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Freiwilliges und zwangsweises Delisting im deutschen und südkoreanischen Recht

Eine rechtsvergleichende Untersuchung

von Christin Riedel (Autor:in)
©2018 Dissertation XVI, 288 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin untersucht den Ausgleich der widerstreitenden Interessen des Emittenten, des Großaktionärs und der Minderheitsaktionäre bei einem freiwilligen und einem zwangsweisen Delisting in Deutschland und Südkorea. Beide Rechtsordnungen versuchen auf unterschiedliche Weise, einen Ausgleich zwischen dem Anlegerschutz als Individualschutz und dem Funktionsschutz der Börse bei einem Delisting zu erreichen. Ein Delisting auf Initiative des Emittenten darf in beiden Ländern nur stattfinden, wenn die Minderheitsaktionäre ein Kaufangebot für ihre Aktien erhalten. In Südkorea handelt es sich bei den Delisting-Kriterien für ein zwangsweises Delisting um ein präventives System, das dazu eingesetzt wird, gute von schlechten Emittenten an der Börse zu unterscheiden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • 1. Kapitel: Einführung und Grundlagen
  • A. Grundsätzliche Überlegungen
  • B. Gang der Darstellung
  • C. Das deutsche und das südkoreanische Kapitalmarktrecht
  • I. Die Börsenorganisation in Deutschland
  • 1. Börsenbegriff
  • 2. Organe der Börse
  • 3. Aufsichtseinrichtungen
  • a) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
  • b) Börsenaufsichtsbehörden der Länder
  • c) Handelsüberwachungsstellen
  • II. Die Börsenorganisation in Südkorea
  • 1. Die Organisationsform der koreanischen Börse
  • 2. Organe der Börse
  • 3. Börsenaufsicht und Regelungskompetenz
  • a) Financial Supervisory Service
  • b) Financial Services Commission
  • c) Korea Financial Investment Association
  • d) Regelungskompetenz
  • D. Handelsplätze
  • I. Deutschland
  • 1. Regulierter Markt
  • a) Börsensegmente der Frankfurter Wertpapierbörse
  • b) Börsenzulassung von Wertpapieren im Börsenhandel
  • c) Börsennotierung
  • d) Zulassungsfolgepflichten für den Emittenten
  • 2. Freiverkehr
  • a) Einbeziehung in den Freiverkehr
  • b) Einbeziehungsfolgepflichten
  • II. Südkorea
  • 1. KOSPI-Markt
  • 2. KOSDAQ-Markt
  • 3. KONEX-Markt
  • 4. K-OTC
  • 5. Listing an der KRX
  • a) Listing-Voraussetzungen im KOSPI-Markt
  • b) Listing-Voraussetzungen im KOSDAQ-Markt
  • E. Erscheinungsformen des Delisting in Deutschland
  • I. Abgrenzung von Delisting zu Going private
  • II. Rechtliche Einordnung der Widerrufsentscheidung
  • III. Die Beendigung der Zulassung von Amts wegen, § 39 Abs. 1 BörsG
  • IV. Delisting auf Initiative des Emittenten
  • 1. Vollständiges Delisting
  • 2. Partielles Delisting
  • 3. Downlisting/Downgrading
  • V. Beendigung der Zulassung als Ergebnis gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen
  • 1. Squeeze-out
  • 2. Formwechsel
  • 3. Verschmelzung
  • 4. Aufspaltung
  • 5. Eingliederung
  • 6. Übertragende Auflösung
  • F. Erscheinungsformen des Delisting in Südkorea
  • I. Historischer Überblick
  • II. Freiwilliges Delisting auf Antrag
  • III. Marktwechsel auf Antrag
  • IV. Zwangsweises Delisting
  • V. Gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahmen
  • 1. Squeeze-out, Art. 360–24 koreanisches HGB
  • 2. Barfusion, Art. 523 Nr. 4 koreanisches HGB
  • 3. Aktientausch, Art. 360–2 koreanisches HGB
  • 4. Anteilsübertragung, Art. 360–15 koreanisches HGB
  • G. Motive für einen freiwilligen Börsenrückzug
  • I. Funktionslosigkeit der Börsennotiz
  • II. Operative Nachteile
  • III. Schutz vor feindlichen Übernahmen
  • IV. Unausgeschöpfte Wertpotenziale
  • V. Weitere Gründe
  • 2. Kapitel: Das Delisting im deutschen Recht
  • Teil 1: Die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen für das Delisting von Amts wegen und das reguläre Delisting
  • A. Voraussetzungen für ein Delisting von Amts wegen
  • I. Widerruf der Zulassung nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht
  • 1. Widerruf einer rechtmäßigen Zulassung
  • 2. Rücknahme einer rechtswidrigen Zulassung
  • II. Widerruf wegen dauerhafter Notierungseinstellung
  • III. Widerruf wegen des Verstoßes gegen Zulassungsfolgepflichten
  • B. Exkurs: Die zwangsweise Beendigung der Zulassung zum Neuen Markt
  • I. Die Beendigung der Zulassung mit Ermessensspielraum
  • 1. Verstoß gegen Zulassungsfolgepflichten
  • 2. Fehlende Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Börsenhandels
  • 3. Schutz des Publikums
  • II. Die Beendigung der Zulassung ohne Ermessensspielraum
  • 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • 2. Marktkapitalisierung und Aktienpreis, sog. Penny Stock-Regelung
  • C. Ausgestaltung des Anlegerschutzes in den einzelnen Börsenordnungen – Ein historischer Überblick
  • I. Reine Fristenlösung
  • II. Fristenlösung mit Erwerbsangebot
  • III. Erwerbsangebot und Hauptversammlungsbeschluss
  • IV. Ergebnis
  • D. Die Abfindungspflicht vor der Einführung von § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG n. F.
  • I. Die Abfindungspflicht in der Macrotron-Entscheidung
  • 1. Im Spruchverfahren überprüfbares Abfindungsangebot
  • 2. Kritik
  • II. Der Abfindungsanspruch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung
  • III. Das Abfindungserfordernis in der Literatur
  • 1. Gesamtanalogie zu §§ 305, 320b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG
  • 2. Analogie zu § 243 Abs. 2 S. 2 AktG
  • 3. Analogie zu § 29 Abs. 1 S. 1 Fall 2 UmwG
  • 4. Analogie zu § 207 UmwG
  • 5. Zwischenergebnis
  • IV. Das MVS/Lindner-Urteil des BVerfG
  • V. Der Frosta-Beschluss des BGH
  • E. Voraussetzungen für ein reguläres Delisting
  • I. Gesetzgebungsverfahren
  • 1. Anlegerschutz mittels gesellschaftsrechtlicher Lösung
  • 2. Anlegerschutz mittels kapitalmarktrechtlicher Lösung
  • II. Anlegerschützende Voraussetzungen
  • 1. Erwerbsangebot
  • 2. Ausnahme: Erforderlichkeit einer Unternehmensbewertung
  • 3. Rückausnahme in § 39 Abs. 3 S. 3 2. Hs. BörsG
  • 4. Entbehrlichkeit des Erwerbsangebots bei einem partiellen Delisting
  • 5. Bekanntmachung
  • 6. Rückwirkende Geltung
  • F. Bewertung
  • I. Dogmatische Einordnung von § 39 BörsG n. F.
  • II. Gleichbehandlung von Delisting und Downlisting
  • III. Das Widerrufsverfahren
  • 1. Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG oder § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG
  • 2. Erstellung der Angebotsunterlage
  • 3. Veröffentlichung des Erwerbsangebots
  • 4. Inhaltliche Prüfung der Angebotsunterlage
  • a) Überprüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin
  • b) Prüfungskompetenz der Börsengeschäftsführung
  • IV. Umgehungspotenzial/Gestaltungsmöglichkeiten durch ein Delisting-Angebot
  • V. Bedingungsfeindlichkeit des Angebots
  • VI. Der Börsenkurs als Berechnungsgrundlage für die Abfindungshöhe
  • VII. Unternehmensbewertung bei Kursbeeinflussung
  • 1. Verstoß gegen die Ad-hoc-Publizität gemäß Art. 17 MAR
  • 2. Marktmanipulation gemäß Art. 15 MAR
  • a) Marktmanipulation durch Dritte
  • b) Haftung des Bieters für fremdes Verschulden
  • VIII. Ausnahme in § 39 Abs. 3 S. 4 BörsG
  • IX. Methode zur Berechnung des Unternehmenswertes
  • X. Unwesentliche Auswirkungen auf den Börsenkurs
  • XI. Abschließende Wirkung von § 39 Abs. 3 S. 3 und 4 BörsG?
  • XII. Kritik an der Abfindungspflicht und der Person des Bieters
  • XIII. Erstreckung übernahmerechtlicher Vorschriften auf Auslandsemittenten
  • Teil 2: Verfassungsrechtliche Relevanz des regulären Delisting
  • A. Fragestellung
  • B. Die Konkretisierung des Aktieneigentums durch die Rechtsprechung
  • I. Das Feldmühle-Urteil
  • II. Der DAT/Altana-Beschluss
  • III. Das Macrotron-Urteil des BGH
  • a) Sachverhalt und Entscheidungen der Instanzgerichte
  • b) Die Entscheidung des BGH
  • IV. Das MVS/Lindner-Urteil des BVerfG
  • C. Bewertung und Anwendbarkeit auf das reguläre Delisting
  • I. Grundrechtsgeltung in Privatrechtsbeziehungen
  • II. Die Wesensmerkmale des Aktieneigentums
  • III. Verfassungsrechtliches Entschädigungsgebot
  • IV. Betroffenheit des Aktieneigentums beim Delisting
  • Teil 3: Die Hauptversammlungskompetenz bei einem regulären Delisting
  • A. Abschließende Regelung des regulären Delisting im BörsG?
  • I. Verhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht
  • II. Zwischenergebnis
  • III. Abschließende Regelung von § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG
  • B. Das Hauptversammlungserfordernis in Rechtsprechung und Literatur
  • I. Rechtliche Ausgangslage
  • 1. Zuständigkeit im Außenverhältnis
  • 2. Zuständigkeit im Innenverhältnis
  • II. Frühere Rechtsprechung des BGH
  • 1. Die Holzmüller-und Gelatine-Entscheidungen
  • a) Grundsätze der Holzmüller-Entscheidung
  • b) Die Gelatine-Entscheidungen
  • 2. Die Macrotron-Entscheidung
  • 3. Die Frosta-Entscheidung des BGH
  • III. Das Hauptversammlungserfordernis in der Literatur
  • 1. Hauptversammlungszuständigkeit auf Basis der Holzmüller-Doktrin
  • 2. Hauptversammlungserfordernis auf Basis einer Analogie zu existierenden Hauptversammlungskompetenzen
  • a) Analogie zu umwandlungsrechtlichen Vorschriften
  • b) Delisting als vinkulierungsähnliche Maßnahme
  • c) Gesamtanalogie zu Finanzierungs- und Strukturentscheidungen
  • 3. Treuepflichtverstoß des Vorstandes
  • 4. Hauptversammlungserfordernis mittels Satzungsregelung
  • 5. Erforderliche Mehrheitsverhältnisse
  • C. Zukünftige Begründbarkeit der Hauptversammlungskompetenz
  • I. Übertragbarkeit der Holzmüller-/Gelatine-Grundsätze auf das Delisting
  • II. Hauptversammlungszuständigkeit mittels Satzungsregelung
  • 1. Bedeutung und Grundsätzliches zu § 23 Abs. 5 AktG
  • 2. Verankerung des Hauptversammlungserfordernisses in der Satzung
  • 3. Die Börsennotierung als Teil des Unternehmensgegenstands
  • 4. Verankerung der Börsennotierung in der Satzung
  • 5. Satzungsergänzende Nebenabreden
  • III. Hauptversammlungskompetenz durch Rechtsfortbildung
  • Teil 4: Rechtsschutzmöglichkeiten der Aktionäre
  • A. Widerspruch und Anfechtungsklage
  • I. Klagebefugnis/Widerspruchsbefugnis
  • 1. Meinungsstand zur Widerspruchs- und Klagebefugnis
  • a) Ansichten der Rechtsprechung
  • b) In der Literatur vertretene Auffassungen
  • 2. Stellungnahme
  • II. Begründetheit der Anfechtungsklage
  • B. Kontrolle und gegebenenfalls Erhöhung des Angebots
  • I. Musterverfahren nach dem KapMuG
  • 1. Inhaltliche Ausgestaltung des Musterverfahrens
  • 2. Erforderlichkeit der behördlichen Feststellung des Verstoßes
  • II. Bewertung des zivilrechtlichen Schutzes
  • 3. Kapitel: Das Delisting in Südkorea
  • A. Das Kapitalmarktrecht in Südkorea
  • I. Historischer Überblick
  • II. Das Regelwerk der KRX
  • 1. KOSPI-Markt
  • 2. KOSDAQ-Markt
  • III. Die Organisationsverfassung der koreanischen Aktiengesellschaft
  • IV. Die Rechtsnatur der Delisting-Entscheidung
  • B. Das zwangsweise Delisting vom KOSPI-Markt
  • I. Bezeichnung als administrative issue
  • II. Automatisches Delisting gemäß § 48 Abs. 1 KOSPI-Zulassungsordnung
  • 1. Verstoß gegen Berichterstattungspflichten
  • 2. Prüfergebnis entspricht nicht den Anforderungen
  • 3. Nicht gedecktes Kapital
  • 4. Aktienverteilung/Handelsvolumen entspricht nicht den Anforderungen
  • 5. Standardwidrige Corporate Governance
  • 6. Verkaufserlöse entsprechen nicht den Anforderungen
  • 7. Aktienpreis entspricht nicht den Anforderungen
  • 8. Marktkapitalisierung entspricht nicht den Anforderungen
  • 9. Liquidation oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft und die Nichterfüllung von Bankverpflichtungen
  • 10. Eingliederung in eine Holding-Gesellschaft
  • 11. Beschränkung des Aktienhandels
  • 12. Nichtbeachtung der Kriterien für ein backdoor listing
  • III. Delisting nach Überprüfung gemäß § 48 Abs. 2 KOSPI-Zulassungsordnung
  • 1. Der Prüfungsbericht des Unternehmens-Prüfungsausschusses
  • 2. Delisting-Kriterien die eine Unternehmensüberprüfung indizieren
  • a) Versuch des Unternehmens, ein Sanierungsverfahren durchzuführen
  • b) Verstoß gegen Publizitätspflichten
  • c) Unrichtige eingereichte Dokumente für die Listing-bzw. Delisting Prüfung
  • d) Umgehung eines Delisting-Kriteriums
  • e) Grobes Fehlverhalten
  • f) Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften
  • g) Einstellung des Hauptgeschäfts
  • h) Überschuldung
  • i) Öffentliches Interesse und Anlegerschutz
  • 3. Gründe für die Entbehrlichkeit der Überprüfung
  • 4. Verfahrensablauf
  • 5. Präzedenzfall: Koreanische Börse gegen Kukje
  • 6. Widerspruchsmöglichkeit des Emittenten gemäß § 25 KOSPI-Zulassungsordnung
  • C. Das zwangsweise Delisting vom KOSDAQ-Markt
  • I. Bezeichnung als administrative issue gemäß § 28 KOSDAQ-Zulassungsordnung
  • II. Bezeichnung als investment alert issue gemäß § 28–2 KOSDAQ-Zulassungsordnung
  • III. Kriterien für ein automatisches Delisting
  • 1. Nicht eingelöste Wechsel
  • 2. Anforderungen betreffend die finanzielle Situation
  • 3. Erfüllung der Kriterien für eine Liquidation
  • 4. Nichterfüllung der Kriterien an das Handelsvolumen, die Aktienverteilung oder die finanzielle Ausstattung
  • 5. Negatives Prüfergebnis der Auditoren
  • 6. Verstoß gegen Berichterstattungspflichten
  • 7. Beschränkung der Übertragung von Aktien der Gesellschaft
  • 8. Angestrebter Wechsel in den KOSPI-Markt
  • 9. Verstoß gegen spezielle Vorschriften
  • 10. Verstöße gegen die corporate governance Grundsätze
  • 11. Nichterfüllung der Anforderungen an die Marktkapitalisierung
  • IV. Widerspruchsmöglichkeit gegen ein automatisches Delisting
  • V. Kriterien für ein Delisting nach Überprüfung der Listing-Eignung
  • 1. Verstöße gegen Offenlegungspflichten
  • 2. Durchführung eines Sanierungsverfahrens
  • 3. Verfälschung von für das Listing erforderlichen Dokumenten
  • 4. Weitere Gründe, die eine umfassende Überprüfung zur Folge haben
  • 5. Untersuchungskriterien
  • 6. Weiterer Verfahrensablauf
  • 7. Widerspruchsmöglichkeit des Emittenten gemäß § 33–4 Durchführungsordnung
  • D. Das freiwillige Delisting
  • I. Das freiwillige Delisting vom KOSPI-Markt
  • 1. Voraussetzungen
  • a) Hauptversammlungsbeschluss
  • b) Übernahmeangebot und Beteiligungsquote
  • c) Selbstverpflichtung des Mehrheitsaktionärs
  • d) Öffentliches Interesse und Anlegerschutz
  • 2. Marktwechsel
  • II. Das freiwillige Delisting vom KOSDAQ-Markt
  • 1. Antrag des Emittenten
  • 2. Hauptversammlungsbeschluss
  • 3. Kauf- beziehungsweise Übernahmeangebot des Mehrheitsaktionärs
  • 4. Zustimmung des Listing-Sponsors
  • 5. Vorliegen eines Delisting-Grundes
  • 6. Nichtvorliegen eines Delisting-Grundes
  • E. Bewertung der Delisting-Regelungen
  • I. Das zwangsweise Delisting
  • II. Bewertung
  • III. Das freiwillige Delisting
  • 1. Provokation eines zwangsweisen Delisting durch den rückzugswilligen Emittenten?
  • 2. Das Übernahmeangebot
  • 4. Kapitel: Rechtsvergleichende Betrachtung
  • A. Anwendbare Rechtsvorschriften
  • B. Grundsätzliche Unterschiede der kapitalmarktrechtlichen Regelungen
  • C. Vergleich der Delisting-Voraussetzungen und abschließende Bewertung
  • I. Freiwilliges Delisting
  • II. Zwangsweises Delisting/Delisting von Amts wegen
  • III. Funktionsschutz und Anlegerschutz beim freiwilligen Delisting
  • 5. Kapitel: Fazit und Zusammenfassung
  • Voraussetzungen für das freiwillige Delisting und das zwangsweise Delisting in tabellarischer Form
  • Anhang: Glossar
  • Koreanische Vorschriften in englischer Übersetzung
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

Christin Riedel

Freiwilliges und zwangsweises Delisting
im deutschen und südkoreanischen Recht

Eine rechtsvergleichende Untersuchung

Autorenangaben

Christin Riedel promovierte am Fachbereich Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen, wo sie auch als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war. Studien- und Forschungsaufenthalte führten sie in die USA und nach Südkorea. Stationen ihres Referendariats absolvierte sie an der Deutschen Botschaft Tokyo und in einer Großkanzlei in Frankfurt am Main.

Über das Buch

Die Autorin untersucht den Ausgleich der widerstreitenden Interessen des Emittenten, des Großaktionärs und der Minderheitsaktionäre bei einem freiwilligen und einem zwangsweisen Delisting in Deutschland und Südkorea. Beide Rechtsordnungen versuchen auf unterschiedliche Weise, einen Ausgleich zwischen dem Anlegerschutz als Individualschutz und dem Funktionsschutz der Börse bei einem Delisting zu erreichen. Ein Delisting auf Initiative des Emittenten darf in beiden Ländern nur stattfinden, wenn die Minderheitsaktionäre ein Kaufangebot für ihre Aktien erhalten. In Südkorea handelt es sich bei den Delisting-Kriterien für ein zwangsweises Delisting um ein präventives System, das dazu eingesetzt wird, gute von schlechten Emittenten an der Börse zu unterscheiden.

Zitierfähigkeit des eBooks

Diese Ausgabe des eBooks ist zitierfähig. Dazu wurden der Beginn und das Ende einer Seite gekennzeichnet. Sollte eine neue Seite genau in einem Wort beginnen, erfolgt diese Kennzeichnung auch exakt an dieser Stelle, so dass ein Wort durch diese Darstellung getrennt sein kann.

Vorwort

Die vorliegende Monographie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Rechtsphilosophie von Frau Prof. Dr. Marietta Auer M.A., LL.M., S.J.D. (Harvard) an der juristischen Fakultät der Justus-Liebig-Universität Gießen. Die Arbeit betreute Herr Prof. Dr. Horst Hammen, der den Anstoß zu diesem rechtsvergleichenden Thema geliefert hat.

Für das Zustandekommen der Arbeit möchte ich mich herzlich bei den nachfolgenden Personen bedanken. Mein Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Horst Hammen, der die Idee für dieses spannende Thema hatte und mir für dessen Bearbeitung viel Freiheit gelassen hat, gleichzeitig aber immer ansprechbar und hilfsbereit war. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Frau Prof. Dr. Marietta Auer M.A., LL.M., S.J.D. (Harvard) für die Übernahme und die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie bei Herrn Prof. Dr. Junseob Yi, der meine Recherchetätigkeit für den südkoreanischen Teil der Arbeit hilfreich unterstützt hat.

Danken möchte ich auch Christa Steubing, die freundlicherweise das Korrekturlesen der Arbeit übernommen hat und Johannes Otter, der mich immer unterstützt hat.

Literatur und Rechtsprechung sind bis Dezember 2016 berücksichtigt.

Frankfurt am Main, März 2018

Christin Riedel←v | vi→ ←vi | vii→

1. Kapitel: Einführung und Grundlagen

In den letzten Jahren ist durch mehrere höchstrichterliche Entscheidungen – zu nennen sind die MVS/Lindner-Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2012 und die im darauffolgenden Jahr ergangene Frosta-Entscheidung des BGH – der freiwillige Börsenrückzug vom regulierten Markt in Deutschland wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.1 In der Folge dieser Entscheidungen hat der freiwillige Börsenrückzug vom deutschen Kapitalmarkt, im Vergleich zu den Vorjahren, an Bedeutung hinzugewonnen.2 Auch im südkoreanischen Kapitalmarkt hat die Anzahl der Börsenrückzüge stetig zugenommen, bei denen es sich jedoch mehrheitlich um zwangsweise Rückzüge auf Anordnung der Börse handelt. Der Trend geht dort jedoch mittlerweile zu mehr freiwilligen Börsenrückzügen, was insbesondere an den mit dem Listing verbundenen hohen Kosten und umfassenden Publizitätspflichten liegt.3 Sowohl der freiwillige Börsenrückzug auf Initiative des Emittenten als auch das Delisting von Amts wegen bzw. das zwangsweise Delisting werfen rechtliche Probleme auf.

In Deutschland wurde die Diskussion im November 1994 angestoßen, als die BASF erfolglos versuchte, sich auf eigene Initiative von allen deutschen Handelsplätzen, mit Ausnahme der Frankfurter Wertpapierbörse, zurückzuziehen.4 Bereits vor dem Inkrafttreten von § 38 Abs. 4 BörsG a. F. (jetzt mit verändertem Inhalt § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG n. F.), der erstmalig die Möglichkeit des freiwilligen Börsenrückzugs normierte, war umstritten, inwieweit ein freiwilliger Börsenrückzug überhaupt möglich sei und soweit dies der Fall sein sollte, welche Voraussetzungen zur Gewährleistung des Anlegerschutzes erfüllt werden müssten.5 Die Un←1 | 2→stimmigkeiten resultierten aus der Formulierung von § 39 Abs. 2 a. F. BörsG und deren gleichlautenden Vorgängervorschriften, die einen freiwilligen Rückzug vom regulierten Markt für zulässig erachteten, wenn der Anlegerschutz ausreichend gewährleistet war. Die Wahrung des Anlegerschutzes wurde der Regulierung in den einzelnen Börsenordnungen übertragen. Der BGH hat dann im Jahre 2002 in der Macrotron-Entscheidung erstmalig gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Delisting geschaffen und diese Rechtsfortbildung über den kapitalmarktrechtlichen Schutz hinaus auf Art. 14 GG gestützt, sodass der Diskussion eine verfassungsrechtliche Komponente hinzugefügt worden ist.6 Die Basis des Anlegerschutzes bildeten seitdem ein verpflichtendes, im Spruchverfahren überprüfbares, Kaufangebot und die Zustimmung der Hauptversammlung zu dem freiwilligen Börsenrückzug. Der Anlegerschutz beruhte damit maßgeblich auf Richterrecht.

Erst die Entscheidung des BVerfG in den beiden Verfahren MVS/Lindner vom 11.07.2012 brachte die Macrotron-Grundsätze ins Wanken.7 Das BVerfG lehnte einen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre durch ein Delisting ab, erklärte die Rechtsfortbildung des BGH aber nicht für verfassungswidrig, sondern ließ offen, auf welche einfachgesetzlichen Vorschriften die anlegerschützenden Voraussetzungen in Zukunft gestützt werden sollten.

Am 08.10.2013 vollführte der BGH in seiner Frosta-Entscheidung eine Kehrtwende zu seiner bis dahin maßgeblichen Rechtsprechung, indem er die in der Macrotron-Entscheidung für ein freiwilliges Delisting aufgestellten Voraussetzungen nicht etwa mit einer einfachrechtlichen Begründung versah, sondern entschied, dass es zukünftig weder eines Hauptversammlungsbeschlusses noch eines im Spruchverfahren überprüfbaren Abfindungsangebotes bedürfe.8 Diese Entscheidung des BGH öffnete die Tür für eine dringend erforderliche dogmatische Neuausrichtung des Anlegerschutzes, der seit der Frosta-Entscheidung bei einem regulären Delisting so gering war wie zuletzt vor der Macrotron-Entscheidung aus dem Jahr 2002. Seitdem galten nur die in den einzelnen Börsenordnungen normierten Voraussetzungen, die jedoch nicht einheitlich ausgestaltet waren.

Aus diesem Grund trat am 26.11.2015 der in kürzester Zeit ausgearbeitete § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG in Kraft, der seitdem die anlegerschützenden Voraussetzungen bei einem Börsenrückzug vom regulierten Markt auf Initiative des Emittenten regelt.9 Der Gesetzgeber hat sich dabei für eine kapitalmarktrechtliche Lösung und gegen eine gesellschaftsrechtliche Lösung entschieden.10 Für alle seit dem 07.09.2015 initiierten Delisting-Verfahren besteht seitdem grundsätzlich die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots gemäß § 31 WpÜG, dessen Höhe sich nach dem durch←2 | 3→schnittlichen Börsenkurs des letzten halben Jahres bemisst. Die Überprüfung des Abfindungsangebots erfolgt im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG).

Anders als im deutschen Recht stehen im koreanischen Recht die Vorschriften über das zwangsweise Delisting im Zentrum, die einer regelmäßigen Überarbeitung der Börse unterliegen. Die börsenrechtlichen Regularien ermöglichen den Gesellschaften auch einen freiwilligen Rückzug von der Börse, der jedoch wesentlich seltener in Anspruch genommen wird als in Deutschland.

A. Grundsätzliche Überlegungen

Zu unterscheiden sind in beiden Ländern der freiwillige Börsenrückzug auf Initiative des Emittenten und der zwangsweise Börsenrückzug auf Veranlassung der Börse, beispielsweise aufgrund eines Verstoßes gegen Zulassungsfolgepflichten. In Deutschland ist die Problematik des Börsenrückzugs an der Schnittstelle von öffentlichem Recht, in Gestalt der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften,11 und Zivilrecht, in Gestalt der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, angesiedelt, was in Literatur und Rechtsprechung zu der umstrittenen Frage geführt hat, wo die Regelung zum freiwilligen Börsenrückzug systematisch zu verorten sei.12 In Südkorea ist dagegen allein das Kapitalmarktrecht mit der Lösung der Börsenrückzugs-Problematik befasst. In beiden Ländern konkurrieren die Regelungen zum freiwilligen Börsenrückzug rechtstatsächlich mit den Vorschriften zum Squeeze-out und dem sog. kalten Delisting.

Der zwangsweise Börsenrückzug besitzt in Südkorea eine Marktbereinigungsfunktion von nicht mehr Listing-geeigneten Unternehmen. Es dient dem Funktionsschutz des Marktes und somit auch dem Schutz der Anleger vor einem „schlechten“ Investment.13 In Deutschland existieren Vorschriften zum Delisting von Amts wegen, die jedoch neben dem freiwilligen Delisting praktisch nur eine untergeordnete Rolle spielen, wohingegen in Südkorea fast ausnahmslos zwangsweise Delistings börsennotierter Unternehmen und nur vereinzelt freiwillige Delistings angestrebt werden. Das rührt daher, dass die Börsenzulassung in den beiden untersuchten Ländern eine unterschiedliche Rolle spielt. In Südkorea ist die Mehrzahl der Aktiengesellschaften in einem der Marktsegmente der Börse notiert. Der Regelfall ist die börsennotierte AG und nicht wie in Deutschland die nicht börsennotierte AG. Die Börse spielt in Südkorea eine existenzielle Rolle für die Eigenkapitalaufnahme, wohingegen eine Finanzierung über private Investoren vergleichsweise weniger vorkommt.←3 | 4→

Die Börse als Handelsplatz besitzt für die Minderheitsaktionäre in beiden Ländern eine weitaus größere Bedeutung als für die Großaktionäre, da diese in der Regel langfristige Investitionsstrategien verfolgen und ihre Anteile regelmäßig nicht über die Börse veräußern.14 Dementsprechend ist insbesondere der Schutz der Minderheitsaktionäre bei einem freiwilligen Delisting von Bedeutung. Ihnen wird durch einen vollständigen Börsenrückzug die Handelsmöglichkeit über die Börse genommen und damit die Verkehrsfähigkeit ihrer Aktie erheblich eingeschränkt.15 Da die Minderheitsaktionäre im Gegensatz zum Großaktionär, der seine Anteile in der Regel nicht über die Börse veräußert, auf die Handelbarkeit an der Börse angewiesen sind, kommt es bei einem vollständigen Delisting zu einem Interessenskonflikt zwischen dem Hauptaktionär und den Minderheitsaktionären. Dieser Konflikt wird dadurch verschärft, dass der Großaktionär regelmäßig einen Informationsvorsprung gegenüber den Minderheitsaktionären besitzt und auf die Veröffentlichung von Informationen aufgrund der mit der Zulassung verbundenen Publizitätspflichten nicht angewiesen ist.16

Ziel dieser rechtsvergleichenden Arbeit ist nicht nur der „reine“ Erkenntnisgewinn, sondern, im Rahmen einer Mikrovergleichung einzelne Rechtsprobleme genauer zu beleuchten. Untersucht wird, wie die beiden Rechtsordnungen den Konflikt zwischen dem Funktionsschutz der Börse, den Interessen der Anleger und den Gesellschaftsinteressen lösen und wie bzw. ob der Anlegerschutz bei einem freiwilligen/zwangsweisen Delisting effektiv gewährleistet wird. Dazu werden die kapitalmarkt-, gesellschafts-, verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Aspekte des regulären Delisting in Deutschland sowie die kapitalmarktrechtlichen Aspekte des Delisting in Südkorea betrachtet. Die rechtsvergleichende Untersuchung beschränkt sich folglich auf die kapitalmarktrechtliche Seite des freiwilligen und zwangsweisen Delisting. Nicht näher behandelt werden die gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen, die ebenfalls zu einem Erlöschen der Börsenzulassung führen. In den nachfolgenden Ausführungen wird sich zeigen, dass sich der Schauplatz des Delisting in Deutschland vom Gesellschaftsrecht mittlerweile wieder zurück in das Kapitalmarktrecht verschoben hat.

Ein Vergleich der deutschen und südkoreanischen Rechtsvorschriften liegt nahe, weil sie sehr unterschiedliche Konzepte zur Lösung des genannten Interessenkonflikts entwickelt haben. Die Betrachtung der südkoreanischen Regelungen bietet sich vor dem Hintergrund an, dass das südkoreanische Recht, ebenso wie das chinesische und japanische in seinen Grundzügen kontinentaleuropäisch geprägt ist und sich gleichzeitig angloamerikanischer Regelungen bedient. Das koreanische Wirtschaftsrecht orientiert sich dabei weitgehend an dem amerikanischen Wirt←4 | 5→schaftsrecht.17 Dieser Unterschied setzt sich in den unterschiedlichen Finanzsystemen in Deutschland und Südkorea fort. Wo in Deutschland ein bankbasiertes, durch ein umfassendes Überwachungssystem gekennzeichnetes System herrscht, handelt es sich bei dem wiederum am amerikanischen kapitalmarktbasierten Modell orientierten südkoreanischen System um ein marktbasiertes Finanzsystem.18 Kennzeichnend für ein marktbasiertes System ist eine „Politik für den Markt“, die sich durch umfassende Aufsichts- und Publizitätsregeln und transparente Rechnungslegung zum Schutz der Investoren auszeichnet.19

Wie die vorliegende Arbeit zeigen wird, wurde der Anlegerschutz bei einem freiwilligen Delisting in Deutschland seit der Einführung einer gesetzlichen Regelung nur unzureichend gewährleistet. Untersucht wird, ob dies durch die Einführung von § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG n. F. verbessert worden ist. Demgegenüber werden die Anlegerschutzbestimmungen für ein freiwilliges Delisting in Südkorea beleuchtet, um die Anlegerschutzsysteme der beiden Länder anschließend miteinander in Bezug auf deren Ausgleich zwischen Anlegerschutz und dem Funktionsschutz der Börse überprüfen zu können.

B. Gang der Darstellung

Behandelt werden zum einen das freiwillige reguläre Delisting auf Initiative des Emittenten und zum anderen das zwangsweise Delisting/Delisting von Amts wegen. Kernproblem des Rückzugs von der Börse auf Initiative des Emittenten bildet der Ausgleich zwischen dem Schutz der (Minderheits-) Aktionäre vor dem Verlust der Handelbarkeit ihrer Anteile an der Börse durch ein Delisting mittels kapitalmarktrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften und der Steigerung bzw. Erhaltung der Attraktivität der Börsenmärkte für zulassungswillige Aktiengesellschaften.

Das Einführungskapitel beginnt mit grundlegenden Erläuterungen zum deutschen und südkoreanischen Kapitalmarkt und schließt die Zulassung und die mit der Zulassung verbundenen Folgepflichten ein. Bereits an dieser Stelle zeigen sich Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen, die sich auch auf die Delisting-Regelungen auswirken. Im Anschluss werden die möglichen Motive für einen freiwilligen Börsenrückzug erörtert. Im zweiten Kapitel erfolgt eine Darstellung des Untersuchungsgegenstandes, der dann im dritten Kapitel der Länderbericht Deutschland mit Ausführungen zu den kapitalmarktrechtlichen Aspekten sowie der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Delisting folgt. Da § 39 BörsG n. F. keine Zustimmung der Hauptversammlung zu einem Rückzug von der Börse vorsieht, wird außerdem die Frage nach der Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses←5 | 6→ und dessen einfachrechtliche Begründbarkeit behandelt. Abschließend werden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Aktionäre beleuchtet. Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach der Widerspruchsbefugnis der Anleger im verwaltungsrechtlichen Verfahren gegen die Widerrufsentscheidung der Börsengeschäftsführung.

Im vierten Kapitel folgt der Länderbericht Südkorea. Zunächst erfolgt eine kursorische historische Darstellung des südkoreanischen Kapitalmarktrechts. Im Anschluss werden die Regelungen zum zwangsweisen Delisting vom KOSPI-Markt sowie vom KOSDAQ-Markt und für das freiwillige Delisting von beiden Börsenmärkten untersucht. Daran schließt sich im fünften Kapitel der Rechtsvergleich zwischen den deutschen und südkoreanischen Regelungen und im sechsten Kapitel ein Fazit und eine Zusammenfassung an.

C. Das deutsche und das südkoreanische Kapitalmarktrecht

Das Kapitalmarktrecht regelt die Organisation des Kapitalmarktes sowie das erlaubte Verhalten der Marktteilnehmer und dient der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts.20 In einem ersten Schritt soll ein knapper Überblick über das deutsche und das südkoreanische Kapitalmarktrecht gegeben werden, da die kapitalmarktrechtliche Organisation die Basis für die Delisting-Vorschriften und damit für die nachfolgenden Untersuchungen bildet.

I. Die Börsenorganisation in Deutschland

Sowohl hinsichtlich der Organisation der Börsen als auch in Bezug auf die Aufsichtsbehörden und deren Befugnisse unterscheiden sich Deutschland und Südkorea in weiten Teilen voneinander. Der wesentliche Unterschied zwischen den deutschen und südkoreanischen Börsenmärkten besteht darin, dass diese in Deutschland öffentlich-rechtlich und in Südkorea privatrechtlich organisiert sind. In Deutschland ist das Börsenwesen im Gegensatz zu Südkorea, wo nur eine Börse, die Korea Exchange existiert, regional strukturiert. Weiterhin sind die deutschen Börsen als Anstalten des öffentlichen Rechts aufgestellt, wohingegen die koreanische Börse rein privatrechtlich organisiert ist. Da aus der unterschiedlichen Organisation auch Unterschiede bezüglich der Delisting-Regelungen resultieren, bietet sich im Folgenden ein Überblick über die Organisation der deutschen und der südkoreanischen Börsenorganisation an.

Bis zum Inkrafttreten des FRUG21 im Jahr 2007 gab es im deutschen Recht keine einheitliche Definition für den Begriff der Börse,22 da der Gesetzgeber bis zu diesem←6 | 7→ Zeitpunkt bewusst auf eine Definition verzichtet hatte.23 Schon zuvor wurde die überwiegende Auffassung vertreten, die Börse sei eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts24, da alle Normen, die die Befugnisse der Börse regeln, dem öffentlichen Recht zuzurechnen waren.25 Seit 2007 definiert § 2 Abs. 1 BörsG die Börse als eine Anstalt zum Betreiben eines organisierten Marktes, an dem Angebot und Nachfrage für bestimmte Produkte zusammengeführt werden.

1. Börsenbegriff

Die Börsendefinition in § 2 Abs. 1 BörsG setzt sich aus einem formellen und einem materiellen Bestandteil zusammen. Formell bestimmt § 2 Abs. 1 Hs. 1 BörsG die Rechtsform der Börsen als teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Durch die Bestimmung der Rechtsform als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts wird die Börse von multilateralen Handelssystemen abgegrenzt.26 Auf der materiellen Seite benennt § 2 Abs. 1 Hs. 2. BörsG, der sich auf die Funktion der Börse als Handelsplattform bezieht, vier Voraussetzungen. Danach regeln und überwachen Börsen multilaterale Systeme, die die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten nah festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen oder das Zusammenbringen fördern, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt.

Eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist ein „Bestand von Mitteln, sächlichen wie persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt sind“.27 Die deutschen Börsen erfüllen alle Merkmale, die diese Definition enthält. Alle Börsen weisen einen externen Träger auf, der die Strukturen zum Betrieb der Börse zur Verfügung stellt und zum anderen liegt ihr Schwerpunkt darin, den Handelsteilnehmern und Emittenten einen organisierten Kapitalmarkt zur Verfügung zu stellen.28 Die teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts unterscheidet sich von der juristischen←7 | 8→ Person des öffentlichen Rechts gemäß § 89 BGB dahin gehend, dass ihr die volle Rechtsfähigkeit gemäß § 1 BGB fehlt.

Eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann verbindliche Ordnungen erlassen. Hierzu gehören insbesondere die Regelungen zur Zulassung von Marktteilnehmern. Die Börse ist keine Person juristische Person des öffentlichen Rechts, besitzt aber gleichwohl in bestimmten Beziehungen Rechtsfähigkeit. Sie ist Gläubigerin der im Börsengesetz geregelten Zahlungsansprüche.29 Dazu gehören der Gebührenanspruch aus § 17 BörsG sowie der Anspruch auf Ordnungsgeld gemäß § 22 Abs. 2 BörsG. Die Errichtung der Börse erfordert gemäß § 4 Abs. 1 BörsG eine schriftliche Erlaubnis der Börsenaufsichtsbehörde. Gemäß § 3 Abs. 1 BörsG handelt es sich dabei um die zuständige oberste Landesbehörde.

Die Börse übernimmt die Durchführung des Börsenhandels. Dadurch, dass die Börse als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ausgestaltet ist, benötigt sie einen Börsenträger als Zurechnungssubjekt, da sie weder Eigentum an den Sacheinrichtungen der Börse haben, noch Verträge mit Mitarbeitern oder Drittunternehmen abschließen, oder selbst über finanzielle Mittel verfügen kann.30 Das Verhältnis von Börsenträger und Börse war bis zum Inkrafttreten des 4. FMFG größtenteils ungeregelt.31 Davor tauchte der Begriff des Börsenträgers im BörsG gar nicht auf.32 Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1. BörsG übernimmt die genannten Aufgaben der Börsenträger. Er stellt die personellen und finanziellen Mittel und die Räumlichkeiten für den Börsenhandel zur Verfügung33 und ist regelmäßig als Kapitalgesellschaft organisiert.34 Der Börsenträger ist Betreiber der Börse und als solcher als Beliehener und Anstaltsträger an die Staatsverwaltung angegliedert.35 Der Börsenträger bedarf zur Errichtung der Börse gemäß § 4 Abs. 1 BörsG einer Erlaubnis von der obersten zuständigen Landesbehörde. Hinsichtlich des Verhältnisses von Börse und Börsenträger besteht ein Spannungsverhältnis, weil der Börsenträger einerseits dafür verantwortlich ist, die Unabhängigkeit der Börse und ihrer Organe zu gewährleisten,←8 | 9→ gleichzeitig aber wirtschaftliche Entscheidungen für die Börse trifft und die Börse in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Träger steht.36

Mit der Beleihung wird die Anstalt Börse Teil der mittelbaren öffentlichen Verwaltung.37 Durch die duale Ausgestaltung der deutschen Börsenstruktur besitzt die Börse umfassende Selbstverwaltungsrechte, die nach deutschem Verfassungsrecht nur Körperschaften oder Anstalten gewährt werden können.38 Ihre Selbstverwaltungsrechte übt die Börse durch den gemäß § 12 BörsG zu bildenden Börsenrat aus. Ihm kommt insbesondere die Satzungshoheit zu (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG). Der Staat ist auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen der Börse beschränkt. Eine Prüfung der Sinn- und Zweckmäßigkeit der unternehmerischen Entscheidungen ist nicht zulässig.

Die Erhaltung funktionsfähiger Börsen liegt im öffentlichen und insbesondere im staatlichen Interesse.39 Daher ist die Fortentwicklung der deutschen Börsen folgerichtig auf eine öffentliche Einrichtung und nicht auf privatwirtschaftliche Unternehmen übertragen worden.40 Zu den Zielen, die es durch das BörsG zu verwirklichen gilt, gehören die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Börse, der Anlegerschutz und die Erhaltung und Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Börsen.41

In Deutschland ist folglich zwischen dem Börsenträger, dem die Rolle des rechtlichen Marktveranstalters zugewiesen ist, und der Börse an sich, die die tatsächliche Organisation der Börsentätigkeiten übernimmt, zu unterscheiden.42 Diese Organisation steht im Gegensatz zu der weltweit vorherrschenden, rein privatrechtlichen Organisationsform der Börse.43

2. Organe der Börse

Der öffentlich-rechtliche Anstaltscharakter der Börse findet seinen Ausdruck in den hoheitlich tätigen Börsenorganen.44 An den deutschen Wertpapierbörsen gibt←9 | 10→ es vier Börsenorgane. Dazu gehören die Börsengeschäftsführung, der Börsenrat, der Sanktionsausschuss und die Handelsüberwachungsstelle.45 Die Börsengeschäftsführung vertritt, wenn nicht der Träger der Börse zuständig ist, die Börse gerichtlich und außergerichtlich (§ 15 BörsG). Eine Auflistung ihrer Aufgaben findet sich zum Beispiel in § 10 BörsO FWB. Dazu zählen u. a. die Zulassung von Unternehmen und Personen zur Teilnahme am Börsenhandel und die Organisation des Geschäftsablaufs der Börse. Der in § 12 BörsG definierte Börsenrat ist an jeder Wertpapierbörse zu bilden und setzt sich aus den Vertretern der zum Börsenhandel zugelassenen Kreditinstitute einschließlich der Wertpapierhandelsbanken, der zugelassenen Finanzdienstleistungsinstitute und sonstigen zugelassenen Unternehmen, der Skontroführer, der Versicherungsunternehmen, deren emittierte Wertpapiere an der Börse zum Handel zugelassen sind, anderer Emittenten solcher Wertpapiere, die zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassenen Kapitalanlagegesellschaften und der Anleger zusammen.46 Der Börsenrat erlässt u. a. die Börsenordnung und überwacht die Geschäftsführung.

§ 22 Abs. 1 BörsG ermächtigt die Landesregierung, durch Rechtsverordnung Vorschriften zur Errichtung eines Sanktionsausschusses inklusive dessen Zusammensetzung und Verfahren einschließlich der Beweisaufnahme und der Kosten sowie die Mitwirkung der Börsenaufsichtsbehörde zu erlassen.

Die Handelsüberwachungsstelle hat gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BörsG die Aufgabe, die Börse und die Börsengeschäftsabwicklung zu überwachen. Diese Aufgabe übt sie zusammen mit der Börsengeschäftsführung aus. Dabei ist die Handelsüberwachungsstelle das Überwachungs- und Ermittlungsorgan und die Börsengeschäftsführung für die Sanktionierung von Marktteilnehmern und Emittenten bei Verstößen gegen die Börsenordnung verantwortlich.47

3. Aufsichtseinrichtungen

Die Einhaltung bzw. Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften wird mittels eines dreistufigen Marktaufsichtssystems gewährleistet.48 Hier manifestiert sich wiederum das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.49 In Deutschland nehmen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Börsenaufsichtsbehörden der Länder und die Handelsüberwachungsstellen der einzelnen Börsen die Aufgaben der Kapitalmarktaufsicht wahr.←10 | 11→

a) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Details

Seiten
XVI, 288
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631756539
ISBN (ePUB)
9783631756546
ISBN (MOBI)
9783631756553
ISBN (Hardcover)
9783631746387
DOI
10.3726/b14140
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (September)
Schlagworte
Delisting Börsenrückzug Kapitalmarktrecht Wirtschaftsrecht Rechtsvergleichung Macrotron
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018., 303 S., 4 Tab.

Biographische Angaben

Christin Riedel (Autor:in)

Christin Riedel promovierte am Fachbereich Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen, wo sie auch als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war. Studien- und Forschungsaufenthalte führten sie in die USA und nach Südkorea. Stationen ihres Referendariats absolvierte sie an der Deutschen Botschaft Tokyo und in einer Großkanzlei in Frankfurt am Main.

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Titel: Freiwilliges und zwangsweises Delisting im deutschen und südkoreanischen Recht
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