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Adressaten der Insolvenzverschleppungshaftung sowie der Haftung gem. § 64 GmbHG im Recht der GmbH

von Timo Floren (Autor:in)
©2019 Dissertation XXII, 312 Seiten

Zusammenfassung

In der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft bewegen sich die Geschäftsführer im Spannungsfeld zwischen dem Ziel, die Krise erfolgreich zu überwinden und der Gefahr, wegen verspäteter Stellung des Insolvenzantrags oder nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteter Zahlungen in Anspruch genommen zu werden. Die Untersuchung zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsführer als primäre Adressaten der Haftung unterliegen. Daneben befasst sie sich unter Auswertung praktischer Gesichtspunkte mit der Ausdehnung der Haftung auf weitere Haftungsadressaten, insbesondere faktische Geschäftsführer, Teilnehmer und Gesellschafter führungsloser Gesellschaften. Schließlich nimmt die Untersuchung Stellung zu der Frage der Anwendbarkeit des § 64 GmbHG im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • § 1 Einleitung
  • § 2 Die Adressaten der Haftung wegen Insolvenzverschleppung
  • A. Insolvenzverschleppungshaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 InsO
  • I. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB
  • 1. Entwicklung der Rechtsprechung
  • a) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts
  • aa) Urteil des Reichsgerichts vom 23.05.1906, RGZ 63, 324
  • bb) Urteil des Reichsgerichts vom 04.02.1910, RGZ 73, 30
  • b) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  • aa) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.12.1958, BGHZ 29, 100
  • bb) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 01.03.1993, ZIP 1993, 763, vom 20.09.1993, ZIP 1993, 1543, vom 06.06.1994, BGHZ 126, 181
  • cc) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.02.2007, BGHZ 171, 46
  • dd) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.05.2012, NZG 2012, 864
  • 2. Das wissenschaftliche Schrifttum
  • 3. Stellungnahme
  • 4. Zwischenergebnis
  • II. Adressaten der Insolvenzverschleppungshaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO
  • 1. Die primären Haftungsadressaten: Geschäftsführer und Liquidatoren
  • a) Mehrere Geschäftsführer
  • b) Amtsniederlegung und Abberufung
  • aa) Keine Auswirkung auf bereits begründete Haftung
  • bb) Auswirkungen bei noch nicht begründeter Haftung
  • (1) Niederlegung des Amtes durch den Geschäftsführer
  • (2) Abberufung des Geschäftsführers gem. § 38 Abs. 1 GmbHG
  • 2. Der sog. faktische Geschäftsführer als Adressat der Insolvenzverschleppungshaftung
  • a) Fehlerhaft bestellter Geschäftsführer
  • b) Geschäftsführertätigkeit ohne formellen Bestellungsakt
  • aa) Maßgeblicher Anknüpfungspunkt
  • bb) Entwicklung der Rechtsprechung
  • cc) Tatbestandliche Anforderungen
  • (1) Maßgeblicher Einfluss auf Aufgaben der Geschäftsführung
  • (a) Aufgaben der Geschäftsführung
  • (b) Keine Verdrängung des bestellten Geschäftsführers erforderlich
  • (c) Tätigwerden im Außenverhältnis
  • (d) Dauer der Einflussnahme
  • (e) Zwischenergebnis
  • (2) Billigung der Tätigkeit durch die Gesellschaft
  • (3) Juristische Person als faktischer Geschäftsführer
  • dd) Faktische Geschäftsführung in der Praxis – Einzelfälle
  • (1) Der sog. Schattengeschäftsführer
  • (2) Leitende Angestellte, insbesondere Prokuristen
  • (3) Gesellschafter
  • (a) Abwägung des Schutzzwecks der Insolvenzantragspflicht mit dem Kompetenzgefüge der GmbH
  • (b) Haftung bei Überschreitung der Weisungsrechte
  • (c) Haftung bei engmaschigen Weisungen
  • (d) Eigenhändige Wahrnehmung von Aufgaben der Geschäftsführung
  • (4) Kreditgeber, insbesondere Banken
  • (a) Überprüfung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft
  • (b) Einflussnahme auf Besetzung der Geschäftsführung
  • (c) Einflussnahme auf finanzielle Entscheidungen
  • (d) Zwischenergebnis
  • (5) Berater
  • ee) Der Einwand fehlender Antragsberechtigung
  • (1) Grammatikalische Auslegung
  • (2) Teleologische Auslegung – Abwägung
  • (3) Systematische und historische Auslegung
  • (4) Zwischenergebnis
  • ff) Zwischenergebnis
  • c) Fortführung der Geschäftsführertätigkeit nach Beendigung des Amtes
  • 3. Ergebnis
  • B. Insolvenzverschleppungshaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 3 InsO
  • I. Führungslosigkeit der Gesellschaft i.S.v. § 15a Abs. 3 InsO
  • 1. Gesamtvertretung und Führungslosigkeit
  • 2. Fehlerhaft bestellter Geschäftsführer
  • 3. Führungslosigkeit trotz faktischer Geschäftsführung
  • 4. Keine Führungslosigkeit bei bloßer Unerreichbarkeit des bestellten Geschäftsführers und Nichtausübung des Amtes
  • 5. Zwischenergebnis
  • II. Das subjektive Element der Kenntnis
  • III. Rechtsfolge: Antragspflicht
  • IV. Haftungsadressaten in der Praxis – Einzelfälle
  • 1. Gesellschafter
  • a) Maßgeblicher Anknüpfungspunkt
  • b) Kein Kleinbeteiligtenprivileg
  • c) Kein Übergang der Verantwortlichkeit auf Mitglieder eines Aufsichtsrats
  • d) Juristische Personen als Gesellschafter
  • 2. Insolvenzverwalter von insolventen Gesellschaftern
  • 3. Erben
  • a) Maßgeblicher Anknüpfungspunkt
  • b) Materiell-rechtliche Stellung als Erbe / Gesellschafter
  • c) Mehrere Erben – Erbengemeinschaft
  • d) Keine Anwendung von § 139 Abs. 4 HGB
  • e) Keine Antragspflicht des Nachlasspflegers
  • f) Antragspflicht von Nachlassinsolvenzverwalter, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker
  • C. Die Haftung des Teilnehmers gem. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1, Abs. 3 InsO
  • I. Anknüpfungspunkt: Die unerlaubte Handlung
  • 1. Allgemeines
  • 2. Erfordernis der vorsätzlichen unerlaubten Handlung
  • II. Teilnahmehandlung
  • 1. Anstiftung
  • a) Einflussnahme der Gesellschafter
  • b) Einflussnahme von Beratern
  • c) Einflussnahme von Kreditgebern, insbesondere Banken
  • 2. Beihilfe
  • a) Einflussnahme der Gesellschafter
  • b) Einflussnahme von Aufsichtsratsmitgliedern
  • c) Einflussnahme von Beratern
  • aa) Neutrale Handlungen als taugliche Beihilfehandlung
  • bb) Allgemeine Sanierungsbemühungen
  • cc) Steuerberater
  • dd) Rechtsanwälte
  • ee) Wirtschaftsprüfer
  • ff) Notare
  • gg) Zwischenergebnis
  • d) Einflussnahme von Gläubigern
  • III. Umfang der Haftung
  • IV. Ergebnis
  • § 3 Die Adressaten der Haftung für nach Insolvenzreife geleistete Zahlungen gem. § 64 S. 1 GmbHG
  • A. Allgemeines
  • B. Die primären Haftungsadressaten: Geschäftsführer und Liquidatoren
  • I. Mehrere Geschäftsführer
  • II. Amtsniederlegung und Abberufung
  • 1. Keine Auswirkung auf bereits begründete Haftung
  • 2. Auswirkungen bei noch nicht begründeter Haftung
  • C. Der sog. faktische Geschäftsführer als Adressat der Haftung gem. § 64 S. 1 GmbHG
  • I. Fehlerhaft bestellter Geschäftsführer
  • II. Geschäftsführertätigkeit ohne formellen Bestellungsakt
  • 1. Tatbestandliche Anforderungen
  • a) Maßgeblicher Einfluss auf Aufgaben der Geschäftsführung
  • b) Billigung der Tätigkeit durch die Gesellschaft
  • 2. Einzelfall: Weisungen der Gesellschafter
  • III. Fortführung der Geschäftsführertätigkeit nach Beendigung des Amtes
  • D. Die Gesellschafter als Adressaten der Haftung gem. § 64 S. 1 GmbHG
  • E. Die Mitglieder des Aufsichtsrats als Adressaten der Haftung gem. § 64 S. 1 GmbHG
  • I. Aufsichtsräte in der GmbH
  • 1. Der fakultative Aufsichtsrat der GmbH
  • 2. Der obligatorische Aufsichtsrat der GmbH
  • II. Die Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats der GmbH
  • 1. Allgemeines
  • a) Sorgfaltspflichten als Anknüpfungspunkt der Haftung
  • b) Grundsatz der Gesamtverantwortung
  • c) Sorgfaltsmaßstab
  • 2. Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats für Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG – Die „Doberlug“-Entscheidung, BGH ZIP 2010, 1988
  • a) Sachverhalt
  • b) Verfahrensgang
  • c) Die „Doberlug“-Entscheidung – BGH ZIP 2010, 1988
  • aa) Keine Haftung der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats
  • (1) Keine Haftung gem. § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 AktG
  • (2) Keine Haftung gem. § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG
  • (a) Grammatikalische Auslegung
  • (b) Historische Auslegung
  • (c) Teleologische Auslegung
  • bb) Haftung der Mitglieder des obligatorischen Aufsichtsrats
  • d) Reaktionen aus dem wissenschaftlichen Schrifttum
  • aa) Kritik an grammatikalischer Auslegung
  • bb) Kritik am Haftungskonzept
  • (1) Einheitlicher Haftungstatbestand des Wrongful Trading
  • (2) Anspruch gem. § 64 S. 1 GmbHG als Schadensersatzanspruch
  • cc) Kritik an teleologischer Auslegung
  • dd) Argument des Weisungsrechts
  • ee) Argument der Personalkompetenz – teleologische Reduktion
  • e) Stellungnahme: Zustimmung zur „Doberlug“-Entscheidung
  • aa) Grammatikalische Auslegung
  • bb) Historische Auslegung
  • cc) Teleologische Auslegung
  • dd) § 64 S. 1 GmbHG als Ersatzanspruch eigener Art
  • ee) Unerheblichkeit von Weisungsrechten
  • ff) Unerheblichkeit von Personalkompetenzen
  • III. Zwischenergebnis
  • F. Keine Teilnehmerhaftung gem. § 830 Abs. 2 BGB
  • § 4 Die Adressaten der Insolvenzverursachungshaftung gem. § 64 S. 3 GmbHG
  • A. Allgemeines
  • B. Die primären Haftungsadressaten: (Faktische) Geschäftsführer und Liquidatoren
  • C. Die Gesellschafter als Adressaten der Haftung gem. § 64 S. 3 GmbHG
  • I. Keine Haftung analog 31 Abs. 1 GmbHG
  • II. De lege lata keine Haftung im Fall der Führungslosigkeit
  • D. Die Mitglieder des Aufsichtsrats als Adressaten der Haftung gem. § 64 S. 3 GmbHG
  • E. Keine Teilnehmerhaftung gem. § 830 Abs. 2 BGB
  • § 5 Anwendbarkeit des § 64 GmbHG in Insolvenz- und Insolvenzeröffnungsverfahren
  • A. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG im Regelinsolvenzeröffnungsverfahren
  • I. Anwendbarkeit des § 64 S. 1 GmbHG im Regelinsolvenzeröffnungsverfahren
  • 1. Grammatikalische Auslegung
  • 2. Teleologische Auslegung
  • 3. Zwischenergebnis
  • II. Anwendbarkeit des § 64 S. 3 GmbHG im Regelinsolvenzeröffnungsverfahren
  • 1. Grammatikalische Auslegung
  • 2. Teleologische Auslegung
  • 3. Zwischenergebnis
  • III. Auswirkung insolvenzgerichtlicher Sicherungsmaßnahmen
  • 1. Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbotes
  • 2. Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes
  • a) Anwendbarkeit des § 64 GmbHG trotz Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes
  • b) Privilegierung von Zahlungen entgegen dem Zahlungsverbot des § 64 S. 1 GmbHG
  • c) Privilegierung von Zahlungen entgegen dem Zahlungsverbot des § 64 S. 3 GmbHG
  • IV. Konsequenzen für die Haftungsadressaten
  • B. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG im eröffneten Regelinsolvenzverfahren
  • C. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG in den Eigenverwaltungseröffnungsverfahren gem. §§ 270a, 270b InsO
  • I. Schutzbedürfnis
  • II. Schutz über Haftungstatbestände des § 64 GmbHG
  • 1. Keine haftungsbefreiende Wirkung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Insolvenzantragspflicht
  • 2. Keine Unvereinbarkeit von § 64 GmbHG und §§ 270a, 270b InsO
  • 3. Kein hinreichender Schutz durch Voraussetzungen der §§ 270a, 270b InsO
  • 4. Privilegierung gem. §§ 64 S. 2, 64 S. 3 2. Hs. GmbHG
  • a) Privilegierung von Zahlungen entgegen dem Zahlungsverbot des § 64 S. 1 GmbHG
  • aa) Gläubigerinteressen als Sorgfaltsmaßstab
  • bb) Zahlung mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters oder des vorläufigen Gläubigerausschusses
  • cc) Zahlung auf spätere Masseverbindlichkeit
  • b) Privilegierung von Zahlungen entgegen dem Zahlungsverbot des § 64 S. 3 GmbHG
  • aa) Zahlung mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters oder des vorläufigen Gläubigerausschusses
  • bb) Zahlung auf spätere Masseverbindlichkeit
  • cc) Anwendbarkeit des § 64 S. 2 GmbHG
  • III. Kein alternativer Schutz gem. § 43 Abs. 2 GmbHG erforderlich
  • IV. Zwischenergebnis – Konsequenzen für die Haftungsadressaten
  • 1. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG in den Eigenverwaltungseröffnungsverfahren gem. §§ 270a, 270b InsO
  • 2. Konsequenzen für die Haftungsadressaten
  • a) Haftung der primären Haftungsadressaten
  • b) Haftung der Mitglieder eines obligatorischen Aufsichtsrats
  • c) Haftung des vorläufigen Sachwalters
  • d) Haftung der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses
  • D. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren gem. § 270 InsO
  • I. Schutzbedürfnis
  • II. Schutz über Haftungstatbestände des § 64 GmbHG
  • 1. Grammatikalische Auslegung
  • 2. Teleologische Auslegung
  • 3. Historische Auslegung
  • 4. Keine Verdrängung durch Regelungen der InsO
  • 5. Keine Rechtfertigung für Zahlungen i.S.d. § 283 InsO
  • 6. Keine Unvereinbarkeit von § 64 GmbHG und § 270 InsO
  • 7. Privilegierung gem. §§ 64 S. 2, 64 S. 3 2. Hs. GmbHG
  • III. Kein alternativer Schutz gem. § 43 Abs. 2 GmbHG erforderlich
  • IV. Kein Erfordernis einer Haftung analog §§ 60, 61 InsO
  • V. Zwischenergebnis – Konsequenzen für die Haftungsadressaten
  • 1. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG im Eigenverwaltungsverfahren gem. § 270 InsO
  • 2. Konsequenzen für die Haftungsadressaten
  • a) Haftung der primären Haftungsadressaten
  • b) Haftung der Mitglieder eines obligatorischen Aufsichtsrats
  • c) Haftung des Sachwalters
  • d) Haftung der Mitglieder des Gläubigerausschusses
  • § 6 Fazit
  • A. Die primären Adressaten der Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO und gem. § 64 S. 1, 3 GmbHG
  • B. Faktische Geschäftsführer als Adressaten der Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO und gem. § 64 S. 1, 3 GmbHG
  • C. Gesellschafter und ihre Rechtsnachfolger als Adressaten der subsidiären Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 3 InsO
  • D. Keine subsidiäre Haftung der Gesellschafter gem. § 64 S. 1, 3 GmbHG im Fall der Führungslosigkeit der Gesellschaft
  • E. Teilnehmer als Adressaten der Haftung gem. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 S. 1, Abs. 3 InsO
  • F. Mitglieder obligatorischer Aufsichtsräte als Adressaten der Haftung für entgegen § 64 S. 1, 3 GmbHG geleistete Zahlungen
  • G. Anwendbarkeit des § 64 GmbHG im Regelinsolvenzeröffnungsverfahren, der vorläufigen Eigenverwaltung und im Eigenverwaltungsverfahren
  • Literaturverzeichnis

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§ 1  Einleitung

In der Krise einer Gesellschaft ist es an den Geschäftsführern, zu entscheiden, ob eine Sanierung der Gesellschaft Aussicht auf Erfolg hat oder ob die Stellung eines Insolvenzantrags1 unausweichlich ist. Bei ihrer Entscheidung sollten die Geschäftsführer insbesondere eine mögliche Haftung nach den Grundsätzen der sogenannten Insolvenzverschleppungshaftung und den Zahlungsverboten gem. § 64 GmbHG berücksichtigen.

Nach der Reform des GmbH-Gesetzes durch das MoMiG2 sind die Geschäftsführer einer GmbH nunmehr gem. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit,3 § 17 InsO, oder Überschuldung, § 19 InsO, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages bestand für die GmbH-Geschäftsführer nach altem Recht gem. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. Die jetzige Regelung des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO regelt die Insolvenzantragspflicht rechtsformübergreifend für die Vertretungsorgane aller juristischen Personen. Kommen die Geschäftsführer dieser Pflicht nicht nach, sind sie den Gläubigern der Gesellschaft mit Ausnahme der Gesellschafter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs4 und der herrschenden Meinung im rechtswissenschaftlichen Schrifttum5 nach den Grundsätzen der Insolvenzverschleppungshaftung ← 1 | 2 → gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet.

Beim Umfang des zu ersetzenden Schadens unterscheiden höchstrichterliche Rechtsprechung und herrschende Meinung des rechtswissenschaftlichen Schrifttums zwischen den sog. Alt- und Neugläubigern.6 Bei den Altgläubigern handelt es sich um solche Gläubiger der Gesellschaft, die bereits zum Zeitpunkt, in dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, Gläubiger der Gesellschaft waren.7 Diese Gläubiger haben einen Anspruch auf Erstattung des Betrages, um den sich die effektiv erzielte Insolvenzquote aufgrund der nicht rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages gegenüber der bei rechtzeitiger Antragsstellung erzielbaren Quote verringert.8 Der Schaden der Neugläubiger soll hiervon abweichend reguliert werden. Als Neugläubiger sind hierbei solche Gläubiger anzusehen, die ihre Gläubigerstellung erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages erlangt haben.9 Diese Gläubiger sollen so zu stellen sein, als wären sie überhaupt nicht Gläubiger der insolventen Gesellschaft geworden, so dass ihnen das negative Interesse zu ersetzen ist.10

Neben der Insolvenzantragspflicht gem. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO sanktioniert § 64 S. 1 GmbHG11 Zahlungen, die die Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife an Gläubiger der Gesellschaft leisten und so zu einer Schmälerung der ← 2 | 3 → Masse führen. Hinsichtlich solcher Zahlungen trifft die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft eine Ersatzpflicht. Gleiches gilt für Zahlungen, die sie an die Gesellschafter leisten und die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen müssen, § 64 S. 3 GmbHG. Ausnahmen von dieser Erstattungspflicht statuieren § 64 S. 2 GmbHG und § 64 S. 3 2. Hs. GmbHG jeweils für den Fall, dass die Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu vereinbaren ist, § 64 S. 2 GmbHG, bzw. dass die Konsequenz der Zahlung an die Gesellschafter bei Beachtung derselben nicht erkennbar war, § 64 S. 3 2. Hs. GmbHG.

Im Gegensatz zur Haftung wegen Insolvenzverschleppung sanktioniert § 64 S. 1, 2 GmbHG somit nicht nur Zahlungen, die erst nach Ablauf der Insolvenzantragsfrist des § 15a InsO erfolgen, sondern alle Zahlungen, die ab dem Eintritt der materiellen Insolvenzreife geleistet werden.12 § 64 S. 3 GmbHG sanktioniert gar Zahlungen vor Eintritt der Insolvenzreife, nämlich Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten. Die Regelungen des § 64 GmbHG sind somit als Ergänzung der Insolvenzverschleppungshaftung zu verstehen.13

Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum und in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass nicht nur die formal wirksam bestellten Geschäftsführer der GmbH den Haftungstatbeständen gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 InsO und gem. § 64 GmbHG unterliegen, sondern im Rahmen dieser Haftungstatbestände zunächst auch eine Haftung der sogenannten faktischen Geschäftsführer14 in Betracht kommt.15 Zu erwähnen ist hier insbesondere der typische Schattengeschäftsführer.

Daneben kommen jedoch auch weitere Personen im Umfeld der Gesellschaft als potentielle Adressaten der Haftung für durch verspätete Insolvenzantragsstellung entstandene Schäden sowie der Haftung für nach Eintritt der Insolvenzreife ← 3 | 4 → rechtswidrig erfolgte Zahlungen in Betracht. Zu denken ist hier insbesondere an Berater der Gesellschaft bzw. der Geschäftsführung – wie beispielsweise Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer –, Gläubiger – insbesondere kreditgebende Banken – der Gesellschaft, Mitglieder eines fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsrates der GmbH oder die Gesellschafter selbst. Letztere sind nach der Einführung des § 15a Abs. 3 InsO durch das MoMiG16 nämlich für den Fall der Führungslosigkeit der Gesellschaft selbst verpflichtet, den erforderlichen Insolvenzantrag zu stellen, es sei denn, sie haben von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung der Gesellschaft oder deren Führungslosigkeit keine Kenntnis.

Die folgende Untersuchung soll zunächst – soweit für die Bestimmung der Adressaten der jeweiligen Haftung erforderlich – die grundsätzlichen Voraussetzungen der Insolvenzverschleppungshaftung und der Haftung für entgegen § 64 GmbHG geleistete Zahlungen darlegen und hierauf aufbauend sodann weitere rechtliche Grundlagen aufzeigen, aus denen sich eine Erweiterung des Haftungskreises auf weitere Adressaten der Haftung ergibt. Hierbei soll das Augenmerk insbesondere auf die mögliche Haftung oben genannter Personen gelegt werden.

Ausgangspunkt der Untersuchung im Hinblick auf die Haftung für durch Insolvenzverschleppung verursachte Schäden ist die Frage, ob die in § 15a InsO statuierten Insolvenzantragspflichten jeweils als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren sind. Die Beantwortung dieser Frage ist insbesondere maßgeblich dafür, auf welcher dogmatischen Grundlage eine Haftung für Insolvenzverschleppungsschäden in Betracht kommt.

Auf der Basis des Ergebnisses dieser Frage soll dann erörtert werden, unter welchen Voraussetzungen die primären Adressaten der Insolvenzantragspflicht – Geschäftsführer und Liquidatoren der Gesellschaft – der Haftung für Insolvenzverschleppungsschäden unterliegen.

In der Folge befasst sich die Untersuchung mit der Ausdehnung der Insolvenzverschleppungshaftung auf sog. faktische Geschäftsführer und somit insbesondere auf Personen, die ohne formal zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein, maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte der Gesellschaft nehmen. In diesem Zusammenhang setzt sich die Untersuchung mit den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen faktischer Geschäftsführung und der diesbezüglichen Diskussion im wissenschaftlichen Schrifttum auseinander, um im Anschluss relevante Einzelfälle aus der Praxis zu besprechen. ← 4 | 5 →

Auch im Rahmen der Erörterung einer möglichen Haftung sekundärer Adressaten der Insolvenzantragspflicht gem. § 15a Abs. 3 InsO, namentlich der Gesellschafter im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft, soll anhand von Einzelfällen die Praxisrelevanz der Untersuchung aufgezeigt werden, nachdem zuvor die hoch umstrittenen Tatbestandsvoraussetzungen des § 15a Abs. 3 InsO und dort insbesondere das Merkmal der Führungslosigkeit beleuchtet worden sind.

Ihren Abschluss findet die Untersuchung hinsichtlich der Adressaten der Haftung für Insolvenzverschleppungsschäden in der Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Haftung von Teilnehmern an Insolvenzverschleppungshandlungen der primären und sekundären Adressaten der Antragspflicht in Betracht zu ziehen ist. Zentraler Gegenstand der diesbezüglichen Ausführungen ist die Qualifizierung sog. neutraler Handlungen als taugliche – zu einer Haftung führende – Beihilfehandlung.

Nach der Erörterung der Adressaten für Insolvenzverschleppungsschäden soll das Augenmerk sodann auf die Adressaten der Haftung für entgegen den in § 64 GmbHG statuierten Zahlungsverboten geleistete Zahlungen gelenkt werden. Nachdem hier zunächst die Parallelen und Unterschiede zu den primären und sekundären Adressaten der Insolvenzverschleppungshaftung dargelegt werden, erstreckt sich die weitere Untersuchung sodann anlässlich der sog. „Doberlug“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes17 insbesondere auf eine mögliche Haftung der Mitglieder obligatorischer und fakultativer Aufsichtsräte für entgegen § 64 GmbHG geleistete Zahlungen.

Abschließend soll sodann die Frage der Anwendbarkeit der Haftungstatbestände des § 64 GmbHG im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens, des Eigenverwaltungsverfahrens und der jeweiligen Eröffnungsverfahren, insbesondere der Verfahren gem. §§ 270a, 270b InsO diskutiert werden. ← 5 | 6 →


1 In der gesamten Arbeit wird der in Judikatur und wissenschaftlichem Schrifttum gefestigte Begriff des „Insolvenzantrags“ verwendet, anstatt – wie § 15a Abs. 1 InsO in seiner jetzigen Fassung – vom „Eröffnungsantrag“ zu sprechen. Der Begriff „Eröffnungsantrag“ wurde eingefügt durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), BGBl. I 2011, 2582. Die Ersetzung dient nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 04.05.2011, BT-Drucks. 17/5712, S. 23, lediglich der Vereinheitlichung des Sprachgebrauchs innerhalb der Insolvenzordnung und ist einzig und allein redaktioneller Natur.

2 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), BGBl. I 2008, 2026.

3 Zur Frage des Beginns der Antragsfrist vgl. BGHZ 75, 96 (110); Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 60 ff.; M. Schmidt-Leithoff/Schneider in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Vor § 64, Rn. 69.

4 Zu § 64 GmbHG a.F. BGHZ 29, 100 (102); BGHZ 100, 19; BGHZ 126, 181; BGHZ 138, 211; BGHZ 171, 46.

5 Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 144 f.; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 80; Michalski-Nerlich, Anh. § 64, Rn. 40; Oppenländer/Trölitzsch/Ziemons, § 31, Rn. 1; Saenger/Inhester/Kolmann, Vorb vor § 64, Rn. 218; Scholz/K. Schmidt, § 64, Rn. 175 ff.; a.A.: Altmeppen in: Roth/Altmeppen, Vorb zu § 64, Rn. 134; ders. in: Roth/Altmeppen, § 64, Rn. 35 ff., der das Haftungskonzept der Rspr. als verfehlt ablehnt.

6 BGHZ 126, 181 (192 ff.); BGH, NJW 1995, 398 (399); BGH, ZIP 1995, 31 (32); BGHZ 138, 211 (214 ff.); Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 168; Michalski-Nerlich, Anh. § 64, Rn. 52; MüKo-GmbHG/Müller, § 64, Rn. 206 ff.; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 91 ff.; Saenger/Inhester/Kolmann, Vorb vor § 64, Rn. 225 ff.; Scholz/K. Schmidt, § 64 Anh, Rn. 173, 180 ff.

7 Statt aller: Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 91.

8 Sog. Quotenschaden; BGHZ 29, 100 (102 ff.); BGHZ 126, 181 (190); BGHZ 138, 211 (221); Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 174 ff.; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 64, Rn. 92; Michalski-Nerlich, Anh. § 64, Rn. 52 f; 55 f.; MüKo-GmbHG/Müller, § 64, Rn. 206; Saenger/Inhester/Kolmann, Vorb vor § 64, Rn. 225 ff.; im Einzelnen siehe § 2 A.I.

9 Statt aller: Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 91.

10 BGHZ 126, 181 (190); BGH, GmbHR 1995, 125 (126); BGH, GmbHR 1995, 130 (131), BGH, GmbHR 1995, 226 (227); BGH, NJW 1999, 2182 (2183); BGH, NZG 2003, 923; BGH, GmbHR 2009, 817 ff.; BGH, ZIP 2012, 1455 (1456 f.); Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 182 ff.; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 93 ff.; Michalski-Nerlich, Anh. § 64, Rn. 55; MüKo-GmbHG/Müller, § 64, Rn. 207 ff.; Saenger/Inhester/Kolmann, Vorb vor § 64, Rn. 229 ff.; im Einzelnen siehe § 2 A.I.

11 Bis zum 31.10.2008 war die Erstattungspflicht in § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. geregelt.

12 BGH, WM 2000, 242 f.; BGHZ 163, 134 (141); BGH, NJW 2009, 2454 (2455); Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 2; Scholz/K. Schmidt, § 64, Rn. 48.

13 So auch Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 5; Saenger/Inhester/Kolmann, § 64, Rn. 2; a.A. Altmeppen in: Roth/Altmeppen, § 64, Rn. 35, der die Qualifizierung von § 15a InsO als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ablehnt; Scholz/K. Schmidt, § 64 Rn. 16, 63, 68, der § 64 S. 1 GmbHG als „Spezialregel über den Ersatz des Gesamtgläubigerschadens durch Zahlung an die Gesellschaft“ ansieht.

14 Zum Begriff des faktischen Geschäftsführers und seinen Voraussetzung im Allgemeinen vgl. Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 16 ff.; Kleindiek in : Lutter/Hommelhoff, Vor § 35, Rn. 11, § 43 Rn. 2 ff.; im Einzelnen siehe § 2 A.II.2.

15 Baumbach/Hueck/Haas, § 64, Rn. 16; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 6; ders. in: Lutter/Hommelhoff, Anh zu § 64, Rn. 59, 83; Michalski-Nerlich, § 64, Rn. 34; ders., Anh. § 64, Rn. 13.

16 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), BGBl. I 2008, 2026.

17 BGH, ZIP 2010, 1988.

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§ 2  Die Adressaten der Haftung wegen Insolvenzverschleppung

Als Adressaten der Haftung wegen Insolvenzverschleppung kommen neben den Geschäftsführern der GmbH auch deren Gesellschafter, Berater und Gläubiger der Gesellschaft in Betracht. In diesem Abschnitt der Untersuchung soll das Augenmerk daher auf die Haftung der primären Adressaten der Insolvenzantragspflicht gem. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO, die Haftung der Adressaten der subsidiären Insolvenzantragspflicht gem. § 15a Abs. 3 InsO sowie auf die Haftung von Teilnehmern i.S.d. § 830 Abs. 2 BGB gelegt werden.

A.  Insolvenzverschleppungshaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 InsO

Unter dem Begriff der „Insolvenzverschleppungshaftung“ verstehen höchstrichterliche Rechtsprechung und herrschende Meinung des rechtswissenschaftlichen Schrifttums18 die Haftung der Geschäftsführer einer GmbH (oder sonstiger „Geschäftsleiter“) für bei den Gläubigern der Gesellschaft entstandene Schäden, die kausal auf einer Überschreitung der in § 15a Abs. 1 InsO normierten Frist zur Stellung eines erforderlichen Insolvenzantrages beruhen.

I.  § 15a Abs. 1 S. 1 InsO als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB

Rechtsdogmatischer Anknüpfungspunkt der von der herrschenden Meinung des rechtswissenschaftlichen Schrifttums19 und der Rechtsprechung entwickelten Haftung der Geschäftsführer für durch die nicht rechtzeitige Insolvenzantragsstellung entstandene Schäden ist die Qualifizierung des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.

Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist jede Rechtsnorm i.S.v. Art. 2 EGBGB, deren Regelung nach Zweck und Inhalt zumindest auch auf den ← 7 | 8 → Schutz von Individualinteressen vor einer näher bestimmten Art ihrer Verletzung ausgerichtet ist.20 Hierbei ist es jedoch nicht ausreichend, dass der Individualschutz des jeweiligen Rechtsgutes nur als Reflex des Befolgens der Norm erreicht werden kann. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Individualschutz gezielt im vom Gesetzgeber vorgesehenen Aufgabenbereich der Norm liegt.21 Ausreichend ist jedoch gleichzeitig, dass die Gewährleitung von Individualschutz eines von mehreren Anliegen des Gesetzgebers ist, auch wenn der Hauptzweck der Norm im Schutz der Allgemeinheit liegt.22

Sofern eine Norm nach den dargestellten Maßgaben als Schutzgesetz zu qualifizieren ist, stellt sich sodann die Frage nach dem Schutzbereich der fraglichen Norm. Für die Frage der Anspruchsberechtigung des Geschädigten ist maßgeblich, ob der Schutzbereich der Norm nach ihrem Sinn und Zweck den Geschädigten erfasst23 (personeller Schutzbereich), ob das verletzte Rechtsgut bzw. das verletzte Interesse in den sachlichen Schutzbereich einbezogen ist24 und ob es die Intention der Norm ist, vor der sich im Schaden realisierten Gefahr zu schützen25 (modaler Schutzbereich).26

1.  Entwicklung der Rechtsprechung

Die maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob es sich bei § 15a InsO um ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB handelt, ist zu § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. ergangen.

a)  Die Rechtsprechung des Reichsgerichts

aa)  Urteil des Reichsgerichts vom 23.05.1906, RGZ 63, 324

Details

Seiten
XXII, 312
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631793794
ISBN (ePUB)
9783631793800
ISBN (MOBI)
9783631793817
ISBN (Paperback)
9783631788646
DOI
10.3726/b15802
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (August)
Schlagworte
Faktischer Geschäftsführer Aufsichtsrat Eigenverwaltung Führungslosigkeit Teilnehmerhaftung Insolvenzverursachungshaftung
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. XXII, 312 S.

Biographische Angaben

Timo Floren (Autor:in)

Timo Floren studierte Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Nach dem Abschluss des Rechtsreferendariats mit Stationen in Dortmund und Brüssel ist er seit 2011 als Rechtsanwalt in Dortmund tätig. 2018 wurde er an der Universität Bielefeld promoviert.

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Titel: Adressaten der Insolvenzverschleppungshaftung sowie der Haftung gem. § 64 GmbHG im Recht der GmbH
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