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Geschäftsmodellkonvergenz im Handel

Alternative, innovationsfördernde Ansätze zur Systematisierung und Erklärung der Entstehung und Entwicklung von Erscheinungsformen des Handels am Beispiel des Omnichannel-Handels

von Andrea Buschmann (Autor:in)
©2021 Dissertation 522 Seiten

Zusammenfassung

Die Erforschung der Betriebsformen im Handel weist eine lange Tradition auf. Aktuelle Entwicklungen - wie die Entstehung des Omnichannel-Handels - bringen bisherige Theorien zur Systematisierung und Entstehung von Betriebsformen jedoch an ihre Grenzen. Damit wird auch die Betriebsform als zentrales Innovationsobjekt des Handels in Frage gestellt. Im Gegensatz zur Handelsforschung haben sich in der Innovationsforschung Geschäftsmodell- und Konvergenzansatz zur Erklärung von Innovationen etabliert. Hieran anknüpfend beantwortet diese Arbeit die Frage, ob Geschäftsmodell- und Konvergenzansatz auch im Kontext des Handels angewandt werden können und ob sie innovative Phänomene der Praxis besser erklären als der Betriebsformenansatz.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Title Page
  • Copyright
  • About the author
  • About the book
  • This eBook can be cited
  • Vorwort der Herausgeberreihe
  • Vorwort des Herausgebers
  • Vorwort des Autors
  • Inhaltsübersicht
  • Contents
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 1.1 Problemhintergrund der Untersuchung
  • 1.2 Erkenntnisziele der Arbeit
  • 1.2.1 Übergeordnetes Erkenntnisziel
  • 1.2.2 Deskriptive Zielsetzung
  • 1.2.3 Theoretische und explikative Zielsetzung
  • 1.2.4 Pragmatische Zielsetzung
  • 1.3 Methodologie und Forschungsansatz
  • 1.4 Aufbau und Gang der Untersuchung
  • 2 Konzeptioneller Bezugsrahmen und theoretische Grundlagen
  • 2.1 Strategie und Innovation
  • 2.1.1 Begriffsdefinition Innovation
  • 2.1.2 Strategische Bedeutung von Innovationen
  • 2.1.3 Begriffsdefinition Strategie
  • 2.1.4 Strategieselektion
  • 2.1.4.1 Interne Analyse
  • 2.1.4.2 Externe Analyse
  • 2.1.5 Innovationsmanagement
  • 2.2 Der Handel
  • 2.2.1 Definition des Handelsbegriffs
  • 2.2.2 Wertschöpfungsfunktion, Leistungen und Kompetenzen des Handels
  • 2.2.3 Betriebsformen des Einzelhandels
  • 2.2.3.1 Begriffsdefinition und Bezugsrahmen
  • 2.2.3.2 Entwicklung und Bedeutung der Betriebsformenforschung
  • 2.2.3.3 Ansätze zur Systematisierung von Betriebsformen
  • 2.2.3.4 Betriebsformenpolitik und -strategien
  • 2.2.3.4.1 Marktseitige Bedeutung der Betriebsformenwahl
  • 2.2.3.4.2 Betriebsformenspezifische Kompetenzen
  • 2.2.3.4.3 Zusammenfassung Betriebsformenstrategie
  • 2.2.4 Innovationen im Handel
  • 2.2.4.1 Inkrementelle versus radikale Innovationen im Handel
  • 2.2.4.2 Entstehung und Wandel von Betriebsformen
  • 2.2.4.2.1 Der verdrängungstheoretische Ansatz
  • 2.2.4.2.2 Weitere Ansätze
  • 2.2.5 Zusammenfassung: Besonderheiten des Handels und kritische Würdigung
  • 3 Aktuelle Entwicklungen im Handel unter dem Einfluss der Digitalisierung
  • 3.1 Digitalisierung als grundsätzlicher gesellschaftlicher Trend
  • 3.2 Betriebswirtschaftliche Nutzung der Digitalisierung
  • 3.2.1 Internetökonomie und Electronic Business
  • 3.2.2 Entwicklung des Online-Handels und Veränderung des Kundenverhaltens
  • 3.2.3 Definition und Spezifikation von E-Commerce
  • 3.2.4 Einordnung E-Commerce in die Forschungslandschaft
  • 3.2.5 Strategisches Management Online-Handel
  • 3.2.5.1 Beeinflussende Faktoren
  • 3.2.5.2 Angebotsgestaltung
  • 3.2.5.3 Preisbildung
  • 3.2.5.4 Angebotspräsentation
  • 3.2.5.5 Kommunikation/Transaktionsanbahnung:
  • 3.2.5.6 Abschluss und Realisierung
  • 3.2.5.7 After-Sales Service/CRM:
  • 3.2.5.8 E-Controlling
  • 3.2.5.9 Kernkompetenzen und Core Assets
  • 3.3 Omnichannel-Handel
  • 3.3.1 Bedeutung Multi- und Omnichannel-Handel
  • 3.3.2 Omnichannel-Handel
  • 3.3.3 Bereiche der Integration: Implikationen für die Praxis
  • 4 Einordnung aktueller Entwicklungen in den Kontext bestehender Theorien und Ansätze der Innovations- und Handelsforschung
  • 4.1 Omnichannel-Handel als Innovation?
  • 4.1.1 Mehrwerte durch Omnichannel-Handel für den Kunden
  • 4.1.1.1 Grundlagen der Kanalwahl
  • 4.1.1.2 Kanalspezifische Vorteile für den Kunden
  • 4.1.1.2.1 Mehrwerte digitaler Kanäle und des Online-Handels
  • 4.1.1.2.2 Mehrwerte stationärer Kanäle und des Offline-Handels
  • 4.1.1.3 Channel-Hopping, um Vorteile aller Kanäle zu nutzen
  • 4.1.1.4 Vorteile der Integration für den Kunden
  • 4.1.2 Mehrwerte durch Omnichannel-Handel für den Händler
  • 4.1.2.1 Kanalspezifische Vorteile für den Händler
  • 4.1.2.2 Vorteile der Integration für den Händler
  • 4.1.3 Fazit: Omnichannel-Handel ist eine Innovation
  • 4.1.4 Prozessualer Charakter und innovative Entwicklung
  • 4.2 Omnichannel-Handel als innovative Ausprägung des Distanzkriteriums und damit Basis für innovative Betriebsformen?
  • 4.2.1 Omnichannel-Handel aus institutionaler Perspektive
  • 4.2.2 Omnichannel-Handel aus funktionaler Perspektive
  • 4.2.3 Omnichannel-Handel vor dem Hintergrund von Betriebsformendynamik
  • 4.2.3.1 Omnichannel als Kombination mehrerer Betriebstypen
  • 4.2.3.2 Beibehaltung bestehender, wesentlicher Betriebsformen
  • 4.2.3.3 Omnichannel-Handel als Basis für neue Betriebsformen
  • 4.2.3.4 Omnichannel-Handel vor dem Hintergrund des Betriebsformenwechsels einzelner Händler
  • 4.2.4 Fazit
  • 5 Alternative Ansätze zur Einordnung und Erklärung der Entstehung des Omnichannel-Handels
  • 5.1 Neue Ansätze in der Innovationsforschung
  • 5.1.1 Geschäftsmodell und Geschäftsmodellinnovationen
  • 5.1.1.1 Bedeutung von Geschäftsmodellinnovationen und Beispiele
  • 5.1.1.2 Abgrenzung des Begriffs Geschäftsmodellinnovation
  • 5.1.1.2.1 Geschäftsmodell
  • 5.1.1.2.1.1 Unternehmensspezifisches Geschäftsmodell und Geschäftsmodellelemente
  • 5.1.1.2.1.2 Geschäftsmodell versus Strategie
  • 5.1.1.2.2 Geschäftsmodellinnovation
  • 5.1.1.2.3 Abgrenzung der Strategischen Innovation von der Strategieinnovation
  • 5.1.1.2.4 Fazit
  • 5.1.2 Konvergenz
  • 5.1.2.1 Begriffliche Grundlagen
  • 5.1.2.1.1 Definition Konvergenz allgemein
  • 5.1.2.1.2 Konvergenz im betriebswirtschaftlichen Kontext
  • 5.1.2.2 Dimensionen der Konvergenz
  • 5.1.2.2.1 Differenzierung in Bezug auf das Verhältnis der konvergierenden Elemente zueinander
  • 5.1.2.2.2 Differenzierung der Konvergenz aus evolutionärer Perspektive
  • 5.1.2.2.3 Differenzierung in Bezug auf Treiber und Elemente
  • 5.1.2.2.4 Kombination der evolutions- und treiberspezifischen Dimensionen
  • 5.1.2.2.5 Differenzierung der Konvergenz in Bezug auf die Richtung der Tendenzen
  • 5.1.2.3 Konvergenz und Innovation
  • 5.1.3 Geschäftsmodellinnovationen und Konvergenz
  • 5.1.3.1 Konvergenzforschung versus Geschäftsmodell- und Innovationsforschung
  • 5.1.3.2 Konvergenzbasierte Geschäftsmodellinnovationen
  • 5.1.3.3 Bedeutung der Konvergenz für Geschäftsmodellinnovationen
  • 5.1.3.4 Verknüpfung von Geschäftsmodellelementen
  • 5.1.3.5 Fazit
  • 5.2 Hypothesen zu alternativen Ansätzen
  • 5.3 Omnichannel-Handel als Geschäftsmodellinnovation?
  • 5.3.1 Betriebsformen versus Geschäftsmodelle
  • 5.3.1.1 Institutionale Relevanz
  • 5.3.1.2 Strategische Bedeutung
  • 5.3.1.3 Innovations- und Praxisbezug
  • 5.3.1.4 Fazit
  • 5.3.2 Omnichannel-Handel als Geschäftsmodellinnovation
  • 5.4 Omnichannel-Handel durch Konvergenz
  • 5.4.1 Konvergenz von Online- und Offline-Handel
  • 5.4.2 Verhältnis konvergierender Elemente im Omnichannel-Handel
  • 5.4.3 Treiber und Evolution der Konvergenz im Omnichannel-Handel
  • 5.4.4 Richtung der Konvergenz im Handel
  • 5.4.5 Konvergenzansatz versus Theorien zur Dynamik der Betriebstypen
  • 5.4.5.1 Konvergenzansatz versus verdrängungstheoretischer Ansatz
  • 5.4.5.2 Konvergenzansatz versus weitere Ansätze zur Dynamik der Betriebsformen
  • 5.5 Fazit
  • 6 Deduktion pragmatischer Erkenntnisse
  • 6.1 Innovationsstrategie und Konvergenz
  • 6.1.1 Entscheidungsmodell durch heuristische Planung
  • 6.1.2 Herausforderungen der Konvergenz
  • 6.1.2.1 Veränderte Wettbewerbsverhältnisse
  • 6.1.2.2 Veränderter Kompetenzbedarf
  • 6.1.2.3 Zusammenfassung
  • 6.1.3 Teilprobleme und grundsätzliche Handlungsalternativen
  • 6.1.3.1 Strategische Optionen & Richtung der Strategie
  • 6.1.3.2 Strategischer Weg & Markteintrittsstrategie
  • 6.1.3.3 Zusammenfassung und Ableitung konkreter Handlungsalternativen
  • 6.1.4 Zieldefinition
  • 6.1.5 Zerlegung der relevanten Faktoren
  • 6.1.5.1 Faktoren, die die Veränderung des Marktes berücksichtigen
  • 6.1.5.1.1 Substitutive oder komplementäre Konvergenz
  • 6.1.5.1.2 Marktdynamik und Schnelligkeit der Veränderung
  • 6.1.5.1.3 Konvergenzfortschritt
  • 6.1.5.2 Faktoren, die die Erfüllung des veränderten Kompetenzbedarfs berücksichtigen
  • 6.1.5.2.1 Beschaffenheit der Kompetenzen
  • 6.1.5.2.1.1 Replizierbarkeit
  • 6.1.5.2.1.2 Übertragbarkeit
  • 6.1.5.2.2 Fähigkeiten zur Erfüllung des Kompetenzbedarfs
  • 6.1.5.2.2.1 Wertschaffungskompetenz interner Ressourcen
  • 6.1.5.2.2.2 Erwerbs- und Integrationsfähigkeit
  • 6.1.5.2.2.3 Kooperationsfähigkeit
  • 6.1.5.2.2.4 Fähigkeiten zum Schutz bestehender Kompetenzen
  • 6.1.6 Zusammenführung zu einem Modell
  • 6.2 Pragmatische Implikationen für den Handel: Anwendung des Modells am Beispiel des Omnichannel-Handels
  • 6.2.1 Chancen und Risiken auf Basis der Marktsituation
  • 6.2.1.1 Einordnung Marktszenarien
  • 6.2.1.2 Erkenntnisse aus der Zuordnung
  • 6.2.1.2.1 Grundsätzliche Verfolgung konvergenter Tendenzen
  • 6.2.1.2.2 Entwicklung von Standards oder Diversifikation
  • 6.2.1.2.3 Maxime bei der Schließung der Kompetenzlücke
  • 6.2.2 Externe Beschaffung oder interne Schaffung von Kompetenzen und Ressourcen
  • 6.2.2.1 Bewertung der Kompetenzen
  • 6.2.2.1.1 Kompetenzen und Ressourcen stationärer und Online-Händler
  • 6.2.2.1.2 Kompetenzen und Ressourcen der Verknüpfung
  • 6.2.2.1.3 Abschließende Bewertung unternehmensinterner Kompetenzen
  • 6.2.2.2 Bewertung unternehmensspezifischer Fähigkeiten
  • 6.2.2.2.1 Fähigkeiten, die eher dem Online-Handel zugeschrieben werden können
  • 6.2.2.2.2 Fähigkeiten, die eher dem stationären Handel zugeschrieben werden können
  • 6.2.2.2.3 Kooperationsfähigkeit beider Seiten
  • 6.2.2.2.4 Abschließende Bewertung unternehmensspezifischer Kompetenzen
  • 6.2.2.3 Kombination Eigenschaften der Kompetenzen und Fähigkeiten der Händler
  • 6.2.3 Fazit
  • 7 Schlussbetrachtung
  • 7.1 Zusammenfassung der zentralen Untersuchungsergebnisse
  • 7.1.1 Implikationen für die Handelsforschung
  • 7.1.2 Implikationen für die Handelspraxis
  • 7.2 Kritische Reflexion und Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsfragen
  • Anhang
  • Literaturverzeichnis

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1.Einleitung

1.1Problemhintergrund der Untersuchung

„Innovation distinguishes between a leader and a follower.“1

Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für jede Art von Unternehmen unerlässlich, innovativ zu sein. Kundenbedürfnisse und Wettbewerbsverhältnisse wandeln sich im Laufe der Zeit. Ziel ist es, diesen Veränderungen mit Innovationen zu begegnen und sie dadurch aktiv zu gestalten.2 Gleiches gilt auch für den Handel, der jedoch oft als „innovationsfeindlich“ charakterisiert wird.3 Besteht seine Leistungserstellung aus dem Umschlag eines Sortiments, stehen hier – anders als bei herstellenden Unternehmen – grundsätzlich keine Produktinnovationen im Fokus4. Vielmehr obliegt es einem Händler, die Art und Weise, wie Produkte beschaffen und abgesetzt werden, innovativ zu gestalten. Neben kleineren operativen Anpassungen ist somit die Betriebsform das primäre strategische Innovationsobjekt des Handels.5 Die Systematisierung von Betriebsformen und die Suche nach Ansätzen, die die Entwicklung neuer Betriebsformen erklären, spielen demnach seit jeher eine wesentliche Rolle in der Handelsforschung. Die Erkenntnisse hieraus sollen Händlern als Basis und als Hilfestellung bei strategischen Entscheidungen dienen.

Aktuelle Entwicklungen – ausgelöst durch die allgemeine Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche – fordern die zunehmende Verschmelzung von Online- und Offline-Handel, um auch zukünftig den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Sie bringen bestehende Ansätze der Betriebsformenforschung jedoch an ihre Grenzen. Bedingt durch die vielseitigen Anforderungen an das Konzept der Betriebsform, ist einerseits die Einordnung eines integrierten ←41 | 42→Mehrkanalhändlers in die Betriebsformensystematik nicht widerspruchsfrei möglich. So ist eine Betriebsform beispielsweise immer eng an einen bestimmten Kanal geknüpft, gleichzeitig erhebt sie aber den Anspruch, die Grundlage für die gesamte Funktionsweise eines Händlers zu stellen. Andererseits können die Entstehung und Entwicklung von Omnichannel-Händlern nicht ohne weiteres durch den verdrängungstheoretischen Ansatz6 der Dynamik der Betriebsformen erklärt werden. Der Mehrwert der Verknüpfung unterschiedlicher Kanäle liegt beispielsweise nicht in der Realisierung niedrigerer Verkaufspreise, ein kontinuierliches Trading-Up kann ebenso wenig festgestellt werden. Inwiefern die Forschung vor dem Hintergrund dieser Unstimmigkeiten und Herausforderungen der Forderung nachkommen kann, der Praxis als Hilfestellung bei strategischen Fragestellungen zu dienen ist demnach kritisch zu beurteilen. Es könnte sogar die Hypothese entstehen, dass die allgemeine Innovationsfeindlichkeit des Handels sogar auf diesen Mangel zurückzuführen sein könnte.

Im Gegensatz zur Handelsforschung hat die Innovationsforschung in den letzten Jahren verschiedene neue Ansätze entwickelt, um den tatsächlichen Entwicklungen im Markt gerecht zu werden und eine verbesserte Erklärbarkeit von Phänomen zu erreichen. So hat auch der Geschäftsmodellansatz immer mehr Anklang gefunden. Über Produkt- und Prozessinnovationen hinausgehend, bietet der Ansatz die Möglichkeit, das Geschäftsmodell als Objekt der Innovation zu begreifen. Durch die Ausrichtung sämtlicher strategischer unternehmerischer Entscheidungen an dem zu schaffenden Wert für den Kunden ermöglicht diese Denkweise die Schaffung von Innovationen außerhalb der gewohnten Bahnen.7

Darüber hinaus ist das Prinzip der Konvergenz im Zusammenhang mit Innovationen immer stärker in den Fokus gerückt. Beschreibt der Ansatz ursprünglich das Zusammenwachsen unterschiedlicher Technologien und die Entstehung von Innovationen hieraus,8 so berücksichtigt er ebenso die Annäherung gesamter Märkte und Branchen und deren Folgen – wie veränderte Marktabgrenzungen ←42 | 43→oder Wettbewerbsverhältnisse. Dadurch liefert der Ansatz Grundlagen zum Verständnis zur Entstehung von Innovationen, aber auch zur Veränderung von Märkten und stellt heraus, dass innovative Entwicklungen nicht immer nur auf radikal neue Ideen zurückgehen, sondern ebenso die Verknüpfung von Bekanntem eine disruptive Innovation darstellen kann, die die Grundlage für einen Paradigmenwechsel legt.

1.2Erkenntnisziele der Arbeit

Bei der Betriebswirtschaftslehre handelt es sich um eine praxeologische, also auf die Praxis ausgerichtete Wissenschaft. Entsprechend dem erkenntnisorientierten Forschungsansatz stellt es das Ziel dieser Arbeit dar, Phänomene in der Praxis besser zu erklären, indem Gesetzmäßigkeiten von Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufgedeckt werden, um dadurch – entsprechend einer handlungsorientierten Ausrichtung – langfristig Antworten auf pragmatische Fragestellungen zu geben. Im Folgenden sollen demnach zunächst das übergeordnete Erkenntnisziel und damit die zentrale Forschungsfrage dieser Ausführungen spezifiziert werden. Jenes übergeordnete Ziel wird im Anschluss daran in deskriptive, theoretische und schließlich pragmatische Wissenschaftsziele untergliedert.

1.2.1Übergeordnetes Erkenntnisziel

Zuvor wurde kurz angerissen, dass der bestehende und vielfach verwendete Betriebsformenansatz nicht allen aktuellen Entwicklungen und Anforderungen an den Handel gerecht werden kann. Gleichzeitig existieren in der Innovationsforschung Geschäftsmodell- und Konvergenzansatz. Die zentrale Frage dieser Arbeit lautet somit: Können Geschäftsmodell- und Konvergenzansatz auch im Kontext des Handels angewandt werden und können sie innovative Phänomene der Praxis besser erklären als der weit verbreitete Betriebsformenansatz? Entsprechend einer dialektischen Vorgehensweise ist somit zunächst die Falsifikation aktueller Erklärungsansätze zur Einordnung von Handelsformaten und deren Entwicklung das Ziel dieser Arbeit. Darüber hinaus verfolgt die Arbeit das Ziel, alternative kontroverse Erklärungsansätze zu finden und sie hinsichtlich ihrer Eignung zur Strukturierung der Handelslandschaft und Erklärung aktueller Entwicklungen zu beurteilen. Diese erkenntnisorientierten Zielsetzungen sollen final auf ein primäres handlungsorientiertes Ziel einzahlen: Die Förderung von Innovationen im Handel.

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Die Fragen sollen am Beispiel des Omnichannel-Handels analysiert und beantwortet werden, da besonders die Verschmelzung verschiedener Kanäle den Betriebsformenansatz vor wesentliche Herausforderungen stellt. Damit erheben die Ergebnisse der Analysen keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern schlagen vielmehr am Beispiel eines Entwicklungstrends alternative Ansätze zur Einordnung und Entwicklung von Erscheinungsformen vor. Somit lautet die spezifische Forschungsfrage: Können Geschäftsmodell- und Konvergenzansatz im Kontext des Omnichannel-Handels angewandt werden und können sie die Verschmelzung der Kanäle besser erklären als der weit verbreitete Betriebsformenansatz?

Um diese Frage zu beantworten bedarf es der Lösung verschiedener untergeordneter Fragestellungen, welche wiederum verschiedenen Zielsetzungen dieser Arbeit zugeordnet werden können.

1.2.2Deskriptive Zielsetzung

Zur Beantwortung der übergeordneten Fragestellung bedarf es zunächst der Definition und Klassifikation verschiedener relevanter Begrifflichkeiten. Nur so kann bei einer Vielzahl von Auslegungs- und Interpretationsmöglichkeiten ein einheitliches Verständnis sichergestellt werden und scheinbar ähnliche Konzepte können nebeneinander betrachtet werden. Dadurch werden sowohl Parallelen aufgezeigt als auch Konzepte explizit voneinander differenziert. Das übergeordnete deskriptive Partialziel dieser Arbeit besteht somit in der Abgrenzung von Theorien der Handelsforschung einerseits und Ansätzen der Innovationsforschung andererseits.

Dieses übergeordnete Ziel lässt sich auf weitere deskriptive Unterziele aufteilen, wobei die unterschiedlichen Komponenten dieser Ausführungen zunächst getrennt voneinander behandelt werden. Im Zuge der Beschreibung der Handelsforschung soll diese Arbeit zunächst einen Einblick in die Wertschöpfungsfunktion des Handels geben und darauf aufbauend die Thematik der Betriebsform mit ihren diversen Facetten erläutern. Teil hiervon ist auch eine Gegenüberstellung unterschiedlicher Theorien zur Entstehung und Entwicklung von Betriebsformen. Zudem soll diese Arbeit einen Einblick in die Innovationsforschung geben, indem zunächst die Vielfältigkeit des Innovationsbegriffs erläutert wird, später aber auch Aspekte des strategischen Innovationsmanagements aufgegriffen werden. Dabei besteht ein Ziel darin, die Begriffe Strategie und Innovation gegenüberzustellen und zu verknüpfen. Mit Ausblick auf die pragmatischen Ziele dieser Arbeit sollen zudem die Faktoren strukturiert werden, die strategische Entscheidungen beeinflussen. Darunter fällt auch ←44 | 45→die Einbindung des ressourcenbasierten Ansatzes. Darüber hinaus dienen diese Ausführungen der Darlegung neuer Ansätze der Innovationsforschung, worunter sowohl der Geschäftsmodellansatz als auch der Konvergenzansatz fallen. Ziel ist es, ein klares Verständnis für beide Konstrukte zu entwickeln. Dazu werden einerseits unternehmensspezifische Geschäftsmodelle und unternehmensübergreifende Geschäftsmodellelemente differenziert; zudem sollen die Unterschiede zwischen Geschäftsmodell und Strategie verdeutlicht werden. Andererseits werden die verschiedenen Dimensionen der Konvergenz erläutert und mithilfe eines Modells in Einklang gebracht. Das neu entstandene Modell dient als Basis zur Einordnung der Innovation in das Konstrukt. Schließlich werden Geschäftsmodell und Konvergenz verknüpft, um darzulegen, inwieweit sich die beiden Ansätze ergänzen und an welchen Stellen Berührungspunkte liegen.

Neben der separaten Darstellung von Themen der Handelsforschung und der Innovationsforschung – die vielmehr als Basis für weitere Ausführungen zu verstehen ist – liegt das wesentliche deskriptive Ziel dieser Arbeit in der Gegenüberstellung der jeweiligen Komponenten, was mit einem wesentlichen Erkenntnisfortschritt einhergeht. Dabei kann das Geschäftsmodell als Pendant zur Betriebsform gesehen werden, Ansätze aus der Konvergenzforschung als Gegenstück zur Dynamik der Betriebsformen.

Darüber hinaus ist es Teil der deskriptiven Zielsetzung dieser Arbeit, aktuelle Entwicklungen in der Praxis zu beschreiben. Um aktuelle Entwicklungen im Handel darzulegen und zu erklären, soll zunächst die Digitalisierung als aktueller Megatrend aufgegriffen werden, um darauf basierend die Entwicklung des Online-Handels darzulegen. Um den Online-Handel vom stationären Handel abzugrenzen, soll diese Arbeit den Begriff des E-Commerce eindeutig definieren und darüber hinaus die spezifischen Kernkompetenzen des Online-Handels darlegen. In einem weiteren Schritt geht die Arbeit auf den Omnichannel-Handel als Weiterentwicklung des Online-Handels ein. Dabei stellen die Darstellung der veränderten Customer Journey und die begriffliche Abgrenzung zum Multichannel-Handel wesentliche deskriptive Ziele dieser Arbeit dar. Schließlich soll gezeigt werden, welche Bereiche verknüpft werden müssen, um eine Integration der Kanäle zu erreichen.

1.2.3Theoretische und explikative Zielsetzung

Details

Seiten
522
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631847176
ISBN (ePUB)
9783631847183
ISBN (MOBI)
9783631847190
ISBN (Hardcover)
9783631837146
DOI
10.3726/b18033
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Omnichannel-Handel Konvergenz Betriebsform Geschäftsmodell Innovation
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 522 S., 67 s/w Abb., 4 Tab.

Biographische Angaben

Andrea Buschmann (Autor:in)

Andrea Buschmann ist seit 2017 im Online-Handel tätig. Von 2013 bis 2016 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strategisches Marketing an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel. Vor ihrer Tätigkeit am Lehrstuhl arbeitete sie für vier Jahre als Unternehmensberaterin. Ihr Bachelorstudium absolvierte sie an der EBS, ihr Masterstudium an der UCD Michael Smurfit Graduate Business School in Irland.

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