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Die zivilrechtliche Haftung von Ratingagenturen nach Art. 35a Rating-VO (EU) Nr. 462/2013

von Michael Heuser (Autor:in)
©2019 Dissertation 300 Seiten

Zusammenfassung

Der europäische Gesetzgeber führte im Jahr 2013 eine zivilrechtliche Haftungsvorschrift ein, die Anlegern und Emittenten die Geltendmachung von Schadensersatz gegen Ratingagenturen wegen fehlerhafter Bewertungen fortan erleichtern sollte.
Gegenstand dieses Buches ist die Untersuchung des Art. 35a Rating-VO (EU) Nr. 462/2013 mit dem Ziel, Rechtsanwendern einen praxistauglichen Leitfaden an die Hand zu geben. Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der Vorschrift werden unionsautonom ausgelegt sowie bestehende Bezüge zum Internationalen Privatrecht und Internationalen Verfahrensrechts aufgezeigt. Abschließend weist der Autor auf bestehende Schwächen der Haftungsvorschrift hin und unterbreitet konkrete Nachbesserungsvorschläge.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Einführung in die Problematik
  • B. Gang der Untersuchung
  • Teil 1: Bestandsaufnahme
  • A. Rating
  • I. Ratingarten
  • 1. Emittentenrating
  • 2. Emissionsrating
  • II. Ratingergebnis
  • III. Rechtliche Qualifikation
  • 1. Werturteil oder Tatsachenbehauptung
  • 2. Privates oder öffentliches Gut
  • IV. Alternativen zum Rating
  • B. Ratingverfahren
  • I. Beauftragtes Rating
  • II. Besonderheiten beim nicht beauftragten Rating
  • III. Wiederholungsphase
  • C. Ratingagenturen
  • I. Aufgaben und Bedeutung
  • 1. Ratingagentur als (Informations-)Intermediär
  • 2. Senkung von Transaktionskosten
  • 3. Zertifizierungsfunktion
  • 4. Corporate Governance
  • 5. Regulierung des Finanzmarkts – Steigerung der Kapitalmarkteffizienz
  • 6. Rechtliche Bedeutung von Ratings und Ratingagenturen in Deutschland
  • II. Marktstruktur
  • D. Ratingagenturen in Krisenzeiten
  • I. Einzelfälle
  • II. Allgemeine Ursachen für fehlerhafte Ratings
  • III. Ratingbasierte Regulierung
  • E. Wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen Rating und Anleihe
  • I. Grundlagen
  • II. Preisbildung
  • III. Schäden
  • 1. Emittenten
  • 2. Anleger
  • Teil 2: Zivilrechtliche Haftung von Ratingagenturen nach Art. 35a der Rating-VO
  • A. Grundlagen
  • I. Entstehungsgeschichte
  • II. Rechtsgrundlage
  • III. Grundstruktur
  • 1. Äußerer Aufbau
  • 2. Rechtsgüterschutz vs. Verhaltenspflichtverletzung
  • a. Anknüpfungspunkt in der Haftungsvorschrift
  • b. Faktischer, individueller Rechtsgüterschutz
  • IV. Auslegungsmethode
  • 1. Art. 35a Abs. 4 Satz 1 Rating-VO
  • a. „Begriffe wie“
  • b. „nationales Recht“
  • 2. Art. 35a Abs. 4 Satz 2 Rating-VO
  • 3. Verbleibende Abgrenzungsschwierigkeiten
  • V. Qualifikation und Funktionen der europäischen Haftungsvorschrift
  • 1. Qualifikation
  • 2. Funktionen
  • VI. Verhältnis zu nationalen Haftungsvorschriften
  • VII. Verhältnis zur öffentlich-rechtlichen Beaufsichtigung durch die ESMA
  • B. Haftungsvoraussetzungen
  • I. Anspruchsverpflichteter – Ratingagentur
  • 1. Satzungsmäßiger Sitz
  • 2. Einzelfälle
  • II. Rating
  • 1. Private Ratings – Art. 2 Abs. 2 lit. a) Rating-VO
  • 2. Übernommene Ratings – Art. 4 Abs. 3 Rating-VO
  • 3. Verwendung von Ratings i.S.d. Art. 5 Rating-VO
  • a. Voraussetzungen
  • b. Einbeziehung in die Haftung des Art. 35a Rating-VO
  • 4. Länderratings
  • 5. Zwischenergebnis
  • III. Anspruchsberechtigte – Emittent und Anleger
  • 1. Emittent
  • a. Allgemeine Voraussetzungen
  • aa. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie Privatrechts
  • bb. Erweiterung des Emittentenbegriffs i.S.d. Art. 35a Rating-VO
  • b. Besondere Voraussetzungen des Abs. 1 Unterabs. 3
  • aa. Bewertungsobjekt: Emittent oder eines seiner Finanzinstrumente
  • bb. Keine Falschinformation oder Irreführung durch den Emittenten
  • (1) Irreführend oder falsch informiert
  • (2) „Direkt oder aufgrund öffentlich zugänglicher Informationen“
  • (3) Zuwiderhandlung oder Fehlbewertung
  • 2. Anleger
  • a. Allgemeine Voraussetzungen
  • aa. Abgrenzung des Anlegerbegriffs durch die Rating-VO
  • bb. Grundkonstellationen
  • (1) Kauf
  • (2) Halten
  • (3) Veräußern
  • b. Besondere Voraussetzungen des Abs. 1 Unterabs. 2
  • aa. Transaktionskausalität
  • bb. Vertrauensmaßstab
  • (1) Institutionelle Anleger – Abs. 1 Unterabs. 2 Var. 1
  • (a) Voraussetzungen des Art. 5a Abs. 1 Rating-VO
  • (b) „in vertretbarer Weise verlassen“
  • (2) Sonstige Anleger – Abs. 1 Unterabs. 2 Var. 2
  • IV. Pflichtverletzung – Zuwiderhandlung gegen Anhang III der Rating-VO
  • 1. Systematik
  • 2. Auslegung
  • 3. Tatbestandliche Begrenzung: Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Ratingergebnis
  • a. Vorgaben durch die Rating-VO selbst
  • b. Ergänzendes nationales Sachrecht nach Art. 35a Abs. 4 Rating-VO
  • 4. Einzelne Zuwiderhandlungskategorien
  • a. Zuwiderhandlungen im Kontext der Vermeidung von Interessenkonflikten nach Art. 6 Rating-VO
  • b. Zuwiderhandlungen im Kontext von am Ratingverfahren beteiligten Personen
  • c. Zuwiderhandlungen im Kontext von Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten
  • d. Zuwiderhandlungen im Kontext von angewandten Ratingmethoden und Modellen
  • e. Zuwiderhandlungen im Kontext von Veröffentlichungspflichten
  • f. Zuwiderhandlungen im Kontext der Bewertung strukturierter Finanzinstrumente
  • g. Zuwiderhandlungen im Kontext der Übernahme von Ratings
  • V. Verschulden
  • 1. Vorsatz
  • 2. Grobe Fahrlässigkeit
  • VI. Schaden
  • 1. Bemessungsgrundlage
  • 2. Beschränkungen durch Kausalitätserfordernisse
  • a. Kausalzusammenhang zwischen Zuwiderhandlung und Schaden
  • b. Kausalzusammenhang zwischen Ratingergebnis und Schaden
  • 3. Ersatzfähigkeit einzelner Schäden
  • a. Anleger
  • aa. Transaktionsschaden
  • (1) Inhalt
  • (2) Ersatzfähigkeit
  • bb. Kursdifferenzschaden
  • (1) Inhalt
  • (2) Ersatzfähigkeit
  • (a) Hinweise für den Schutzzweck: Unterbindung einer unangemessenen Preisbildung
  • (b) Ausschluss nach Art. 35a Abs. 1 Unterabs. 2 Rating-VO
  • (c) Abgrenzung zum ersatzfähigen Schaden des Emittenten
  • (d) Änderungen der Erwägungsgründe im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens
  • (e) Zwischenergebnis
  • b. Emittenten
  • C. Art und Umfang des Schadensersatzes
  • I. Grundsätze
  • 1. Art des Schadensersatzes
  • 2. Umfang des Schadensersatzes
  • II. Anleger
  • 1. Transaktionsschaden
  • a. Kauf
  • b. Halten
  • c. Verkauf
  • 2. Kursdifferenzschaden
  • 3. Mitverschulden
  • III. Emittent
  • 1. Korrektur des Ratings
  • 2. Finanzierungskosten
  • 3. Weitere Schadensposten
  • 4. Mitverschulden
  • IV. Haftungsbeschränkung nach Art. 35a Abs. 3 der Rating-VO
  • 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Beschränkung
  • a. Verhältnis zwischen lit. a) und lit. b)
  • b. Maßgebliche Kollisionsnormen
  • c. Zulässigkeit nach deutschem Sachrecht
  • 2. Wirkung
  • D. Verjährung
  • E. Darlegungs- und Beweisregeln
  • I. Spezialregelungen der Rating-VO
  • 1. Art. 35a Abs. 2 Rating-VO
  • a. Regelungsinhalt
  • aa. Isolierte Betrachtung von Abs. 2 Unterabs. 1
  • bb. Einbeziehung von Abs. 2 Unterabs. 2
  • b. Schlussfolgerungen
  • aa. Mindestschutz im Prozess
  • bb. Zulässigkeit weiterer prozessualer Erleichterungen
  • cc. Eingeschränkte Wirkung für drittstaatliche Gerichte
  • dd. Substantiierungserleichterung vor deutschen Gerichten
  • 2. Art. 35a Abs. 1 Unterabs. 2 Rating-VO
  • a. Dokumentation des Anlagevorgangs
  • b. Zulässigkeit des Anscheinsbeweises der „Anlagestimmung“
  • c. Prozessuale Möglichkeiten
  • 3. Art. 35a Abs. 1 Unterabs. 3 Rating-VO
  • a. Regelungsinhalt
  • b. Darlegungserleichterung
  • aa. Zulässigkeit der Darlegungserleichterung
  • bb. Anwendung durch die lex fori oder die lex causae
  • II. Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale
  • 1. Verschulden
  • a. Zulässigkeit der Beweiserleichterung
  • b. Lex fori oder lex causae
  • 2. Schaden
  • III. Zusammenfassung
  • Teil 3: Kollisions- und zuständigkeitsrechtliche Bezüge der europäischen Haftungsvorschrift
  • A. Qualifikation als deliktsrechtliche Haftungsvorschrift i.S.d. IPR und IZVR
  • B. Art. 35a Rating-VO im Zusammenspiel mit dem IPR
  • I. Erforderlichkeit einer kollisionsrechtlichen Vorprüfung
  • 1. Verhältnis zwischen der Rating-VO und der Rom II-VO
  • 2. Festlegung des räumlich persönlichen Anwendungsbereichs durch die Rating-VO selbst
  • II. Bestimmung des subsidiären Haftungsstatuts
  • 1. Begrenzung des „jeweils geltenden nationalen Rechts“ auf mitgliedstaatliches Recht?
  • 2. Kein Ausschluss nach Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom II-VO
  • 3. Bestimmung des subsidiären Haftungsstatuts nach Art. 4 Rom II-VO
  • a. Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO
  • b. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO
  • aa. Anleger
  • (1) Verletzungserfolg: freie Willensentscheidung oder Vermögen
  • (2) Ort der Vermögensschädigung
  • (a) Anknüpfungspunkte
  • (aa) Sitz des bewerteten Unternehmens
  • (bb) Lageort des konkret betroffenen Vermögensbestandteils: Giro- oder Anlagekonto des Anlegers
  • (cc) Vermögenszentrale, Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt
  • (dd) Vermögensverfügung
  • (ee) Marktort
  • (b) Stellungnahme
  • (aa) Maßstab
  • (bb) Abwägung
  • (c) Zwischenergebnis
  • bb. Emittenten
  • (1) Verletzungserfolg
  • (2) Maßgeblicher Ort
  • c. Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO
  • aa. Art. 4 Abs. 3 Satz 2 Rom II-VO – bei bestehendem Rechtsverhältnis
  • bb. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Rom II-VO – offensichtlich engere Verbindung
  • (1) Anleger
  • (a) Sitz des Bewertungsobjekts
  • (b) Sitz der Ratingagentur
  • (c) Kontoführungsort
  • (d) Marktort
  • (2) Emittenten
  • 4. Zusammenfassung
  • C. Bestimmung der Internationalen Gerichtszuständigkeit
  • I. Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO
  • 1. Räumlicher und sachlicher Anwendungsbereich eröffnet
  • 2. Sachverhalt mit Auslandsbezug
  • II. Zuständigkeit nach der Brüssel Ia-VO
  • 1. In Betracht kommende Zuständigkeitstatbestände
  • 2. Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO
  • a. Beklagtenwohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU
  • b. Eintritt des schädigenden Ereignisses – Handlungs- oder Erfolgsort?
  • aa. Handlungsort
  • bb. Erfolgsort
  • (1) Anleger
  • (a) Konkret betroffener Vermögensbestandteil – Kontoführungsort
  • (b) Ort der Vermögensverfügung
  • (2) Emittent
  • 3. Ergebnis
  • Teil 4: Zusammenfassung der Ergebnisse
  • Teil 5: Bewertung und Entwicklungsvorschläge
  • Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere(r) Ansicht

ABl. EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

ABl. EU Amtsblatt der Europäischen Union

Abs. Absatz

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

a.F. alte Fassung

AG Die Aktiengesellschaft

AG Frankfurt Amtsgericht Frankfurt

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

AIFM Verwalter alternativer Investmentfonds

allg. allgemein

Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law

Art. Artikel

ASIC The Australian Securities & Investments Commission

Aufl. Auflage

BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BB Betriebs-Berater

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGH Bundesgerichtshof

BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht

BörsG Börsengesetz

BR-Drs. Bundesrat Drucksache

bspw. beispielsweise

DB Der Betrieb

d.h. das heißt

EBA European Banking Authority

EbAV Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung

ECFR European company and financial law review

Ed. Edition

EG Europäische Gemeinschaft

EIOPA European Insurance and Occupational Pensions Authority

ESMA European Securities and Markets Authority

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof

EuR Europarecht

EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

FS Festschrift

gem. gemäß

ggf. gegebenenfalls

GPR Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht

GS Gedächtnisschrift

Halbs. Halbsatz

Hdb. Handbuch

Int. WirR Internationales Wirtschaftsrecht

Int. ZVR Internationales Zivilverfahrensrecht

IPR Internationales Privatrecht

IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

i.S.d. im Sinne des

i.V.m. in Verbindung mit

IZVR Internationales Zivilverfahrensrecht

JA Juristische Arbeitsblätter

JuS Juristische Schulung

JZ Juristenzeitung

LG Landgericht

lit. Buchstabe

ManKonV Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung

MDR Monatsschrift für Deutsches Recht

m.w.N. mit weiteren Nachweisen

NJW Neue Juristische Wochenschrift

NCPC Nouveau Code de Procédure Civile

Nr. Nummer

NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

OGAW Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren

OLG Oberlandesgericht

OTC Over the counter

PHdb Praxishandbuch

RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

Riv. dir. int. priv. proc. Rivista di diritto internazionale privato e processuale

RIW Recht der Internationalen Wirtschaft

Rn. Randnummer

RRa Reise-Recht aktuell

Rspr. Rechtsprechung

S. Seite

S.Bus.Rev. Schmalenbach Business Review

SEC U.S. Securities Exchange Commission

sog. sogenannt

Teils. Teilsatz

Tex. Int’l L. J. Texas International Law Journal

u.a. unter anderem

Unterabs. Unterabsatz

Urt. v. Urteil vom

usw. und so weiter

u.U. unter Umständen

v.a. vor allem

vgl. vergleiche

Vorb. v. Vorbemerkung von

VuR Verbraucher und Recht

VW Versicherungswirtschaft

Wash. U. L. Q. Washington University Law Quaterly

WM Wertpapier-Mitteilungen

WpHG Wertpapierhandelsgesetz

WpPG Wertpapierprospektgesetz

ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht

ZGR Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht

ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis

ZPO Zivilprozessordnung

ZPR Zivilprozessrecht

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

ZVglRWiss Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft einschließlich des Rechts der Entwicklungsländer und der ethnologischen Rechtsforschung

←19 | 20→←20 | 21→

Einleitung

A. Einführung in die Problematik

Ratings und Ratingagenturen sind aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Insbesondere die drei großen amerikanischen Ratingagenturen Standard & Poors Ratings Services, Moody’s Investors Service und Fitch Ratings, die sich mehr als 90 % des Ratingmarkts teilen,1 verfügen über einen weltweiten Bekanntheitsgrad und haben die Rolle als „global player“ eingenommen.

Ratingagenturen sammeln und filtern Informationen, zerlegen diese und setzen sie mit einer eigenen Gewichtung zu einem Gesamtbild in Form eines Urteils zusammen, das unter der Bezeichnung „Rating“ immer wieder für Aufsehen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sorgt. Dabei ist die Redensart „Wissen ist Macht“2 keinesfalls eine banale Phrase für Ratingagenturen, sondern entspricht dem Fundament ihres Geschäftszweigs: die Bonitätsbeurteilung von Personen und einzelner Finanzinstrumente.

Obgleich ihnen überwiegend gute Arbeit bescheinigt wird,3 werden immer wieder Fälle bekannt, in denen ihr Versagen offen zutage tritt. Vor allem in der amerikanischen Subprime-Krise, die zu einer globalen Finanzkrise führte, und während der europäischen Staatsschuldenkrise standen Ratingagenturen im Fokus öffentlicher Kritik.4 So würden Ratingagenturen nicht schnell genug auf aktuelle Ereignisse reagieren und ihre Bewertungen zu gemächlich anpassen.5

Der europäische Gesetzgeber reagierte auf die Finanzkrise mit der Erstellung eines Regelungskatalogs für Ratingagenturen, der in Gestalt der Verordnung ←21 | 22→(EG) 1060/2009 über Ratingagenturen6 erstmalig verbindlich für Ratingagenturen galt. Dieser beinhaltete für die in der Europäischen Gemeinschaft registrierten Ratingagenturen besondere Verhaltens- und Organisationspflichten, die ein frühzeitiges Erkennen einer verschlechterten Marktlage und eine rechtzeitige Anpassung von Ratings ermöglichen sollten.7 Etwa vier Jahre später rief der europäische Gesetzgeber mit der Verordnung (EU) Nr. 462/20138 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen eine zivilrechtliche Haftungsvorschrift in Gestalt des Art. 35a Rating-VO ins Leben:

(1) Hat eine Ratingagentur vorsätzlich oder grob fahrlässig eine der in Anhang III aufgeführten Zuwiderhandlungen begangen und hat sich diese auf ein Rating ausgewirkt, so kann ein Anleger oder Emittent von dieser Ratingagentur für den ihm aufgrund dieser Zuwiderhandlungen entstandenen Schaden Ersatz verlangen.

Ein Anleger kann nach diesem Artikel Schadenersatz verlangen, wenn er nachweist, dass er sich bei seiner Entscheidung, in ein Finanzinstrument, auf das sich dieses Rating bezieht, zu investieren, dieses Instrument weiter zu halten oder zu veräußern, in vertretbarer Weise im Einklang mit Artikel 5a Absatz 1 oder in sonstiger Weise mit gebührender Sorgfalt auf dieses Rating verlassen hat.

Ein Emittent kann nach diesem Artikel Schadenersatz verlangen, wenn er nachweist, dass das Rating sich auf ihn oder seine Finanzinstrumente bezieht und die Zuwiderhandlung nicht darauf zurückzuführen ist, dass der Emittent die Ratingagentur direkt oder aufgrund öffentlich zugänglicher Informationen irreführend oder falsch informiert hat.

(2) Es liegt in der Verantwortung des Anlegers oder Emittenten, genaue und detaillierte Informationen vorzulegen, aus denen hervorgeht, dass die ←22 | 23→Ratingagentur gegen diese Verordnung verstoßen hat und dass sich diese Zuwiderhandlung auf das abgegebene Rating ausgewirkt hat.

Was als genaue und detaillierte Informationen gilt, entscheidet das zuständige nationale Gericht, wobei es berücksichtigt, dass der Anleger oder Emittent möglicherweise keinen Zugang zu Informationen hat, die allein in der Sphäre der Ratingagentur stehen.

(3) Die zivilrechtliche Haftung von Ratingagenturen nach Absatz 1 kann im Voraus nur beschränkt werden, wenn die Beschränkung:

a) angemessen und verhältnismäßig ist, und

b) nach dem jeweils geltenden nationalen Recht im Einklang mit Absatz 4 zulässig ist.

Soweit die Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung nicht die in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, hat sie keine rechtliche Wirkung.

(4) Begriffe wie „Schaden“, „Vorsatz“, „grobe Fahrlässigkeit“, „in vertretbarer Weise verlassen“, „gebührende Sorgfalt“, „Auswirkung“, „angemessen“ und „verhältnismäßig“, die in diesem Artikel genannt aber nicht definiert werden, werden im Einklang mit dem jeweils geltenden nationalen Recht gemäß den einschlägigen Bestimmungen des internationalen Privatrechts ausgelegt und angewandt. Fragen der zivilrechtlichen Haftung einer Ratingagentur, die nicht von dieser Verordnung geregelt werden, unterliegen dem jeweils geltenden nationalen Recht gemäß den einschlägigen Bestimmungen des internationalen Privatrechts. Welches Gericht für die Entscheidung über einen von einem Anleger oder einem Emittenten vorgebrachten zivilrechtlichen Haftungsanspruch zuständig ist, wird anhand der einschlägigen Bestimmungen des internationalen Privatrechts bestimmt.

(5) Dieser Artikel schließt weitere zivilrechtliche Haftungsansprüche im Einklang mit dem nationalen Recht nicht aus.

(6) Der in diesem Artikel vorgesehene Schadenersatzanspruch hindert die ESMA nicht daran, ihre Befugnisse nach Artikel 36a voll auszuschöpfen.

Diese europäische Haftungsvorschrift ist Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung, die von drei Fragen geleitet wird:

Was regelt Art. 35a Rating-VO?

Wie ist die aktuelle Regelung zu bewerten?

Wie ist im Einzelnen Art. 35a Rating-VO ggf. nachzubessern?

Der Untersuchungsschwerpunkt wird dabei auf der ersten Frage liegen, weil zunächst die einzelnen Haftungsvoraussetzungen analysiert und die Rechtsfolge ←23 | 24→bestimmt werden müssen. Da die erfolgreiche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Ratingagenturen regelmäßig daran scheitert, dass Anleger und Emittenten die sie begünstigenden Umstände nicht beweisen können,9 werden den Darlegungs- und Beweisregeln der Haftungsvorschrift besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dem Umstand geschuldet, dass die europäische Haftungsvorschrift keine in sich abgeschlossene Regelung darstellt, sondern zu ihrer vollständigen Funktionstauglichkeit inhaltlich um nationales Sachrecht ergänzt werden muss,10 gilt es zu ermitteln, nach welchen Kriterien sich das jeweilige nationale Recht bestimmt. Ebenso ist zu klären, vor welchem Gericht Klage auf Leistung von Schadensersatz zu erheben ist.

Im Rahmen der Erörterung der oben aufgeworfenen Leitfragen werden eine Reihe dogmatischer Grundprobleme zu behandeln sein. Beispielsweise fordert das Ineinandergreifen von unionsrechtlichen Vorgaben und nationalem Recht den Rechtsanwender heraus und stellt Anleger, Emittenten sowie Ratingagenturen zugleich vor nicht unerhebliche Rechtsunsicherheiten. Denn bei nicht weniger als achtundzwanzig möglichen subsidiären Haftungsregimen, wenn man alleine auf das Recht der europäischen Mitgliedstaaten abstellt, kann die Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Klage auf Schadensersatz alles andere als eindeutig ausfallen. Auch wird man sich im Rahmen der Bestimmung des subsidiär anwendbaren nationalen Rechts mit der Frage beschäftigen müssen, in welchem Verhältnis die Rating-VO (EU) Nr. 462/2013 und die Rom II-Verordnung11 zueinander stehen. Konkret gilt es beispielsweise zu klären, ob der Anwendung der Rating-VO eine kollisionsrechtliche Vorprüfung vorzuschalten ist.

Es wird nicht Gegenstand dieser Arbeit sein, alle mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen daraufhin zu untersuchen, welche für die Belange der europäischen Haftungsvorschrift am freundlichsten für Anleger oder Ratingagenturen ausgestaltet ist. Vielmehr soll geklärt werden, was Art. 35a Rating-VO in seiner Gestalt als Regelungstorso für Mitgliedstaaten im Allgemeinen und speziell für den einzelnen Rechtsanwender bindend regelt, unabhängig davon, welches sekundäre ←24 | 25→Haftungsstatut ergänzend Anwendung findet. Diese Untersuchung ist nicht nur für Angehörige einer bestimmten mitgliedstaatlichen Rechtsordnung nützlich, sondern verspricht mitgliedstaatenübergreifende Erkenntnisse. Das betrifft insbesondere die Problematik, nach welchen Kriterien das sekundäre, mitgliedstaatliche Haftungsstatut auszuwählen und wie die internationale Gerichtszuständigkeit zu bestimmen sind. So droht etwa bei Klageerhebung vor einem international unzuständigen Gericht die Abweisung der Klage.12 Bei anderen Fragen, wie etwa bei der Bestimmung des Schadensersatzes, ist trotz eines Verweises auf nationales Recht weitgehend unklar, was im Einzelnen durch die Verordnung selbst geregelt ist und für welche Aspekte nationales Recht maßgeblich sein soll. Praktisch relevant wird die Trennung von einzelnen Haftungsbedingungen, die entweder dem Unionsrecht oder dem jeweils geltenden nationalen Recht zugeordnet sind, etwa beim Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH. Denn dieser kann nach Art. 267 Abs. 1 AEUV nur über den Bestand und Inhalt von primärem und sekundärem Unionsrecht entscheiden, während etwa für die unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts mitgliedstaatliche Gerichte zuständig sind.13 Anspruch der Arbeit ist es hier, rechtsdogmatische Lösungen bereitzustellen, die ökonomische und rechtspolitische Erwägungen hinreichend berücksichtigen, um ihre Praxistauglichkeit zu gewährleisten.

Darüber hinaus soll für Anleger und Emittenten, für die als subsidiäres Haftungsstatut deutsches Recht maßgeblich ist, der Regelungsinhalt der Haftungsvorschrift im weiteren Sinne untersucht werden. Mit anderen Worten gilt es aufzuzeigen, welche Voraussetzungen erfüllt und welche Hürden durch Anleger und Emittenten genommen werden müssen, wenn deutsches Sachrecht zur Auslegung einzelner Rechtsbegriffe oder zur Ergänzung der europäischen Haftungsvorschrift zur Anwendung kommt. Vor dem Hintergrund, dass in der Vergangenheit Schadensersatzklagen gegen Ratingagenturen nach deutschem Recht kaum Erfolg hatten,14 soll bewertet werden, ob Art. 35a Rating-VO eine adäquate Anspruchsgrundlage für beide Interessengruppen darstellt.

Details

Seiten
300
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631774519
ISBN (ePUB)
9783631774526
ISBN (MOBI)
9783631774533
ISBN (Paperback)
9783631774502
DOI
10.3726/b15071
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Europäische Rechtsverordnung deliktische Haftung Europarecht Rating Anleger Emittent Internationales Privatrecht Rechtsvergleichung Schaden Kapitalmarktrecht Credit rating Regulierung Ratingmarkt
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 300 S.

Biographische Angaben

Michael Heuser (Autor:in)

Michael Heuser ist Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei im Bereich Private Clients. Seine Schwerpunkte liegen in der Vermögensstrukturierung sowie Nachfolgeplanung von Unternehmen und Privatpersonen.

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Titel: Die zivilrechtliche Haftung von Ratingagenturen nach Art. 35a Rating-VO (EU) Nr. 462/2013
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