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Gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik

Illusion oder Realität?

von Ulrich Rosengarten (Autor:in)
©2021 Monographie 126 Seiten

Zusammenfassung

Die EU-Staaten sind bemüht ihre Stellung in der Welt durch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik abzusichern. Die Umsetzung kam seit den Anfängen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit nur langsam voran und musste Rückschläge verkraften, hat aber auch Erfolge zu verzeichnen, wie das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, die Mercosur-Freihandelszone und das Atomabkommen mit Iran. Das Buch zeigt die Entwicklung erster Ansätze gemeinsamer europäischer Politik auf und befasst sich mit den wichtigsten Akteuren der GASP, wie dem Hohen Vertreter, dem Europäischen Rat, dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee und dem Europäischen Auswärtigen Dienst. Auch wichtige Aktionsbereiche der GASP und ESVP werden dargestellt und kritisch betrachtet.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Dedication
  • Inhaltsverzeichnis
  • I. Einleitung
  • II. Entwicklung einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik
  • 1. Erste Ansätze
  • 2. Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ)
  • 3. Der Vertrag von Maastricht (1993)
  • 4. Der Vertrag von Amsterdam (1997)
  • 5. Die Verträge von Nizza (2001) und Lissabon (2009)
  • 6. Der Vertrag von Lissabon – Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
  • III. Akteure der GASP
  • 1. Der Europäische Rat
  • 2. Der Ministerrat
  • 3. Der Hohe Vertreter
  • 4. Das Europäische Parlament
  • 5. Die Europäische Kommission
  • 6. Der Europäische Auswärtige Dienst
  • 7. Das politische und sicherheitspolitische Komitee (PSK)
  • 8. Der Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV II)
  • 9. Die Rats-Arbeitsgruppen
  • IV. Wichtige Aktionsbereiche der GASP/ESVP
  • 1. Iran
  • 2. Türkei
  • 3. Syrien
  • 4. Ägypten/Nahost-Konflikt
  • 5. Libyen
  • 6. Flüchtlings-/Migrationskrise
  • 7. Afrika
  • 8. Saudi-Arabien
  • 9. USA
  • 10. Lateinamerika
  • 11. Russland
  • 12. China
  • 13. Westbalkan
  • 14. Die GASP der EU in den Vereinten Nationen
  • V. Schlussbetrachtung
  • VI. Literaturverzeichnis
  • VII. Abkürzungen

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I. Einleitung

Wachsende weltpolitische und weltwirtschaftliche Probleme, welche auch Europa zunehmend belasten, zeigen nachdrücklich die Notwendigkeit einer gemeinsamen funktionierenden europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. In der europäischen Öffentlichkeit wird angesichts des Rückzugs des lange Zeit hilfreichen Hegemons USA aus dem europäischen und nahöstlichen politischen Einflussbereich die Forderung nach gesamteuropäischen Strategien zur Gewinnung von mehr Stabilität in und um Europa lauter. Krisen in den der EU benachbarten und für sie wichtigen Ländern und Regionen, wie Ukraine, Syrien, Libyen und dem Maghreb, sowie einigen afrikanischen Staaten erfordern in der Tat gemeinsame Zielsetzungen und die Bereitstellung gemeinsamer Mittel zur Realisierung einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik. Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete eine solche Außenpolitik zu Recht als „notwendig“, um etwa „gegenüber Herausforderungen seitens Chinas und Russlands reagieren zu können“.

Die historische Herausforderung an die EU, die Union der europäischen Staaten verstärkt zu weltpolitischem Handeln zu bewegen, bedeutet nicht unbedingt den Zwang zu mehr Integration oder rascherer Erweiterung im Sinne eines „Widening first“, wie sie gegenwärtig in der EU für die Länder des sogenannten Westbalkan propagiert wird. Bei einer derartigen Politik würde die Gefahr einer Überdehnung übersehen, die angesichts ihrer gegenwärtigen politischen und wirtschaftlich-finanziellen Belastung durch Brexit und Corona-Krise die EU bedroht. Auch die von der deutschen Diplomatie wiederholt ins Spiel gebrachte „Europäisierung“ etwa des französischen Sitzes im UNO-Sicherheitsrat dürfte kaum größere, nach außen sichtbarere europäische außen- und sicherheitspolitische Geschlossenheit aufzeigen. Das oft unterschiedliche Stimmverhalten der Europäer im Sicherheitsrat wird nach wie vor letztlich von ihren jeweiligen nationalen Interessen bestimmt.

Als zentrale und bedrückende Frage europäischer außenpolitischer Gemeinsamkeit hat sich seit 2015 der Schutz der europäischen Außengrenzen gegen illegale Flüchtlings- und Migrationszuwanderung durch Abkommen mit Drittstaaten des Nahen Ostens wie der Türkei und Libyen ←9 | 10→in den Vordergrund der europäischen außenpolitischen Debatte geschoben. Es wurde deutlich, dass ein derartiger Schutz – unerlässlich für den Erfolg einer realistischen Flüchtlings- und Migrationspolitik – nicht allein durch europäische polizeiliche oder militärische Sperrmaßnahmen, wie Frontex, zu erreichen sein wird, sondern nach diplomatischen Lösungen mit den Herkunfts- und Passageländern verlangt.

Auch die von Russland initiierte Ostukraine-/Krim-Krise und die sich neuerdings stellende Frage zu unserer bisher soliden transatlantischen Partnerschaft machen eine einheitliche europäische Strategie nach außen zwingend notwendig. Dies umso mehr, als die Verweigerungshaltung einer Reihe ost-/mitteleuropäischer Staaten gegenüber einer außenpolitischen Steuerung durch „Brüssel“ in der Flüchtlings- und Migrationsfrage, verbunden mit den diesen zufließenden Milliarden-Infrastrukturhilfen Chinas, zu einer Spaltung zwischen Ost-/Mitteleuropa und dem traditionellen westlichen Kern der EU zu führen droht.

Die bisherigen Ansätze für mehr Gemeinsamkeit in der europäischen Außenpolitik haben gewisse Rückschläge überstanden – etwa 2018 in der britisch-russischen Krise wegen der sogenannten Skripal-Affäre (russischer Giftgasanschlag in Großbritannien). Trotz der von Großbritanniens Premierministerin May beschworenen europäischen Solidarität gegenüber Russland war anfangs nur die Hälfte der 28 Mitgliedstaaten der EU zur Ausweisung russischer Diplomaten bereit. Unsolidarisch verhielten sich – vorwiegend aus wirtschaftlich-finanziellen Erwägungen – Belgien, Griechenland, Malta, Österreich, die Slowakei, Slowenien und Zypern.

Vergeblich war ein struktureller Reformversuch von Kommissionspräsident Juncker beim Europäischen Rat im März 2018, in der EU-Außenpolitik die Mehrheitsabstimmung an Stelle des bisher geltenden Einstimmigkeitsprinzips durchzusetzen. Er scheiterte am nachhaltigen Widerstand der Mitgliedstaaten. Von einer „gemeinsamen europäischen Außenpolitik“ kann im Hinblick auf das Fortbestehen ihrer strukturellen Hauptschwächen, der Blockierung gemeinsamer Positionen durch das Veto nationaler Interessen bis heute kaum zutreffend gesprochen werden. Auch die Übernahme der Kommissionspräsidentschaft der EU durch Ursula von der Leyen hat 2020 bisher keine neuen Reformimpulse für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und Ansätze zu einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) ausgelöst. 2020/2021 wurde die Lage der ←10 | 11→Union vielmehr weitgehend durch die negative öffentliche Resonanz auf angebliche Mängel in der Eindämmung der Covid19-Pandemie durch die EU beeinflusst.

Die bisher geringfügigen haushaltspolitischen Ansätze für den Bereich „gemeinsame europäische Außenpolitik“ (GAP) in der neuen Finanzplanung der EU für die Jahre 2021 bis 2027 zeigen eine eher geringe Wertschätzung der Europäischen Kommission für das wichtige außenpolitische Instrument1. Haushaltstechnische Fortschritte im Bereich einer „europäischen Verteidigung“, wie sie neuerdings zu verzeichnen sind, können eine Vernachlässigung des Schlüsselbereichs „europäische Außenpolitik“ nicht kompensieren, auch wenn sie im Hinblick auf die geopolitisch schwierige Situation Europas gegenüber großen Konfliktherden durchaus angemessen erscheinen. Eine europäische Außenpolitik ist auf Dauer undenkbar ohne eine europäische Sicherheitspolitik.

Details

Seiten
126
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631857595
ISBN (ePUB)
9783631857601
ISBN (MOBI)
9783631857618
ISBN (Paperback)
9783631857588
DOI
10.3726/b18543
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Juni)
Schlagworte
Akteure GASP ESVP EPZ Lissabonvertrag PSK Europäischer Rat Hoher Vertreter Europäische Union Europäische Zusammenarbeit Außenpolitik
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 126 S.

Biographische Angaben

Ulrich Rosengarten (Autor:in)

Ulrich Rosengarten studierte Jura in München und promovierte anschließend in Köln. Er war 40 Jahre beim Auswärtigen Amt tätig, unter anderem als Botschafter in Bamako, Mogadischu, Moskau, Vilnius, Paris (OECD-Vertretung) und als Gesandter in UNO-Vertretung in Genf.

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