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Das private Tagebuch Jugendlicher: Textualität und Stil von Tagebucheinträgen

Eine mikroanalytische Untersuchung

von Kerstin S. Runschke (Autor:in)
©2020 Dissertation 410 Seiten

Zusammenfassung

Vielfältige Gründe veranlassen einen Menschen dazu, ein Tagebuch zu führen. Ob es das Verlangen ist, das eigene Leben zu ordnen, eine Lebensphase zu dokumentieren oder subjektive und soziale Erfahrungen nachvollziehbar zu verarbeiten – Tagebucheintragungen geben den Blick auf Konstruktionsprozesse individueller Identitäten wieder, vermitteln gleichzeitig aber oftmals auch ein detailliertes Bild der historisch-sozialen Gesellschaftsentwicklung einer Epoche bzw. einer Generation. Der Band zeigt anhand von exemplarischen Belegtexten jugendlicher Schreiberinnen mögliche Grundformen und Erscheinungsmuster von Tagebucheinträgen auf. Das bestimmende Forschungsinteresse ist dabei die Frage nach Beschreibungsaspekten, die dazu angewendet werden können, das Jugendtagebuch als textliche und stilistische Erscheinungsform zu erfassen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Danksagung
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 2. Das Tagebuch und seine Entwicklung
  • 2.1 Vorläufer und Anfänge
  • 2.2 Erscheinungsformen des 15. bis 17. Jahrhunderts
  • 2.3 Erscheinungsformen des 18. Jahrhunderts
  • 2.3.1 Literalisierung der Gesellschaft
  • 2.3.2 Tendenzen des Subjektivismus: Pietismus, Aufklärung, Empfindsamkeit
  • 2.4 Erscheinungsformen des 19. bis 21. Jahrhunderts
  • 2.4.1 Das Journal Intime
  • 2.4.2 Popularisierung von Tagebüchern
  • 2.5 Schreiben für die Öffentlichkeit
  • 2.6 Zwischenfazit
  • 3. Forschungskontext und Ansatz der Arbeit
  • 3.1 Das (Jugend)Tagebuch im Fokus der Forschung
  • 3.2 Textlinguistischer Forschungskontext
  • 3.2.1 Entwicklungen linguistischer Textauffassungen
  • 3.2.2 Zwischenfazit: Text und Textauffassung
  • 3.3 Textstilistischer Forschungskontext
  • 3.3.1 Entwicklungslinien in der (linguistischen) Stilistik
  • 3.3.2 Zwischenfazit: Stilistische Analyse von Tagebucheinträgen?
  • 4. Methodisches Vorgehen
  • 4.1 Erkenntnisinteresse und Fragestellungen
  • 4.2 Zusammenstellung des Korpus
  • 4.2.1 Materialsammlung: Das Deutsche Tagebucharchiv
  • 4.2.2 Überlegungen zur Auswahl und Zusammenstellung der Korpusdaten
  • 4.2.3 Probeanalysen und Materialsichtung
  • 4.2.4 Auswahlkriterien und Übersicht über die Korpusdaten
  • 4.2.5 Aufbereitung des Datenmaterials
  • 5. Vorstellung exemplarischer Tagebücher und Tagebucheinträge
  • 5.1 Das Tagebuch von Sandra L.: „Ich weiß nicht wie es kommt…“
  • 5.1.1 Die Verfasserin
  • 5.1.2 Beschreibung des Tagebuchs
  • 5.1.3 Kontext des Tagebuchs
  • 5.1.4 Inhaltliche Übersicht über die Einträge
  • 5.1.5 Auffälligkeiten – Besonderheiten
  • 5.2 Das Tagebuch von Lilly A.: „Geschehen in Kürze: High Life…“
  • 5.2.1 Die Verfasserin
  • 5.2.2 Beschreibung des Tagebuchs
  • 5.2.3 Kontext des Tagebuchs
  • 5.2.4 Inhaltliche Übersicht über die Einträge
  • 5.2.5 Auffälligkeiten und Besonderheiten
  • 6. Tagebuchanalysen I: Globale Ebenen der Gesamttexte
  • 6.1 Die Kommunikationssituation
  • 6.2 Textfunktion
  • 6.2.1 Selbstreflexion und Selbstdarstellung
  • 6.2.2 Personenersatz
  • 6.2.3 Widerstand gegen sich und andere
  • 6.2.4 Dokumentationsfunktion
  • 6.3 Textstrukturierung/Textgliederung
  • 6.3.1 Textstruktur der Tageseinträge: Chronologische Strukturierung
  • 6.3.2 Textstruktur der Tageseinträge: Ereignisorientierte Strukturierung
  • 6.4 Referenz auf andere Textwelten und Textmusterwissen: Ausgewählte Felder
  • 6.4.1 Beispiel Erzählpassagen
  • 6.4.2 Beispiel religiöse Textvorlagen
  • 6.5 Zwischenfazit
  • 7. Tagebuchanalysen II: Textrealisierung in den Tageseinträgen: Sprachliche Mittel und stilistische Gestaltung
  • 7.1 Satzstrukturen im Tagebucheintrag
  • 7.2 Lexikalische Auffälligkeiten im Tageseintrag
  • 7.2.1 Phraseologische Elemente im Tagebuch
  • 7.2.1.1 Redewendungen
  • 7.2.1.2 Begrüßungs- und Verabschiedungsformeln
  • 7.2.2 Interjektionen und Gesprächspartikeln
  • 7.2.3 Steigerungen /Betonungen
  • 7.2.4 Lexikalische Anschaulichkeit
  • 7.2.5 Regionale bzw. dialektale Auffälligkeiten
  • 7.3 Orthographie und Interpunktion im Tagebucheintrag
  • 7.4 Multi-Medialität und Typographie im Tagebucheintrag
  • 7.4.1 Zeichnungen
  • 7.4.2 Eingeklebtes: Textexterne Elemente
  • 7.4.3 Grafische Hervorhebungen
  • 7.5 Emotionen als Handlungsmuster im Jugendtagebuch
  • 7.6 Zwischenfazit
  • 8. Sprache und Stil im Jugendtagebuch – Ein Fazit
  • Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

Ein unsichtbarer Kalender schwebt vor dem Gedächtnis selbst

des Ungebildetsten

und rettet das einzelne Erlebnis, das er bewahren will,

vor der Isolierung in dem ungeheuren Meer der Zeit,

sichert ihm einen chronologischen Platz

und hebt aus der unendlichen Flucht der Sonnenauf- und -untergänge

einzelne Momente wie mit leuchtender Farbe heraus.1

1. Einleitung

Vielfältige Gründe veranlassen einen Menschen, ein Tagebuch zu führen. Ob es das Verlangen ist, das eigene Leben zu ordnen, eine Lebensphase zu dokumentieren oder subjektive und soziale Erfahrungen nachvollziehbar zu verarbeiten – Tagebucheintragungen geben den Blick auf Konstruktionsprozesse individueller Identitäten wieder, vermitteln gleichzeitig aber oftmals auch ein detailliertes Bild der historisch-sozialen Gesellschaftsentwicklung einer Epoche bzw. einer Generation. Gerade das Konservieren von Erinnerungen, Erfahrungen oder auch Einstellungen in textlicher Form erfreut sich bei Tagebuchautoren seit jeher großer Beliebtheit, „da nur in der schriftlichen Fixierung Dauer, Kontinuität, Wandel, der Prozeß von Ichentwicklung realisiert und konserviert werden kann.“2 Das Schreiben kann so die Funktion von Selbstvergewisserung einnehmen und (Auto)Biographiearbeit leisten. Insbesondere der häufig ausgeprägte Grad an Subjektivitäts-Konstruktion und die damit explizit wie implizit verbundenen Selbstaussagen der Tagebuch-Führenden lassen das Diarium als Genre in die unmittelbare Nähe vergleichbarer Textgattungen (z. B. Briefe, Chroniken oder Autobiographien) rücken, wie es schon Boerner (1969) in seiner frühen Untersuchung zum Tagebuch festhielt.3 Und doch wohnt dem Tagebuch „als Medium der Selbstdarstellung“4 ein ganz eigener, ein spezifischer Charakter inne, welcher seine Ausprägungsformen, seine Eigenarten und seine Individualitätsmerkmale abhängig vom jeweils Schreibenden konstituiert. Ob ein Tagebuch sich demnach stilistisch ausgearbeitet oder sprachlich schlicht, inhaltlich ausschweifend ←11 | 12→oder prägnant zusammenfassend und gestalterisch aufwändig oder eher auf das Wesentliche konzentriert präsentiert – unzählige Variationen sind denk- und nachweisbar. Die individuelle Bemessungsgrundlage, welchen Einsatz und welchen Aufwand das Führen eines Tagebuchs rechtfertigt, lässt sich wohl in vielen Fällen an einer zugrundeliegenden (inneren oder äußeren) Motivation ausrichten; der Frage nach dem Warum, der Frage nach dem Grund für die Niederschriften.

Wer Tagebuch schreibt, möchte dem Flugsand der Zeit etwas Greifbares abgewinnen. Und mehr noch: ein Tagebuch führt, wer sich dereinst erinnern will. Eintragungen ins Tagebuch schaffen Anhaltspunkte für ein künftiges Sich-Erinnern.5

Die Gewissheit, auch nach Jahren noch die Möglichkeit zu haben, das eigene Ich in all seinen Entwicklungsfacetten erneut zu betrachten und vielleicht längst vergessene Eindrücke und Gefühlsregungen wiederzubeleben, erscheint für den ein oder anderen Schreiber6 verlockend zu sein. Festzuhalten bleibt diesbezüglich aber der nachvollziehbare Gedanke, dass „das Tagebuch […] nun einmal kein Werk des Erinnerns [ist], sondern eines der Beobachtung, der Reaktion und der Kontrolle“7. Ein Diarist wählt also mehr oder weniger affektiv aus, was er textlich verewigen möchte und vor allem auch in welcher (sprachlichen) Ausprägung. Dieser Aussage ließe sich entgegenhalten, dass das schreibende Ich sich zum Zeitpunkt der Niederschrift sehr wohl in Erinnerungsprozessen bewegt, beispielsweise den Tagesablauf oder einzelne Gespräche zu rekonstruieren versucht; unbestritten geschieht dies aber vor dem Filter einer subjektiven Auswahl. Es scheint demnach von Bedeutung zu sein, verschiedene Ebenen des Erinnerns zu unterscheiden, je nachdem, ob es darum geht, sich an die Fülle von Tagesgeschehnissen zu entsinnen oder ob ein Tagebuch als „Magazin künftigen Erinnerns“8 betrachtet wird. Aus der Sicht eines Tagebuchtext-Rezipienten vermag es nur bei eigenen, privaten Texten möglich zu sein, diese Unterscheidung zu realisieren und auszulegen. Aus einer fremden Außenperspektive ist eine solch einordnende Wertung nicht möglich; allerdings ist anzunehmen, dass sich durch die Betrachtung des sprachlichen Produkts, durch die Analyse sprachlicher, struktureller und stilistischer Eigenheiten Erkenntnisse ←12 | 13→über grundlegende Ausprägungen eines Tagebuchs und dessen Verfasser festhalten lassen. Dies allerdings immer verbunden mit dem Wissen, dass es sich bei dem zu betrachtenden Tagebuch um ein höchst subjektives „Memento“9 handelt, welches nur auf der Grundlage vormals getroffener Auswahlentscheidungen existiert.

Auch die psychischen Funktionen, die das Aufschreiben von Selbsterlebtem einnehmen kann, sollten nicht unbeachtet bleiben: Dem Tagebuchschreiben wird häufig eine Entlastungsfunktion nachgesagt10, welche es ermöglicht, belastenden oder beglückenden Gefühlen ein Ventil nach außen zu vermitteln. Durch das Festhalten von Emotionen in schriftlicher Form gewinnen Gedanken und Gefühle an Gestalt und werden so für den Schreibenden wortwörtlich sichtbar. Der Akt des sich etwas von der Seele Schreibens ist dabei stets ungebunden von Zeit und Ort und bedingt lediglich ein Schreibgerät sowie Material, welches sich beschriften lässt. Ein Tagebuch mag als Gesprächspartner fungieren, als Dialog eines Diaristen mit sich selbst, als ein Medium, welches es ermöglicht, Klarheit und Struktur in Gedankengänge und Gefühlszustände zu bringen. Ein Tagebuch erlegt dem Schreibenden keinerlei (thematische) Grenzen auf – nur solche, die er für sich selbst definiert. Ob eine aktive Entlastung denn tatsächlich durch die Schreibhandlung stattfindet, ließe sich nur durch direkte Befragung Tagebuch Schreibender herausfinden. Da dies nicht unbedingt möglich ist, erscheinen Erkenntnisse, die sich aus den Tagebüchern selbst herausfiltern lassen, umso aufschlussreicher – zumindest wenn davon ausgegangen wird, dass die Texte durch sprachliche Strukturen Emotionen authentisch be- und verarbeiten. Eine erhöhte Vorkommensweise von Tageseinträgen, die sich rund um das Gefühlserleben drehen, zeigt an, dass sich ein Schreiber gedanklich auf eine Verarbeitung seiner Gefühlswelt einlässt. Eine solche Reflexion dient sicherlich ansatzweise der Entlastung und fördert die Einordnung persönlichen Verhaltens.

Das Lesen in einem fremden, nicht-öffentlichen Tagebuch galt und gilt den meisten als der Bruch eines unausgesprochenen Tabus sowie als das unerlaubte Stöbern in Geheimnissen anderer und offenbart ein unerlaubtes Interesse an (vermeintlich) spannenden Lebensgeschichten, die nicht die eigenen sind. Während das Studium eines nicht zugänglichen Tagebuchs aus alltagspraktischer Sicht demnach eher einem der Neugier geschuldeten Interesse zuzuschreiben ist, bietet ebendiese Textsorte einer wissenschaftlichen Analyse vielfältige ←13 | 14→Zugangsweisen bzw. Erkenntnisinteressen. So gewähren Tagebücher aus textlinguistischer Perspektive betrachtet Einblicke in die Konstruktionsprozesse individueller Identitäten und spiegeln u. a. nicht nur in inhaltlicher Hinsicht, sondern auch auf sprachlicher Ebene Gefühle und ihre Verarbeitung durch den Verfasser wider. Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Forschungsarbeit sind vor allem zwei rein privat verfasste Jugend-Tagebücher, wobei privat im Sinne derjenigen Intention zu verstehen ist, die das Verfassen eines Tagebuchtextes ausschließlich für die eigene Verwendung ansieht und, um es mit Bloom zu formulieren, nicht von einem „audience hovering at the edge of the page“11 ausgeht. Bewusst ausgeschlossen werden an dieser Stelle literarische Tagebücher, Tagebücher, die im Kontext therapiebegleitender Maßnahmen angefertigt werden, und auch Tagebücher, welche eine institutionelle Anbindung aufweisen, wie z. B. solche, die als Lernmedium im universitären oder schulischen Unterricht eingesetzt werden. Die verschiedensten teils sehr frühen Ansätze, die sich darauf zu konzentrieren versuchen, die Formenvielfalt des Tagebuchs systematisch zu erfassen12, kommen zwar zu keinem allgemeingültigen Ergebnis, aber, so fasst Kochinka diesbezüglich treffend zusammen:

Einig ist man sich hingegen in der Feststellung, daß es keinerlei strukturelle oder sonstige Merkmale gibt, die eine trennscharfe Abgrenzung von ‚privaten‘ und ‚literarischen‘ Tagebüchern gestatten würden, also eine Unterscheidung von nur (oder zunächst einmal nur) für den Verfasser selbst notierten einerseits und andererseits literarischen, von Anfang an mit Publikationsabsicht niedergelegten oder zumindest als Stoffsammlung dienenden Tagebüchern […].13

Die Frage, inwieweit privat aber nun wirklich auch privat sein kann, lässt sich dabei ganz offensichtlich nur recht hypothetisch eingrenzen. Baumann hält fest:

In täglichen Aufzeichnungen vermag man zu erkennen, wie weit man offen mit sich selbst verkehrt, wie weit alles Tun und Lassen dem Selbstverständnis zugänglich ist. Tagebücher sind untrügliche Zeugnisse und Zeugen, daß das Leben sich in ständigen Selbstvergegenwärtigungen verwirklicht […].14

Welchen Grad an Direktheit und Intimität Tageseinträge in einem Diarium mit sich bringen, wird sich wohl an mindestens zwei Faktoren bemessen. Zum einen daran, wie intro- oder extrovertiert ein Verfasser mit dem eigenen ←14 | 15→Erleben umgehen möchte und über welche sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten er diesbezüglich verfügt, und zum anderen daran, wie bedeutungsvoll ihm der Begriff des Privaten ist und – je nach Veranlagung – wie sehr ihm die (Un)Zugänglichkeit des Tagebuchs am Herzen liegt. Darauf zu vertrauen, dass ein Tagebuch im individuellen sozialen Umkreis als ein Dokument des Privaten respektiert wird und es so vielleicht unverschlossen in einer Schublade aufzubewahren, markiert einen anderen ‚Privatheitsgrad‘ als das Sichern eines Tagebuchs durch aufwändigeres Verbergen in einem speziell erdachten Versteck. Für den Kontext dieser Arbeit sei allerdings klar zwischen ‚privat‘ und ‚geheim‘ unterschieden. ‚Privat‘ soll hier als Kriterium des ursprünglich nicht für eine Veröffentlichung vorgesehenen Tagebuchs verstanden werden; ein ‚geheimes‘ Tagebuch ginge wohl noch den entscheidenden Schritt weiter, der dann besagen müsste, dass auch der Akt des Schreibens an sich unentdeckt bleiben solle. Dies ist bei den vorliegenden Textbeispielen eindeutig nicht der Fall, soviel sei an dieser Stelle vorweggenommen.15 Allgemeiner betrachtet, lässt sich eine Vermischung dieser Aspekte aber deutlich beobachten: Den persönlichen, vertraulichen Charakter des Tagebuchschreibens und damit das Spiel mit dem Mythos des Geheimen haben sich auch kommerzielle Anbieter zu Nutzen gemacht, die spezielle Druckerzeugnisse anbieten, welche z. B. mit einem Schloss gesichert sind. Tagebuchschreiben kann so als etwas zu Beschützendes, etwas Eigenes, etwas Wertvolles ausgelegt werden.

Gerade das Jugendalter wird immer wieder als ein bedeutender Lebensabschnitt, als ein „rite de passage“16 bezeichnet und scheint damit besonders aussagekräftige Einsichten in Gefühlswelten geben zu können.

Tagebücher, die sich auf eine als krisenhaft empfundene Lebensphase wie Pubertät, Midlife-Crisis, Lebensabend oder auf einschneidende Verlust-, Isolations- oder andere Umbruchserfahrungen beziehen, sind stark von der Innenperspektive bestimmt.17

Abgesehen von den vielen psychologischen Auslegungsweisen und Analysen, die sich mit dem Jugendtagebuch beschäftigen (vgl. dazu Kap. 3.1), erscheint es aufschlussreich und notwendig, einen eher textlinguistisch ausgerichteten Blick auf das private Jugendtagebuch zu werfen, um so mit Hilfe zu entwickelnder Beschreibungskategorien auf mikroanalytischer Ebene fundierte Aussagen über die Formen und Gestaltungsaspekte dieser Textsorte tätigen zu können. Mit ←15 | 16→diesem Aspekt der Tagebuchschreibung ist ein wissenschaftliches Gegenstandsfeld angesprochen, das in Sprach- und Textwissenschaft generell noch nicht hinreichend berücksichtigt wird, welches aber Einblicke in die Schreibprozessgestaltung Jugendlicher zu geben vermag. Um letztendlich Aussagen über textuelle Erscheinungsmuster sowie Stiltendenzen von Jugendtagebüchern treffen zu können, bedarf es u. a. zweier breit angelegter Hauptanalysefelder. Dies sind einerseits die globaleren Ebenen der Gesamttexte, welche Aspekte der Kommunikationssituation, der Textfunktion, der Textgliederung und der Referenz auf außenliegende Textwelten umfassen (vgl. Kap. 6); andererseits ist anzunehmen, dass vor allem nachweisbare sprachliche Mittel und die Analyse der den Jugendtagebüchern inhärenten stilistischen Gestaltungsausprägungen einen vertieften Einblick in das private Schreiben Jugendlicher erlauben (vgl. Kap. 7). Um die Frage nach einem individuellen Stil im privaten Jugendtagebuch beantworten zu können (vgl. Kap. 8), sei zunächst aber auf das Tagebuch und seine historische Entwicklung verwiesen (vgl. Kap. 2) und daran anschließend der Forschungskontext dieser Arbeit noch näher ausgeführt (vgl. Kap. 3). Auch das methodische Vorgehen (vgl. Kap. 4) und die detaillierte Vorstellung der exemplarischen Tagebücher (vgl. Kap. 5) erscheinen als wesentliche Bedingungen einer umfassend dargestellten Mikroanalyse. Dazu sei einleitend aber noch einmal etwas präziser auf die Frage eingegangen, was ein Tagebuch denn nun eigentlich ausmacht und wie sich dieser allgemeinsprachlich sehr weit gefasste Begriff definitorisch fassen lässt.

Den augenscheinlich klarsten Zugang zu einer Definition zumindest des Begriffs des Tagebuchs bietet wohl das Wort an sich an. Tagebuch – das Buch eines oder des Tages. Der Blick in ein etymologisches Wörterbuch des Deutschen zeigt die Herleitung des heute im Deutschen als standardsprachlich markierten Lexems:

Tagebuch Sn std. (17. Jhd.) Übersetzt aus ml. diurnalis (Journal) oder l. diurnum (commentariolum) zu l. diēs fm. >Tag<. Dies ist seinerseits eine Lehnübersetzung von gr. ephēmerís f. >Tagebuch< zu gr. hēmérā f. >Tag<.18

Mit dem Tagebuch einher geht scheinbar die direkte Verknüpfung zu Erlebtem, Beschriebenem oder Niedergeschriebenem im Laufe eines Tages. Ob es sich hier um den jeweils zum Zeitpunkt einer Aufzeichnung aktuellen Tag oder einen beliebigen Tag handelt, das vermag der Begriff per se nicht direkt auszusagen. Er betont vielmehr die zeitliche Einschränkung, die ein möglicher Inhalt eventuell ←16 | 17→aufweisen kann: die Unterteilung in Abschnitte nach Tagen. Schlägt man den Begriff Tagebuch in einem Lexikon des Deutschen nach, findet man u. a. folgende Angaben, die diesen Aspekt ebenfalls mit einbeziehen:

Tagebuch <n.> Buch, in dem man sich täglich (od. häufig) Aufzeichnungen, bes. über Erlebnisse, Gedanken macht; <auch> Geschäftsbuch, in das die tägl. Geschäfte eingetragen werden; Roman in Form eines ~es19

Schönborn definiert den Begriff „Tagebuch“ im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft vor allem in Hinblick auf mögliche Erscheinungsformen und Funktionsweisen wie folgt:

Durch ihre thematische Vielfalt, chronologische Entstehung und Anordnung können Tagebücher (1) zum ausschließlich privaten Gebrauch ihres Schreibers bestimmt sein (was ihre spätere Auswertung als ‚Ego-Dokumente‘ nicht ausschließt); sie können (2) von vorneherein im Blick auf spätere Veröffentlichung konzipiert werden (wie dies häufig bei Politiker-Tagebüchern der Fall ist); sie können (3) den künstlerischen Schaffensprozeß als ‚Arbeitsjournal‘ o. ä. dokumentieren; und sie können (4) als fiktionales Genre literarisiert werden (Tagebuchroman).20

Sie fasst außerdem die wortgeschichtliche Herkunft der Benennung Tagebuch prägnant zusammen:

Das Bestimmungselement ‚Tag‘ ist für die Bezeichnung des Genres in allen europäischen Sprachen leitend. Das bis ins 18. Jh. hinein gebräuchliche Wort Ephemerides geht auf das griech. έφήμερις [ephémeris] ‚Tagebuch‘ zurück, das aus dem griech. Wort für ‚Tag‘ ήμέρα [heméra] gebildet wurde. Es wurde zunächst auch ins Lat. (Cicero) übernommen, bis sich ab dem 2. Jh. n. Chr. für tagebuchähnliche Aufzeichnungen die Bezeichnung diarium (von dies ‚Tag‘) durchsetzte. Seit dem 15. Jh. entstanden aus der Adjektivableitung diurnus die konkurrierenden Bezeichnungen (ital.) diario und giornale, (span.) diario und jornal, (engl.) diary und journal. 1613 übersetzte Johannes Kepler vermutlich zum ersten Mal diurna aus dem Lat. mit Tagebuch.[…] Das seit dem 18. Jh. aus dem Frz. oder Engl. entlehnte Fremdwort Journal ist dt. seit dem 18. Jh. als Synonym von Tagebuch geläufig, wird jedoch auch allgemein im Sinne von ‚Bericht‘ gebraucht und gegenüber Tagebuch abgegrenzt (vgl. Herder: ‚Journal meiner Reise im Jahr 1769‘).21

Aber nicht nur in der deutschen Sprache bezieht sich der Begriff Tagebuch auf die zeitliche Einheit des Tages, auch z. B. im Englischen (diary), im Französischen (journal) oder auch im Italienischen (giornale) ist dieser direkte semantische ←17 | 18→Verweis belegbar. Und dennoch scheint es: Das private Tagebuch ist in seiner Form als „Dokument eines Lebens“ – oder zumindest als Dokument einzelner Lebensabschnitte nur sehr schwer zu fassen bzw. zu kategorisieren. Schon 1971 bemerkt Vogelsang:

Man sollte sich nichts vormachen. Es ist schwierig, das vielfältig schillernde Phänomen ‚Tagebuch‘ jemals in seiner ganzen Komplexität zu erfassen und zu begreifen. Zu weit ist seine Auffächerung, zu nuancenreich die Skala seiner Erscheinungsformen. Und die Fülle des Materials selbst ist schier unendlich.22

Und auch Jurgensen argumentiert sehr ähnlich: „Jeder Versuch einer dogmatisch-präzisen Definition des Tagebuchs scheint daher sinnlos.”23 Ob in linguistischen, literaturwissenschaftlichen oder auch soziologischen Forschungsarbeiten – prinzipiell lassen sich durchaus eine Menge von Angaben und Erkenntnissen zur Bestimmung des Phänomens Tagebuch zusammentragen. Ob exemplarisch betrachtet bei Boerner (1969), Görner (1986), Kochinka (2008) oder Wuthenow (1990), alle Forschungsarbeiten betonen stets das phänomenbezogene Beschreiben von Eigenschaften. Dass diese Ausführungen je nach Fachrichtung und Forschungsinteresse der Arbeiten voneinander abweichen, bzw. ein breites Spektrum von Anhaltspunkten für definitorische Einordnungen aufweisen, liegt nahe. Eine wissenschaftlich eindeutige und allgemein gültige Definition gibt es nicht. Melchior bezieht sich in einer Auswertung von Sekundärliteratur auf die Erkenntnis, dass eine konturierte Formbestimmung zur Definition des gesamten Genres des Tagebuchs kaum möglich sei: „Selbst das ausgefeilteste Klassifizierungsraster bleibt defizitär, weil sich die offene Form des Tagebuches einer umfassenden Definition widersetzt.“24 So fasst Kuhn-Osius zusammen, dass sich Tagebücher weniger nach formal-inhaltlichen als nach persönlichen Relevanzkriterien beschreiben lassen; es sei demnach kaum möglich, eine allgemeingültige Aussage über Tagebücher zu treffen:

It is very difficult to say anything about diaries which is true for all of them. They seem to be the only genre (if such they can be called) which is described not in terms of content and/or formal organization but in terms of the purported circumstances of their writing. For the most part it is assumed that diaries somehow deal with personal experiences of their authors, but there is no restriction as to what these experiences may be. Consequently, the content of a diary cannot be predicted or made the touchstone of its ←18 | 19→diaristic qualities. Formally speaking, it is true for almost all diaries that they are written in visibly separated installments corresponding to the time of composition and thus progressing more or less from one day to the next.25

Ausgehend von dieser wissenschaftlich geprägten Erkenntnis ist es interessant zu beobachten, inwieweit sich eine öffentliche Wahrnehmung des Begriffs Tagebuch scheinbar problemlos abbilden bzw. wiedergeben lässt. Die Vorstellungen von einem privaten Tagebuch sind häufig mit einigen immer wiederkehrenden Charakterisierungen und Kontextualisierungen verknüpft. Im Gegensatz zur wissenschaftlichen Diskussionsbreite ist der öffentliche Diskurs bei dieser Fragestellung eingrenzbar. In einer stichwortartigen Umfrage unter 31 Germanistik-Studierenden26 der Bergischen Universität Wuppertal im Herbst 2007 beantworteten ausnahmslos alle Teilnehmer die offen gestellte Frage „Was verstehen Sie unter einem privaten Tagebuch? Nennen Sie mindestens zwei Merkmale.“ sehr eindeutig mit exemplarischen Aussagen wie:

(1)Ein Buch, in das man seine täglichen Erlebnisse hineinschreibt“,

(2)Etwas, in dem ich meinen Alltag und meine Gefühle festhalte“,

(3)Die Möglichkeit, mein Leben zu dokumentieren – und das täglich“.

Als charakterisierende Merkmale wurden der Häufigkeit nach „Geheim/Privat27“ (29), „Regelmäßig“ (16), „Chronologisch“ (13), „Zur Verarbeitung von Gefühlen gedacht“ (8) und „Ermöglicht das Führen eines inneren Monologs“ (4) angegeben.28 Auch eine kleine online durchgeführte Befragung im Sommer 2012 mit der identischen Fragestellung führte zu vergleichbaren Ergebnissen29:

←19 | 20→

(4) „der Inhalt eines Tagebuches ist geheim (nur der Schreiber kennt dessen Inhalt) und darüber hinaus gleicht ein Tagebuch einem niedergeschriebenen/verschriftlichten inneren Monolog!“,

(5) „Es dient dem Schreiber der Archivierung von Wissen/ Emotionen etc. für die Zukunft.“

(6) „,Idioform῾“ des kulturellen Gedächtnisses als kleinste soziologische Einheit - unzensierter Inhalt - beschränkter Adressatenkreis.“

Insgesamt sind es demnach implizit eher allgemeine Aussagen, die sich über den Tagebuchcharakter machen lassen: Tagebücher erscheinen häufig in einer chronologisch geführten, fortlaufenden Form, so dass der Umfang eines Tagebuchs erst nach und nach anwächst und sich beliebig erweiterbar präsentiert, begrenzt höchstens durch seine eigene Materialität – zumindest bei gebundenen Büchern oder Heften. Ein Tagebuch, das aber z. B. in Sammelmappen oder Ordnern geführt wird, ist theoretisch nie abgeschlossen. Dies gilt natürlich nicht, sollte es sich bei dem Tagebuch um eine Dokumentation eines vorher festgelegten und benannten Zeitraums (z. B. die Dauer einer Reise) handeln. Schon Boerner konstatierte in seiner frühen und selbst heute immer noch grundlegenden Untersuchung einige generelle Aspekte möglicher Textcharakteristika wie eine gewisse Regelmäßigkeit und erkennbare Trennung der Einträge, die in den häufigsten Fällen auch nur von einem Schreiber vorgenommen würden.30 Zudem gebe es „für die einzelne Eintragung eines Tagebuchs […] keinerlei Maß und Regel, weder in Bezug auf den Inhalt noch auf den Umfang oder die äußere Form.“31 Die Vielgestaltigkeit des Phänomens Tagebuch tritt hier deutlich zum Vorschein und lässt auch erahnen, dass es sich in diesem Fall um eine derjenigen Textsorten handelt, die sich zwar durchaus mit Merkmalen beschreiben lässt, aber in ihren spezifischen Ausprägungen, ihren Gestaltungs- bzw. Vorkommensmöglichkeiten quasi nicht umfassend darstellbar und greifbar zu machen ist. Hinzu kommt die grundsätzlich autarke Gestaltungsfreiheit, denn die Ausgestaltung eines Tagebuchs ist keinerlei Regeln unterworfen – und zwar wirklich in keiner Hinsicht. Das ist ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, das es von vielen anderen Textsorten unterscheidet. Während ein (Koch)Rezept zwar willkürlich und frei gestaltet sein kann, so erfordert es doch an beliebiger Stelle die Angabe von Zutaten und Zubereitungsart, um es als ebendiese Textsorte auszuweisen. Im Tagebuch lässt sich ein obligatorischer Textbestandteil kaum nachweisen. Von der äußeren Erscheinungsweise abgesehen, können es Eigenerlebnisse, ←20 | 21→öffentliche Diskurse, Ereignisse jeder Art, Tätigkeiten oder Gedanken sein, die den Inhalt des Tagebuchs bestimmen: Es gibt keine inhaltliche Einschränkung. „Folglich kann alles, die alltäglichen Begebenheit wie das umwälzende Großereignis, das abgelegene Detail wie die abgehobene Weltformel, das Erlebte wie das Ersponnene, zum Gegenstand eines Eintrags werden.“32 Und auch stilistisch sind Eingrenzungen nicht denkbar: Von „Alltagsprosa bis sprachliches Kunstwerk“33 – das sprachliche und stilistische Spektrum ist vielfältig.

Was auf den ersten Blick als ein relativ überschaubares und im Allgemeinen oft als eindeutig festzuschreibendes Wissen über eben diese Textsorte erscheint, erweist sich bei näherer, textsortenlinguistischer Betrachtung als ein recht komplexes Feld. Die oben genannte Möglichkeit zur Varianz betont in besonderer Weise die Normenthobenheit von Tagebüchern. Eine unterstellte Spontaneität des Schreibprozesses erweckt mithin die Annahme, dass Tagebucheinträge sich einer konzeptionellen Mündlichkeit annähern. In Bezug auf den prozesshaften Entstehungskontext vieler schriftlicher Texte – dazu gehört beispielsweise der Schritt des Überarbeitens – definieren sie sich zwar in ihrer Medialität als Schreibprodukt, können sich aber gerade durch die Öffnung in Richtung vieler unterschiedlicher Textsorteneinflüsse und –ausschnitte durchaus gegebenenfalls zu einer eher mündlich orientierten Textkultur hinwenden.

Private Tagebücher lassen sich häufig nicht in den Rahmen traditioneller Kommunikations- und Textfunktionsmodelle einordnen, zumindest nicht in diejenigen, die auf eine Interaktion zwischen zwei Gesprächspartnern im Sinne einer kommunikativen Handlung und einer Zeichenübermittlung mit einem konkreten Rezipienten ausgelegt sind. Inwiefern der Autor eines Tagebuchs allerdings als Gesprächspartner seiner selbst fungiert, wird noch zu diskutieren sein. Es wird davon ausgegangen, dass Tagebucheinträge Texte sind, die auf den Schreiber rückbezogen sind und somit z. B. eine Explizierung von Hintergrundwissen oder Leserlenkung überflüssig erscheinen lassen. Vor allem eine deutlichen Perspektivierung – ausgehend und wiederum auch Bezug nehmend auf die eigene Person – scheint auf den ersten Blick für die Wahrnehmung von Tagebuchtexten als ausgeprägte Ego-Dokumente verantwortlich zu sein. Dass ein solcher Ich-Text auch innerhalb eines geschlossenen Tagebuchs nicht stringent verlaufen muss, betont der Diarist und Autor Gombrowicz:

In einem Tagebuch tritt die Ich-Form immer in ihrer jeweiligen Tages-Form in Erscheinung. Dass das Tagebuch oft als egozentrisch verwickelter Monolog erscheint, hängt ←21 | 22→entscheidend damit zusammen, dass die Rede über das Tagebuch einseitig die Ich-Form betont und dessen Tages-Form zurückstellt.34

Demnach wäre es bei einer Analyse eines Tagebuchtextes durchaus aufschlussreich, eintragsübergreifenden Informationen Aufmerksamkeit zu schenken und so gegebenenfalls auch sprachliche Auffälligkeiten und Abweichungen miteinander in Beziehung setzen zu können. Die Annahme, dass es sich demnach bei Tagebucheinträgen um teilweise stark implizit verdichtete Texte handeln könnte, die sich durch eine geringe Textkohäsion auszeichnen, wird zu überprüfen sein. Eine systematische Analyse und Einordnung der Textsorte „Tagebuch“ lässt sich zuletzt bei Fandrych/Thurmair finden.35 In Anlehnung an Erkenntnisse der Text(sorten)linguistik analysieren sie u. a. das Tagebuch im Hinblick auf vier wesentliche Beschreibungsdimensionen. Neben der Kommunikationssituation und der Textfunktion sind dies die thematisch-strukturelle und die formal-grammatische Ebene der Texte.36 Diese Kategorien erscheinen in ihrer Benennung Anhaltspunkte für den Versuch einer Einordnung der Textsorte zu werden und sie sollen im Verlauf der vorliegenden Arbeit als Rahmenpunkte in die Analysen der exemplarisch ausgewählten Tagebücher einbezogen, aber auch um wesentliche Aspekte ergänzt werden. Um die individuelle Ausprägung des Tagebuchs einordnen zu können, lohnt ein Blick auf seine gattungsgeschichtliche Entwicklung; das Tagebuch – so wie es heutzutage aufgefasst wird – hat durchaus eine gesellschaftlich-sozial abwechslungsreiche Evolution durchlebt und konnte so seine komplexe Phänomenologie entfalten. So wie es der heutigen Gesellschaft möglich ist, Erkenntnisse über vergangene Zeiten aus Dokumenten zu gewinnen, wird auch ein zukünftiger Blick u. a in. die Textsorte des Tagebuchs nachfolgenden Generationen sehr detaillierte Einsichten über Vergangenes vermitteln.

←22 | 23→

1 Meyer (1905), S. 281f.

2 Schönborn (1999), S. 2.

3 Vgl. Boerner (1969), S. 12.

4 Ebd., S. 13.

5 Görner (1986), S. 12.

Details

Seiten
410
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631824245
ISBN (ePUB)
9783631824252
ISBN (MOBI)
9783631824269
ISBN (Hardcover)
9783631811689
DOI
10.3726/b17056
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juli)
Schlagworte
Tagebuchanalyse Stilanalyse Textanalyse Jugendtagebuch Individualstil Textrealisierung
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 410 S., 11 farb. Abb., 80 s/w Abb., 1 Tab.

Biographische Angaben

Kerstin S. Runschke (Autor:in)

Kerstin S. Runschke ist verantwortliche wissenschaftliche Projektmitarbeiterin der Schreibwerkstatt wort.ort im Fachbereich Geistes- und Kulturwissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Schreibberatung, Schreibdidaktik und Soziolinguistik.

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Titel: Das private Tagebuch Jugendlicher: Textualität und Stil von Tagebucheinträgen
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