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Telefonwerbung in Deutschland

Eine rechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorschriften sowie der Rechtslage in Frankreich und Großbritannien

von Anca David (Autor:in)
©2018 Dissertation 426 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin untersucht die Zulässigkeit der Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern sowie sonstigen Marktteilnehmern aus datenschutz- und wettbewerbsrechtlicher Sicht. Einen Schwerpunkt bildet die Ordnungsmäßigkeit der Umsetzung der RL 2002/58/EG und der RL 2005/29/EG in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Der zweite Schwerpunkt liegt auf der Auslegung und der praxisorientierten Konkretisierung der Einwilligung im Lichte des europäischen Rechts unter Berücksichtigung der Datenschutzgrundverordnung. Nach Auffassung der Autorin widersprechen einige Regelungen sowie Rechtsprechungsgrundsätze dem europäischen Recht. Dazu zählen die Nichtumsetzung der Nr. 26 Anhang I der RL 2005/29/EG, das Merkmal ausdrücklich in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG sowie die Verwendung von Opt-out-Klauseln bei der Einholung der Einwilligung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort der Verfasserin
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • Erster Teil – Das Phänomen Telefonwerbung
  • Erstes Kapitel – Untersuchung aus Marketingsicht
  • A. Werbung als Marketinginstrument
  • I. Marketing und Werbung
  • 1. Absatzbezogener Marketingbegriff
  • 2. Unternehmensbezogener Marketingbegriff
  • 3. Generischer oder moderner Marketingbegriff
  • II. Paradigmawechsel der Märkte ‒ Der Übergang von Verkäufer- zu Käufermärkten
  • 1. Die Phase der Verkäufermärkte
  • 2. Die Phase der Käufermärkte
  • III. Marketing und Märkteentwicklung in Relation
  • IV. Absatzpolitische Instrumente
  • 1. Produktpolitik
  • 2. Preispolitik
  • 3. Distributionspolitik
  • 4. Kommunikationspolitik
  • V. Marktforschung
  • B. Direktmarketing, Dialogmarketing und Direktwerbung
  • I. Verhältnis zwischen Direktmarketing und Direktwerbung
  • 1. Gleichstellung des Direktmarketings mit Direktwerbung
  • 2. Direktmarketing als Gesamtheit aller Kommunikationsmaßnahmen
  • 3. Direktmarketing als Marketingkonzept
  • II. Vom Direktmarketing zum Dialogmarketing
  • III. Juristische Definitionen für Werbung, Direktmarketing und Direktwerbung
  • IV. Der Einsatz des Telefons im Direktmarketing
  • C. Unterscheidung zwischen aktivem und passivem Telefonmarketing
  • D. Zusammenfassung
  • Zweites Kapitel − Wettbewerbsrechtliche Betrachtung der Werbung
  • A. Die Kommunikationspolitik in der Wettbewerbsordnung
  • I. Werbung als Unterstützungsfaktor für die Markttransparenz
  • II. Gefahr der Suggestion
  • III. Belästigungspotenzial
  • IV. Regulierungsbedürfnis und Regulierungsintensität
  • B. Einblick in das Lauterkeitsrecht der deutschen, französischen und englischen Rechtsordnung
  • I. Schutzzwecktrias des deutschen UWG
  • II. Das französische System zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken
  • 1. Das b2b-Verhältnis
  • a. Concurrence déloyale: Art. 1382, 1383 (1240, 1241 n.F.) Code Civil
  • b. Pratiques restrictives de concurrence: Code de la consommation
  • 2. Das b2c-Verhältnis
  • III. Das englische Rechtssystem des fairen Wettbewerbs
  • 1. Mitbewerberschutz
  • 2. Verbraucherschutz
  • C. Zusammenfassung
  • Drittes Kapitel – Entwicklung des Schutzes gegen unerwünschte Telefonwerbung in Deutschland
  • A. Entwicklung durch die deutsche Rechtsprechung
  • I. Telefonwerbung I
  • 1. Verstoß gegen die guten Sitten
  • 2. Wettbewerbsrechtlicher Schutz des Verbrauchers über die Allgemeinheit
  • 3. Beeinträchtigung der Privatsphäre Privater
  • 4. Nachahmungsgefahr
  • 5. Konkretisierung rechtfertigender Umstände durch die Instanzgerichte
  • 6. Private Beziehungen als rechtfertigender Umstand
  • 7. Geschäftliche Beziehungen als rechtfertigender Umstand
  • II. Telefonwerbung II
  • III. Telefonwerbung III
  • IV. Telefonwerbung IV
  • V. Telefonwerbung V
  • VI. Telefonwerbung VI
  • B. Vergleich mit Großbritannien und Frankreich
  • C. Erfolgte Reformen. Weiterer Reformbedarf?
  • I. Die UWG-Novelle 2004
  • II. Die UWG-Novelle 2008
  • III. Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. 7. 2009
  • IV. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. 10. 2013
  • V. Die UWG-Novelle 2015
  • D. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Telefonwerbung de lege lata in Deutschland
  • I. Gedanke und Struktur des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  • II. Abgrenzung der Telefonwerbung von anderen telefongebundenen Tatbeständen
  • 1. SMS- und MMS- Nachrichten
  • 2. Anrufe durch automatische Anrufmaschinen (Voice-Mail)
  • 3. Ping- oder Lockanrufe
  • 4. Werbefinanzierte Telefongespräche
  • a. Kritik an der BGH-Entscheidung Werbefinanzierte Telefongespräche
  • b. Konkludente Einwilligung durch Fortführen des Gesprächs
  • c. Einwilligung nicht ohne Zwang
  • d. Vergleichbarkeit mit Laienwerbung für Augenoptiker
  • e. Ausblick nach dem aktuellen gesetzlichen Stand
  • 5. Warteschleifenwerbung
  • E. Zusammenfassung
  • Zweiter Teil – Unionsrechtliche Vorgaben zur Regulierung der Telefonwerbung und deren Umsetzung
  • Erstes Kapitel – Einführung in die europäische Methodenlehre
  • A. Grundsatz der autonomen Auslegung
  • B. Europäische Auslegungsmethoden
  • I. Grammatikalische Auslegung
  • II. Systematische Auslegung
  • III. Historische Auslegung
  • IV. Teleologische Auslegung
  • C. Zusammenfassung
  • Zweites Kapitel – Richtlinie 2002/58/EG
  • A. Schutzzweck
  • B. Art. 13 Abs. 3 Richtlinie 2002/58/EG
  • I. Harmonisierungsreichweite
  • II. Anwendungsbereich des Art. 13 Abs. 3 Richtlinie 2002/58/EG
  • 1. Persönlicher Anwendungsbereich
  • a. Die verpflichtete Person
  • b. Der geschützte Personenkreis
  • 2. Sachlicher Anwendungsbereich
  • III. Wahlrecht
  • IV. Die Anwendbarkeit des Art. 13 Abs. 2 auf die Telefonwerbung gegenüber natürlichen Personen
  • 1. Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2
  • 2. Rechtliche Qualifikation des Abs. 2
  • a. Vermutete Einwilligung
  • b. Stillschweigende Einwilligung
  • c. Stellungnahme: gesetzlich normierter Fall einer mutmaßlichen Einwilligung
  • d. Konsequenz: Art. 13 Abs. 2 DSRL 2002/58/EG als Modell sui generis
  • 3. Gestaltung der Telefonwerbung nach dem Modell des Abs. 2
  • V. Zusammenfassung
  • Drittes Kapitel – Richtlinie 2005/29/EG
  • A. Das dreistufige Verbotskonzept
  • B. Anwendungsbereich
  • I. Sachlicher Anwendungsbereich
  • II. Persönlicher Anwendungsbereich
  • C. Schutzzweck
  • D. Vollharmonisierung
  • I. Grundsatz
  • II. Ausnahme Art. 3 Abs. 9 und Erwägungsgrund 9 UGP-Richtlinie
  • III. Ausnahme durch Erwägungsgrund 7 UGP-Richtlinie?
  • 1. Die Begriffe der guten Sitten und des Anstands i.S.d. UGP-Richtlinie
  • 2. Anvisierte Geschäftspraktiken in Fragen der guten Sitten und des Anstands
  • a. Geschäftspraktiken ohne Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit
  • b. Alle Geschäftspraktiken in Fragen der guten Sitten und des Anstands unabhängig von der Beeinflussungsgefahr
  • c. Stellungnahme: in varietate concordia
  • aa. Das Motto der europäischen Union
  • bb. Gefahr des Verlustes der Vollharmonisierungswirkung…
  • cc. …verstärkt durch Beurteilung aus Sicht des Mitgliedstaates
  • dd. Das Beispiel des Ansprechens in der Öffentlichkeit
  • ee. Vergleichbarkeit mit Telefonwerbung
  • ff. Entscheidende Beurteilung am Maßstab von Nr. 26 Anhang I UGP-Richtlinie
  • E. Zusammenfassung
  • Viertes Kapitel – Das Verhältnis beider Richtlinien zueinander
  • A. Vorrang der UGP-Richtlinie
  • B. Vorrang der DSRL 2002/58/EG
  • C. Koexistenz der UGP-Richtlinie und der DSRL 2002/58/EG
  • D. Stellungnahme
  • I. Kein Vorrang der DSRL gegenüber der UGP-Richtlinie
  • II. Kein Vorrang der Nr. 26 UGP-Richtlinie
  • E. Zusammenfassung
  • Fünftes Kapitel – Richtlinienumsetzung in Frankreich
  • Sechstes Kapitel – Richtlinienumsetzung in Großbritannien
  • Siebtes Kapitel – Richtlinienumsetzung in Deutschland
  • A. Unzureichende Umsetzung der UGP-Richtlinie in das UWG?
  • I. Konsumtion der Nr. 26 UGP-Richtlinie durch Art. 13 Abs. 3 1.Alt DSRL 2002/58/EG
  • II. Inhaltliche Divergenz der Nr. 26 und des Opt-in-Modells
  • 1. Unterschiedliche Schutzzwecke
  • 2. Unterschiedliche Personengruppen
  • 3. Unterschiedliche Sachweite
  • 4. Unterschiedliche Rechtsdurchsetzungsbestimmungen
  • III. Diskussion und eigener Standpunk
  • 1. Nr. 26 umfasst nicht nur Werbung
  • 2. Unterschiedliche Personenkreise
  • 3. Lauterkeitsrechtliche Prüfung
  • 4. Rechtsdurchsetzung durch Lauterkeitsrecht?
  • a. Wesentliche Beeinflussung des Marktverhaltens von Verbrauchern
  • b. Juristische Personen als Betroffene
  • c. Natürliche Personen, deren Entscheidungsfreiheit nicht wesentlich beeinflusst wird
  • aa. Köhler und die zustimmende Literaturansicht
  • bb. BGH und die zustimmende Literaturansicht
  • cc. Eigener Ansatz
  • B. Unzureichende Umsetzung der DSRL 2002/58/EG in das UWG?
  • I. Verbraucher vs. sonstige Marktteilnehmer
  • II. Individualschutz nach den BGB-Vorschriften
  • 1. Individualklage bei Verstößen gegen die Privatsphäre
  • a. Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  • aa. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 UWG
  • bb. Keine Schutzgesetzeigenschaft
  • cc. Eigener Ansatz − differenzierende Betrachtung
  • b. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB
  • c. Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB analog und Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB
  • 2. Individualklage bei Eingriffen in die berufliche Sphäre
  • 3. Künftige Rechtslage: Rechtsbehelfe des Endnutzers nach der ePrivacy VO
  • C. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und europäisches Primärrecht
  • I. Keine Kontrolle an Maßstab der Grundfreiheit für durch Sekundärrecht harmonisierte Bereiche
  • 1. Vollharmonisierungswirkung des Art. 13 Abs. 3 DSRl 2002/58/EG
  • 2. Vollharmonisierungswirkung der UGP-Richtlinie
  • II. Nicht harmonisierte Bereiche der Telefonwerbung
  • D. Zusammenfassung
  • Dritter Teil – Die Einwilligung in die Telefonwerbung
  • Erstes Kapitel – Anforderungen an die Einwilligung nach dem Opt-in-Prinzip
  • A. Natur der Einwilligung
  • B. Konkretisierung der Einwilligung
  • I. Verfassungsrechtliche Wertungen
  • II. Zwingende europäische Vorgaben – Auslegung im Lichte der RichtlinieZur sprachlichen Auswahl „Auslegung im Lichte der Richtlinie“ statt „richtlinienkonforme Auslegung“ vgl. Glöckner, GRUR 2013, 224, 229.
  • 1. Ohne Zwang
  • 2. In Kenntnis der Sachlage
  • 3. Für den konkreten Fall
  • 4. Durch aktives Tun
  • 5. Einwilligung in der Online-Welt oder am Telefon
  • C. Wettbewerbsrechtliche versus datenschutzrechtliche Einwilligung
  • I. Die Schutzrichtung als Unterscheidungsmerkmal
  • II. Die BGH-Rechtsprechung
  • 1. Die Payback-Entscheidung
  • 2. „Einwilligung in Telefonwerbung auf Gewinnspielkarte-Entscheidung“
  • D. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung
  • I. Die richtlinienkonforme Auslegung als Grund für die (un)einheitliche Auslegung
  • 1. Vergleich zwischen verschiedenen Sprachfassungen
  • 2. Empfehlungen der Artikel-29-Datenschutzgruppe
  • II. Kein Rangverhältnis zwischen dem Privatsphärenschutz und der informationellen Selbstbestimmung
  • III. Zwischenergebnis zu IV
  • IV. Denkbare Gestaltungsformen
  • 1. Anpassung der datenschutzrechtlichen Einwilligung an die wettbewerbsrechtliche Einwilligung − Trennungsgebot
  • 2. Anpassung der wettbewerbsrechtlichen Einwilligung an die datenschutzrechtliche Einwilligung − Hervorhebungsgebot
  • V. Vorschlag für die Gestaltung eines einheitlichen Konzepts
  • 1. Trennungsgebot statt Hervorhebungsgebot
  • 2. Gesonderte Zustimmungshandlung
  • 3. Das absolute Opt-in-Modell als einzige Gestaltungsmöglichkeit
  • a. Unterscheidung zwischen dem Opt-in-Modell im engeren Sinne und Opt-in-Modell im weiteren Sinne
  • aa. Opt-in-Begriff im weiteren Sinne
  • bb. Opt-in-Begriff im engeren Sinne
  • b. Kritik an der Payback- und Happydigits-Entscheidung
  • c. Die Unvereinbarkeit der Opt-out-Klausel mit dem Opt-in-Prinzip
  • E. Verhältnis vom §§ 4, 4a, 28 BDSG und § 7 UWG
  • F. Zusammenfassung
  • Zweites Kapitel – Einwilligung der Verbraucher nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG
  • A. Zeitpunkt
  • B. Form
  • C. Auslegung des Merkmals „ausdrücklich“
  • I. Bedeutung des Merkmals „ausdrücklich“ in § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG
  • 1. Historische Betrachtung
  • 2. Praxisorientierte Betrachtung
  • II. Anforderungen an die Einwilligung nach dem Gemeinschaftsrecht
  • 1. Gemeinschaftskonformität ausschließlich der ausdrücklichen Einwilligung
  • 2. Gemeinschaftskonformität der ausdrücklichen und der konkludenten Einwilligung
  • 3. Stellungnahme
  • a. Unsachliche Differenzierung zwischen Telefon- und E-Mail-Werbung
  • b. Die Wortlautauslegung des Erwägungsgrunds 17
  • c. Systematik: Das Wort ausdrücklich ist dem Unionsrecht nicht fremd
  • d. Vergleich mit der Datenschutzgrundverordnung
  • III. Sonderregime für Art. 13 Abs. 3 DSRL 2002/58/EG?
  • 1. Gestaltungsspielraum
  • 2. Kein Gestaltungsspielraum für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts
  • D. Die ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung durch AGB
  • I. Der historische Streit um die Möglichkeit der Verwendung formulierter Klauseln
  • 1. Die Ansicht der Rechtsprechung
  • a. Das absolute Verbot nach der BGH-Rechtsprechung
  • b. Telefonwerbung VI als Pionierentscheidung
  • c. Die Endgültige BGH-Wende in Werbeanrufe II
  • 2. Die Ansicht in der Literatur
  • 3. Kritische Beurteilung der tradierten BGH-Rechtsprechung
  • a. Unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
  • b. Unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB
  • c. Das faktische Verbot der Telefonwerbung und der Widerspruch zum Unionsrecht
  • d. Das neue Verbraucherleitbild
  • II. Die AGB-Kontrolle der Einwilligungsklausel
  • 1. Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
  • a. Die Ansicht der Rechtsprechung
  • b. Keine einheitliche Meinung in der Literatur
  • aa. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung liegt nicht vor
  • bb. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung liegt vor
  • 2. Diskussion
  • 3. Die AGB-Kontrolle im Einzelnen
  • a. Überraschende Klauseln
  • b. Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
  • c. Unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1
  • d. Unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB
  • aa. Produkte, die in keinem Zusammenhang mit dem Vertrag stehen
  • bb. Andere Unternehmen als der Vertragspartner
  • III. Einholung der Einwilligung durch Teilnahme an Gewinnspielen
  • 1. Die Grundlage für das Erfordernis einer gesonderten Einwilligung
  • a. Erwägungsgrund 17 DSRL 2002/58/EG
  • b. Das Merkmal „für den konkreten Fall“
  • c. Das Merkmal „in Kenntnis der Sachlage“
  • 2. Fazit
  • IV. Anforderungen an die Einholung der Einwilligung in der Online-Welt
  • 1. Verbot des Double-Opt-in-Verfahrens via Bestätigungsmail für die Einwilligung in die Telefonwerbung
  • a. BGH-Entscheidung zu Double-opt-in-Verfahren betreffend Telefonwerbung
  • b. Beweislage und Dokumentationspflicht für den Nachweis des Einverständnisses
  • c. Bestätigungsmail als Nachweis ungeeignet
  • 2. Vergleich mit der Einwilligung in die E-Mail-Werbung
  • 3. Klarstellungsbedürfnis
  • 4. Double-opt-in-Verfahren für die Telefonverifizierung
  • 5. Rechtskonforme Gestaltung des Double-opt-in-Verfahrens
  • a. Bestätigungsanruf oder Bestätigungs-SMS als Werbung
  • b. Diskussionsstand betreffend die Natur der Bestätigungsmail
  • aa. Münchener OLG-Entscheidung
  • bb. Paradoxes Ergebnis
  • cc. Bestätigungsmail als Werbung
  • dd. Begriff der Werbung: das Unmittelbarkeitserfordernis
  • ee. Kritik an der OLG-Entscheidung
  • c. Qualifikation des Bestätigungsanrufs bzw. der Bestätigungs-SMS
  • d. Sonderfall: unternehmensintern generierte Bestätigungsanrufe, Bestätigungs-SMS oder Bestätigungsmail
  • E. Die konkludente Einwilligung gegenüber Verbrauchern
  • I. Möglichkeit trotz widersprechenden Gesetzeswortlauts
  • II. Praxisbeispiele
  • 1. Schweigen
  • 2. Publikmachen der Telefonnummer
  • 3. Eintragung im Telefonverzeichnis bzw. Branchenverzeichnis
  • 4. Bestehen eines geschäftlichen Kontakts
  • 5. Bloße Branchenüblichkeit
  • 6. Kontaktaufnahme durch den Kunden z.B. Bestellung von Informationsmaterial
  • 7. Eintragung der Telefonnummer beim Begründen einer Mitgliedschaft oder beim Abschluss eines Vertrages
  • 8. Rückrufe infolge einer telefonischen Kontaktaufnahme des Kunden
  • 9. Erweiterung des Anrufzwecks während des Gesprächs
  • 10. Kundenrückgewinnung
  • F. Zusammenfassung
  • Drittes Kapitel – Einwilligung gegenüber sonstigen Marktteilnehmern nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2. UWG
  • A. Zumindest dessen mutmaßliche Einwilligung
  • B. Erscheinungsformen
  • I. Ausdrückliche Einwilligung
  • II. Konkludente Einwilligung
  • 1. Eintragung im Telefonverzeichnis bzw. Branchenverzeichnis
  • 2. Bestehen eines geschäftlichen Kontakts
  • III. Die Mutmaßliche Einwilligung
  • 1. Definition
  • 2. Abgrenzung von der konkludenten Einwilligung
  • 3. Parallele zu der Regelung des § 683 S. 1 BGB
  • 4. Allgemeine Formel ‒ das sachliche Interesse
  • 5. Konkretisierungsbedarf
  • a. Restriktive Auslegung
  • b. Abweichende Literaturmeinung
  • c. Stellungnahme: konkretes sachliches Interesses an dem Inhalt und an der Art der Werbung
  • aa. Systematische Auslegung
  • bb. Historische Auslegung
  • cc. Faktisches Opt-out-Modell
  • IV. Mögliche Herangehensweise für die Ermittlung der mutmaßlichen Einwilligung
  • 1. Sachliches Interesse an dem Werbeinhalt
  • a. Allgemeiner Zusammenhang
  • b. Geschäftsbeziehung
  • 2. Sachliches Interesse an der Art der Werbung
  • a. Kundenbeziehung
  • b. Verfolgter Zweck
  • c. Art des Angebots
  • aa. besonderes Angebot
  • bb. Objektiv günstiges Angebot
  • cc. Komplexität des Angebots
  • d. Branchenüblichkeit
  • e. Nachahmungsgefahr
  • aa. Konkurrentenzahl
  • bb. Zeitliche Grenze
  • f. Sachzusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb oder mit der Kundenbeziehung
  • aa. Enger Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb
  • bb. Enger Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung
  • C. Zusammenfassung
  • Gesamtergebnis und Ausblick
  • Thesen
  • Literaturverzeichnis

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Einleitung

Der Individualisierungstrend von Kundenpräferenzen und Kundengruppen lässt das Direktmarketing aufblühen. Die finanziellen Aufwendungen für das Direktmarketing haben sich in Deutschland von 1997 bis 2008 fast verdoppelt, die Ausgaben sind von 17,1 Milliarden Euro auf 33,1 Milliarden Euro gestiegen.1 In Deutschland erfuhr das Telefonmarketing den Marktzugang in den 70. Jahren und stand damals an der Spitze der Werbemittelauswahl. Heute gewinnt das Kommunikationsmedium Internet für die Werbung zwar zunehmende an Bedeutung, jedoch zeigt Telefonwerbung als Marketinginstrument heute noch eine starke Marktpräsenz. Das Internet vermag nicht alle Bedürfnisse der Werbewirtschaft zu befriedigen. Das Medium Telefon bleibt insbesondere für teure oder beratungsbedürftige wie auch höchst personalisierte Produkte ein unerlässliches Kommunikationsmittel. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 4,7 Milliarden für Telefonmarketing ausgegeben, davon entfielen 2,5 Milliarden Euro auf das aktive Telefonmarketing, 2,2 Milliarden Euro wurden in das passive Telefonmarketing investiert.2 Nach dem Dialog Marketing Monitor 2018 betrugen die Unternehmensausgaben für das aktive Telefonmarketing im Jahre 2017 1,2 Milliarden Euro. Davon fällt nur ein verhältnismäßig geringer Kostenanteil in Höhe von 0,2 Milliarden auf Planung, Konzeption und Produktion.3 Sind erst einmal potenzielle Interessenten identifiziert, erlaubt das Direktmarketing ein Diminuieren von Streuverlusten, indem der Werbende das optimale Angebot zur richtigen Zeit und an die richtige Person richtet.4 Unter Beachtung von Effizienz- und Preisaspekten schneidet Telefonwerbung im Vergleich zu den zwei anderen klassischen Marketinginstrumenten wie Hausbesuch und Mailing gut ab.

Die Vorteile, die der Einsatz des Telefons im Direktmarketing bietet, lädt Mitbewerber zu Nachahmung ein. Unternehmen sind daran interessiert, möglichst viel und möglichst günstig ihre Produkte abzusetzen. Dieses wirtschaftliche Interesse kollidiert im b2c Verhältnis mit dem Interesse des Einzelnen auf Achtung seiner Privatsphäre. Die durch einen Anruf in besonders hohem Maß verursachte Belästigung hängt mit der Eigenart des Telefons zusammen. Anders als bei E-Mail- oder Briefwerbung kann sich der Angerufene den Zeitpunkt der Auseinandersetzung mit dem Telefonat nicht aussuchen. Die Störung tritt mithin bereits im Zeitpunkt des Anrufs und unabhängig von dessen Inhalt ein. Außerdem sind belästigende Anrufe zu jeder Zeit, auch nachts und am Wochenende möglich. Im b2b-Verhältnis ←27 | 28→kollidiert das Wirtschaftsinteresse des Werbenden mit dem Interesse des Unternehmens auf einen ungestörten Betriebsgang. Das Klingeln und gegebenenfalls Abheben und Auseinandersetzen mit dem Telefonat beansprucht die persönlichen Ressourcen des angerufenen Unternehmens und blockiert die Telefonleitung, so dass aus Unternehmenssicht wichtige Telefonate nicht durchgeführt werden können. Der Konflikt zwischen den Interessen der Werbewirtschaft einerseits und den Interessen des Angerufenen andererseits erscheint vorprogrammiert und ruft Regulierungsbedarf hervor. Das Regulierungsmaß stellt letztlich eine politische Entscheidung dar und spiegelt die Sicht der Gesellschaft über ihre Bürger wider.

In Deutschland verbietet § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern, falls diese vorher ihre Einwilligung nicht ausdrücklich erteilt haben. Für die Zulässigkeit von Werbeanrufen gegenüber sonstigen Marktteilnehmern genügt nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt UWG das Vorliegen deren mutmaßlichen Einwilligung. Im Bereich der Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern bestehen Bedenken hinsichtlich der Europarechtskonformität des § 7 Abs. 2 Nr. 2. Alt. 1 UWG. Die Untersuchung beschränkt sich insofern auf die rechtliche Betrachtung und lässt politische Prozesse außer Acht. Das Merkmal der Ausdrücklichkeit in § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt UWG wurde nach dem Erlass des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung vom 29.7.2009 eingeführt.

Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung am 4.8.2009 ist jedoch die Zahl unerlaubter und belästigender Telefonanrufe nicht zurückgegangen, sondern sogar gestiegen. Vor der Einführung dieses Gesetzes ging man laut Regierungsentwurf5 von rund 60.000 Verbraucherbeschwerden pro Jahr aus. Zur Evaluierung der Lage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes hat das Bundesministerium der Justiz für einen Untersuchungszeitraum von 10 Monaten, von September 2009 bis einschließlich Juni 2010 bei der BNetzA, den Bundesländern und den Verbraucherschutz- und Wirtschaftsverbänden eine Umfrage zur Belästigung von Verbrauchern durch Werbeanrufe durchgeführt. Dabei sind die von der Verbraucherzentrale erhobenen Beschwerdezahlen nur für die letzten vier Monate des Untersuchungszeitraums mitgeteilt worden. Insgesamt kann von insgesamt etwa 81.000 bis 100.000 Beschwerden ausgegangen werden.6 Fakten über unerlaubte Telefonwerbung dokumentiert ferner der bundesweite Abschlussbericht der Verbraucherzentrale vom 16.12.2010.7 Insgesamt wurden 79.531 Beschwerden ←28 | 29→erfasst.8 Die Datenerhebung erfolgte über eine Dauer von 9 Monaten für den Zeitraum von Anfang März bis Ende November 2010.9 Im weiteren Bericht der Verbraucherzentrale vom 17.12.2012 nach durchgeführter Umfrageaktion betreffend Telefonwerbung und das Problem untergeschobener Verträge gaben 92% der 8.982 befragten Verbraucher an, mit dem Anruf nicht einverstanden gewesen zu sein.10 Trotz dieser Zahlen schreibt die Bundesregierung in der Gesetzesbegründung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, dass „das evaluierte Gesetz im Sinne einer Verbesserung des Verbraucherschutzes gegriffen“ hat. Unerlaubte Telefonanrufe bei Verbrauchern sollten gegen Ende des Untersuchungszeitraums der Tendenz nach abgenommen haben.11 In der Zusammenfassung der Umfrageergebnisse des Bundesministeriums für Justiz zur Belästigung durch Werbeanrufe befindet sich keine Aussage, die der obigen entspricht. Es wird lediglich angemerkt, dass kein kontinuierlicher Anstieg festzustellen sei, die Entwicklung verliefe vielmehr in „Wellen“, weil Verbraucher auf bestimmte „Anrufwellen“ mit entsprechenden „Beschwerdewellen“ reagiert haben.12

Beide Berichte der Verbraucherzentrale von 2010 und von 2012 zeigen zudem, dass viele Verbraucher hinsichtlich der Umstände des Vertragsschlusses verunsichert und verwirrt sind. Von 79.531 sich bei der Verbraucherzentrale beschwerenden Verbrauchern gaben 21, 3 % an, sie wüssten nicht, ob es zu einem Vertragsschluss gekommen sei. Nach der Umfrage war in 33,7 % der Fälle ein Vertragsschluss behauptet worden, obwohl Verbraucher den Vertragsabschluss bestritten hatten. Nur in 9,1 % der Fälle gingen Verbraucher von einem bewussten Vertragsschluss aus. Damit liegt die Quote untergeschobener Verträge bei 78,8 %, während nur ein Fünftel der Verträge einvernehmlich zustande kamen.13 In dem Bericht der ←29 | 30→Verbraucherzentrale vom 17. 12. 201214 ergab sich ein deutlicher Unterschied, je nachdem, ob Verbraucher die Fragebögen online, schriftlich oder aufgrund persönlicher Beratung ausgefüllt hatten. Die Verbraucher, die die Fragebögen online oder schriftlich ausfüllten, taten dies kurze Zeit nach dem Telefonat, als ihnen noch nicht bewusst war, ob ein Vertragsschluss in Frage kommt, so dass in diesem Fall die Zahl untergeschobener Verträge bei 18% liegt, während 80% annahmen, keinen Vertrag abgeschlossen zu haben. Nur 1% der Verbraucher bejahte das Vorliegen eines Vertragsschlusses. Im Vergleich dazu liegt die Quote untergeschobener Verträge bei Verbrauchern, die persönlich beraten wurden, mit 56% deutlich höher. Nur 42% der Befragten konnten sicher angeben, einen Vertrag nicht abgeschlossen zu haben und 3% bejahten einen Vertragsschluss. Seriöse Unternehmen dagegen setzen erhöhte Standards für die Kommunikationsgestaltung mit den Verbrauchern, sie haben ihre Arbeitsabläufe an die gesetzliche Lage angepasst.15 In diesem Sinne verfahren auftraggebende Unternehmen bei der Auswahl von Call-Center nach strengeren Kriterien. Seriöse Call-Center legen vermehrt Wert auf eine Dokumentation des Vorliegens der ausdrücklichen Einwilligung des Verbrauchers i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG bzw. § 7 Abs. 2 Nr. 3 im Falle eines Anrufs mittels automatischer Anrufmaschinen.16 Doch die Tatsache, dass im Bereich Telefonwerbung immer noch viele Schatten existieren, verunsichert, belästigt und schadet nicht nur Verbrauchern; auch seriöse Unternehmen tragen erhebliche Schaden davon. Die kriminellen Praktiken unseriöser Unternehmer bewirken in der Gesellschaft eine überwiegend negative Meinung über die Telefonwerbung, so dass seriöse Unternehmen sich mit der beinahe unmöglich zu erfüllenden Aufgabe einer besseren Imagegestaltung konfrontiert sehen. Die kriminelle Energie unseriöser Betreiber von Telefonwerbung kennt keine Grenzen an Kreativität, wenn es darum geht, Verbraucher in Abzockfallen zu locken. Sie entwickeln stets neue Maschen, um Verbrauchern wirtschaftliche Nachteile zuzufügen.17 In der Praxis stellt die Staatsanwaltschaft ca. zwei Drittel der Ermittlungsverfahren ein, weil der Täter oder der Tathergang nicht ermittelt werden konnte. Um ihre Identität zu kaschieren, agieren unseriöse Anrufer oft vom Ausland aus oder geben nur eine Postfachadresse an.18

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Im Vergleich zur deutschen Rechtslage kennen das französische und das englische Recht mildere Regelungen: Telefonwerbung gegenüber natürlichen Personen ist grundsätzlich zulässig, es sei denn, diese haben Werbeanrufen vorher widersprochen. Die Regulierung der Telefonwerbung gegenüber juristischen Personen haben der englische und der französische Gesetzgeber der Selbstregulierung der Märkte überlassen.

Die vorliegende Arbeit untersucht, ob die deutsche Regelung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und ihre Anwendungspraxis mit zwingendem Unionsrecht, namentlich mit der DSRL 2002/58/EG19 und mit der UGP-Richtlinie20 vereinbar ist. Dabei tragen Marketingaspekte, historische Darstellungen und rechtsvergleichende Annährungen zu dem französischen und dem englischen Recht zum besseren Verständnis der Regulierung der Telefonwerbung in Deutschland de lege lata einerseits und de lege ferenda andererseits bei.

Nationale Regelungen müssen mit dem europäischen Primärrecht und im harmonisierten Bereich zusätzlich mit dem europäischen Sekundärrecht vereinbar sein. Das Unionsrecht legt in Art. 13 Abs. 3 2. Alt DSRL 2002/58/EG – basierend auf die Widerspruchslösung (Opt-out-Modell) − einen Mindestschutzstandard und in Art. 13 Abs. 2 1. Alt DSRL 2002/58/EG einen Höchstschutzstandard, das sog. Opt-in-Modell fest. Zwischen dem Opt-in- und dem Opt-out-Modell können die Mitgliedstaaten frei wählen, müssen allerdings das gewählte Prinzip in das nationale Recht implementieren. Art. 13 Abs. 3 DSRL 2002/58/EG gilt nur für natürliche Personen. Für juristische Personen gibt die Richtlinie keine abschließenden Regelungen vor, sondern verpflichtet in Art. 13 Abs. 5 lediglich zur Einführung von im Ermessen der Mitgliedstaaten liegenden Schutzvorkehrungen. In Hinblick auf diese Unterscheidung ergibt sich bereits die Frage, ob die in § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG getroffene Regelung zwingend auch für natürliche Personen umzusetzen ist. Die Untersuchung des Art. 13 Abs. 3 DSRL 2002/58/EG dient dazu, mögliche Regulierungsformen betreffend die Zulässigkeit der Telefonwerbung darzustellen.

Neben der DSRL 2002/58/EG trifft die UGP-Richtlinie 2009/29/EG Vorgaben in Bezug auf die Regulierung von Werbemaßnahmen. Die UGP-Richtlinie stellt anders als die DSRL 2002/58/EG auf die Verbrauchereigenschaft ab und enthält ←31 | 32→zwingend umzusetzende Vorschriften nur für den b2c-Bereich. Das Verhältnis der UGP-Richtlinie zu der DSRL 2002/58/EG ist umstritten. Unklar ist zudem, ob die Bestimmungen des Erwägungsgrundes 7 Satz 3–5 UGP-Richtline den Bereich Telefonwerbung aus der Vollharmonisierungswirkung der Richtlinie ausklammern und schließlich, ob die Einführung eines Opt-in-Modells die Umsetzung des per se Verbots der Nr. 26 Anhang I UGP-Richtlinie 2005 entbehrlich macht. Die Klärung dieser Fragen gibt Auskunft darüber, ob die Regelung in § 7 UWG unionsrechtskonform ist. Die DSRL 2002/58/EG soll nach einem Vorschlag der Kommission vom 10.1.2017 (Com(2017) 10 final) durch eine Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation (auch ePrivacy Verordung genannt) mit Wirkung ab dem 25.5.2018 ersetzt werden. Damit würde Art. 13 RL 2002/58/EG durch Art. 16 dieser Verordnung ersetzt.21 Am 25.5.2018 EU-Rat einen Sachstandsbericht veröffentlicht und über den Stand der aktuellen Prüfung des Vorschlags für die ePrivacy VO informiert.

Weitere Unklarheiten bestehen in Hinblick auf die Anforderungen, denen die Einwilligung in Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern einerseits und gegenüber sonstigen Marktteilnehmern andererseits genügen muss. Heftig umstritten ist, ob die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Einwilligung unionsrechtskonform ist. Unklar ist zudem, welche konkrete Eigenschaften eine wirksam erteilte Einwilligung aufweisen muss. Ob eine Einwilligung vorliegt stellt eine Einzelfallentscheidung dar. Die vorliegende Arbeit dient der Konkretisierung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer Einwilligung unter Beachtung verfassungsrechtlicher Wertungen und unionsrechtlicher Vorgaben.

Nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die rechtliche Behandlung der infolge von Werbeanrufen geschlossenen Verträge mit Verbrauchern, soweit die Möglichkeit des Widerrufs besteht. Die Untersuchung zustande gekommener Verträge beschränkt sich auf die Frage, ob ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Nichtigkeit der Verträge zur Folge hat.

Die Dissertation schildert in einem ersten Teil marketing- und lauterkeitsrechtliche Aspekte der Telefonwerbung in Deutschland unter Bezugnahme auf die Regulierung in Frankreich und Großbritannien und gibt einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Regulierungsrahmen. Mit diesem Hintergrundwissen ausgestattet, erfolgt in einem zweiten Teil eine ausführliche Behandlung der Frage, ob die deutsche Regulierung der Telefonwerbung zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben, einschließlich derer auf Durchsetzungsebene entspricht. Der dritte Teil konkretisiert die Vorgaben für das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung. Zum Schluss werden Regulierungsvorschläge dargestellt.

1Holland, Direktmarketing, 3. Aufl. 2009, S. 23.

2Holland, Direktmarketing, 3. Aufl. 2009, S. 13.

3Deutsche Post AG 2018, Dialogmarketing – Monitor, S. 26.

4Holland, Direktmarketing, 3. Aufl. 2009, S. 23; Siehe auch Meffert/Burmann/Kirschgeorg, Marketing,12. Aufl. 2015, S. 667.

5BT-Drucks. 16/10734, S. 9.

6Die nur ungefähre Einschätzung der Beschwerdezahlen beruht darauf, dass Verbraucher, die sich in erster Linie an andere Stellen als die BNetzA gewendet haben an letztere weitergeleitet wurden, denn nur diese kann Bußgeldbescheide erlassen und Rechnungslegungs- und Inkassoverbote verhängen. Gleichwohl nehmen sowohl die zuerst angesprochenen Stellen als auch die BNetzA diese Daten in ihre Statistik auf ‒ BMJ, Zusammenfassung der Umfrageergebnisse zur Belästigung durch Werbeanrufe, pdf-Datei, hinterlegt beim BMJ, S. 3.

7Verbraucherzentrale, Bundesweiter Abschlussbericht vom 16.12.2010, https://www.verbraucherzentrale-berlin.de/mediabig/142291A.pdf, abgerufen am 21.08.2017.

8Dabei handelt es sich in ca. einem Drittel der Fälle um Anrufe unter Verwendung automatischer Anrufmaschinen, BMJ, Zusammenfassung der Umfrageergebnisse zur Belästigung durch Werbeanrufe, pdf-Datei, hinterlegt beim BMJ, S. 3.

9In der Auswertung berücksichtigt wurden die Beschwerdezahlen von 16 Verbraucherzentralen. Davon haben vier Verbraucherzentralen über die gesamten neun Monate, zwei über acht Monate, zwei über vier Monate und acht über drei Monate Beschwerdezahlen erhoben.

10Verbraucherzentrale, Bericht vom 17.12.2012, S. 8, http://www.vzbv.de/pressemitteilung/unerlaubte-werbeanrufe-nerven-verbraucher, abgerufen am 21.08.2017.

11Verbraucherzentrale, Bundesweiter Abschlussbericht vom 16.12.2010, S. 4, https://www.verbraucherzentrale-berlin.de/mediabig/142291A.pdf, abgerufen am 21.08.2017.  S. 4. RegE. BT-Drucks. 17/13057, S. 10.

12BMJ, Zusammenfassung der Umfrageergebnisse zur Belästigung durch Werbeanrufe, pdf-Datei, hinterlegt beim BMJ, S. 3.

13Verbraucherzentrale, Bundesweiter Abschlussbericht vom 16.12.2010, S. 6 f., https://www.verbraucherzentrale-berlin.de/mediabig/142291A.pdf, abgerufen am 21.08.2017.

14Verbraucherzentrale, Bericht vom 17.12.2012, S. 13 f., http://www.vzbv.de/pressemitteilung/unerlaubte-werbeanrufe-nerven-verbraucher, abgerufen am 21.08.2017.

15BMJ, Zusammenfassung der Umfrageergebnisse zur Belästigung durch Werbeanrufe, pdf-Datei, hinterlegt beim BMJ, S. 7; RegE. BT-Drucks. 17/13057, S. 10.

16BMJ, Zusammenfassung der Umfrageergebnisse zur Belästigung durch Werbeanrufe, pdf-Datei, hinterlegt beim BMJ, S. 7.

17Verbraucherzentrale, Bundesweiter Abschlussbericht vom 16.12.2010, S. 4 f., https://www.verbraucherzentrale-berlin.de/mediabig/142291A.pdf, abgerufen am 21.08.2017; BMJ, Zusammenfassung der Umfrageergebnisse zur Belästigung durch Werbeanrufe, pdf-Datei, hinterlegt beim BMJ S. 4.

Details

Seiten
426
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631774403
ISBN (ePUB)
9783631774410
ISBN (MOBI)
9783631774427
ISBN (Hardcover)
9783631774359
DOI
10.3726/b14919
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Februar)
Schlagworte
Einwilligung Telefonwerbung Datenschutzgrundverordnung Payback-Entscheidung Direktmarketing Datenschutz
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2018. 426 S., 1 s/w Tab.

Biographische Angaben

Anca David (Autor:in)

Dr. Anca David studierte Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes. Während ihrer Promotion war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin für Prof. Dr. Dr. Dr.h.c. mult. Michael Martinek, später für Prof. Dr. Peter Mankowski. Ihr Refendariat absolvierte sie beim OLG Hamburg. Seit 2017 arbeitet sie als Rechtsanwältin in einer Wirtschaftskanzlei in Hamburg.

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Titel: Telefonwerbung in Deutschland
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