Lade Inhalt...

Zur Aufhebbarkeit von Entscheidungen über die Beendigung eines Schiedsverfahrens als Folge eines Vergleiches

Die Aufhebungsklage als umfassendes Instrument

von Katrin Hansen (Autor:in)
©2020 Dissertation 156 Seiten

Zusammenfassung

Gegenstand dieser Arbeit ist die rechtliche Prüfung einer Situation, in der die Parteien einen äußerlich wirksamen Vergleich abgeschlossen haben, der aber materiell-rechtliche Wirksamkeitsmängel oder Unklarheiten aufweist und dennoch auf dieser Grundlage zu einer Beendigung des Schiedsverfahrens geführt hat; sei es durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, sei es durch einen Beendigungsbeschluss. Hier stellt sich in besonderer Weise die Frage nach den Rechtsfolgen für die Beendigung des Schiedsverfahrens in ihrer jeweiligen Form. Die nachfolgende Untersuchung setzt sich damit auseinander, ob und unter welchen Umständen es möglich ist, Verfahrenshandlungen des Schiedsgerichtes zur Beendigung des Schiedsverfahrens wieder rückgängig zu machen. Was gilt, wenn sich ein Vergleich, auf dessen Grundlage ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut oder ein Beendigungsbeschluss ergangen sind, als materiell unwirksam erweist? Insbesondere wird dabei untersucht, ob auch ein Beendigungsbeschluss einer Aufhebungsmöglichkeit unterliegt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhalt
  • I. Einleitung
  • 1. Themeneinführung
  • 2. Gang der Untersuchung
  • 3. Stand der juristischen Betrachtung
  • II. Der Vergleich im schiedsgerichtlichen Verfahren
  • 1. Förderung der vergleichsweisen Einigung im Schiedsverfahren
  • 2. Rechtsgrundlagen des schiedsgerichtlichen Vergleiches
  • III. Die Beendigung des Schiedsverfahrens nach einem Vergleich der Parteien
  • 1. Erfordernis einer Entscheidung des Schiedsgerichtes
  • a) Die prozessuale Wirkung des Prozessvergleiches vor staatlichen Gerichten
  • b) Keine prozessuale Wirkung des schiedsgerichtlichen Vergleiches ohne Entscheidung des Schiedsgerichtes
  • aa) Erkenntnisse aus dem Wortlaut und der Gesetzessystematik
  • bb) Rückschlüsse aus dem Modellgesetz
  • cc) Die Gesetzesbegründung des Schiedsrechts in der ZPO als Interpretationsquelle
  • dd) Umsetzung in der institutionellen Schiedspraxis und Meinung der Lehre
  • ee) Resümee
  • 2. Entscheidungsformen des Schiedsgerichtes
  • a) Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut
  • b) Beendigungsbeschluss
  • 3. Beendigung bei Vergleichsabschluss vor Konstituierung des Schiedsgerichtes
  • 4. Vergleichsabschluss, der über den schiedsgerichtlichen Streitgegenstand hinausgeht
  • a) Einbeziehung schiedsfähiger, aber nicht schiedshängiger Umstände
  • b) Einbeziehung nicht schiedsfähiger Umstände
  • aa) Objektive Schiedsfähigkeit
  • bb) Subjektive Schiedsfähigkeit
  • cc) Einbeziehung in das Schiedsverfahren
  • c) Einbeziehung schiedsfähiger, aber nicht vergleichsfähiger Umstände
  • aa) Einbeziehung nicht vermögensrechtlicher Ansprüche
  • bb) Einbeziehung vermögensrechtlicher Ansprüche
  • IV. Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut
  • 1. Rechtliche Einordnung
  • 2. Voraussetzungen
  • a) Vergleich zwischen den Parteien
  • b) Antragserfordernis
  • aa) Beidseitige Antragstellung
  • bb) Möglichkeit der Ersetzung der Antragstellung durch eine Einigung im Vergleich bei einseitiger Verweigerung der Antragstellung
  • (1) Ersetzungsmöglichkeit
  • (2) Überlegungen zur Abhilfe
  • cc) Rücknahmemöglichkeit des Antrags
  • c) Prüfung durch das Schiedsgericht
  • aa) Vereinbarkeit mit dem ordre public
  • bb) Wirksamkeit des geschlossenen Vergleiches
  • 3. Erlass und Wirkungen
  • 4. Aufhebbarkeit des Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut bei Mängeln des schiedsgerichtlichen Vergleiches
  • a) Auswirkungen der Unwirksamkeit des schiedsgerichtlichen Vergleiches auf den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut
  • aa) Unwirksamkeit des schiedsgerichtlichen Vergleiches
  • bb) Konsequenzen der Unwirksamkeit des Vergleiches
  • (1) Unmittelbare Wirkung der Unwirksamkeit
  • (2) Mittelbare Wirkung der Unwirksamkeit
  • (a) Geltendmachung mittels eines Feststellungsverfahrens
  • (b) Keine Korrektur des Schiedsspruches
  • (c) Durchführung eines Aufhebungsverfahrens
  • b) Die Anwendung des Aufhebungskataloges des § 1059 II ZPO auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit des schiedsgerichtlichen Vergleiches
  • aa) Aufhebung aufgrund eines Verfahrensfehlers nach § 1059 II 1 d) ZPO
  • bb) Aufhebung aufgrund mangelnder Schiedsfähigkeit und Verstoßes gegen den ordre public nach § 1059 II 2 ZPO
  • (1) Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit
  • (2) Unvereinbarkeit mit dem ordre public
  • cc) Grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des Aufhebungskataloges des § 1059 ZPO
  • c) Die Beurteilung der Wirksamkeit des schiedsgerichtlichen Vergleiches durch die staatlichen Gerichte
  • 5. Rechtsfolgen einer Aufhebung
  • a) Aufrechterhaltung der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes
  • b) Verfahrensfragen bei einer Zurückverweisung
  • aa) Umstände und Voraussetzungen einer Zurückverweisung
  • (1) Grundsätzliche Geeignetheit
  • (2) Konkrete Geeignetheit im Einzelfall
  • (3) Keine Notwendigkeit der beiderseitigen Zustimmung
  • bb) Vorzugswürdigkeit der Zurückverweisung beim Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut
  • c) Auswirkungen der Aufhebung auf die Rechtswirkungen des vorangegangenen Verfahrens
  • 6. Internationaler Ausblick auf die rechtliche Bewertung und Aufhebung von Schiedssprüchen mit vereinbartem Wortlaut
  • a) Die Behandlung von Schiedssprüchen mit vereinbartem Wortlaut nach dem Modellgesetz
  • b) Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut im Rahmen einer internationalen Perspektive
  • aa) Englisches Recht
  • bb) Französisches Recht
  • cc) Schweizerisches Recht
  • dd) Schwedisches Recht
  • ee) Internationaler Konsens
  • V. Der Beendigungsbeschluss
  • 1. Rechtsgrundlage des Beendigungsbeschlusses
  • 2. Rechtliche Einordnung und Wirkungen des Beendigungsbeschlusses
  • a) Konsequenzen bei Erlass eines Beendigungsbeschlusses
  • b) Das Verhältnis eines Beendigungsbeschlusses aufgrund Parteivereinbarung zum Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut
  • c) Der Beendigungsbeschluss im Verhältnis zu einem neuen Verfahren über den gleichen Streitgegenstand
  • aa) Keine entgegenstehende Rechtskraft
  • bb) Die Aufhebungsmöglichkeit im Rechtsweggefüge
  • cc) Nacheinander von altem und neuem Verfahren
  • 3. Aufhebung eines Beendigungsbeschlusses bei Geltendmachung von Mängeln im Rahmen des Vergleiches
  • a) Aufhebung durch Wiederaufnahme des Verfahrens
  • aa) Zustimmung des Schiedsgerichtes zu einer Wiederaufnahme
  • bb) Verpflichtung der Parteien, einem Wiederaufnahmegesuch zu entsprechen
  • cc) Resümee
  • b) Aufhebung durch einen Willensakt des Schiedsgerichtes
  • c) Anwendbarkeit der Aufhebungsklage des § 1059 ZPO
  • aa) Der Beendigungsbeschluss als „Schiedsspruch“ iSd. § 1059 ZPO
  • (1) Der Begriff des Schiedsspruches
  • (a) Einheitlich zu beachtende Anforderungen
  • (b) Normenspezifische Bestimmung
  • (2) Parallele Wertung der Behandlung von Scheinschiedssprüchen
  • (3) Auslegung der §§ 1056 und 1059 ZPO
  • (4) Ausblick auf internationale Rechtsordnungen
  • (a) Englisches Recht
  • (b) Französisches Recht
  • (c) Schweizerisches Recht
  • (d) Schwedisches Recht
  • (e) Internationaler Konsens
  • (5) Zwischenergebnis
  • bb) Aufhebungsfähigkeit des Beendigungsbeschlusses
  • (1) Rechtsgedanke des § 1059 ZPO
  • (2) Abweichende Beurteilung aufgrund entgegenstehender formaler und materieller Aspekte
  • (3) Einbeziehung prozessökonomischer Erwägungen
  • (4) Ausnahmen aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebots staatlichen Rechtsschutzes
  • (a) Die Anwendbarkeit der Gebote des staatlichen Rechtsschutzes auf das Schiedsverfahren
  • (b) Die Gebote des staatlichen Rechtsschutzes als Grundlage für einen sekundären Kontrollanspruch im Rahmen von Schiedsverfahren
  • (aa) Bestätigung eines gerichtlichen Kontrollanspruches
  • (bb) Erstreckung des Kontrollanspruches auf den Beendigungsbeschluss
  • (5) Aufhebungsbefürwortende Tendenzen auf der Grundlage der Systematik anderer Verfahrensarten
  • (a) Aufhebbarkeit von Beschlüssen im Zivilprozess
  • (aa) Das Beschwerdeverfahren nach § 567 ff. ZPO
  • (bb) Die Anhörungsrüge im gem. § 321a ZPO
  • (cc) Prozessvergleich
  • (dd) Übereinstimmende Erledigungserklärung nach § 91 a ZPO
  • (ee) Grundsätze des Restitutionsverfahrens
  • (b) Bewertung
  • (6) Internationale Ansätze in Bezug auf die Aufhebungsfähigkeit eines Beendigungsbeschlusses
  • (a) Das Modellgesetz und die Schiedsinstitutionen
  • (b) Englisches Prozessrecht
  • (aa) Aufhebbarkeit einer consent order
  • (bb) Sonderform der Tomlin order
  • (cc) Vergleichbarkeit der Entscheidungsformen mit dem deutschen Beendigungsbeschluss
  • (c) Französisches Prozessrecht
  • (d) Schweizerisches Prozessrecht
  • (e) Schwedisches Prozessrecht
  • (f) Internationaler Konsens
  • cc) Vorliegen eines Aufhebungsgrundes nach § 1059 II ZPO
  • (1) Aufhebbarkeit aufgrund von § 1059 II 1 d) ZPO wegen eines Verfahrensfehlers
  • (2) Aufhebbarkeit aufgrund von § 1059 II 2 b) ZPO wegen eines Verstoßes gegen den ordre public
  • d) Aufhebbarkeit aufgrund eines zu schaffenden Sondertatbestandes
  • aa) Inhaltliche Komponente
  • bb) Zeitliche Komponente
  • cc) Verfahrensgang
  • VI. Schlussbetrachtung
  • Literaturverzeichnis

←16 | 17→

I. Einleitung

1. Themeneinführung

„An arbitrator, is an arbitrator, is an arbitrator, whose function it is, not merely to adjudicate the dispute, but also to help resolve it amicably with the co-​operation of the parties. „Arbitration“ must never be considered as excluding from its purview the settlement of a dispute before the arbitrator: because this is of the essence of the spirit of arbitration .“1

Die friedliche Lösung ist eine der Hauptsäulen der Schiedsgerichtsbarkeit und ein Großteil der Schiedsverfahren findet sein Ende in einem Vergleich der Parteien. Die Angaben und Untersuchungsergebnisse im Hinblick darauf, in welchem Umfang Schiedsverfahren durch einen Vergleich beendet werden, divergieren zwar, doch eine starke Vergleichsgeneigtheit lässt sich sowohl international wie national klar herausstellen.

Nach einer im Jahr 2008 durchgeführten Studie2 werden international mehr als ein Drittel aller Schiedsverfahren aufgrund eines Vergleiches der Parteien beendet. Ein Großteil der Vergleiche soll danach bereits in einem frühen Verfahrensstadium, schon vor der ersten Verhandlung, geschlossen werden. Ein entsprechendes Bild wurde auch schon im Jahr 2003 gezeichnet, als Vertreter verschiedener internationaler Schiedsstellen schätzten, dass der Vergleichsanteil aller Schiedsverfahren bei 20 -​ 30 % liege.3

Die bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit geführten Verfahren werden in ca. 30 % der Fälle durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut beendet.4 Die Vergleichsquote soll aber deutlich höher sein. Bei einer Vortragsveranstaltung der DIS im Jahr 2008 soll vorgetragen worden sein, dass ←17 | 18→55-​60% der Verfahren in einem Vergleich endeten und von diesen jeweils die Hälfte als Parteivergleich und als Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, so die bezeichneten 30%, endeten.5

Nach weiteren Quellen werden statistisch gesehen bis zu 50% der Schiedsverfahren durch einen Vergleich beendet, wobei die Vergleichsgeneigtheit mit dem Voranschreiten des Verfahrens immer weiter zunehmen soll.6 An anderer Stelle wird ebenso von einer Vergleichsquote von bis zu 60% berichtet.7

Auch wenn die Erfahrungen der Berichtenden hinsichtlich des Verfahrensstadiums, in welchem Vergleiche geschlossen werden, voneinander abweichen, besteht jedenfalls Übereinstimmung dahingehend, dass um die Hälfte aller Schiedsverfahren mit einem Vergleich beendet wird.

Nachvollziehbare Gründe für den Vergleichsabschluss sind das Vorliegen einer für beide Seiten kritischen Rechtslage, die Ersparnis von Kosten und Zeit, Bedenken über die Vollstreckungsmöglichkeiten wegen fehlender Vermögenswerte des in Anspruch genommenen Schuldners und insbesondere der Wunsch, eine Geschäftsbeziehung unbeschädigt fortsetzen zu können.

Die Feststellung, dass die Parteien eines Schiedsverfahrens in besonderem Maße dazu neigen, sich im Rahmen eines Vergleiches zu einigen, wird auch in der Literatur bestätigt.8

Die Vorteile, welche die vergleichsweise Beendigung eines Schiedsverfahrens aus den bereits genannten Gründen bietet, und der Umstand, dass die gefundene Einigung ihnen das Gefühl vermittelt, nunmehr seien alle Probleme gelöst, verleiten die Parteien zuweilen dazu, Formalien nicht hinreichend zu beachten oder prozessuale Möglichkeiten nicht auszuschöpfen.

Als schiedsgerichtliche Beendigungshandlungen nach einem Vergleich kommen der als Titel vollstreckbare Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut sowie ein lediglich das Verfahren beendender, aber keine Titulierung des Vergleichsinhaltes umfassender, Beendigungsbeschluss in Betracht.

Im Rahmen einer positiven Vergleichsverhandlung wird vielfach auf einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut verzichtet, sei es, weil die Parteien ←18 | 19→dies in der Euphorie über den geschlossenen Vergleich nicht für nötig halten, sei es, weil sie im Vertrauen auf die gegenseitige Geschäftsbeziehung einen Schiedsspruch nicht wollen und es deshalb bei einem Beendigungsbeschluss belassen.

Gegenstand dieser Arbeit ist die rechtliche Prüfung einer Situation, in der die Parteien einen äußerlich wirksamen Vergleich abgeschlossen haben, der aber materiell-​rechtliche Wirksamkeitsmängel oder Unklarheiten aufweist und dennoch auf dieser Grundlage zu einer Beendigung des Schiedsverfahrens geführt hat; sei es durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, sei es durch einen Beendigungsbeschluss. Hier stellt sich in besonderer Weise die Frage nach den Rechtsfolgen für die Beendigung des Schiedsverfahrens in ihrer jeweiligen Form.

Die nachfolgende Untersuchung setzt sich vor allem damit auseinander, ob und unter welchen Umständen es möglich ist, Verfahrenshandlungen des Schiedsgerichtes zur Beendigung des Schiedsverfahrens wieder rückgängig zu machen. Was gilt, wenn sich ein Vergleich, auf dessen Grundlage ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut oder ein Beendigungsbeschluss ergangen sind, als materiell unwirksam erweist?

2. Gang der Untersuchung

Als schiedsgerichtliche Beendigungshandlungen werden der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut und der Beendigungsbeschluss differenziert und jeweils mit ihren Voraussetzungen und Wirkungen dargestellt. Nach einer Übersicht und grundsätzlichen Anmerkungen zum Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut sowie seiner Aufhebungsmöglichkeit durch die Aufhebungsklage, setzt sich die Arbeit vor allem damit auseinander, ob und unter welchen Umständen es möglich ist, einen als Folge eines Vergleiches ergangenen Beendigungsbeschluss rückgängig zu machen.

Im Detail wird geprüft, welche Rechtsfolgen das hat und aus welchen Gründen und in welchen Konstellationen sich das als sinnvoll erweisen kann.

Neben der Auseinandersetzung mit der deutschen Rechtslage soll ein Ausblick der Behandlung und der gegebenen Problemstellungen im Rahmen einer internationalen Perspektive eröffnet werden.

3. Stand der juristischen Betrachtung

Der Abschluss eines Vergleiches im Schiedsgerichtsverfahren und der hierauf basierende Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut sind in umfassender Weise bereits Gegenstand der juristischen Betrachtung. Sowohl im Rahmen der ←19 | 20→einschlägigen Kommentare zur Zivilprozessordnung als auch in Fachzeitschriften lassen sich in diesem Zusammenhang viele Nachweise finden. Besonders ist in diesem Zusammenhang auf die Dissertation von Frische9 zu verweisen, in der die Voraussetzungen, Wirkungen und Aufhebungsmöglichkeiten des Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut nach nationalem und internationalem Recht ausführlich dargestellt sind, ferner auf die Dissertation von Waßmuth10, die sich mit der Richtigkeitskontrolle des Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut und dessen Rechtskraft auseinandersetzt. Aus schweizerischer Sicht ist die Dissertation von Wiget11 zu Vergleichen im Schiedsverfahren zu erwähnen.

In Bezug auf den Beendigungsbeschluss kann der derzeitige Forschungsstand jedoch als noch nicht sehr weit fortgeschritten beschrieben werden.

Die Kommentarliteratur stellt zwar seine Existenz und die entsprechenden Voraussetzungen dar, eine Aufhebungsmöglichkeit wird aber zumeist erläuterungslos abgelehnt.12

Lediglich vereinzelte Aufsätze setzen sich bisher mit diesem Problem auseinander, wobei einerseits besonders auf den Aufsatz von Haas13 hinzuweisen ist, der die Möglichkeit der Aufhebung eines Beendigungsbeschlusses verneint, andererseits auf die Ausführungen von Schütze14, der, soweit ersichtlich als Einziger, die Möglichkeit, unter Anwendung des § 1059 ZPO einen Beendigungsbeschluss aufzuheben, ausdrücklich bejaht.

Auf die Praxisrelevanz einer in diesem Zusammenhang häufig auftretenden Konstellation der Fragestellung nach der Aufhebbarkeit von Beendigungsbeschlüssen hat insbesondere Busse15 hingewiesen; es stelle sich als ein Problem dar, dass Parteien zwar verstärkt materielle Vergleiche abschlössen, sich aber nicht über die Verfahrensbeendigung einigten. In solchen Konstellationen ←20 | 21→komme es häufig vor, dass zwar der Schiedskläger die Fortsetzung des Verfahrens zum Erlass eines Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut beantrage, das Schiedsgericht dies jedoch verweigere und einen Beendigungsbeschluss mit Verweis auf den Vergleich erlasse.

Kommt es in einem solchen Fall nicht zum Erlass eines Schiedsspruches mit dem im Vergleich vereinbartem Wortlaut, § 1053 I 2 ZPO, ergeht in aller Regel ein Beendigungsbeschluss gemäß § 1056 II 2 ZPO, der sich auf die Feststellung des Schiedsgerichtes reduziert, dass nunmehr das Schiedsverfahren beendet sei. Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut wird dabei als Alternative zu einem Beendigungsbeschluss gesehen, nur andeutungsweise wird vertreten, dass neben einem solchen Schiedsspruch auch noch ein Beendigungsbeschluss ergehen müsse.16

Details

Seiten
156
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631839928
ISBN (ePUB)
9783631839935
ISBN (MOBI)
9783631839942
ISBN (Paperback)
9783631818312
DOI
10.3726/b17773
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Dezember)
Schlagworte
Schiedsverfahren Einigung Vergleich Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut Beendigungsbeschluss Aufhebungsklage Aufhebungsgrund Schiedsgericht Vergleichsweise Beendigung
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 156 S.

Biographische Angaben

Katrin Hansen (Autor:in)

Katrin Hansen ist Rechtsanwältin im Bereich der Prozessführung und Streitbeilegung.

Zurück

Titel: Zur Aufhebbarkeit von Entscheidungen über die Beendigung eines Schiedsverfahrens als Folge eines Vergleiches
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
156 Seiten