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Möglichkeiten und Grenzen des Anwendungsbereichs der umsatzsteuerlichen Organschaft unter besonderer Berücksichtigung europäischer Einflüsse

von Sinja Kollmann (Autor:in)
©2020 Dissertation 362 Seiten

Zusammenfassung

Die Arbeit widmet sich der Untersuchung der Möglichkeiten und Grenzen des Anwendungsbereichs der umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit besonderem Fokus auf die europäische Einflussnahme. Die Verfasserin setzt sich dabei zunächst mit dem Status Quo dieser Organschaftsregelung sowie mit den zu berücksichtigenden unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 11 MwStSystRL auseinander. Im weiteren Verlauf der Arbeit zeigt die Verfasserin unionsrechtliche Defizite des umsatzsteuerlichen Organschaftsmodells auf. Abschließend werden dem deutschen Gesetzgeber im Rahmen eines Gesetzesvorschlags Implikationen für die Weiterentwicklung des Anwendungsbereichs der umsatzsteuerlichen Organschaft an die Hand gegeben.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Geleitwort
  • Vorwort der Verfasserin
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • I. Ausgangssituation
  • II. Zielsetzung und Gang der Untersuchung
  • B. Unionsrecht und dessen Einflussnahme auf das UStG
  • I. Einwirkung des Unionsrechts auf das nationale Recht
  • 1. Rechtsvorschriften des Unionsrechts und ihre Wirkungsentfaltung
  • 2. Einbettung der indirekten Steuern in die Europäisierungsverpflichtung
  • a. Allgemeines
  • b. Harmonisierungsauftrag nach Art. 113 AEUV
  • c. Definition und Mittel der Harmonisierung
  • d. Grenzen der Harmonisierung
  • II. Methoden und Grenzen der Auslegung von Richtlinien
  • 1. Allgemeines
  • 2. Herkömmliche Auslegungsmethoden
  • a. Wörtliche Auslegung und rechtsvergleichende Analyse
  • b. Historische Auslegung
  • c. Systematische und teleologische Auslegung
  • d. Rangordnung der Auslegungsmethoden
  • 3. Weitere Auslegungsgrundsätze des EuGH
  • a. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
  • b. Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie des Vertrauensschutzes
  • c. Grundsatz der steuerlichen Neutralität
  • 4. Einwirkung von Richtlinien auf das nationale Umsatzsteuerrecht
  • a. Unionsrechtskonforme Auslegung
  • b. Rechtsfortbildung
  • 5. Unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinienrecht
  • a. Allgemeines
  • b. Voraussetzungen und Rechtsfolgen
  • III. Geschichtliche Entwicklung des UStG unter europäischer Beeinflussung
  • 1. Allphasen-Bruttoumsatzsteuer bis 1968
  • 2. Allphasen-Nettoumsatzsteuer ab 1968
  • 3. Anpassungsprozess an das Unionsrecht
  • C. Status Quo der umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG
  • I. Historische Rechtsentwicklung
  • II. Allgemeine Rechtsgrundlagen
  • III. Tatbestandliche Voraussetzungen
  • 1. Personenbezogener Anwendungsbereich
  • a. Organträger als Unternehmer
  • b. Besonderheiten bei der Form des Organträgers
  • c. Organgesellschaft
  • 2. Sachlicher Anwendungsbereich
  • a. Allgemeines
  • b. Finanzielle Eingliederung
  • c. Wirtschaftliche Eingliederung
  • d. Organisatorische Eingliederung
  • aa. Allgemeines
  • bb. Eingliederung mittels Personalunion
  • cc. Eingliederung ohne Personalunion
  • IV. Rechtsfolgen und -wirkungen
  • V. Wirtschaftliche Bedeutung
  • 1. Allgemeines
  • 2. Wesentliche Vor- und Nachteile
  • a. Vorteile in Verbindung mit steuerfreien und teilweise steuerfreien Umsätzen
  • b. Vorteile im verfahrensrechtlich-technischen Bereich
  • c. Nachteile
  • VI. Zusammenfassende Würdigung
  • D. Anwendungsbereich der umsatzsteuerlichen Organschaft und seine Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht
  • I. Rechtliche Grundlagen und internationale Einführung einer Mehrwertsteuergruppe nach Art. 11 MwStSystRL
  • 1. Historische Rechtsentwicklung
  • 2. Allgemeine Rechtsgrundlagen
  • 3. Internationale Einführung einer Mehrwertsteuergruppe
  • II. Zweck einer Mehrwertsteuergruppe
  • 1. Grundsätzliches
  • 2. Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und -umgehung
  • a. Allgemeines
  • b. Internationale Beanspruchung der Antimissbrauchsvorschrift
  • III. Anwendungsbereich einer Mehrwertsteuergruppe und seine Bedeutung für den deutschen Organkreis
  • 1. Grundsätzliches
  • 2. Vereinbarkeitsprüfung des personenbezogenen Anwendungsbereichs mit den unionsrechtlichen Vorgaben
  • a. Allgemeines
  • b. Internationale Ausgestaltung des personenbezogenen Anwendungsbereichs
  • c. Analyse und Bewertung des personenbezogenen Anwendungsbereichs und seine Bedeutung für den deutschen Organkreis
  • aa. Auffassungen der EU-Kommission, des Mehrwertsteuerausschusses und der Mehrwertsteuerexpertengruppe
  • bb. Auffassung des EuGH
  • cc. Auffassung des BFH und der Finanzverwaltung
  • dd. Auffassung des wissenschaftlichen Schrifttums
  • ee. Analyse der vertretenen Auffassungen
  • ff. Stellungnahme
  • 3. Vereinbarkeitsprüfung des räumlichen Anwendungsbereichs mit den unionsrechtlichen Vorgaben
  • a. Allgemeines
  • b. Analyse und Bewertung des räumlichen Anwendungsbereichs und seine Bedeutung für den deutschen Organkreis
  • aa. Auffassung der EU-Kommission
  • bb. Auffassung des EuGH und des Mehrwertsteuerausschusses
  • cc. Internationale Ausgestaltung des räumlichen Anwendungsbereichs
  • dd. Regelung des UStG und Auffassung der Finanzverwaltung
  • ee. Analyse der vertretenen Auffassungen
  • aaa. Interpretation des Begriffs ansässige Personen
  • bbb. Feste Niederlassung als Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe
  • ccc. Auswirkungen für den deutschen Organkreis
  • ff. Stellungnahme
  • 4. Vereinbarkeitsprüfung des sachlichen Anwendungsbereichs mit den unionsrechtlichen Vorgaben
  • a. Allgemeines
  • b. Analyse und Bewertung des sachlichen Anwendungsbereichs und seine Bedeutung für den deutschen Organkreis
  • aa. Auffassungen der EU-Kommission, des Mehrwertsteuerausschusses und der Mehrwertsteuerexpertengruppe
  • bb. Internationale Ausgestaltung des sachlichen Anwendungsbereichs
  • cc. Analyse der vertretenen Auffassungen
  • dd. Zwischenergebnis
  • c. Analyse und Bewertung der Notwendigkeit eines Eingliederungsverhältnisses
  • aa. Auffassung des EuGH
  • bb. Auffassung des BFH und der Finanzverwaltung
  • cc. Auffassung des wissenschaftlichen Schrifttums
  • dd. Analyse der vertretenen Auffassungen
  • ee. Stellungnahme
  • E. Umsatzsteuerliche Organschaft mit Personengesellschaften
  • I. Eingliederung von Personengesellschaften aus europäischer und nationaler Perspektive
  • 1. Allgemeines
  • 2. Bisherige nationale Rechtsprechungsperspektive
  • a. Ausgangsurteil
  • b. Entscheidung unter Einfluss unionsrechtskonformer Auslegung
  • 3. Einfluss der europäischen Rechtsprechung auf die nationale Perspektive
  • a. BFH-Vorlage an den EuGH
  • b. Auslegungsurteil des EuGH
  • c. Kritische Würdigung
  • 4. Reaktionen auf die europäische Rechtsprechung und Konsequenzen für die Gestaltungspraxis
  • a. Allgemeines
  • b. Auffassung des V. Umsatzsteuersenats
  • c. Auffassung des XI. Umsatzsteuersenats
  • d. Auswirkungen auf die Gestaltungspraxis
  • e. Umsetzung durch die Finanzverwaltung
  • 5. Analyse und Bewertung der nationalen Entscheidungen
  • a. Auffassung des V. Umsatzsteuersenats
  • b. Auffassung des XI. Umsatzsteuersenats
  • c. Stellungnahme
  • II. Weitergehende Überlegungen zur Eingliederung von Personengesellschaften
  • 1. Allgemeines
  • 2. Fallvarianten zur Eingliederung von Personengesellschaften
  • a. Fallvariante 1
  • b. Fallvariante 2
  • c. Fallvariante 3
  • d. Fallvariante 4
  • 3. Kritische Würdigung
  • III. Zusammenfassende Würdigung der Eingliederung von Personengesellschaften
  • F. Lösungsansatz zur Weiterentwicklung des Anwendungsbereichs der umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG
  • I. Anwendungsbereich de lege lata
  • II. Anwendungsbereich de lege ferenda
  • III. Weiterentwicklungsansatz zum Anwendungsbereich der umsatzsteuerlichen Organschaft
  • 1. Allgemeines
  • 2. Mögliche Verfahrensvarianten
  • a. Antragsverfahren
  • b. Feststellungsverfahren
  • c. Kritische Würdigung
  • 3. Lösungsvorschlag
  • G. Zusammenfassung und Ausblick
  • Literaturverzeichnis
  • Rechtsprechungsverzeichnis
  • Quellenverzeichnis
  • Gesetzesverzeichnis

A. Einleitung

I. Ausgangssituation

Bereits seit dem Jahr 19341 existiert das Rechtsinstitut der umsatzsteuerlichen Organschaft in nahezu unveränderter Art und Weise.2 Durch dieses wurde erstmalig gesetzlich kodifiziert, dass eine juristische Person als unselbstständig und entsprechend nicht als Unternehmerin erachtet wird, wenn sie dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keine eigene Willensausübung vornehmen kann. Mithin ist die juristische Person in dieser Konstellation an die Weisungen des Unternehmers verpflichtend gebunden.3 Infolge dieser Unterwerfung fungierte sie als Organ des Unternehmers in einer sog. umsatzsteuerlichen Organschaft.4 Die ursprünglichen gesetzlichen Regelungen von 1934 wurden durch das Umsatzsteuergesetz5 (UStG) aus dem Jahr 19676 in der Weise modifiziert, dass die noch heute erforderliche finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung für juristische Personen in das Unternehmen des Organträgers vorgeschrieben wurde.7 Im derzeitigen UStG befinden sich die Vorschriften zur umsatzsteuerlichen Organschaft in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.

Den unionsrechtlichen Rahmen für dieses Rechtsinstitut bildet Art. 11 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), der für EU-Mitgliedstaaten ein Ermessenserschließen formuliert. Dieses Ermessenserschließen räumt den Mitgliedstaaten die Erlaubnis ein, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig sind, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als ←25 | 26→einen Steuerpflichtigen zu behandeln (sog. Mehrwertsteuergruppe8). Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und des Art. 11 MwStStystRL ähnelt sich zwar, insbesondere hinsichtlich der drei Verbindungsmerkmale, identisch sind die Regelungen allerdings nicht.9 Obwohl dieses Mehrwertsteuergruppenregime durch die Vorgaben des Art. 11 MwStSystRL in der Europäischen Union (EU) harmonisiert ist, existieren in den EU-Mitgliedstaaten in der Ausgestaltung ihrer Organschaftsregelungen signifikante Unterschiede.10 Auch in Deutschland wurde bisher ein großzügiger Umsetzungsspielraum hinsichtlich der Gestaltung der umsatzsteuerlichen Organschaftsvorschrift nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in Anspruch genommen.11 Jedoch sollen bei der nationalen Etablierung dieser Regelungen die unionsrechtlichen Vorgaben zwingend zu berücksichtigen sein. Unter diesem Gesichtspunkt darf der nationale Gesetzgeber keine restriktiveren Vorschriften vorsehen als es der Richtlinienwortlaut des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL zulässt. Allerdings ist eine Abweichung erlaubt, wenn die in Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL kodifizierten Rechtfertigungsgründe vorliegen.12

Während lange Zeit kein Anlass dafür bestand, die umsatzsteuerliche Organschaftsregelung infrage zu stellen, ist sie nunmehr seit einigen Jahren erheblichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ausgesetzt. Angestoßen wurde die unionsrechtlich geprägte Debatte insbesondere durch eine jüngst ergangene Entscheidungsserie13 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die im verstärkten Maße Auffassungen nährte, dass die deutsche gesetzliche Regelung zur umsatzsteuerlichen Organschaft möglicherweise im Widerspruch zu den unionsrechtlichen Anforderungen stehen könnte. Vordergründig ist dabei der enge Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. In ←26 | 27→diesem Zusammenhang wird einerseits die Fragestellung aufgeworfen, ob nicht auch Personengesellschaften und nichtunternehmerisch tätige Gesellschaften als potenzielle Mitglieder in den deutschen Organkreis einzubeziehen sind. Aus dem unionsrechtlichen Blickwinkel ist grundsätzlich keine Einschränkung des Personenkreises vorgesehen. Andererseits ist zweifelhaft, ob der sachliche Anwendungsbereich in Gestalt eines Eingliederungsverhältnisses zwischen Organträger und Organgesellschaft noch unionsrechtskonform ausgestaltet ist. Denn nach Unionsrecht wird lediglich die weiter gefasste Begrifflichkeit der engen Verbundenheit vorausgesetzt.

Des Weiteren haben in der Vergangenheit internationale Unternehmen versucht, über grenzüberschreitende Organschaftsstrukturen den Leistungsaustausch zwischen Gesellschaften verschiedener Staaten ohne Umsatzsteuerbelastung zu erbringen.14 Diesbezüglich hat der EuGH mit seiner Entscheidung in der verbundenen Rechtssache Skandia America15 Stellung genommen und solchen grenzüberschreitenden Gestaltungsmöglichkeiten eine weitgehend einschränkende Wirkung zugewiesen. An dieser Stelle ist zu Recht die Frage aufgeworfen worden, wie der räumliche Anwendungsbereich nach Art. 11 MwStSystRL grundsätzlich zu interpretieren ist. Dem Richtlinienwortlaut folgend, müssen die Personen im Gebiet des EU-Mitgliedstaates ansässig sein. Angesichts dieser Festlegung auf inländische Personen dürften ausländische Personen regelmäßig keiner Mehrwertsteuergruppe beitreten können. Allerdings wird ein derartiges Auslegungsverständnis in der EU-Mitgliedstaatenpraxis nicht einheitlich gelebt.16

Details

Seiten
362
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631809389
ISBN (ePUB)
9783631809396
ISBN (MOBI)
9783631809402
ISBN (Hardcover)
9783631800379
DOI
10.3726/b16454
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (November)
Schlagworte
Vereinbarkeitsprüfung Unionsrecht Mehrwertsteuergruppe Anwendungsbereich Personengesellschaften
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020., 362 S., 9 s/w Abb.

Biographische Angaben

Sinja Kollmann (Autor:in)

Sinja Kollmann studierte Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung an der Universität Siegen. Dort erfolgte auch ihre Promotion. Sie ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre.

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