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Rechtsschutz bei überlangen steuerprozessualen Verfahren

Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auf dem (steuer-) verfassungsrechtlichen Prüfstand

von Dominik Wedel (Band-Herausgeber:in)
©2018 Dissertation 204 Seiten

Zusammenfassung

Der Autor befasst sich mit dem Rechtsschutz bei überlangen steuerprozessualen Verfahren. Im Zentrum der Untersuchung steht das Gesetz über den Rechtschutz bei überlangen Gerichtsverfahren. Der Autor geht dabei der Frage nach, ob der Gesetzgeber den an ihn adressierten Handlungsauftrag in Übereinstimmung mit (steuer-) verfassungsrechtlichen Vorgaben ausgefüllt hat. Im ersten Teil der Untersuchung werden die für die Beantwortung dieser Frage erforderlichen aber zugleich auch allgemein gültigen dogmatischen Grundlagen herausgearbeitet. Der zweite Teil der Untersuchung widmet sich sodann dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und nimmt den (steuer-) verfassungsrechtlichen Prüfstand auf.
Träger des AULINGER-PREISES 2018

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • § 1 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
  • Teil 1: Grundkoordinaten des Themas
  • § 2 Durchsetzung subjektiv-öffentlicher Grundrechtspositionen gegenüber der deutschen Staatsgewalt mit Hilfe des nationalen grundrechtlichen Justizgewährleistungsanspruchs
  • A. Struktur des Justizgewährleistungsanspruchs
  • B. Struktur subjektiv-öffentlicher Grundrechtspositionen
  • I. Die Normstruktur der Grundrechte
  • II. Der Schutzgut-Tatbestand als Grundlage des prima facie-Rechts
  • III. Der Beeinträchtigungs-Tatbestand als (triadische) Ergänzung des prima facie-Rechts
  • IV. Der Begrenzungs-Tatbestand als Instrument zur Abschichtung vom prima facie zum definitiv-Recht
  • C. Rekonstruktion eines grundrechtlichen Justizgewährleistungsanspruchs
  • D. Bestandsaufnahme im Grundgesetz
  • I. Das formelle Hauptgrundrecht in Art. 19 IV GG
  • II. Die materiellen Hauptgrundrechte des Steuerrechts
  • 1. Identifizierung der materiellen Hauptgrundrechte des Steuerrechts
  • 2. Der steuerspezifische Bestand in Art. 3 I GG
  • 3. Der steuerspezifische Bestand in Art. 14 I GG
  • III. Interpretatorische Glättung des Konkurrenzverhältnisses
  • E. Durchsetzung des grundrechtlichen Justizgewährleistungsanspruchs in Art. 19 IV GG
  • F. Ausgewählte Problemstellungen im Zusammenhang mit der Auslegung des grundrechtlichen Justizgewährleistungsanspruchs in Art. 19 IV GG
  • I. Das Erfordernis einer gesetzlichen (Ausgestaltungs-) Grundlage
  • II. Das Verhältnis von Primär- und Sekundärrechtsschutz
  • III. Der Begriff der öffentlichen Gewalt
  • IV. Der Primat der Fachgerichtsbarkeit
  • V. Die Vorwirkung in das Verwaltungsverfahren
  • VI. (Verfassungs-) Prozessuale Integration des Art. 19 IV GG in den Kontrollmechanismus
  • § 3 Der nationale grundrechtliche Justizgewährleistungsanspruch im Mehrebenensystem
  • A. Das Konkurrenzverhältnis zu Art. 47 I, II GR-Charta
  • I. Dreistufiges unionales Integrationssystem und Rechtsschutz
  • II. Wesen der Charta der Grundrechte
  • III. Der unionale grundrechtliche Justizgewährleistungsanspruch
  • IV. Das Verhältnis zum nationalen Justizgewährleistungsanspruch
  • B. Das Ergänzungs- und Subsidiaritätsverhältnis zu Art. 6 I, 13 EMRK
  • I. Wesen der EMRK
  • II. Der konventionsrechtliche Justizgewährleistungsanspruch
  • III. Das Verhältnis zum nationalen Justizgewährleistungsanspruch
  • Teil 2: Der Rechtsschutz bei überlangen steuerprozessualen Verfahren nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
  • § 4 Einordnung des Normkomplexes zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
  • A. Rezeptionsgeschichte
  • I. Die Entscheidung des EGMR in der Rechtssache Kudla
  • II. Der Plenarbeschluss des BVerfG und das Anhörungsrügengesetz
  • III. Der Entwurf eines Untätigkeitsbeschwerdengesetz
  • IV. Die Entscheidung des EGMR in der Rechtssache Sürmeli
  • V. Die Entscheidung des EGMR in der Rechtssache Rumpf und das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
  • B. Dogmatische Einordnung
  • I. Das Regelungssystem im Gerichtsverfassungsgesetz
  • 1. Überblick
  • 2. Tatbestand
  • 3. Rechtsfolge
  • 4. Verhältnis zu anderen Rechtsschutz-Instituten
  • II. Das Regelungssystem im Bundesverfassungsgerichtsgesetz
  • C. Entwicklungsgeschichte
  • I. Rechtsprechung des BFH
  • II. (Widerspruch zur) Rechtsprechung sonstiger Bundesgerichte
  • III. Rechtsprechung des EGMR
  • IV. Rechtsprechung des BVerfG
  • V. Evaluation
  • § 5 (Steuer-) Verfassungsrechtlicher Prüfstand
  • A. Die Aufbereitung des Prüfungsstoffs
  • B. Die Überprüfung des Regelungssystems im GVG
  • I. Primärrechtsschutzsystem
  • 1. Formulierung der drohenden Unangemessenheit
  • a) Schutzgut-Tatbestand
  • b) Beeinträchtigungs-Tatbestand
  • c) Begrenzungs-Tatbestand
  • 2. Primärrechtsschützender Durchsetzungsmechanismus
  • a) Schutzgut-Tatbestand
  • b) Beeinträchtigungs-Tatbestand
  • c) Begrenzungs-Tatbestand
  • II. Sekundärrechtsschutzsystem
  • 1. Formulierung der tatsächlichen Unangemessenheit
  • 2. Sekundärrechtsschützender Durchsetzungsmechanismus
  • a) Schutzgut-Tatbestand
  • b) Beeinträchtigungs-Tatbestand
  • c) Begrenzungs-Tatbestand
  • C. Die Überprüfung des Regelungssystems im BVerfGG
  • I. Primärrechtsschutzsystem
  • 1. Formulierung der drohenden Unangemessenheit
  • 2. Primärrechtsschützender Durchsetzungsmechanismus
  • II. Sekundärrechtsschutzsystem
  • 1. Formulierung der tatsächlichen Unangemessenheit
  • 2. Sekundärrechtsschützender Durchsetzungsmechanismus
  • D. Die individualrechtsschützende(n) Reaktionsmöglichkeit(en)
  • I. (Steuer-) Verfassungskonforme Rechtsfindung als „Vorfrage“
  • II. Individualrechtsschutz durch Verfassungsbeschwerde zum BVerfG
  • III. Individualrechtsschutz durch Individualbeschwerde zum EGMR
  • 1. Der Weg zum EGMR als ultima ratio
  • 2. Konventionsrechtliche Anforderungen an die einfach-gesetzliche Formulierung der Voraussetzungen
  • 3. Konventionsrechtliche Anforderungen an die einfach-gesetzliche Ausgestaltung des Durchsetzungsmechanismus
  • E. Erweiterung um den „vorwirkenden Rechtsschutz“ bei überlangen finanzbehördlichen Verfahren
  • I. Ausgangspunkt: Steuerrechtliches Programm und Grundrechtsbindung
  • II. Bewältigung überlanger finanzbehördlicher Verfahren
  • 1. Funktion(en) des „behördlichen Rechtsschutzes“
  • 2. Normative Anknüpfungspunkte in § 46 I FGO und § 347 I 2 AO
  • 3. Entstehungsgeschichtlicher Hintergrund von § 46 I FGO und § 347 I 2 AO
  • 4. Zeitliche Unangemessenheit im Sinne von § 46 I FGO und § 347 I 2 AO
  • III. Der „vorwirkende Rechtsschutz“ als (erster) Baustein der Gesamtlänge
  • § 6 (Steuer-) Verfassungskonformer Ausgestaltungsvorschlag
  • A. (Steuer-) Verfassungsrechtlicher Ausgestaltungsrahmen
  • I. Ausgestaltungsrahmen für ein Primärrechtsschutzsystem
  • II. Ausgestaltungsrahmen für ein Sekundärrechtsschutzsystem
  • B. (Steuer-) Verfassungsrechtliche Ausgestaltung
  • I. Ausgestaltung des Primärrechtsschutzsystems
  • II. Ausgestaltung des Sekundärrechtsschutzsystems
  • § 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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§ 1 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

„Remember that TIME is Money.“1 Der von Benjamin Franklin geäußerte Ratschlag ist auch heutzutage noch stets präsent. Geht Zeit verloren, so ist der Verlust unwiederbringlich. Das gilt auch für die Dauer eines Gerichtsverfahrens. Ein Gerichtsverfahren, das überlange dauert, begründet einen unwiederbringlichen Zeitverlust.2 Wie aber soll sich der nach Rechtsschutz suchende Bürger gegenüber diesem Verlust zur Wehr setzen können? Diese Frage ist gewiss nicht neu.3 Sie hat aber in letzter Zeit (wieder) an Relevanz gewonnen. Seit Ende 2011 ist das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in Kraft.4 Die maßgebliche Intention dieser Neuregelung erschließt sich aus der Lektüre der Entwurfsbegründung:

„Der in diesem Entwurf vorgesehene Entschädigungsanspruch gegen den Staat soll eine Rechtsschutzlücke schließen, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes als auch denen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten widerspricht. Das deutsche Verfassungsrecht und das Konventionsrecht garantieren einen gerichtlichen Rechtsschutz in angemessener Zeit. Bei Gefährdungen und Verletzungen dieses Anspruchs müssen Betroffene eine Möglichkeit haben, ihr Recht auf ein zügiges Gerichtsverfahren durchzusetzen und im Falle bereits eingetretener Verzögerungen einen Ausgleich für erlittene Nachteile erhalten. An einer solchen Möglichkeit fehlt es bislang.“5

Auch der Gesetzgeber erkennt also an: Zeit ist Geld und geht sie verloren, so muss sie ersetzt werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, der Frage nachzugehen, ob der Gesetzgeber die identifizierte Rechtsschutzlücke auf einfach-gesetzlicher Ebene in Übereinstimmung mit höherrangigen Vorgaben geschlossen hat. Zieht man die Begründung zurate, ergeben sich für eine solche Überprüfung zwei maßgebliche Anknüpfungspunkte; namentlich das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit sowie dessen Durchsetzung. Ausweislich des Titels verfolgt die hiesige Untersuchung dabei keine kommentatorische ← 15 | 16 → Aufarbeitung sämtlicher Einzelprobleme, die die neue Rechtsschutzzone in sich trägt.6 Ebenso wenig verfolgt sie eine global verfahrensartübergreifende Analyse. Stattdessen will sie eine Antwort auf die Frage geben, ob die Rechtsschutzlücke mit Blick auf das steuerprozessuale Verfahren in Übereinstimmung mit (steuer-) verfassungsrechtlichen Vorgaben geschlossen wurde. Dabei wird auch das Konventionsrecht eine Rolle spielen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt jedoch auf der Ebene des Verfassungsrechts unter Berücksichtigung steuerspezifischer Wertungen sowie dessen einfach-gesetzlicher Ausgestaltung.7 Um auf die zuvor gestellte Frage eine Antwort geben zu können, ist es erforderlich, die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgarantie steuerspezifisch zu hinterfragen. Auf diesem Weg kann die vorliegende Untersuchung allgemein verfassungs- wie auch speziell steuerverfassungsrechtliche Themen aufgreifen, diese miteinander verbinden und Ergebnisse liefern, die nicht nur für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit von Bedeutung sind. Exemplarisch sei hier auf die Ausgestaltung von Rechtsschutzzonen im Allgemeinen wie mit Blick auf das Steuerrecht im Besonderen hingewiesen. Hierzu wird die Untersuchung in zwei Teile untergliedert. Der erste Teil widmet sich den Grundkoordinaten des Themas. Im Zentrum steht dabei ← 16 | 17 → die Frage nach der (steuer-) verfassungsrechtlichen Einordung des Justizgewährleistungsanspruchs und dessen Positionierung im Mehrebenensystem. Der zweite Teil der Untersuchung nimmt den eigentlichen Untersuchungsgegenstand auf und führt die (steuer-) verfassungsrechtliche Überprüfung unter Verwendung der zuvor herausgearbeiteten Strukturen durch.


1 Advice to a Young Tradesman, 21. Juli 1748. Abrufbar unter: http://franklinpapers.org.

2 Kirchhof, DStJG 18 (1995), 17, 35.

3 S. die historische Nachzeichnung bei: Otto, Der Anspruch auf ein Verfahren innerhalb angemessener Zeit, Diss., 1995, S. 4 ff.

4 Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 2.12.2011, BGBl. I 2011, 2302.

5 Entwurf eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 17.11.2010, BT-Drucksache 17/3802, 15.

6 Dies leisten z. B.: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren; Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren; Stahnecker, Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren. Sowie die einschlägigen Kommentierungen in den jeweiligen Verfahrensordnungen. Exemplarisch für das Steuerrecht: Brandis, in: Tipke/Kruse, § 155 FGO Rn. 10 ff., Stand 5/2015.

7 Mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung haben sich in jüngerer Zeit insbesondere folgende Arbeiten mit dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand umfassend auseinandergesetzt: Niesler, Angemessene Verfahrensdauer im Verwaltungsprozeß, Diss., 2005; Steger, Überlange Verfahrensdauer bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten vor deutschen und europäischen Gerichten, Diss, 2008; Brett, Verfahrensdauer bei Verfassungsbeschwerdeverfahren im Horizont der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK, Diss., 2009; Tiwisina, Rechtsfragen überlanger Verfahrensdauer nach nationalem Recht und der EMRK, Diss., 2010; Pickenpack, Rechtsschutz bei Verletzung von Verfahrensgrundrechten und bei Untätigkeit der Gerichte, Diss., 2012; Gerhardinger, Die Umsetzung der Anforderungen an einen effektiven Rechtsbehelf gegen überlange Verfahren in der deutschen Rechtsordnung, Diss., 2014; Ohrloff, Der Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Diss., 2014; Plankemann, Überlange Verfahrensdauer im Strafverfahren, Diss., 2015; Pietron, Die Effektivität des Rechtsschutzes gegen überlange Verfahrensdauer, Diss., 2016; Hofmarksrichter, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren im Lichte der Vorgaben des EGMR, Diss., 2017. Naturgemäß konnten dabei nur die jüngsten Untersuchungen das neue Rechtsschutzgesetz bereits mit verarbeiten. Spezifisch steuerrechtliche Monographien sind bisher nicht verfasst worden. Diese Lücke will die vorliegende Untersuchung schließen.

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Teil 1: Grundkoordinaten des Themas

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§ 2 Durchsetzung subjektiv-öffentlicher Grundrechtspositionen gegenüber der deutschen Staatsgewalt mit Hilfe des nationalen grundrechtlichen Justizgewährleistungsanspruchs

A. Struktur des Justizgewährleistungsanspruchs

Das papierende Recht allein ist wertlos; erst die Macht zu seiner Durchsetzung befördert es in die soziale Lebenswirklichkeit.8 Indem der Rechtsstaat die bürgerliche Selbsthilfe als das Mittel der Wahl zur Durchsetzung der Rechte zurückgedrängt hat, ist er fortan in der Pflicht, staatliche Fremdhilfe bereitzustellen.9 Im gewaltengeteilten Rechtsstaat ist diese Aufgabe der Judikative zugewiesen. Die Verpflichtung hierzu besteht nicht nur bei Auseinandersetzungen im Verhältnis der Bürger untereinander sondern auch im Verhältnis des Bürgers zum Staat.10 In einem Rechtsstaat ist der Bürger gegenüber der „Selbstherrlichkeit des Staates“ nicht schutzlos; er tritt ihm in einer staatlich abgesicherten prozessualen Rechtsposition gegenüber.11

Das Institut „Justizgewährleistungsanspruch“ weist zwei Strukturmerkmale auf. Das Recht des Bürgers und die staatliche Fremdhilfe zu dessen Durchsetzung. Übersetzt man diese Merkmale normativ, erhält das Institut im Verhältnis des Bürgers zum Staat folgende „wenn-dann-Struktur“: Wenn sich der Bürger in einem ihm gegenüber dem Staat zustehenden Recht durch den Staat verletzt fühlt, dann kann er dieses Recht mit staatlicher Fremdhilfe gegenüber dem Staat durchsetzen.

Diese Struktur ist doppelt subjektiv-rechtlich gekennzeichnet. Das gegenüber dem Staat durchzusetzende Recht muss ein solches des Bürgers sein, das ihm als Individuum auch diesem gegenüber zusteht (= subjektiv-öffentliches Recht). Nur derjenige, der durch das Recht „berechtigt“ ist, hat ein „berechtigtes“ Interesse ← 21 | 22 → an dessen Durchsetzung. Ein System des Individualrechtsschutzes ist vorgezeichnet.12 Eine weitere subjektiv-rechtliche Kennzeichnung erfährt das Institut durch die Verpflichtung zur staatlichen Fremdhilfe. Diese resultiert aus der Zurückdrängung der bürgerlichen Selbsthilfe als Mittel der Wahl zur Durchsetzung eines individuellen Rechts. Indem der Rechtsstaat die bürgerliche Selbsthilfe zurückgedrängt hat, ist er nicht nur zu staatlicher Fremdhilfe verpflichtet, sondern der Bürger seinerseits auch zur Inanspruchnahme „berechtigt“ (=subjektiv-öffentliches justizielles Recht).13

B. Struktur subjektiv-öffentlicher Grundrechtspositionen

Details

Seiten
204
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631762431
ISBN (ePUB)
9783631762448
ISBN (MOBI)
9783631762455
ISBN (Hardcover)
9783631760628
DOI
10.3726/b14429
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Dezember)
Schlagworte
Rechtsschutz Justizgewährleistungsanspruch Grundrechte Art. 19 IV GG Steuerverfassungsrecht
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. 204 S.

Biographische Angaben

Dominik Wedel (Band-Herausgeber:in)

Dominik Wedel absolvierte eine Ausbildung in der Finanzverwaltung des Landes NRW (Dipl.-Finanzwirt) und studierte Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Daraufhin nahm er eine Beschäftigung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Steuerrecht bei Prof. Dr. Roman Seer auf. Aktuell ist er Rechtsreferendar im Bezirk des OLG Hamm.

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