Lade Inhalt...

Schriftsprachliche Positionierungen

Eine pragmalinguistische Untersuchung historischer Paratexte

von Jessica Weidenhöffer (Autor:in)
©2019 Dissertation 476 Seiten
Reihe: LITTERA, Band 8

Zusammenfassung

Das Buch liefert ein Modell für die Analyse schriftbasierter Positionierungen. Am Beispiel von Englischlehrwerken, die in der Zeit von 1760 bis 1841 für Sprecher/-innen des Deutschen erschienen sind, werden Handlungsoptionen der Produzierenden vorgestellt. Positionierungen zeigen sich in Form sprachlicher und typographischer Verfahren zur Signalisierung, Anbahnung und Aufrechterhaltung eines produzenten- und publikumsseitigen Engagements. Zudem umfassen sie Prozesse der Verortung von Personen im sozialen Gefüge und den Einsatz argumentativer Muster zur Kauf- und Nutzenüberzeugung. Die Positionierungsanalyse gibt Einblick in Sichtweisen, die im historischen Kulturraum Englischunterricht dominant waren und teils heute noch kommuniziert werden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verzeichnis der Abbildungen
  • Verzeichnis der Diagramme
  • Verzeichnis der Tabellen
  • 1 Einführung
  • 1.1 Historischer Kontext
  • 1.2 Materialbasis und Forschungsfeld
  • 2 Positionierung
  • 3 Korpus und Methode
  • 3.1 Kriterien der Korpuserstellung
  • 3.2 Provenienz und Form der Quellen
  • 3.3 Zeitliche und räumliche Verteilung der Quellen
  • 3.4 Intermediale Vernetzung der Quellen
  • 3.5 Paratexte
  • 3.5.1 Titel
  • 3.5.2 Widmungen
  • 3.5.3 Vorreden
  • 3.6 Analytische Zugänge
  • 3.6.1 Sprachliche und typographische Ausdrucksmittel
  • 3.6.2 Argumentationsmuster
  • 4 Selbst- und Fremdpositionierungen in Paratexten
  • 4.1 Die Interaktionsgemeinschaft
  • 4.1.1 Produzenten und Produzentinnen
  • 4.1.1.1 Verantwortliche in Titeln
  • 4.1.1.2 Verantwortliche in Widmungen
  • 4.1.1.3 Verantwortliche in Vorreden
  • 4.1.2 Adressatinnen und Adressaten
  • 4.1.2.1 Publikumsreferenzen in Titeln
  • 4.1.2.2 Fremdpositionierungen von Widmungsempfängern
  • 4.1.2.3 Publikumsreferenzen in Vorreden
  • 4.2 Engagement
  • 4.2.1 Schaffung einer Identitätstransparenz
  • 4.2.2 Implikationen eines Verzichts auf Angaben
  • 4.2.3 Ausschlüsse
  • 4.2.4 Sprache und Publikumsengagement
  • 4.2.4.1 Sprachwahl als Zielgruppenindikator
  • 4.2.4.2 Deutsch- und fremdsprachige Adressierungen
  • 4.2.5 Schrift als Ausdruck sozialer Zugehörigkeit
  • 4.2.6 Grade des Engagements
  • 4.2.6.1 Dedikationen und Besitzanzeigen
  • 4.2.6.2 Generische Varianten
  • 4.2.6.3 Adressierungen mit großem Umfang
  • 4.2.6.4 Pronomen und Artikelwörter als Steuerungsmittel
  • 4.2.6.5 Mündlichkeitsmarker
  • 4.2.6.6 Geringes Engagement
  • 4.2.7 Fokussierungen und Fokusveränderungen
  • 4.3 Hierarchien und Prioritäten
  • 4.3.1 Quantitative Macht- und Relevanzindikatoren
  • 4.3.1.1 Produzentenverweise
  • 4.3.1.2 Publikumsverweise
  • 4.3.2 Sprachlich vermittelte Macht- und Relevanzdarstellungen
  • 4.3.3 Der Beispieltopos
  • 4.3.4 Rezeptionsreihenfolge als Positionsindikator
  • 4.3.5 Aufmerksamkeitslenkung durch typographische Mittel
  • 4.3.5.1 Relative Schriftgröße und Rahmen
  • 4.3.5.2 Auszeichnungen
  • 4.3.5.3 Der Textumfang
  • 4.4 Argumentationsmuster
  • 4.4.1 Lernziele
  • 4.4.1.1 Der Privatvergnügentopos
  • 4.4.1.2 Der Topos des beruflichen Erfolgs
  • 4.4.1.3 Der Sprachpflegetopos
  • 4.4.2 Wege zur Zielerreichung
  • 4.4.2.1 Der Fleißtopos
  • 4.4.2.2 Der Gründlichkeitstopos
  • 4.4.2.3 Der Lernzeittopos
  • 4.4.2.4 Der Kompetenzerweiterungstopos
  • 4.4.3 Soziale Gruppenzugehörigkeit
  • 4.4.3.1 Der Nationstopos
  • 4.4.3.2 Der Adelstopos
  • 4.4.3.3 Der Kostentopos
  • 4.4.3.4 Der Bildungstopos
  • 4.4.3.4.1 Markierung von Bildungsunterschieden
  • 4.4.3.4.2 Bildungsvoraussetzungen von Sprachvorbildern
  • 4.4.4 Gegenstandsbezogene Expertise
  • 4.4.4.1 Der Kontakttopos und der Topos der Muttersprache
  • 4.4.4.2 Der Wissenschaftstopos
  • 4.4.4.3 Der (Un-)Informiertheitstopos
  • 4.4.4.3.1 Indikatoren einer Sachkenntnis
  • 4.4.4.3.2 Der Kritiktopos
  • 4.4.4.3.3 Rahmung von Rekontextualisierungen als Positionsindikator
  • 4.4.4.4 Der Topos aus der gegenstandsbezogenen Autorität
  • 4.4.4.5 Der Topos des schriftstellerischen Erfolgs
  • 4.4.4.6 Der Topos des unerlaubten Nachdrucks
  • 4.4.4.7 Der Geschmacklosigkeitstopos
  • 4.4.4.8 Der Lückenhaftigkeitstopos
  • 4.4.4.9 Der Lehrpraxistopos
  • 5 Schlussbetrachtung
  • 5.1 Zusammenfassung
  • 5.2 Ausblick
  • 6 Literatur
  • 6.1 Quellen
  • 6.2 Sekundärliteratur
  • 6.2.1 Zeitgenössische Schriften (Texte bis zum Jahr 1900)
  • 6.2.2 Forschungsliteratur
  • 6.2.3 Internetquellen
  • 6.2.4 Curricula und aktuelle Lehrwerksreihen
  • Anhang
  • I Bibliotheken und Online-Angebote zur Erlangung der Quellen
  • II Druck-, Verlags- und Vertriebsorte

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Einstellungsdreieck

Abbildung 2: Erweitertes Einstellungsdreieck

Abbildung 3: Beispiele für qualitativ schlechte Bilddateien (von Orth/ Conwan 1833; Saur 51805; Meermann 1794)

Abbildung 4: Ausschnitte aus den Vorreden von Ebeling (1773) und Graff (1834)

Abbildung 5: Titelbausteine und Orte von Beteiligtenpositionierungen

Abbildung 6: Bausteine der Widmungsblätter und Widmungsepisteln

Abbildung 7: Kommunikative Ebenen und Beteiligungsrollen

Abbildung 8: Beispiele für Zitate auf Titelseiten (Adelung 1806; Nolte/Ideler 21802a)

Abbildung 9: Kommunikative Instanzen auf der Publikumsseite

Abbildung 10: Ausschnitt aus Dovers Widmung an seinen Sohn (G. Ellis/B. Smout/S. Smout 1833)

Abbildung 11: Transparenz der Personenverweise

Abbildung 12: Titelblattausschnitte aus Wagner (41836) und Valett (1791)

Abbildung 13: Titelblattausschnitt aus Sheridan/Gruner (1791)

Abbildung 14: Syntaktische und typographische Verknüpfung von Adressaten- und Produzentenangaben (Gruner 1791; Müchler 1782)

Abbildung 15: Vielfalt und Häufigkeiten von Adressierungen in Titeln

Abbildung 16: Vielfalt und Häufigkeiten von Adressierungen in Vorreden

Abbildung 17: Anzeige von Adressatenprioritäten (Th. Arnold/Rogler 1784; Heckner 1822)

Abbildung 18: Typographische Darstellung koordinativ verbundener Zielgruppenhinweise (Vogel 1831)

Abbildung 19: Visuelle Schwerpunktsetzung in Titeln (Leroch/Hoffer 1795) und Vorreden (Weber 1837)

Abbildung 20: Abweichung von der linearen Rezeptionsreihenfolge durch typographische Mittel (Murray/Hencke 1827)

Abbildung 21: Größere Schrift in Vorreden (Grüning 1810) und Widmungsepisteln (Albrecht 1784)

Abbildung 22: Geringe und hohe Relevanz von Adressatenansprachen und Informationen in Titeln (Clairmont 1831; Spearman 1835; Cobbett/Pleßner 1831) und Widmungen (Barth 1778)

←11 | 12→

Abbildung 23: Geringe Hierarchiemarkierung in Widmungen an nahestehende Personen (G. Ellis/B. Smout/S. Smout 1833; Leo 1838)

Abbildung 24: Typographischer Hierarchieausdruck in Widmungen (Ludwig/Rogler 31763; Nemnich 1803)

Abbildung 25: Visuelle Akzentsetzung (Dusch 1779; Kühne 1815; Hammerschmidt 1839)

Abbildung 26: Aufmerksamkeitssteuerung durch eine veränderte Schrift (S. Johnson/Feller/Scott 1833; Vogel 1831)

Abbildung 27: Textumfang als Hierarchie- und Relevanzausdruck (Albrecht 1784)

Abbildung 28: Positionsausdrücke auf Titelblättern (Gedicke 1795)

Abbildung 29: Preisinformationen auf Titelblättern (Vogel 1831; Anonymus 1795; Kühne 1815)

Abbildung 30: Zielgruppenindizierende Gliederungen von Vorreden (Wodarch 1800; Shakespeare/Feller 1830)

Abbildung 31: Stufung der Wirkkraft von Selbst- und Fremdurteilen

Abbildung 32: Der Autoritätstopos und konkretere Varianten

Verzeichnis der Diagramme

Diagramm 1: Zeitliche Verteilung der Quellen im Korpus und in der Bibliographie

Diagramm 2: Prozentuale diachrone Verteilung von Fraktur- und Antiquaschriften

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Ranking der zehn häufigsten Produktions- und Vertriebsorte.

Tabelle 2: Auflagenfolge von Theodor Arnolds Englischer Grammatik

Tabelle 3: Quantitative Gewichtung der Paratextsorten und quantitative Verteilung der Paratextkombinationen

Tabelle 4: Quantitative Verteilung von Bezeichnungsvarianten und kommunikative Implikationen

Tabelle 5: Leitakteure in Titeln

Tabelle 6: Leitakteure in Vorreden

Tabelle 7: Quantität der Erwähnungen von Leitakteuren

Tabelle 8: Relative quantitative Verteilung der Publikumskategorien in Titeln und Vorreden

Tabelle 9: Diachrone und quantitative Verteilung von Adressierungen mit den vier häufigsten Merkmalen

Tabelle 10: Reihenfolge von Verweisen auf nationale Gruppen in Titeln und Vorreden

Tabelle 11: Kritikereigenschaften in positiver und negativer Ausprägung

„Floriferis ut apes in faltibus omnia limant, Omnia nos
itidem depascimur aurea dicta.“1

1 Einführung

Die Zeit zwischen den Jahren 1760 und 1841 kann als Phase in der Geschichte des Englischunterrichts beschrieben werden, in der das Interesse an der Erlernung der Fremdsprache in der deutschsprachigen Bevölkerung erstmals deutlich zunahm. Der Buchmarkt reagierte auf die steigende Nachfrage mit der Herausgabe von Lehrwerken2; also Medien3, denen konventionell meinungsbildende Funktionen zukamen und die den Textverantwortlichen eine weitreichende Stimme verliehen. Macht- und Wissensaushandlungsprozesse, die sich in den Büchern niedergeschlagen haben, erhielten vor diesem Hintergrund eine besondere Relevanz. Welche Strategien wandten die Autorinnen und Autoren an, um sich selbst als möglichst kompetent und glaubhaft zu präsentieren, und wie positionierten sie sich gegenüber anderen Handelnden? Die Beantwortung dieser Fragen steht im Zentrum der nachfolgend präsentierten Studie.

←17 | 18→

Die diskurspragmatisch fundierte Untersuchung von Englischlehrwerken verortet sich im relativ jungen Feld der germanistisch-linguistischen Lehrmittelforschung. Sie liefert ein Modell für die Analyse schriftbasierter Positionierungen und gibt darüber hinaus Einblicke in die Kommunikations- und Beziehungsgeschichte4 einer im historischen Kulturraum5 Englischunterricht agierenden Gemeinschaft. Damit lotet sie einen neuen Anwendungsbereich für das vieldiskutierte Konzept der Positionierung aus, das in der modernen internationalen Soziolinguistik zumeist für die Betrachtung kopräsenter, mündlicher Interaktionen herangezogen wird.

Den Ausgangspunkt der Lehrwerksanalyse bildet die These, dass trotz des überwiegend monologischen Charakters dieser Medien interaktive Prozesse zwischen verschiedenen an der Produktion und Rezeption beteiligten Instanzen nachverfolgt werden können: Sie wurden in den Büchern dokumentiert und schrieben sich teils über mehrere Jahrzehnte und Werkeditionen hinweg fort. Insofern werden die Textsammlungen als Handlungsfelder aufgefasst, in denen es zur Konstruktion von Personen- und Gruppenidentitäten kam. Das zentrale Ziel der metakonstruktivistischen Studie besteht darin, anhand einer Auswahl von Texten – der Paratexte der Lehrbücher – die Variation der Positionierungsweisen von ‹Produzenten/-innen› und ‹Adressaten/-innen› herauszuarbeiten.

Indem sie das identifikatorische Handeln der Akteurinnen und Akteure6 in den Mittelpunkt des Interesses stellt, kommt die Arbeit der Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung der an Diskursen beteiligten Personen nach. ←18 | 19→Das hier vertretene Diskursverständnis7 beruht auf den Denkansätzen Foucaults, der sich aus einer philosophischen Perspektive mit der Entstehung und den Entstehungsbedingungen von Wissen auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang konzeptualisiert er ‹Diskurse› als virtuelle epistemologische Entitäten (vgl. Foucault [1966] 1974), die kollektives Wissen vereinen und ordnen.

Bereits bei ihm findet sich zudem die Ansicht, dass die Handelnden in Diskursuntersuchungen nicht vernachlässigt werden dürfen. Zur Annäherung an die Frage nach Möglichkeitsbedingungen von Aussagen schlägt Foucault in seiner Archäologie des Wissens ([1969] 162013: 75) vor zu klären: „Wer spricht? Wer in der Menge aller sprechenden Individuen verfügt begründet über diese Art von Sprache? […] Wer erhält von ihr seine Einzigartigkeit, sein Prestige, und umgekehrt: Von wem erhält sie, wenn nicht ihre Garantie, so wenigstens ihren Wahrheitsanspruch?“ Damit wendet er sich gegen die Vorstellung von der Abwesenheit des Subjekts, wie sie unter anderem im soziologischen Ansatz Durkheims ([1893] 1977) vertreten wird, und der zufolge nicht dem sinnstiftenden Individuum, sondern einzig der Gesamtheit der Diskursteilnehmer, die über ein Kollektivbewusstsein (frz. conscience collective) verfügen, eine Rolle in der Wissensgenerierung zukommt. Nach Spitzmüller/Warnke (2011: 199) sind Diskurse „intratextuell manifest, […] im Feld der Akteure verankert und transtextuell strukturiert“, weshalb „[n];ur eine linguistische Analyse, die alle drei Ebenen im Blick hat, […] nach […] [ihrem] Verständnis diskurslinguistisch“ (ebd.) sein kann.

Konkret ist zur Skizzierung der Interaktionsverläufe und der sozialen Verortung der Beteiligten zu klären, wer in welcher Situation mit wem auf welche ←19 | 20→Weise und mit welchen Handlungsabsichten kommunizierte und an welche diskursiv ausgehandelten Verhaltensnormen die Akteurinnen und Akteure dabei gebunden waren.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass verbale Interaktionen stets multimodal sind, (vgl. Fortanet-Gómez/Crawford-Camiciottoli 2015: 2; Norris 2004: X) stehen neben sprachlichen Realisierungen typographische Formen8 im Fokus. Auch schriftbildliche Gestaltungsmittel wurden systematisch für Positionsbekundungen eingesetzt und waren maßgeblich an der Sinnkonstituierung beteiligt (vgl. Fix 2001: 113 f.; 118).9 Von Interesse sind die kommunikativen und sozialen Funktionen der beiden Modes10 sowie die Beantwortung der Frage nach dem Zusammenwirken typographischer und sprachlicher Zeichen.

In den Sprachlehrwerken nahmen die Positionierungen der Produktionsverantwortlichen häufig Formen an, die durch das Streben nach der Erlangung und Beibehaltung einer auf die Lehrinhalte bezogenen Bestimmungsgewalt gekennzeichnet waren. Die Verfasser11 erhoben mit ihren Feststellungen Geltungsansprüche auf deren Wahrheit und bemühten sich, wenn nötig, um eine Durchsetzung ihrer Positionen gegenüber denen anderer Akteure/-innen. Sofern sie dies in den Paratexten der Lehrbücher taten, befanden sie sich für eine glückende Realisierung des Vorhabens bereits in einer günstigen Position, weil didaktischen Medien unterstellt wurde, dass sie gültige Wissensinhalte ←20 | 21→vermitteln. Zusätzlich erreichten ihre Ansichten dank der massenmedialen12 Verbreitung der Werke potenziell eine große Leserschaft.

Andererseits war die Konkurrenz schon damals nicht gering und unternahm verschiedene Maßnahmen, um eigene Positionen zu stärken und die machtvolle Stellung anderer Akteure oder Akteurinnen in Frage zu stellen. Wer folglich das Vertrauen seines Publikums gewinnen wollte, musste sich mit den Auffassungen weiterer Beteiligter auseinandersetzen und begründet darlegen, weshalb die eigenen Ansichten anderen Meinungen vorzuziehen waren.

Die Positionierungsanalyse prüft daher auch, auf welchen argumentativen Schlussregeln sprachliche und typographische Äußerungen basieren und inwieweit ihre Auswahl auf eine Anpassung an bestimmte Adressatenkonstrukte schließen lässt. Auf diese Weise werden Einblicke in kollektive Denkgewohnheiten der Interaktionsgemeinschaft ermöglicht.

Zur Klärung der grundsätzlichen Frage nach den sozialen identitäts- und beziehungsstiftenden Funktionen von sprachlichen und typographischen Mitteln sowie Argumentationsmustern werden Ideen aus verschiedenen linguistischen und medienwissenschaftlichen Teildisziplinen miteinander verknüpft. Die Studie schließt sich kulturwissenschaftlich ausgerichteten Analysen an, die sich zum Ziel gesetzt haben, über die Betrachtung von Kulturgütern als Teilen des Symbolsystems einer Kulturgemeinschaft kollektive Denkmuster aufzudecken, die dem Handeln der Angehörigen zugrunde lagen. Sie zeigt einen bislang noch nicht beschrittenen Weg zur Betrachtung schriftlicher Quellen auf, der für weitere pragmalinguistische Untersuchungen nützlich sein kann.

←21 | 22→

Auch für die anglistische Didaktik sind die Ausführungen relevant, da das Englische in den Lehrbüchern als Objektsprache fungierte. Dieses Buch legt dar, wie man Reflexionen über die englische und die deutsche Sprache in didaktischen Medien kommunizierte und leistet damit einen Beitrag zur Geschichte des Nachdenkens über diese beiden Einzelsprachen. Zudem zeigt sie Parallelen zu heutigen Sichtweisen auf, die in Anschlussstudien vertiefend erforscht werden können.

Die folgenden beiden Unterabschnitte liefern zunächst eine Einführung in den historischen Kontext und in das Forschungsfeld der Lehrmittelanalyse. Thematisiert werden der Entwicklungsstand des Englischunterrichts im fokussierten Zeitraum, die soziale Zusammensetzung der Interaktionsgemeinschaft sowie die Produktionsbedingungen der Bücher. Es werden konventionelle Eigenschaften von Lehrwerken beschrieben und Ansätze ihrer Erforschung vorgestellt.

Das zweite Kapitel enthält eine Erläuterung des zugrunde gelegten theoretischen Verständnisses von Positionierungsakten in Sprachlehrbüchern.

Im dritten Kapitel wird die Untersuchungsbasis vorgestellt. Dies umfasst eine Darlegung der Auswahlkriterien sowie der Vorgehensweise bei der Korpuserstellung und Quellenerschließung. Anschließend erfolgt ein Überblick über die Publikationsdaten und -orte der Lehrbücher sowie über ihre Zugehörigkeit zu Lehrbuchtypen und Medienverbünden. Außerdem werden Merkmale der Paratextsorten ‹Titel›, ‹Widmung› und ‹Vorrede› skizziert. Den Abschluss des zweiten Kapitels bildet die Vorstellung der analytischen Zugänge, der Betrachtung sprachlicher und typographischer Ausdrucksmittel sowie der Untersuchung von Argumentationsmustern.

Im Mittelpunkt des vierten Kapitels steht die Vorstellung von Analyseergebnissen zu schriftbasierten Selbst- und Fremdpositionierungen:

Der erste Abschnitt (4.1) dient der Konturierung der Interaktionsgemeinschaft. Es werden verschiedene Gruppen von Beteiligten vorgestellt und ihre Funktionen im Rahmen der Buchproduktion und -rezeption genannt.

Im zweiten Abschnitt (4.2) wird nach Mitteln gefragt, die genutzt wurden, um dem Publikum ein produzentenseitiges Engagement zu signalisieren und dessen dauerhafte Aufmerksamkeit zu erlangen. Zudem sind hier Handlungsweisen von Interesse, mit denen man sich von einer Mitwirkung an Produktionsschritten distanzierte und einer Beteiligung bestimmter Gruppen aktiv entgegenwirkte.

Details

Seiten
476
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631799420
ISBN (ePUB)
9783631799437
ISBN (MOBI)
9783631799444
ISBN (Hardcover)
9783631788868
DOI
10.3726/b16047
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (September)
Schlagworte
Diskurs Topoi Engagement Hierarchien Paratexte multimodal Register Expertise Lehrbuch Einstellungsdreieck
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 476 S., 32 s/w Abb., 13 Tab.

Biographische Angaben

Jessica Weidenhöffer (Autor:in)

Jessica Weidenhöffer studierte Germanistik und Politikwissenschaft an der Universität Hamburg. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Vechta tätig, wo auch ihre Promotion erfolgte.

Zurück

Titel: Schriftsprachliche Positionierungen
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
478 Seiten