme

2.2.2.1   Unterschiedliche Quellenmenge – unterschiedliche Aussagekraft

Als erstes muss auf eine gewisse Diskrepanz bei der Menge des vorhandenen Quellenmaterials hingewiesen werden. Diese liegt zum einen dann vor, wenn man die vorhandenen Zeugnisse aus den früheisenzeitlichen, ionischen Siedlungen den Quellen gegenüberstellt, die Informationen zu den Gemeinden der griechischen Halbinsel liefern. Grund hierfür ist vor allem die Bedeutung von Sparta und Athen seit spätarchaischer und klassischer Zeit, da sie seither die Geschichte bestimmten und daher vorwiegend Gegenstand von staatstheoretischen und historischen Werken antiker Autoren waren. Aufgrund dieses Umstands ist man beispielsweise über die politische und gesellschaftliche Entwicklung in Athen besser informiert als über die in Milet. Zum anderen lässt sich aber auch innerhalb Ioniens ein starker Kontrast beim verwertbaren Quellenmaterial feststellen. So stehen Milet und Ephesos dank ihrer glorreichen Vergangenheit nicht nur im Fokus der heutigen Ionien-Forschung und Grabungen, sondern schon bei den antiken Autoren lassen sich über diese beiden Siedlungen die meisten Informationen sammeln. Mit Blick auf den Quellenbestand müssen sich hinter diesen beiden Metropolen die übrigen Siedlungen anstellen, wenngleich vor allem der Quellenbestand zu Alt-Smyrna und den Inseln Samos und Chios wertvolle Erkenntnisse bereithält. Während es schwierig ist, den Wert der Quellen aus Kolophon, Klazomenai, Teos und Phokaia abzuwägen, fallen mit Lebedos, Myus und Alt-Priene drei Siedlungen stark ab. Da der Standort der letztgenannten Gemeinde noch nicht lokalisiert werden konnte, ← 23 | 24 → gestaltet es sich hier besonders problematisch, gutes Quellenmaterial aus der Zeit vor der Neugründung zu greifen. Aber auch in Bezug auf die beiden eher unbedeutenden Kleinsiedlungen Myus und Lebedos finden sich für die frühe Eisenzeit abgesehen von einigen wenigen literarischen Erwähnungen oder archäologischen Zeugnissen keine wertvollen Quellen. Würde man daher erneut das Trümmerfeld von Strasburger bemühen und metaphorisch über Pfeiler die Quellenmenge der einzelnen Siedlungen abbilden, so würden nicht nur bei den zwölf ionischen Siedlungen teils eklatante Unterschiede in der Höhe sichtbar werden, sondern die Pfeiler von Sparta und Athen daneben gestellt würden alle Säulen der ionischen Siedlungen bei Weitem überragen.

2.2.2.2   Die Problematik des Begriffs „Ionier“

Apollo will cause his name throughout Greece to be called Ion, founder of the cities of Asia.58

Hermes prophezeit mit diesen Worten die Zukunft des Ion in Euripidesʼ gleichnamiger Tragödie und charakterisiert den Heros als Eponym und Ahnherrn der Ionier. Während sich der klassisch verwendete griechische Begriff Ἴωνες wahrscheinlich durch die Verknüpfung mit eben jenem Ἴων erklären lässt, existierte mit Ἰάονες eine ältere Form in der griechischen Frühzeit. Selbst wenn man die Erwähnung bei Homer,59 der damit die Athener bezeichnet, als Interpolation ansieht,60 findet sich dieser Begriff in dem wenig später verfassten homerischen Apollonhymnos.61 Möglicherweise liegt der Ursprung dieser Ethnosbezeichnung aber schon in der Bronzezeit. In Knossos wurden zwei Linear B-Tafeln gefunden, auf denen das Wort i-ja-wo-ne62 entziffert werden konnte. Wenngleich sich diese Form „morphologisch, semantisch und syntaktisch nicht eindeutig […] klären“63 lässt, stellt sie wohl die älteste Erwähnung der Ionier auf dem griechischen Festland dar,64 die ihre Parallelen in den akkadischen Keilschrifttexten findet. Unter dem Akkadischen versteht man die ostsemitische Sprache, die im antiken Mesopotamien seit ca. 2600 gesprochen wurde und die sich in zwei Hauptdialekte unterteilen lässt, den babylonischen und ← 24 | 25 → den assyrischen.65 Hier begegnet man den Ioniern in der neuassyrischen Zeit als Iamnāja (ausgesprochen: Jawnāja)66, mit dem dazugehörigen Determinativ LU, was sie als Männer kennzeichnet.67 Diese Bezeichnung deutet auf eine ältere Form des Terminus hin, die ein Digamma enthielt und ἹάFονες lautete. Diese Form dürften die östlichen Völker direkt oder indirekt von den Griechen übernommen haben. Woher allerdings dieser Terminus stammt, lässt sich sprachwissenschaftlich ebenso wenig klären,68 wie seine ursprüngliche Bedeutung. Während in dem Vers des Euripides der Bezug zu den in Kleinasien lebenden Bewohnern klar hergestellt werden kann, lässt sich in den griechischen Quellen69 eine polyvalente Verwendung des Begriffs „der Ionier“ feststellen.70 Auf der einen Seite werden in Kongruenz zu seinem territorialen Äquivalent „Ionien“ damit die Bewohner der Region an der anatolischen Westküste bezeichnet. Hierbei handelt es sich um das Gebiet, in dem unter anderem die Poleis des Ionischen Bundes beheimatet waren,71 und das grob gesagt von Milet bis Phokaia reichte. Der Terminus definiert auf der anderen Seite aber auch einen der drei großen Volksstämme, der nach den antiken Genealogien zusammen mit den Aiolern und Dorern das Volk der Hellenen bildete.72 Neben den kleinasiatischen Ioniern werden geographisch gesehen bei dieser ethnischen Bezeichnung Attika, die Kykladen, Euboia und mehrere Westkolonien miteinbezogen. Abschließend sei noch auf eine mögliche Definition hinzuweisen, die Rollinger73 in einer Komödie des Aristophanes erkennen will. In der Passage, als der griechische Autor einem persischen Gesandten, der die athenische Subsidienzahlungen zurückweist, die ← 25 | 26 → Worte οῦ λῆψι χρῦσο χαυνόπρωκτ` Ἰαοναῦ74 in den Mund legt, sieht Rollinger als Angesprochene die Mutterlandgriechen. Allerdings schränkt er ein, dass sich die Weite des Begriffs nicht näher bestimmen ließe. Interessant ist diese Interpretation vor allem im Zusammenhang mit nahöstlichen Zeugnissen. Während die nähere Bestimmung „der Ionier“ für die griechischen Quellen irrelevant erscheint, da sich diese hier meist aus dem Kontext erschließen lässt, führt ihre Polyvalenz in den östlichen Zeugnissen zu Deutungsproblemen. Einigkeit besteht zwar darin, dass die Iamnāja mit den Ioniern gleichzusetzen sind, doch herrscht über die genaue Definition weitgehend Ungewissheit. Verantwortlich dafür sind die fehlenden näheren Informationen über das Volk der Iamnāja. Dies verdeutlicht ein Brief des Statthalters Qurdi-Assur-lamur an den assyrischen Herrscher Tiglatpilesars III. (744–727), in dem er von einem Überfall der Iamnāja berichtet:

Zum König meinem Herren, sprich! Folgendermaßen (spricht) Dein Diener Quard-Assur-lamur: ‚Die Jawnāja sind [auf]getau[cht]. Bei der Stadt Sams [imuruna?] haben sie ein Gefecht geliefert, bei der Stadt Harisu, und bei der Sta[dt…]. Ein Be[rittener] [k]am nach Dan[bu?] (um mir alles mitzuteilen). Ich sammelte Truppen und Dienstverpflichtete und verfolgte sie. Gar nichts haben sie (die Jawnāja) mitgenommen. Sobald sie (nämlich) meine Soldaten [sa]hen, [suchten] sie auf ihren Booten [das Weite], (und) sie [verschwanden] in der Mitte des Meeres[‘].75

Aus diesen Zeilen wird lediglich zur geographischen Lokalisierung die für die Ionier typische Formulierung „in der Mitte des Meeres“ genutzt, die impliziert, dass es sich um ein Volk westlich der Assyrer handeln muss. Da sich auch in anderen Dokumenten, obwohl die Iamnāja den Neuassyrern durchaus bekannt waren,76 keine hilfreicheren Hinweise finden, scheinen sie zwar ein Ärgernis, aber lediglich ein „an den westlichen Rändern des Imperiums marodierendes Randvolk“77 gewesen zu sein. Dies führte dazu, dass nicht nur in der Antike, wie die Werke von Flavius Josephus und Isidor von Sevilla belegen,78 Unklarheit über die Definition der Iamnāja herrschte, sondern bis in die heutige Zeit. Während man in der älteren Literatur vorwiegend die Gleichsetzung mit den Bewohnern der kleinasiatischen ← 26 | 27 → Küstenregion findet,79 tendiert man heutzutage trotz Ausnahmen wie Högemann80 dazu, die Iamnāja als eine Bezeichnung für die „Griechen“ im Allgemeinen zu erachten.81 Wenngleich man diese Kongruenz auch in einigen modernen nahöstlichen Sprachen nachverfolgen kann,82 darf man dies nicht als endgültigen Beleg sehen, da „eine Kontinuität der Begriffe […] nicht automatisch mit einer Kontinuität des damit bezeichnenden ‚Inhaltsʻ gleichgesetzt werden [sollte].“83 Während man in den griechischen Texten zwar unterschiedliche Bedeutungsvarianten für den Begriff der Ionier findet, diese sich aber dank des Kontextes gut differenzieren lassen, lassen die nahöstlichen Quellen solche Schlussfolgerungen nicht zu. Sein nahöstliches Synonym Iamnāja ist demgegenüber in seiner Bedeutung weitgehend ungeklärt. ← 27 | 28 →


8 Die parallele Verwendung der Begriffe „Smyrna“ und „Alt-Smyrna“ für den behandelten Zeitraum ist in der Forschung auffallend. Eine trennscharfe Definition der Bezeichnungen hat sich bisher noch nicht durchsetzen können. Allgemein kann man festhalten, dass – da „Alt-Smyrna“ retrospektiv in der Forschung eingeführt wurde, um das Gebiet vor seiner Eroberung benennen zu können – „Smyrna“ durchgängig in den Quellen als Begriff auftaucht, in der Forschungsliteratur jedoch beide Bezeichnungen zu finden sind. Da es sich in der Arbeit vorwiegend um die Zeit vor der Eroberung handelt, wird bei der archäologischen Betrachtung von „Alt-Smyrna“ gesprochen (ähnliche Schwerpunktlegung auch bei Roebuck (1959), Greaves (2010) oder Hoepfner (2011)). Demgegenüber wird bei historischer Sichtweise der weitergefasste, allgemeinere Begriff Smyrna verwendet. Analog ist die Problematik der Bezeichnungen „Alt-Priene“ und „Priene“, wobei hier der alte Standort nicht bekannt ist. Theorien u. a. bei Brückner (2003), S. 135, Greaves (2010), S. 103 f.

9 Allgemein zu den Stadtgrabungen in Westkleinasien: u. a. Radt (2006); Neue Berichte zu Klazomenai, vgl. offizielle Homepage der Grabung http://klazomenai.tripod.com/ (Stand: 02.11.2016); Alt-Smyrna: vgl. Beiträge von u. a. Cook (1959); Phokaia: vgl. u. a. Özyiğit (2003), Yalçin/Özyiğit (2013); Kolophon: vgl. u. a. Holland (1944), Bruns-Özgan et al. (2011), Gassner et al. (2012).

10 Zur Grabung vgl. offizielle ÖAI-Homepage: http://www.oeai.at/index.php/grabungsgeschichte.html (Stand: 02.11.2016); zur Grabungsgeschichte vgl. u. a. Sammelband Friesinger (1999).

11 Offizielle Seite der Kampagne auf der Homepage der Ruhr-Universität Bochum: http://www.ruhr-uni-bochum.de/milet/ Stand 02.11.2016).

12 Gespräch mit Kerschner im Jahr 2013; erste Abhandlungen zu der Kampagne: vgl. u. a. Kadioğlu (2012), Kadioğlu et al. (2015).

13 Zusammenfassende Darstellung aller Siedlungen: Hoepfner (2011), Lang (1996), S. 195–222; zu Ephesos: u. a. Karwiese (1995a); Phokaia: Sachs (2014).

14 Vgl. u. a. Artemision von Ephesos: Muss (1994)/(2001).

15 Vgl. Cobet (2007a).

16 Vgl. u. a. Herda (2005)/(2006a)/(2006b)/(2009)/(2016); Kerschner (2004)/(2005)/(2006a)/(2006b); Kerschner et al. (2008).

17 Zu diesen zählen u. a. Untersuchungen zur Küstenmorphologie, archäobotanische und archäozoologische Untersuchungen sowie Erkenntnisse aus der Palynologie.

18 Ephesos: Stock et al. (2014); Maiandros-Delta: vgl. u. a. Brückner (1997), (2006), Müllenhoff (2005), Bay (1999).

19 Archäozoologie: vgl. u. a. Peters et al.: http://www.ruhr-uni-bochum.de/milet/in/tier.htm (Stand: 02.11.2016); Forstenpointner et al. (2005) Archäobotanik: vgl. u. a. Kučan (1997), Sticka (1997).

20 Vgl. u. a. Knipping et al. (2008); Stock et al. (2016), Pollendiagramm auch bei Bay (1999), S. 111 Tab. 5.

21 Milet: u. a. Greaves (2002); Samos: u. a. Shipley (1987); Chios: Merousēs (2002); Ephesos: u. a. Fischer (2013). Daneben ist auch die bereits erwähnte Abhandlung von Sachs (2014) zu Phokaia zu nennen.

22 Vgl. Gorman (2001).

23 Vgl. Meyer (2012); Fischer (2013).

24 Vgl. Huxley (1966), Roebuck (1959), Harris (1971).

25 Vgl. Mac Sweeney (2013).

26 Vgl. Hoepfner (2011), Greaves (2010).

27 Greaves (2010), S. XI.

28 Vgl. Balcer (1984).

Details

Seiten
346
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631743744
ISBN (ePUB)
9783631743751
ISBN (MOBI)
9783631743768
ISBN (Paperback)
9783631734797
DOI
10.3726/b13134
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Juni)
Schlagworte
Ionische Wanderung Migration Akkulturation Bronzezeitliches Kleinasien Söldnerwesen Archaik Frühe Eisenzeit Piraterie
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. 345 S., 6 Tab.

Biographische Angaben

Moritz Lange (Autor:in)

Moritz Lange schloss das Magisterstudium in Geschichte, Klassischer Archäologie sowie Vor- und Frühgeschichte an der Universität Regensburg ab, promovierte im Fachbereich Alte Geschichte und lehrte dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Er ist im Kulturbereich tätig.

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Titel: Die gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt der Region Ionien
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