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Die Investmentkommanditgesellschaft im Spannungsfeld zwischen klassischem Personengesellschafts- und Investmentrecht

Unterform der gesetzestypischen Kommanditgesellschaft, personengesellschaftsrechtliches Sonderrecht oder Investmentvehikel eigener Art?

von Dominique Janine Finke (Autor:in)
©2019 Dissertation 278 Seiten

Zusammenfassung

Der Gesetzgeber hat die Investmentkommanditgesellschaft nicht nur als investmentrechtliche Organisationsform etabliert, er ordnet sie auch als eine Unterart der handelsrechtlichen Kommanditgesellschaft (KG) den Personenhandelsgesellschaften zu. Mit dem Hinweis auf die Vornahme von lediglich erforderlichen Abweichungen behauptet der Gesetzgeber, dass die gesetzestypische KG identitätswahrend in das investmentrechtliche Systemgefüge eingebunden ist. Mit anderen Worten: Die durch das KAGB geschaffenen Modifikationen führen zu keiner Entfremdung, die die Eigenschaft der InvestmentKG als HGB-KG in Frage stellen würde. Die vorliegende Arbeit misst den Gesetzgeber an dieser Einschätzung, wobei insbesondere das Spannungsverhältnis zwischen Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht aufgegriffen wird.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Kapitel 1: Problemstellung und einführende Gedanken
  • I. Einleitung und Gang der Untersuchung
  • II. Entstehungsgeschichte und Systematik des Kapitalanlagegesetzbuchs
  • 1. Europarechtlicher Hintergrund und nationale Umsetzung
  • 2. Systematik
  • a. Systematik der KAGB-Investmentfonds
  • b. Systematik der InvestmentKG
  • 3. Reichweite des Verweises der § 124 Abs. 1 S. 2, § 149 Abs. 1 S. 2 KAGB
  • 4. Gesetzgeberische Einordnung der InvestmentKG
  • III. Spannungsverhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Gesellschaftsrecht
  • Kapitel 2: Gesellschaftsrechtliche Einordnung und Bewertung der InvestmentKG
  • I. Der Gesellschaftsvertrag der InvestmentKG
  • 1. Schriftformerfordernis
  • a. Rechtsnatur des Schriftformerfordernisses
  • b. Registerrechtliche Kontrolle
  • c. Formerfordernisse für nachträgliche Änderungen
  • 2. Gemeinsamer Zweck
  • a. Kurzdarstellung: Konstitutionelle Eigenheit der Publikums-InvestmentKG
  • b. „Idealvertrag“ statt Gesellschaftsvertrag
  • aa. Stellungnahme
  • aaa. Relevanz der kognitiven Haltung der Beitreten für den Bestand der Gesellschaft
  • bbb. Rechtsfolgen einer unzureichenden Beitrittsmotivation
  • bb. Handelsrechtliche Vorgaben
  • 3. Unternehmensgegenstand
  • a. Grundsatz der Risikomischung
  • b. Produktvorschriften
  • 4. Auslegung und Inhaltskontrolle des Gesellschaftsvertrags der InvestmentKG
  • a. Objektive Auslegung
  • b. Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde
  • c. Inhaltskontrolle des Gesellschaftsvertrags der InvestmentKG
  • aa. Unanwendbarkeit der §§ 305ff. BGB
  • bb. KAGB als Idealstatut
  • cc. Kapitalgesellschaftsrechtliche Regelungen als maßstabsbildende Parameter
  • 5. Ladung und Ergebnisprotokoll der Gesellschafterversammlung
  • II. Anlagebedingungen
  • 1. Rechtsnatur der Anlagebedingungen
  • a. Historische Entwicklung
  • b. Anlagebedingungen: separates (eigenständiges) schuldrechtliches Anlageverhältnis?
  • 2. Änderungskompetenz
  • aa. Ausdrückliche Kompetenzzuweisung
  • bb. Änderungskompetenz in sonstigen Fällen
  • 3. Sonderfall: Teilgesellschaftsvermögen
  • III. Das Innenverhältnis der InvestmentKG
  • 1. Rechtmäßigkeit der intern verwalteten InvestmentKG
  • a. Europarechtliche Grundkonzeption
  • b. Die Systematik der § 17 und § 18 Abs. 1 KAGB
  • c. Auseinandersetzung mit dem aktuellen Meinungsstand in der Literatur
  • aa. „Juristischen Person“: deutsches Begriffsverständnis oder europarechtlich angepasste Auslegung in Abweichung zur deutschen Gesellschaftsrechtsdogmatik
  • bb. AIF gleich AIFM vs. Geschäftsführung gleich AIFM
  • cc. Eigener Ansatz
  • aaa. Historische Rechtsformbeschränkung wg. Jahresabschlusspflicht
  • bbb. Nunmehr: Anwendbarkeit der §§ 246ff., §§ 316ff. HGB auf InvestmentKG
  • ccc. Rechtsformbeschränkung aufgrund Eigenkapitalerwägungen
  • ddd. Teleologische und systematische Erwägungen
  • eee. Rechtsvergleichende Praxis
  • fff. Abschließende Stellungnahme
  • 2. Geschäftsführung
  • a. Funktion der Geschäftsführung in der intern und extern verwalteten InvestmentKG
  • aa. Geschäftsführungsaufgaben in der intern verwalteten InvestmentKG
  • aaa. Erweiterung des Pflichtenkanons durch Stellung der InvestmentKG als KVG
  • bbb. Sondervorgaben für Geschäftsführer der intern verwalteten geschlossenen Publikums-InvestmentKG
  • ccc. Stellungnahme
  • bb. Geschäftsführungsaufgaben in der extern verwalteten InvestmentKG
  • aaa. Vollständige Übertragung der kollektiven Vermögensverwaltung auf die KVG
  • bbb. Überwachungspflichten der Geschäftsführer
  • (1) Mögliche Übertragbarkeit der gesetzlichen KVG-Compliance-Vorgaben
  • (2) Nicht-gesetzliche Überwachungspflichten
  • b. Anforderungen an die Zusammensetzung der Geschäftsführung
  • aa. „Gesellschafter-Geschäftsführer“ in der (extern verwalteten) InvestmentKG
  • bb. „Gesellschafter-Geschäftsführer“ in der intern verwalteten GmbH & Co. InvestmentKG
  • c. Anforderung an die Qualifikation der Geschäftsführer
  • aa. Qualifikatorische Anforderungen an die Geschäftsführer der intern verwalteten GmbH & Co. InvestmentKG
  • bb. Unzulässigkeit der qualifikatorischen Anforderungen an die Geschäftsführer der extern verwalteten InvestmentKG
  • cc. Stellungnahme
  • d. Erwerb und Veräußerung von Kommanditanteilen als Ausnahme vom Selbstkontrahierungsverbot der Geschäftsführung
  • e. Tätigkeitsuntersagung und Abberufungskompetenz der BaFin
  • aa. Abberufungsverlangen
  • bb. Tätigkeitsuntersagung
  • f. Einzel- oder Gesamtgeschäftsführungsbefugnis
  • 3. Gesellschafterversammlung
  • a. Einberufung der und Ladung zur Gesellschafterversammlung
  • aa. Recht zur Einberufung
  • bb. Einberufungsfrist
  • cc. Übersendung des Protokolls – Anlegerbegriff
  • b. Teilnahmerecht/Teilnehmerkreis
  • aa. Abspaltungsverbot
  • aaa. § 717 S. 1 BGB
  • bbb. Treuhänderische Beteiligungskonstellation
  • ccc. Sonderrecht der Rechtsprechung
  • ddd. Bewertung des Treuhandverhältnisses unter dem Regime des KAGB
  • eee. Zwischenergebnis
  • bb. Kein Teilnahmerecht aufgrund der Mediatisierungswirkung der Treuhandkonstellation
  • c. Stimmrecht
  • aa. Stimmberechtigung bei mittelbarer Beteiligung
  • bb. Abspaltungsverbot
  • aaa. Materielle Stimmrechtsentkleidung des Treuhänders
  • bbb. Keine Doppelung der Stimmabgabe
  • cc. Umfang der Stimmrechtsausübung
  • d. Zwischenergebnis
  • e. Umfang der Mitbestimmungsrechte
  • f. Beschlussfassung
  • aa. Kapitalanlagerechtlicher Berechnungsansatz der Mehrheitsverhältnisse
  • bb. Stimmrechtsausschluss gem. § 47 Abs. 4 GmbHG
  • cc. Zwischenergebnis
  • g. Organqualität der Gesellschafterversammlung
  • aa. Ausdrückliche Kompetenzzuweisung
  • bb. Teleologische Erwägungen
  • cc. Keine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Rechtsformausprägung
  • dd. Zwischenergebnis
  • 4. Der Beirat als zwingendes Aufsichtsorgan in der intern verwalteten Publikums-InvestmentKG
  • a. Rechtnatur
  • b. Zusammensetzung, Rechte und Pflichten
  • aa. Singuläre Überwachungskompetenz
  • bb. Sorgfaltspflicht, Verantwortung, Vergütung
  • cc. Innere Ordnung und Beschlussfassung
  • dd. Zwischenergebnis
  • c. Anforderungen an die Beiratsmitglieder
  • d. Unabhängigkeitspostultat des § 18 Abs. 3 S. 2 KAGB
  • 5. Gesetzliche Etablierung eines dualistischen Systems nach aktienrechtlichem Vorbild
  • IV. Die externe Verwaltung der InvestmentKG
  • 1. Aufgaben der Kapitalverwaltungsgesellschaft
  • 2. Das Spannungsverhältnis zwischen der InvestmentKG und der Kapitalverwaltungsgesellschaft
  • a. Das Innenverhältnis
  • aa. Grundsatz der Selbstorganschaft
  • bb. Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft
  • aaa. Meinungsbild in der Literatur
  • bbb. Stellungnahme
  • cc. Zwischenergebnis
  • b. Das Außenverhältnis
  • aa. Vertretungs- und Verfügungsbefugnis
  • aaa. Vertretungsbefugnis
  • bbb. Verfügungsbefugnis
  • (1) Handelsrechtlicher Ansatz
  • (2) Gesetzliche Begründung der Verfügungsbefugnis?
  • (3) Keine Übertragung der Verfügungsbefugnis an die KVG
  • bb. Zwischenergebnis
  • c. Ergebnis des Kompetenzstreits
  • V. Das Sonderrecht der Kommanditisten (insbesondere i.F.d geschlossenen Publikums-InvestmentKG)
  • 1. Mittelbare Beteiligung an der geschlossenen Publikums-InvestmentKG
  • a. Treuhandverhältnisse im Bereich der PublikumsKG
  • b. Die Gleichstellungsanordnung des § 152 Abs. 1 S. 2 KAGB
  • 2. Das Haftungsregime im Einzelnen
  • a. Das handelsrechtliche Haftungsregime der Kommanditisten
  • b. Die kapitalanlagerechtliche Außenhaftung der Kommanditisten
  • aa. Die Haftung des Kommanditisten zwischen Geschäftsbeginn und Eintragung der Gesellschaft
  • bb. Die Haftung des Kommanditisten bei Rückgewähr der Einlage
  • aaa. Die gesetztypische Haftung
  • bbb. Die kapitalanlagegesetzlichen Modifikationen
  • (1) Zustimmungserfordernis
  • (a) Zeitpunkt der Zustimmung
  • (b) Rechtsfolgen bei Zustimmung von nur einzelnen Anlegern
  • (c) Rechtsfolgen bei Einlagenrückgewähr ohne bzw. trotz verweigerter Zustimmung
  • (d) Zwischenergebnis
  • (2) Hinweispflicht
  • cc. Die Haftung des beitretenden Kommanditisten
  • aaa. Allgemeines
  • bbb. Die handelsrechtliche Haftung des beitretenden Kommanditisten
  • ccc. Die Kapitalanlagerechtliche Haftungsmodifikation
  • dd. Die Haftung des Kommanditisten nach Austritt
  • aaa. Die kapitalanlagegesetzliche Enthaftung der Kommanditisten
  • bbb. Zwischenergebnis
  • c. Innenverhältnis
  • aa. Einlageverpflichtung/Sacheinlageverbot
  • bb. Erlöschen des Einlageanspruchs
  • cc. Haftung im Innenverhältnis
  • aaa. Keine Verlustausgleichspflicht
  • bbb. Ausschluss der Nachschusspflicht
  • d. Sonderfall: Haftung für Teilgesellschaftsvermögen
  • VI. Finanzverfassung der InvestmentKG
  • 1. Die intern verwaltete InvestmentKG
  • a. Anfangskapital und Eigenmittel
  • aa. Rechtsnatur und Definition des Anfangskapitals
  • bb. Anforderungen an die notwendigen Eigenmittel
  • cc. Anlage der Eigenmittel, § 25 Abs. 7 KAGB
  • dd. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 25 KAGB
  • b. Das Gesellschaftsvermögen der intern verwalteten InvestmentKG
  • aa. Betriebsvermögen
  • bb. Anlagevermögen
  • cc. Tatsächliche Trennung der Vermögensmassen
  • dd. Haftungsrechtliche Separation der Vermögensmassen
  • 2. Das Gesellschaftsvermögen der extern verwalteten InvestmentKG
  • 3. Die Bildung von Teilgesellschaftsvermögen i.R.d. intern verwalteten offenen InvestmentKG
  • a. Rechtsstellung der Anleger
  • b. Stellung der Teilgesellschaftsvermögen innerhalb der Gesamtgesellschaft
  • c. Stellungnahme
  • 4. Kritik an der Vermögensorganisation
  • VII. Die Firma
  • 1. Allgemeines
  • 2. Regelungszweck
  • 3. Ergänzungsvorschlag
  • VIII. Auflösung und Liquidation
  • 1. Auflösung
  • 2. Liquidation
  • 3. Sonderfall: Insolvenz der offenen InvestmentKG und Auflösung von Teilgesellschaftsvermögen
  • a. Insolvenz
  • b. Auflösung
  • Kapitel 3: Ergebnis
  • I. Einzelaspektbetrachtung: Reichweite der investmentrechtlichen Modifikationstatbestände
  • 1. Allgemeiner Teil
  • a. Gesellschaftsvertrag
  • b. Gesellschafterversammlung
  • c. Anlagebedingungen
  • d. Geschäftsführung
  • e. Erwerb und Veräußerung von Kommanditanteilen
  • f. Haftungsregime
  • 2. Besonderer Teil
  • a. Extern verwaltete InvestmentKGen
  • b. Intern verwaltete InvestmentKGen
  • c. intern und extern verwaltete geschlossene InvestmentKGen
  • d. Geschlossene Publikums-InvestmentKG
  • II. Reichweite der Entfremdungswirkung
  • 1. Unterform, Sonderform oder Investmentvehikel eigener Art
  • 2. Numerus clausus der Rechtsformen
  • 3. Alternatives Anlagevehikel: „Investment-GmbH“
  • III. Gesamtwürdigung
  • Literaturverzeichnis

Kapitel 1: Problemstellung und einführende Gedanken

I. Einleitung und Gang der Untersuchung

„Mit der Einführung dieser organisationsrechtlichen Form wird keine neue Gesellschaftsform geschaffen. […] Investmentkommanditgesellschaften [sind vielmehr] Kommanditgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuches […]. Abweichungen von diesem Regelwerk [erfolgen nur], soweit sie aufgrund aufsichtsrechtlicher Besonderheiten für die Behandlung als Fondsvehikel erforderlich sind.“1

Mit diesen Worten etabliert der Gesetzgeber die Investmentkommanditgesellschaft (InvestmentKG) nicht nur als zulässige investmentrechtliche Organisationsform, er ordnet sie gleichzeitig auch als eine Unterart der handelsrechtlichen Kommanditgesellschaft (KG) den Personenhandelsgesellschaften zu.2 Mit dem Hinweis auf die Vornahme von lediglich erforderlichen Abweichungen bestätigt der Gesetzgeber, dass die gesetzestypische KG identitätswahrend in das investmentrechtliche Systemgefüge eingebunden werden sollte. Mit anderen Worten: Die durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) geschaffenen Modifikationen führen zu keiner Entfremdung, die die Eigenschaft der InvestmentKG als HGB-KG in Frage stellen würde. An dieser Einschätzung wird sich der Gesetzgeber messen lassen müssen.

Unter Inbezugnahme der gegebenen kapitalanlagerechtlichen Abweichungen von den handelsrechtlichen Vorgaben widmet sich die vorliegende Arbeit im Kern der Frage: Handelt es sich bei der InvestmentKG noch um eine Unter- bzw. Sonderform der KG, oder ist sie vielmehr schon ein Investmentvehikel eigener Art?

Mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Rechtsformen mag es zunächst verwundern, dass die KG überhaupt als zulässiges Anlagevehikel in das KAGB aufgenommen wurde. Ausgehend von ihrer grds. Beschaffenheit erscheint sie nämlich ←23 | 24→gerade nicht als geeignete Rechtsform zum Investmentsparen. Dass die KG letztlich überhaupt in den Fokus der investmentrechtlichen Praxis rückte, liegt jedoch maßgeblich daran, dass Fondsinitiatoren in der Vergangenheit die Aktiengesellschaft (AG) als klassische Rechtsform für korporative Investmentvermögen aufgrund ihrer Form- und Satzungsstrenge sowie ihrer steuerlichen Schlechterstellung gegenüber Sondervermögen scheuten.

Als kapitalistisch strukturierte, massenkompatible Gesellschaftsform ist die AG zwar gerade darauf angelegt, von einer Vielzahl von Anlegern Kapital einzusammeln und zu verwalten und aufgrund ihrer kapitalmarktrechtlichen Orientierung auch als Rechtsform erfahren im Umgang mit aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Nichtsdestotrotz erwies sich die im Jahre 1998 durch das 3. Finanzmarktförderungsgesetz3 in das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG)4 eingeführte Investmentaktiengesellschaft (InvestmentAG) – als zur kollektiven Vermögensanlage in Gesellschaftsform geschaffene Investmentgesellschaft – aus den genannten Gründen als wenig attraktiv. Die Bestimmungen zur InvestmentAG blieben totes Recht.5 Zwar reagierte der Gesetzgeber, indem er die InvestmentAG im Investmentmodernisierungsgesetz (InvModG)6 mit Wirkung zum 1. Januar 2004 steuertransparent ausgestaltete und von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreite. Zu diesem Zeitpunkt war die Fondspraxis auf der Suche nach Alternativen jedoch längst im Personengesellschaftsrecht fündig geworden und hatte die KG für ihre Zwecke entdeckt. Zwar stellte sich die KG im Ausgangspunkt als personalistisch strukturierte Gesellschaft mit typischerweise kleinem Gesellschafterkreis als im Vergleich zur AG weniger geeignete Rechtsform für kollektives Investmentsparen dar. Durch die Möglichkeit, ihren Gesellschaftsvertrag privatautonom auszugestalten, versprach sie mit der notwendigen Kreativität im Ergebnis jedoch flexible und steuerlich günstige Lösungen.7 Im Laufe der Zeit entwickelte sich hieraus eine Vertragspraxis, die das gesetzestypische Regelungsregime weitgehend entwidmete. Mit dieser ←24 | 25→Entwicklung konfrontiert versuchte die Rechtsprechung in den 1960er und 1970er Jahren ein ausdifferenziertes richterrechtliches Sonderrecht (das Sonderrecht der PublikumsKG) herauszubilden, das der kautelarjuristischen Regelungsanarchie Schritt für Schritt Grenzen setzen sollte.

Diese Rechtsentwicklung stieß im Schrifttum auf vehemente Kritik. Insbesondere wurde bemängelt, in welchem Ausmaß auch durch die Rechtsprechung Grundsätze des Rechts der KG letztlich Bedürfnissen der Investmentpraxis untergeordnet worden waren. So fasste etwa Günther Wüst 1988 mit den folgenden Worten zusammen, wie weit sich die PublikumsKG in ihrer Verwendung als personengesellschaftsrechtliche Anlageform für kollektives Investmentsparen von der gesellschaftsrechtlichen Grundkonzeption der KG entfernt hatte:

„Zwischen dem in den §§ 161 ff. HGB gemeinten Legaltyp und den gängigen Realtypen der Publikums-Kommanditgesellschaft besteht kaum noch inhaltliche Übereinstimmung. Das gesetzliche Modell eines auf persönlicher Verbundenheit beruhenden Zusammenschlusses wird durch eine im Gesellschaftsvertrag verankerte, vorwiegend korporative Organisation ersetzt. Etikett und gewählter Inhalt decken sich nicht.“8

Angesichts der hier nur angerissenen historisch belegbaren Entfremdung der PublikumsKG von der gesetzestypischen KG hätte es nahegelegen, im Rahmen der Neuordnung des Investmentrechts durch das KAGB Fondsinitiatoren auf die Rechtsform der AG zu verweisen und den Bedürfnissen der Investmentpraxis etwa nach Flexibilität und steuerlichen Vorteilen durch punktuelle Änderungen des Aktien- bzw. Steuerrechts Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat sich für Gegenteiliges entschieden. Mit Einführung des KAGB hat er – wie bereits eingangs dargestellt – die KG in Form der InvestmentKG normativ als Anlagevehikel bestätigt und sie gleichsam neben der InvestmentAG als einzig zulässige Form korporativer Investmentvermögen erklärt. Die Entscheidung des Gesetzgebers, das Recht der KG auch künftig für die Zwecke des Investmentrechts nutzbar zu machen, scheint nach seinen eigenen Aussagen zumindest bezogen auf die offene Spezial-InvestmentKG rein steuerrechtlich motiviert zu sein. So wurde vorgenannte Gesellschaft eingeführt, um ein steuertransparentes Vehikel für das sog. „Pension Asset Pooling“ zu schaffen.9 Die unter dem Regime des Investmentgesetzes (InvG) zur Verfügung stehenden Organisationsformen ←25 | 26→(Spezial-Sondervermögen und Spezial-InvestmentAG) waren aufgrund ihrer steuerlichen Intransparenz als Pooling-Vehikel in grenzüberschreitenden Sachverhalten ungeeignet.10 Die auf die Steuertransparenz der KG zurückzuführenden Vorzüge sollten somit als Anreiz für nationale Konzerne und ausländische Tochtergesellschaften dienen und die Standortattraktivität Deutschlands steigern. Im Bereich der geschlossenen Fonds ging es dem Gesetzgeber wohl vornehmlich darum, die bestehende Kluft zwischen weitgehend unregulierten geschlossenen Fonds, wie u.a. der PublikumsKG, und gänzlich durchregulierten offenen Fonds zu schließen.11 Die Überführung des „KG-Investment-Modells“ in formales Gesetzesrecht ermöglichte es dem Gesetzgeber, eine praktisch bewährte Fondsstruktur unter neuen Vorzeichen zu erhalten. Der Blick auf das nunmehr bestehende Regelwerk zeigt die Bestrebung des Gesetzgebers, eine möglichst große Parallelität zwischen den gesellschaftsrechtlichen Anlagevehikeln zu schaffen, um eine gewisse funktionale Austauschbarkeit zu erreichen. So findet sich die InvestmentKG in ein Regelungsgewand gehüllt, das nicht nur aktienrechtlich geprägt, sondern teilweise mit den aktienrechtlichen Vorgaben wortlautidentisch ist.

Vor diesem Hintergrund stellt sich fast 30 Jahre nach den obigen Ausführungen von Wüst die von ihm seinerzeit wohl mit „gerade noch so“ beantwortete Frage erneut: Fügt sich die (inzwischen vom Gesetzgeber gewählte) rechtliche Konstruktion der investmentrechtlich ausgestalteten KG noch nahtlos oder zumindest widerspruchsfrei in die bestehenden dogmatischen Grundlagen des KG-Rechts ein? Anders formuliert: Handelt es sich bei der InvestmentKG noch um eine Unter- bzw. Sonderform der Kommanditgesellschaft, oder ist sie vielmehr ein Investmentvehikel eigener Art?

In Beantwortung dieser Frage greift die vorliegende Arbeit das bestehende Spannungsverhältnis zwischen Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht auf, das sich auch in den kapitalanlagerechtlichen Regelungen materialisiert hat. Sie ordnet die rechtliche Neuschöpfung der InvestmentKG dogmatisch ein und arbeitet insbesondere den jeweiligen Grad heraus, zu dem die für die InvestmentKG geltenden kapitalanlagegesetzlichen Vorschriften vom handelsrechtlichen Leitbild der KG abweichen. Zugleich soll diese Arbeit die Frage beantworten, ob das Personengesellschaftsrecht grds. zur Bewältigung der relevanten investmentrechtlichen Fragestellungen sowie zur Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit geeignet ←26 | 27→ist oder die notwendigen sachgerechten Lösungen – wie es die rechtshistorische Vergangenheit nahelegt – allein im Kapitalgesellschaftsrecht zu suchen sind.

II. Entstehungsgeschichte und Systematik des Kapitalanlagegesetzbuchs

1. Europarechtlicher Hintergrund und nationale Umsetzung

Mit dem KAGB setzt der deutsche Gesetzgeber zwei europäische Richtlinien um. Neben der OGAW-Richtlinie (OGAW-RL)12, die bis zum Inkrafttreten des KAGB im Jahr 2013 ihre Umsetzung im nunmehr aufgehobenen Investmentgesetz fand, setzt das KAGB auch die AIFM-Richtlinie (AIFM-RL)13 um. Ziel letzterer ist es, gemeinsame Anforderungen für die Zulassung sowie die Aufsicht der Manager alternativer Investmentfonds festzulegen und damit ein kohärentes System zu schaffen, das den Risiken der Anleger und der Märkte in der Europäischen Union Rechnung trägt.14 In Umsetzung der AIFM-RL verfolgt das KAGB das Anliegen, ein in sich geschlossenes Regelwerk für Investmentfonds sowie deren Manager zu schaffen.15 Das gilt auch und gerade in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht.16

Während das InvG neben dem Vertragstyp des Sondervermögens einer Kapitalverwaltungsgesellschaft als einziges gesellschaftsrechtliches Fondsvehikel die InvestmentAG (§§ 96ff. InvG a.F.) kannte, sieht das KAGB nunmehr im Bereich der offenen Fonds für professionelle und semiprofessionelle Anleger (§ 1 Abs. 32 und 33 KAGB) die offene InvestmentKG (§ 125 Abs. 2 S. 2 KAGB) als weitere Rechtsform vor. Im Bereich der geschlossenen Fonds steht die ←27 | 28→geschlossene InvestmentKG für professionelle und semiprofessionelle wie auch für Privatanleger (§ 1 Abs. 31 KAGB) als weiteres Vehikel zur Verfügung. Wesentliche Motivation für die Wahl der Rechtsform der InvestmentKG war, dass die InvestmentKG als Personengesellschaft nicht körperschaftssteuerpflichtig ist.17

Mit der AIFM-RL zieht der europäische Gesetzgeber Lehren aus der Finanzkrise. Es sollen nunmehr auch all diejenigen Investmentvermögen18 reguliert werden, die nicht in den Anwendungsbereich der OGAW-RL fielen und damit größtenteils unreguliert waren. Tradierter Weise handelt es sich hierbei um geschlossene Fonds oder solche offenen Fonds, die gerade nicht in OGAW-regulierte Wertpapiere investieren.19 In Deutschland waren derartige Fonds zumeist in Form der Publikumspersonengesellschaft organisiert.20 Durch den durch die Richtlinienumsetzung geschaffenen, auch rechtsformspezifisch abschließenden Regelungsbereich des KAGB bleibt für Gesellschaftsformen wie die herkömmliche Publikumspersonengesellschaft kein Raum mehr.21

Da die AIFM-RL keine Regelung zu AIFs trifft und aufgrund der äußerst verschiedenen Arten von AIF zu keiner Harmonisierung bestehender Fondsvehikel gelangt, erfolgt die Regelung für AIF weiterhin auf nationaler Ebene.22 Konsequenterweise ist es für den Geltungsbereich der AIFM-RL irrelevant „ob der AIF in der Vertragsform, der Form des Trust, der Satzungsform oder irgendeiner anderen Rechtsform errichtet ist“.23 Auf Basis dieser Vorgaben hat sich der nationale Gesetzgeber dazu entschieden den Kreis der bisher bestehenden ←28 | 29→Rechtsformen – auf nationaler Ebene – um die InvestmentKG als zulässiges Fondsvehikel zu erweitern.24

In Ermangelung entsprechender Vorgaben der AIFM-RL bedarf es grundsätzlich auch keiner richtlinienkonformen Auslegung der § 124ff., § 149ff. KAGB.25 Zur Beantwortung der – in dieser Arbeit behandelten – zum Teil komplizierten Auslegungsfragen ist es jedoch durchaus interessengerecht, die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zur InvestmentKG vor dem Hintergrund der Regelungsziele des KAGB, bspw. des Anlegerschutzes, zu sehen. Damit ist auf einer mittelbaren Bewertungsebene ein Durchgriff auf die Richtlinie in Form einer an der Richtlinie orientierten Auslegung gerechtfertigt.26 Dies gilt über den entsprechenden Verweis in § 124 Abs. 1 S. 2, § 149 Abs. 1 S. 2 KAGB auch für die allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften zur Kommanditgesellschaft und zur offenen Handelsgesellschaft.27

2. Systematik

Details

Seiten
278
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631800713
ISBN (ePUB)
9783631800720
ISBN (MOBI)
9783631800737
ISBN (Paperback)
9783631800195
DOI
10.3726/b16081
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (September)
Schlagworte
Haftungsregime Organisationsverfassung Anlagebedingungen Aufsichtsrecht Mittelbare Beteiligung Dogmatische Bewertung Teilgesellschaftsvermögen Kommanditisten Anlegerschutz Treuhandkommanditist
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019., 278 S., 1 s/w Abb.

Biographische Angaben

Dominique Janine Finke (Autor:in)

Dominique Janine Finke hat Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt am Main und der University of Cambridge studiert. Während ihrer Promotion an der Friedrich Alexander Universität Erlangen/Nürnberg arbeitete sie in internationalen Großkanzleien im Bereich Corporate/M&A.

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