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Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit

Ein Prinzip und seine rechtliche Durchsetzung auf Grundlage des Entgelttransparenzgesetzes

von Sabine Marion Vianden (Autor:in)
©2020 Dissertation 414 Seiten

Zusammenfassung

Die tatsächliche Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes stellt trotz der Verankerung im europäischen und nationalen Recht weiterhin eine Herausforderung dar. Die Autorin hat sich das zu diesem Zwecke erlassene Entgelttransparenzgesetz zum Anlass genommen, die rechtlichen Voraussetzungen und Schwierigkeiten des Gebotes zu analysieren und das neue Gesetz an den gewonnenen Erkenntnissen zu messen. Dabei untersucht sie neben den Begriffen der gleichen und der gleichwertigen Arbeit auch die Defizite im zuvor geltenden Recht und setzt sich mit internationalen Vorbildern und den rechtlichen Rahmenbedingungen für ein entsprechendes gesetzgeberisches Handeln auseinander. Sie überprüft den Nutzen der einzelnen Instrumente des Entgelttransparenzgesetzes und zeigt alternative Gestaltungsmöglichkeiten auf.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A) Die Durchsetzung des Prinzips „Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit“
  • I. Problemstellung und Anlass der Untersuchung
  • II. Gang der Darstellung
  • B) Gleiche und gleichwertige Arbeit – eine Bestandsaufnahme hinsichtlich des Begriffsverständnisses vor Inkrafttreten des EntgTranspG
  • I. Ursprung der Begriffe
  • 1. Art. 119 EWGV und Art. 141 EGV
  • 2. Weiterentwicklung durch Art. 157 AEUV
  • a) Persönlicher Anwendungsbereich
  • b) Räumlicher Anwendungsbereich
  • c) Begriff und Anknüpfungspunkt des Entgelts
  • II. Auslegung der Begriffe
  • III. Rechtsprechung des EuGH
  • 1. Vergleichbarkeit der Lage
  • a) Vergleichbarkeit in räumlicher Hinsicht
  • aa) Einheitliche Quelle
  • bb) Sonderfälle: Outsourcing und Betriebsübergang
  • b) Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht
  • 2. Anforderungen an den Tätigkeitsinhalt – Vergleichbarkeit gänzlich unterschiedlicher Tätigkeiten?
  • 3. Ausbildungsanforderungen als Kriterium
  • 4. Beweislast
  • 5. Zwischenergebnis
  • IV. Verständnis in der deutschen Rechtsprechung und Literatur
  • 1. Vor Inkrafttreten von § 612 Abs. 3 BGB aF
  • 2. Nach Inkrafttreten von § 612 Abs. 3 BGB aF
  • a) Gleiche Arbeit
  • b) Gleichwertige Arbeit
  • 3. Zwischenergebnis
  • V. Begriffsverständnis im Ausland
  • 1. USA
  • a) Der Equal Pay Act 1963
  • b) Comparable Worth
  • c) Zwischenergebnis
  • 2. Europa
  • a) Frankreich
  • b) Vereinigtes Königreich
  • c) Dänemark
  • d) Irland
  • e) Kroatien
  • f) Portugal
  • g) Schweden
  • h) Tschechien
  • i) Litauen
  • j) Ungarn
  • k) Norwegen
  • l) Zwischenergebnis
  • VI. Orientierung am Marktlohn
  • 1. Iustum pretium – Historisches Verständnis von Lohn- und Preisgerechtigkeit
  • a) Römische Ursprünge
  • b) Scholastik
  • c) Katholische Soziallehre
  • d) Liberalismus
  • e) Ordoliberalismus und Soziale Marktwirtschaft
  • f) Neuere Ansätze
  • g) Zwischenergebnis
  • 2. In der Rechtsprechung
  • a) Lohnwucher
  • b) Wertbestimmung im Bereicherungsrecht
  • aa) Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis
  • bb) Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses
  • c) Versetzung
  • d) Arbeitnehmererfindungsgesetz
  • e) Stellungnahme
  • 3. Marktpreis als Rechtfertigungsgrund
  • a) Anforderungen bei unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung
  • b) Bewertung des EuGH und in Deutschland
  • c) Schweiz
  • d) USA
  • 4. Marktpreis als Kriterium zur Bestimmung der Gleichwertigkeit
  • a) Die Bedeutung marktkonformen Verhaltens
  • b) Die Natur der menschlichen Arbeit und Handlungsverantwortung
  • 5. Stellungnahme
  • VII. Methoden der Arbeitsbewertung
  • 1. Anforderungen der Rechtsprechung
  • 2. Summarische Verfahren
  • 3. Analytische Verfahren
  • a) Ursprung, Systematik und Risiken
  • b) ABAKABA
  • c) Leitfaden der ILO
  • 4. Zwischenergebnis
  • VIII. Zwischenergebnis zu den Begriffen „gleiche Arbeit“ und „gleichwertige Arbeit“
  • C) Entgeltgleichheit im Konflikt mit Privat- und Tarifautonomie
  • I. Verfassungsrechtliche Verankerung des Entgeltgleichheitsgebots durch Art. 3 Abs. 2 GG
  • 1. Entwicklung und Inhalt
  • 2. Verhältnis zwischen Gleichbehandlungs- und Förderungsgebot
  • 3. Folgerungen für das Entgeltgleichheitsgebot
  • II. Privatautonomie
  • 1. Begriff, Ursprung und Inhalt der Privatautonomie
  • 2. Eingriff durch Gesetz
  • 3. Beschränkbarkeit
  • a) Allgemeine Anforderungen
  • b) Beschränkung durch das Entgeltgleichheitsgebot
  • c) Verhandlungsgeschick als Rechtfertigungsgrund
  • 4. Zwischenergebnis
  • III. Tarifautonomie
  • 1. Begriff und Inhalt der Tarifautonomie
  • 2. Vereinbarkeit mit dem Entgeltgleichheitsgebot
  • a) Die Schranken der Tarifautonomie
  • b) Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien?
  • c) Entgeltgleichheit als Schranke der Tarifautonomie
  • aa) Gewerkschaftliche Repräsentanz und Organisationsgrad
  • bb)   Anhaltspunkte und Handlungsspielräume für gesetzgeberisches Handeln
  • d) Tarifautonomie als Rechtfertigung ungleicher Entlohnung
  • aa) Rechtsprechung des EuGH
  • bb) Literaturmeinungen und Stellungnahme
  • 3. Zwischenergebnis
  • IV. Zwischenergebnis
  • D) Bestehende Instrumente
  • I. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz
  • II. Diskriminierungsverbote
  • 1. § 612 Abs. 3 BGB aF
  • a) Regelungsgehalt
  • b) Beweislastverteilung
  • c) Zwischenergebnis
  • 2. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
  • a) § 8 Abs. 2 AGG als Anspruchsgrundlage
  • b) Rechtsfolgen eines Verstoßes
  • c) Beweislastregel des § 22 AGG
  • aa) Nachweis durch Statistiken
  • bb) Hypothetische Betrachtungsweise
  • cc) Ausdehnung der Beweismaßabsenkung auf die Benachteiligung?
  • dd) Auskunftsanspruch?
  • (1) Auskunftsanspruch bei abgelehnter Stellenbewerbung?
  • (2) Übertragbarkeit auf Entgeltdiskriminierung?
  • d) Positive Maßnahmen, § 5 AGG
  • e) Antidiskriminierungsstelle des Bundes
  • 3. Zwischenergebnis
  • III. Gesetzliche Informationsquellen
  • 1. Nachweisgesetz
  • 2. Berichtspflicht nach § 43 Abs. 2 S. 3 BetrVG
  • IV. Mindestlöhne
  • V. Die Mitwirkung des Betriebsrates
  • 1. Förderung der Gleichstellung und Verhinderung bzw. Beseitigung von Diskriminierungen
  • 2. Einsichtsrecht nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG
  • 3. Betriebliche Mitbestimmung
  • a) § 87 Abs. 1 BetrVG
  • b) § 99 Abs. 1 BetrVG
  • 4. Geschlechterquoten im Betriebsrat
  • 5. Zwischenergebnis
  • VI. Messinstrumente zur Überprüfung der Lohngerechtigkeit
  • 1. Logib-D
  • 2. eg-check
  • VII. Zwischenergebnis
  • E) Maßnahmen im europäischen und internationalen Vergleich
  • I. Empfehlung der Kommission
  • II. Großbritannien
  • 1. Equality Act 2010
  • 2. Equality Act 2010 Regulations 2017
  • a) Relevante Begriffe und Anwendungsbereich
  • b) Inhalt und Form der Berichtspflicht
  • c) Sanktionen?
  • III. Frankreich
  • IV. Österreich
  • 1. Gehaltsangabe in Stellenausschreibungen
  • 2. Einkommensbericht
  • 3. Prozessunterstützung durch den Klagsverband
  • 4. Beweislast
  • V. Island
  • VI. USA
  • 1. Equal Pay Act of 1963, Title VII und Lilly Ledbetter Fair Pay Restoration Act
  • 2. Vergabe öffentlicher Aufträge
  • 3. Paycheck Fairness Act
  • VII. Weitere Länder
  • VIII. Zwischenergebnis
  • F) Vorangegangene Gesetzesvorhaben und Referentenentwürfe
  • I. Vorangegangene Gesetzesvorhaben
  • 1. Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung der Geschlechter in der Privatwirtschaft (2001)
  • a) Wesentliche Inhalte
  • aa) Regulierung nach Zwei-Stufen-Modell
  • bb) Vergabe öffentlicher Aufträge und Beihilfen, Verbandsklagerecht
  • b) Begründung
  • c) Gründe des Scheiterns
  • 2. Entwurf eines Gesetzes zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer (2012)
  • a) Inhalt und Begründung
  • b) Kritik und Gründe des Scheiterns
  • 3. Zwischenergebnis
  • II. Vorgaben des Koalitionsvertrags
  • III. Referentenentwürfe
  • 1. Referentenentwurf in der Fassung vom 9.12.2015
  • a) Gehaltsangaben in Stellenausschreibungen
  • b) Auskunftsanspruch und Schwellenwerte
  • c) Betriebliche Prüfverfahren, Mitbestimmung des Betriebsrats
  • 2. Referentenentwurf in der Fassung vom 27.10.2016
  • a) Transparenz und Gerechtigkeit?
  • b) Verbot von Verschwiegenheitsklauseln
  • G) Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz – EntgTranspG)
  • I. Ziel des Gesetzes
  • II. Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
  • 1. Verhältnis zu anderen Gesetzen
  • 2. Entgelt
  • 3. Beschäftigte
  • a) Landesrichter und Beamte in Ländern und Kommunen
  • b) Arbeitnehmerähnliche Personen
  • 4. Arbeitgeber
  • 5. Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts
  • 6. Definition der gleichen und der gleichwertigen Arbeit
  • a) Gleiche Arbeit
  • b) Gleichwertige Arbeit
  • c) Zwischenergebnis
  • 7. Benachteiligungsfreie Entgeltsysteme
  • 8. Entgeltgleichheitsgebot – Ausdrückliche Kodifizierung des Grundsatzes „Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit“?
  • 9. Unwirksamkeit von Vereinbarungen
  • a) Abdingbarkeit
  • b) Verschwiegenheitsvereinbarungen
  • 10. Maßregelungsverbot
  • 11. Zwischenergebnis
  • III. Erfüllungsanspruch?
  • 1. Verortung des Anspruchs
  • 2. Inhalt des Anspruchs
  • 3. Auswirkungen auf Ausschlussfristen und Verjährung
  • IV. Individueller Auskunftsanspruch
  • 1. Voraussetzungen
  • a) Benennung der Vergleichstätigkeit
  • aa) In zumutbarer Weise
  • bb) Rechtsmissbräuchliche Verwendung des Auskunftsbegehrens
  • b) Ablauf der Wartefrist
  • 2. Reichweite/Anwendungsbereich
  • a) Schwellenwert – wer zählt mit? Leiharbeitnehmer und gemeinsamer Betrieb
  • b) Entgeltregelungen bei demselben Arbeitgeber in demselben Betrieb
  • c) Regionale Unterschiede
  • d) Mindestens sechs Beschäftigte des anderen Geschlechts
  • e) Zwischenergebnis
  • 3. Inhalt
  • a) Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung
  • b) Vergleichsentgelt
  • aa) Bezugszeitraum
  • bb) Bestimmung des Vergleichsentgelts
  • cc) Einzelne Entgeltbestandteile
  • dd) Aussagekraft des Medians
  • 4. Verfahren und Zuständigkeit
  • a) Adressat des Auskunftsverlangens
  • aa) Übernahme durch den Arbeitgeber – Qualität der Erläuterung
  • bb) Übernahme durch den Arbeitgeber – Gegenstand
  • cc) Übernahme durch den Arbeitgeber – Zeitliche Begrenzung
  • b) Auskunftserteilung
  • c) Beweislast
  • aa) Verhältnis zu § 22 AGG
  • bb) Anforderungen an das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen
  • d) Streit über die Vergleichstätigkeit
  • aa) Nachvollziehbare Begründung
  • bb) Möglichkeit der vollständigen Verweigerung?
  • 5. Die Rolle des Betriebsrates
  • a) Aufgaben und Rechte des Betriebsrates – insbesondere Einsichtsrecht
  • aa) Anonymisierung der Listen?
  • bb) Verbleibendes Kontrollrecht des Betriebsrats?
  • b) Ansprüche gegen den Betriebsrat?
  • aa) Ansprüche der Beschäftigten gegen den Betriebsrat
  • bb) Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat
  • 6. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
  • a) Aussagekraft der durch das Auskunftsverlangen erhaltenen Informationen
  • b) Gemeinsame Zuständigkeit von Betriebsrat und Arbeitgeber
  • c) Kollektive Verfahren
  • 7. Zwischenergebnis
  • V. Betriebliche Prüfverfahren
  • 1. Anwendungsbereich
  • 2. Gegenstand und Durchführung
  • 3. Bewertung
  • a) Modalitäten und Konsequenzen der Durchführung
  • b) Mitwirkung des Betriebsrats
  • c) Keine Pflicht – keine Sanktionen?
  • d) Compliance als Anreiz?
  • e) Arbeitsaufwand, Kostenrisiko und fehlende Zertifizierung
  • 4. Alternative Gestaltungen möglich?
  • a) Freistellung für die Vergangenheit
  • b) Vermutungswirkung für die Zukunft
  • c) Privilegierung nach dem Vorbild tarifgebundener und tarifanwendender Arbeitgeber
  • d) Pflicht zur Durchführung
  • e) Rechtstreue und die Vergabe öffentlicher Aufträge
  • 5. Monitor Entgelttransparenz
  • a) Bestandsaufnahme
  • b) Tätigkeitenvergleich
  • c) Verdienststrukturanalyse
  • d) Ergebnis
  • 6. Zwischenergebnis
  • VI. Berichtspflichten für Arbeitgeber
  • 1. Anwendungsbereich
  • 2. Gegenstand
  • a) Angaben nach § 21 Abs. 2 EntgTranspG
  • b) Verhältnis zu anderen europäischen Regelungen
  • c) Einbeziehung von Leiharbeitnehmern
  • 3. Berichtszeitraum und Veröffentlichung
  • 4. Insbesondere: Form der Veröffentlichung
  • 5. Erklärungspflicht, wenn keine Maßnahmen ergriffen wurden
  • 6. Weitergehende Rechtsfolgen?
  • a) Berichts- und Begründungspflicht
  • b) Durchführung von Maßnahmen
  • 7. Ergebnis
  • VII. Privilegierung bestimmter Entgeltregelungen
  • 1. Sonderregelungen für tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber
  • a) Rechtfertigung der Privilegierung?
  • b) Anwendungsbereich
  • aa) Tarifgebundene Arbeitgeber
  • bb) Tarifanwendende Arbeitgeber
  • cc) Einheitliche Beurteilung der Eigenschaft als tarifgebundener bzw. tarifanwendender Arbeitgeber?
  • c) Verfahren und Inhalt der Auskunftserteilung
  • aa) Dennoch Erläuterungspflicht?
  • bb) Bildung der Vergleichsgruppe
  • cc) Auswirkungen bei außertariflich Beschäftigten und übertariflichen Zulagen
  • dd) Beweislast
  • ee) Formelle Anforderungen
  • ff) § 15 Abs. 4 EntgTranspG
  • d) Durchführung betrieblicher Prüfverfahren und Fristen für Berichtspflichten
  • aa) Hintergrund der Privilegierung
  • bb) Beschäftigtenbezogene Privilegierung
  • e) Zwischenergebnis
  • 2. Öffentlicher Dienst
  • a) Auskunftsanspruch
  • b) Betriebliche Prüfverfahren und Berichtspflichten
  • 3. Kollektiv-rechtliche Entgeltregelungen der Kirchen und der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften
  • a) EntgTranspG und Mitarbeitervertretungsrecht
  • b) Umfang der Privilegierung
  • 4. Übertragbarkeit auf andere Formen kollektiver Entgeltfestsetzung
  • a) Betriebsvereinbarungen
  • b) Rechtsverordnungen nach §§ 7, 7a AEntG
  • c) Unbewusste Regelungslücke?
  • VIII. Abschließende Bewertung
  • 1. Regelungsgehalt und Zielsetzung
  • 2. Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung
  • H) Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen
  • I. Die Begrifflichkeiten gleiche und gleichwertige Arbeit
  • II. Entgeltgleichheit im Konflikt mit Privat- und Tarifautonomie
  • III. Bestehende entgeltbezogene Instrumente
  • IV. Maßnahmen im europäischen und internationalen Vergleich
  • V. Vorangegangene Gesetzesvorhaben und Referentenentwürfe
  • VI. Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern
  • Anhang: Monitor Entgelttransparenz Screenshots1912
  • Literaturverzeichnis

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A) Die Durchsetzung des Prinzips „Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit“

I. Problemstellung und Anlass der Untersuchung

Die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter1 – insbesondere in der Arbeitswelt – konnte im vergangenen Jahrhundert bedeutsame Erfolge vorweisen: Während eine verheiratete Frau noch bis zum 1.7.1958 nach § 1358 BGB aF unter Umständen die fristlose Kündigung ihres Ehemannes gegenüber ihrem Arbeitgeber hinzunehmen hatte,2 gingen im Jahr 2017 75,2 % der Frauen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren einer Erwerbstätigkeit nach3. Die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter ist nicht nur im Grundgesetz in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verankert, sondern spiegelt sich ebenso in den Gleichstellungsgesetzen der Länder und auch auf einfachgesetzlicher Ebene – beispielsweise im AGG – wider. Und dennoch: Diese formal-rechtliche Gleichheit scheint nicht auszureichen, um in tatsächlicher Hinsicht einen Zustand der Gleichstellung zu erzeugen. Der Gesetzgeber sah sich in letzter Zeit immer wieder dazu veranlasst, gesetzlich nachzurüsten. Eines der prominentesten Beispiele ist dabei sicherlich die gesetzliche Einführung von Quotenregelungen.4 Ebenfalls zu nennen ist die Diskussion bezüglich der weiterhin bestehenden Konflikte im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Das Thema dieser Arbeit nimmt im Kontext der Gleichstellung der Geschlechter eine besonders prominente Rolle ein, denn es geht um die Höhe der Entlohnung, also um Geld. Eine tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt kann nicht bestehen, solange Frauen aufgrund ihres Geschlechts eine geringere Entlohnung als Männer erhalten. Konsequenzen solcher Ungleichbehandlungen sind Unterschiede im Einkommen und daraus resultierend auch in der Altersversorgung. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 sollte die Einkommensschere verringern und es auch Geringverdienern ←25 | 26→ermöglichen, wirtschaftlich mit einer Vollzeitarbeitsstelle auszukommen. Gerade Frauen, die den überwiegenden Teil der vom Mindestlohn betroffenen Arbeitnehmergruppe ausmachen, sind von dieser Regelung berührt.5 Klar ist aber auch: Es kann nicht das Ziel sein, dass Frauen einfach nur „gerade genug“ verdienen. Abseits von Fragen des Mindestlohns und Frauenquote muss Gleichstellung in der Arbeitswelt auch bedeuten, dass eine Frau, die die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit wie ein Mann verrichtet, dafür auch die gleiche Gegenleistung, also das gleiche Entgelt erhält. Der Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode sah vor, das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ zu fördern und bezieht sich dabei gerade auf Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen.6 Diese Vorgabe liegt dem am 6.7.2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)7 zugrunde. Das neue Gesetz „schließt nun eine weitere Lücke“ – zumindest nach der Vorstellung des Gesetzgebers – und soll „den bestehenden Rechtsrahmen für eine umfassende Durchsetzung von Entgeltgleichheit im Sinne,gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit‘ zwischen Frauen und Männern in der Praxis“ verbessern.8 Zu den wesentlichen Inhalten des Gesetzes gehören – jedenfalls in Betrieben ab jeweils einer bestimmten Größe – die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs für Beschäftigte, eine Aufforderung an private Arbeitgeber betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen sowie die Einführung einer Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern.9

Dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Durchsetzung des Prinzips der gleichen Entlohnung gleicher und gleichwertiger Arbeit Lücken sieht, die es durch das neue Gesetz zu schließen gilt, weist auf Probleme in der praktischen Umsetzung hin. Winter bedauerte bereits 1998 im Titel ihrer Dissertationsschrift, bei der Entgeltgleichheit handele es sich noch immer um ein „Prinzip ohne Praxis“ und wiederholte diese Feststellung 2010 ernüchtert erneut.10 Auch aktuellere Daten des statistischen Bundesamtes deuten an, dass es sich nach wie vor um kein Prinzip handelt, das tatsächliche Durchsetzung findet. Vergleicht man den durchschnittlichen Verdienst von Männern und Frauen in Deutschland miteinander, so lag die ←26 | 27→unbereinigte Lohnzahlungslücke in Deutschland im Jahr 2018 bei 21 %.11 Ein im Durchschnitt geringerer Verdienst bedeutet aber noch nicht zwangsläufig auch eine ungleiche Bezahlung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Bezieht man Ausstattungsmerkmale, wie z.B. die Ausbildung oder die Berufserfahrung mit in die Berechnung ein, so erhält man die insofern aussagekräftigere „bereinigte“ Lohnzahlungslücke, welche dann immerhin noch bei 612 bzw. 713% liegt. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) liegt sie sogar bei nur 3,8%.14 In der öffentlichen Diskussion werden darüber hinaus oftmals die geschlechtsbedingte Lohnzahlungslücke und das Vorliegen von Entgeltdiskriminierung gleichgesetzt. Das ist deshalb problematisch, weil die unbereinigte Lücke nicht einmal zwischen verschiedenen Tätigkeiten differenziert.15 Zudem gibt sie keinerlei Auskunft über die Gründe für die unterschiedliche Bezahlung, welche bei der bereinigten Lücke zumindest teilweise herausgerechnet werden – der verbleibende Rest kann dennoch nicht mit einer Diskriminierung gleichgesetzt werden.16

Das IW Köln identifiziert als wesentliche, die Entgeltlücke beeinflussende Faktoren die unterschiedliche Branchenzugehörigkeit und Repräsentanz von Männern und Frauen in großen bzw. kleinen Betrieben, Teilzeitbeschäftigung, die Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie die angesammelte Arbeitsmarkterfahrung in Vollzeit und den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen. Die Studie führt diese Faktoren auf freiwillige Entscheidungen zurück. Das gelte jedenfalls soweit nicht etwa unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten bestünden.17 Eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) bestätigt diese Faktoren im Wesentlichen, stellt die Freiwilligkeit der dahinterstehenden Entscheidungen jedoch in Frage: Das WSI bezieht zusätzlich die durch gesellschaftliche Rollenbilder bedingten Erwerbsunterbrechungen mit ein.18 Entlohnungsunterschiede von Männern und Frauen haben also ←27 | 28→vielfältige Gründe und sind nicht zwangsläufig auf diskriminierende Arbeitgeberentscheidungen zurückzuführen. Es stellt sich mithin die Frage, ob die durch den Gesetzgeber im EntgTranspG gewählten Mittel zielführend sind.19

Denn ist es überhaupt möglich, eine zumindest in einem gewissen Umfang vorhandene Lohnzahlungslücke durch gesetzliche Mechanismen zu verringern? Notwendige Vorfrage dabei ist, ob und inwieweit das Recht und insbesondere das Arbeitsrecht Fragen der Entgelthöhe überhaupt steuern darf. Das Entgelt ist der synallagmatische, arbeitgeberseitige Gegenpart zu der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und unterliegt damit grundsätzlich der privatautonomen Entscheidung der Arbeitsvertragsparteien bzw. bei Tarifbindung derjenigen der Tarifvertragsparteien. Sollen sich gesetzliche Maßnahmen an dem Prinzip „Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit“ orientieren, setzt dies voraus, dass es gleiche und gleichwertige Arbeit gibt und ihr Vorliegen auch festgestellt werden kann. Über die Antwort auf die Frage, was gleiche bzw. gleichwertige Arbeit ist, existiert in Rechtsprechung und Literatur jedoch große Uneinigkeit. Insofern sind nicht nur die tatsächliche Größe der Lücke und ihre eigentliche Aussagekraft, sondern auch die rechtlichen Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung ungeklärt.

Obwohl der Grundsatz der Entgeltgleichheit bereits 1957 in Art. 119 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EWGV)20 enthalten war, handelt es sich weiterhin, um ein aktuelles Thema mit vielen offenen Fragestellungen. Dies wird auch an der gegenwärtigen, mit dem Inkrafttreten des EntgTranspG verbundenen, politischen und gesellschaftlichen Diskussion deutlich. Mit der Untersuchung der rechtlichen Durchsetzung des Prinzips „Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit“ soll diese Arbeit einen förderlichen Beitrag zu der Debatte leisten.

II. Gang der Darstellung

Die Untersuchung der rechtlichen Durchsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ erfolgt in fünf Schritten. Notwendig ist dabei im ersten Schritt die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen. Deshalb soll zunächst erörtert werden, was unter den Begriffen „gleiche Arbeit“ und „gleichwertige Arbeit“ zu verstehen ist bzw., wie eine Annäherung an die Begriffsbestimmung erfolgen kann. Im zweiten Schritt ist auf die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für ein gesetzgeberisches Handeln einzugehen. Dazu wird untersucht, welche Gewährleistungen die Verfassung für das Entgeltgleichheitsgebot bietet, und inwiefern entsprechende gesetzliche Regelungen im Konflikt zu Privat- und Tarifautonomie stehen. Im nächsten Schritt erfolgt eine Analyse der bereits vor Inkrafttreten des EntgTranspG vorhandenen rechtlichen Instrumente zur Herstellung von Entgeltgleichheit. Diese betrifft neben gezielten Maßnahmen ←28 | 29→auch solche Regelwerke, die lediglich mittelbar zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots beitragen. Einzugehen ist dabei insbesondere darauf, welche Handlungsfelder das bisherige Recht aufzeigt. Um die vorhandenen Instrumente besser einordnen zu können, wird im vierten Schritt ein Vergleich mit bereits existierenden gesetzlichen Maßnahmen aus dem europäischen und nordamerikanischen Ausland vorgenommen. Im letzten Schritt erfolgt dann eine umfassende Untersuchung der einzelnen Bestandteile des EntgTranspG. Diese sollen anhand der zuvor gewonnenen Erkenntnisse auf ihre Eignung, die Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots zu fördern, geprüft werden, wobei es auch gilt, mögliche Gestaltungsalternativen aufzuzeigen. Schließlich erfolgt im Anschluss an diese Untersuchung eine Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen.

←29 | 30→

1 Soweit im Folgenden das generische Maskulinum verwendet wird, dient dies ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Arbeitnehmerinnen, Arbeitgeberinnen etc. sind stets mitgemeint.

2 Aufgehoben durch Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts (Gleichberechtigungsgesetz (GleichberG) vom 18.6.1957 (BGBl. I S. 609, 610); vgl. auch Schmidt, AuR 2018, 320, 323.

3 https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/BevoelkerungSoziales/Arbeitsmarkt/ArbeitsmarktFrauen.html (Abruf 2.12.2018).

4 Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24.4.2015 (BGBl. I S. 642).

5 Knapp zwei Drittel von 4,1 Mio. Beschäftigungsverhältnissen, die 2014 mit einem Lohn unterhalb von 8,50 Euro bezahlt wurden, betrafen Frauen, vgl. Erster Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns, S. 39 ff., abrufbar unter: https://www.mindestlohn-kommission.de/DE/Bericht/pdf/Bericht2016.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (Abruf 2.12.2018).

6 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, Deutschlands Zukunft gestalten S. 72, abrufbar unter: https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf (Abruf 2.12.2018).

7 BGBl. I S. 2152 ff.

8 BT-Drucks. 18/11133, S. 2.

9 BT-Drucks. 18/11133, S. 2.

10 Winter, Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit; Winter, in: FS Pfarr, S. 320.

11 Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Nr. 98 v. 14.3.2018, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/03/PD19_098_621.html (Abruf 16.4.2019).

Details

Seiten
414
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631813836
ISBN (ePUB)
9783631813843
ISBN (MOBI)
9783631813850
ISBN (Hardcover)
9783631803288
DOI
10.3726/b16611
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Februar)
Schlagworte
Lohnzahlungslücke Betriebliche Prüfverfahren Berichtspflichten Auskunftsanspruch Entgeltgestaltung Entgeltgleichheitsgebot
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 414 S., 16 s/w Abb.

Biographische Angaben

Sabine Marion Vianden (Autor:in)

Sabine Vianden hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Rechtswissenschaften studiert. Dort war sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gregor Thüsing LL.M. (Harvard) tätig, wo auch ihre Promotion erfolgte.

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