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Herausforderungen des medizinischen Fortschritts im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich

24. Bad Orber Gespräche über kontroverse Themen im Gesundheitswesen

von Eberhard Wille (Band-Herausgeber:in)
©2020 Sammelband 164 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Band der Bad Orber Gespräche 2018 enthält die erweiterten Referate eines interdisziplinären Workshops zum Thema «Nach der Regierungsbildung – vor den Reformen im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich». Vertreter des Deutschen Bundestages, des Gemeinsamen Bundesausschusses, des GKV-Spitzenverbandes, der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung, der pharmazeutischen Industrie und der Wissenschaft erörtern den Reformbedarf im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Begrüßung „Bad Orber Gespräche“ 2019 (Gisbert Kleeff)
  • Zwischen Pflexit und Investitionsstau – die Krankenhauspolitik der Bundesregierung (Lothar Riebsamen)
  • Quo vadis Morbi-RSA? (Volker Ulrich)
  • Reform des Morbi-RSA nach dem Referentenentwurf zum GKV-FKG, insbesondere unter regionalen Aspekten (Volker Ulrich und Eberhard Wille)
  • Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung (Leonie Sundmacher et al.)
  • Der deutsche Krankenhausmarkt - schlecht reguliert, schlecht digitalisiert, schlecht qualitätsgesichert (Wulf-Dietrich Leber)
  • Aktuelles aus der Arzneimittelpolitik (Michael Hennrich)
  • Neue Arzneimittel Grenzen des AMNOG am Beispiel der Onkologie (Bernhard Wörmann)
  • Die Digitalisierung des Gesundheitswesens - Vorteile am Beispiel von TK-Safe und eRezept (Thomas Ballast)
  • Nachhaltige Zugangssicherung zur Arzneimittelversorgung für GKV-Versicherte – Eine gemeinsame Aufgabe (Antje Haas, Anja Tebinka-Olbrich, Kerstin Pietsch)
  • Wie innovationsoffen ist das deutsche Gesundheitswesen? (Han Steutel)
  • Verzeichnis der Autoren
  • Reihenübersicht

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Gisbert Kleeff

Begrüßung „Bad Orber Gespräche“ 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

als neuer Geschäftsführer der Bayer Vital ist es mir eine besondere Freude, dass ich Sie heute im Namen von Bayer ganz herzlich zu den 24. Bad Orber Gesprächen begrüßen darf.

Vorab gebührt mein besonderer Dank all denjenigen, die sich bereit erklärt haben, Ihre Standpunkte, Impulse und Vorstellungen mit uns zu teilen. Auch wenn die „Bad Orber Gespräche“ in die Jahre gekommen sind, so ist diese Traditionsveranstaltung, so wurde mir berichtet, wahrhaftig kein „alter Hut“, sondern ein streitbarer und starker Workshop. Diesen Schatz seit über mehr als 20 Jahren gehütet zu haben, spricht vor allem für die Qualität des Programms und das Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Natürlich darf an dieser Stelle auch von mir nicht der Dank an Herrn Professor Eberhard Wille fehlen, der als langjähriger „Chairman“ die Veranstaltung inhaltlich gestaltet und durchgängig begleitet. Ihm gelingt es jedes Jahr neu, Experten aus dem deutschen Gesundheitssystem für Vorträge zu gewinnen. Wir sind Ihnen, verehrter Herr Professor Wille, zu großem Dank verpflichtet.

In diesem Jahr fallen die Bad Orber Gespräche in die im Koalitionsvertrag vereinbarte Halbzeitbilanz der Großen Koalition. Im Gesundheitsbereich hat der Gesundheitsminister in den letzten 1,5 Jahren kräftig Gas gegeben und ein Feuerwerk an Gesetzen gezündet. In der laufenden Wahlperiode wurden bereits sechs Gesetzgebungsvorhaben abgeschlossen: Jeweils drei in 2018 und 2019. Hinzu kommen noch 13 Gesetzentwürfe, die sich im parlamentarischen Verfahren befinden. So eine Problemlösungskultur im Gesundheitsbereich hat es vorher noch nicht gegeben. Das verdient unsere volle Anerkennung.

Lassen mich an dieser Stelle zwei inhaltliche Punkte ansprechen, die uns aktuell besonders umtreiben:

1. Eine intensive Debatte innerhalb unserer Branche - und auch innerhalb der Apothekerschaft - löst derzeit die Umsetzung des neuen Rahmenvertrags im Hinblick auf die Importförderung aus. Der Gesetzgeber schien beim Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, dem GSAV, mit dem Thema „Importe“ auf einem guten Weg zu sein - bevor sich dann letztendlich die Interessen eines kleinen Bundeslandes durchsetzten. Gleichwohl haben wir mit großem Respekt zur Kenntnis genommen, dass die ←7 | 8→Politik ernsthaft bemüht war, die Sicherheits- und Versorgungsaspekte für die Patienten in den Vordergrund zu stellen. So betrachtete der Bundesrat die Importförderklausel nicht zu Unrecht als ein potenzielles Einfallstor für Fälschungen, weshalb er in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung unter anderem die Streichung der Importförderklausel forderte. Unterstützt wurde die Politik dabei von gewichtigen Stimmen aus dem Kassenlager höchst selbst, da sich für die Kassen daraus ohnehin nur noch minimale Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen lassen. So plädierte sogar der GKV-Spitzenverband in der Bundestagsanhörung für die Abschaffung der Parallelimport-Förderklausel.

Der zum 1. Juli nun in Kraft getretene neue Rahmenvertrag zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband entfaltet jedoch genau die entgegengesetzte Wirkung und steht damit dem politischen Willen diametral entgegen. Sie kennen die Zahlen: der Importmarkt wächst seit Juli überproportional.

Es liegt der Verdacht nahe, dass der neue Rahmenvertrag hier die alles entscheidende Rolle spielt und - zu Lasten der Patienten, zu Lasten des politischen Willens, zu Lasten der heimischen Industrie und auch zu Lasten einer stabilen Versorgungslage in den Exportländern - in die völlig falsche Richtung zielt. Insgesamt führt diese politisch nicht gewollte Entwicklung zu einer Verschlechterung der Arzneimittelsicherheit, zu weiteren Risiken für eine stabile und flächendeckende Versorgungslage und zu einer erheblichen Verunsicherung der Patientinnen und Patienten in den Apotheken.

Wir appellieren daher nachdrücklich an die Vertragspartner, das neue Regelwerk auf seine Schwachstellen hin zu überprüfen und durch entsprechende Änderungen dem politischen Willen gerecht zu werden. Dabei darf es übrigens nicht nur allein um das unter den Beteiligten unter der Überschrift „Co-Marketing“ diskutierte Problem gehen, denn damit ist der Boost der Importabgaben keineswegs allein erklärbar. Wenn schon die Importeure selbst nicht glücklich sind und erklären, dass sie eine Änderung des Regelwerks befürworten, dann sollte das alle Beteiligten aufhorchen und jetzt aktiv werden lassen.

2. Meine Damen und Herren, bitte erlauben Sie mir auch noch ein Wort zum lernenden System AMNOG: die sehr dynamisch fortschreitenden Erkenntnisse über individuelle Ursachen einer Erkrankung führen heute zu komplexen Studiendesigns und veränderter Evidenzlage im Rahmen von bestimmten Sonderzulassungen vor allem in der Onkologie.

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Die größten Fortschritte in der Krebsbehandlung werden derzeit in der Präzisionsonkologie erzielt. Sie verspricht eine zielgenaue Behandlung, weil sie sich an den individuellen molekularen Merkmalen des Tumors orientiert und dem Patienten, ob Kinder oder Erwachsene, unabhängig von der Lokalisation des Tumors eine zielgenaue Therapie ermöglicht. Solche Therapien beschreiben einen Paradigmenwechsel in der Krebstherapie: weg von indikationsspezifischer Tumorbekämpfung hin zu mutationsspezifischer, indikationsübergreifender Therapie. Es gibt ein erstes, gerade europaweit zugelassenes Medikament (Larotrectinib aus unserem Hause) - und es wird in Zukunft weitere Folgemedikamente geben. Mit speziellen Tests können dann mit großer Präzision diejenigen Patienten identifiziert werden, die ausschließlich von der Behandlung profitieren. Willkommener Nebeneffekt: Auf diese Weise werden gleichzeitig weniger zielgerichtete Behandlungen mit entsprechenden Nebenwirkungen, die oft zu Therapieabbrüchen führen, reduziert.

Die Entwicklung präzisionsonkologischer Medikamente ist allerdings kein Selbstläufer und mit einem gezielten, sogar mehrere Dekaden andauernden und sehr viele Ressourcen bindenden Entwicklungsplan nach der Entschlüsselung der tumorzellbiologischen Pathomechanismen verbunden, obwohl es sich um sehr kleine und oft sehr vulnerable Patientenkollektive handelt.

Wir müssen diese neuen Therapien als große Chance für die Patienten begreifen und ihnen helfen, die AMNOG-Hürden zu überwinden, insbesondere deshalb, weil das AMNOG-System auf randomisierte klinische Vergleichsstudien ausgerichtet ist, die in der Präzisionsonkologie aufgrund der deutlich kleineren Patientenzahlen und nicht selten auch aus ethischen Gründen schneller an Grenzen stoßen.

Details

Seiten
164
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631835579
ISBN (ePUB)
9783631835586
ISBN (MOBI)
9783631835593
ISBN (Hardcover)
9783631833698
DOI
10.3726/b17595
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (September)
Schlagworte
Ambulante Diagnosen Arzneimittelinformationssysteme Arzneimitteltherapie und RSA Das AMNOG nach 8 Jahren Der Innovationsfonds Die Krankenhausfinanzierung Pharmazeutische Innovationen Reform der Krankenhausstrukturen
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 164 S., 43 farb. Abb., 4 s/w Abb., 5 Tab.

Biographische Angaben

Eberhard Wille (Band-Herausgeber:in)

Eberhard Wille war nach dem Studium an der Universität Bonn, der Promotion und der Habilitation an der Universität Mainz Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft an der Universität Mannheim. Er war Mitglied und Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.

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