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Das Kulturgutschutzgesetz und der Kunsthandel – Eine theoretische ökonomische Analyse der Auswirkungen der Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes auf die Akteure am deutschen Sekundärmarkt für Kunst

von Niklas Gebauer (Autor:in)
©2021 Dissertation 394 Seiten

Zusammenfassung

Die Publikation analysiert das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) vom 6.8.2016 aus ökonomischer Perspektive. Im Fokus stehen die Kunstintermediäre des Sekundärmarktes. Maßstab für die ökonomische Analyse des KGSG ist der Telos des Gesetzes. Primäre Gesetzesziele sind mitunter die Beschränkung des illegalen Handels, die Verbesserung des Abwanderungsschutzes und die Stärkung der Rechtssicherheit. Insbesondere nationale Kulturgüter, also gemäß § 6 KGSG u.a. jene, die in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen sind, sollen durch das KGSG wirksamer geschützt werden. Im Vordergrund der Analyse steht die kulturökonomische Betrachtung der Gesetzgebung und die Identifikation möglicher adverser Effekte, die durch die Bestimmungen des KGSG entstehen könnten.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Title
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • § 1 Einleitung
  • I. Einführung
  • II. Definition und Ziele der ökonomischen Analyse des Rechts
  • III. Forschungsstand
  • IV. Methodisches Vorgehen
  • V. Thematische Eingrenzung
  • VI. Gang der Darstellung
  • § 2 Kulturökonomische Betrachtung des Kunstmarktes
  • I. Ökonomische Grundlagen
  • 1. Kunstmarkt als unvollkommener Markt
  • 2. Öffentliche Güter vs. private Güter
  • 3. Neue Institutionenökonomik
  • II. Was ist Kunst?
  • 1. Kunst im verfassungsrechtlichen Kontext
  • 2. Konstitutive Merkmale von Kunstwerken
  • III. Der deutsche Kunstmarkt
  • 1. Ökonomische Besonderheiten des Kunstmarktes
  • 2. Nicht-kommerzielle Akteure des Kunstmarktes
  • 3. Der Primärmarkt für Kunst und seine Akteure
  • a) Künstler
  • b) Galerien
  • 4. Der Sekundärmarkt für Kunst und seine Akteure
  • a) Unterscheidung zwischen Galerien und dem klassischen Kunsthandel
  • b) Akteure des Sekundärmarktes für Kunst
  • aa) Kunstsammler
  • bb) Auktionshäuser und Kunsthändler
  • cc) Museen
  • IV. Ökonomische Legitimation der Kunstintermediäre
  • 1. Funktionen der Kunstintermediäre
  • 2. Reduktion von Transaktionskosten
  • a) Baligh-Richartz-Effekt
  • b) Verringerung von Informationsasymmetrien
  • 3. Erhöhung des Nutzens für Verkäufer
  • V. Preisbildung auf dem Kunstmarkt
  • 1. Anwendbarkeit des Homo Oeconomicus-Verhaltensmodells auf den Kunstmarkt
  • 2. Preisbildung auf dem Primärmarkt
  • 3. Preisbildung auf dem Sekundärmarkt
  • a) Bewertungsproblematik
  • b) Besonderheiten der Nachfrage
  • c) Besonderheiten des Angebots
  • d) Folgerecht
  • VI. Behavioral Economics
  • 1. Relevanz der Behavioral Economics im Kontext des Kunstmarktes
  • 2. Endowment-Effekt
  • 3. Sunk cost-Effekt
  • 4. Geringe Berücksichtigung von Opportunitätskosten
  • 5. Veblen-Effekt und Snob-Effekt
  • VII. Staatliche Interventionen im Kultursektor
  • 1. Legitimation staatlicher Interventionen im Kultursektor
  • 2. Staatliche Förderung des Kultursektors
  • a) Baumol’sche Kostenkrankheit als Legitimationsansatz für Fördermaßnahmen
  • b) „Kunst als meritorisches Gut“ als Legitimationsansatz für Fördermaßnahmen
  • c) Daseinsvorsorge als Legitimationsansatz für Fördermaßnahmen
  • 3. Staatliche Schutzmaßnahmen im Kultursektor
  • VIII. Zusammenfassung
  • § 3 Grundlagen des Kulturgüterschutzes
  • I. Einleitung
  • II. Der Kulturgut-Begriff
  • 1. Definitionsansätze
  • 2. Unterscheidung von „Kulturgut“ und „Kunstwerk“
  • 3. Zuordnung von Kulturgut zu Staaten
  • a) Unterscheidung zwischen Staat und Nation
  • b) Was ist deutsches Kulturgut?
  • c) Cultural Nationalism vs. Cultural Internationalism
  • III. Historische Entwicklung des Kulturgüterschutzes
  • 1. Internationales Recht als Grundlage
  • a) Kriegsvölkerrecht
  • aa) Haager Landkriegsordnung
  • bb) Roerich-Pakt
  • cc) Haager Konvention von 1954
  • b) Friedensvölkerrecht
  • 2. Recht der europäischen Gemeinschaft
  • a) Verordnung (EG) Nr. 116/2009
  • b) Europäisches Kulturabkommen
  • 3. Nationales Recht
  • a) Entwicklung des Kulturgüterschutzes in Deutschland bis 1945
  • b) Kulturgüterschutz in der DDR
  • c) Kulturgüterschutz in der Bundesrepublik Deutschland
  • 4. Soft Law
  • 5. Zusammenfassung
  • IV. Potenzielle Gefahren für Kulturgüter
  • 1. Notwendigkeit des Kulturgüterschutzes
  • 2. Gefährdungskategorien
  • a) Die Gefährdung der Substanz
  • b) Die Zerstörung der staatlich-territorialen Bindung
  • c) Minderung oder Zerstörung des kulturellen Wertes
  • V. Instrumente des Kulturgüterschutzes
  • 1. Dokumentation
  • 2. Unterschutzstellung
  • 3. Eingriffe
  • 4. Förderung
  • 5. Sanktionen
  • § 4 Telos des Kulturgutschutzgesetzes
  • I. Beschränkung des illegalen Handels mit Kulturgut
  • II. Stärkung des Abwanderungsschutzes
  • III. Schließung von Gesetzeslücken
  • IV. Stärkung der Rechtssicherheit
  • V. Schutz öffentlicher Sammlungen
  • VI. Zugang der Allgemeinheit zu Kulturgütern
  • VII. Identitätsstiftung
  • § 5 Anwendungsbereich und Regelungen des Kulturgutschutzgesetzes
  • I. Klassifizierung von Kulturgut als „nationales Kulturgut“
  • 1. Nationales Kulturgut gemäß § 6 KGSG
  • 2. Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes
  • a) Eintragungskriterien
  • b) Sachverständigenausschüsse
  • c) Das Negativattest
  • d) Rechtsfolgen der Eintragung
  • aa) Genehmigungspflicht der dauerhaften Ausfuhr
  • bb) Steuerliche Begünstigungen für Eigentümer
  • cc) Kompensation in Fällen wirtschaftlicher Notlage
  • dd) Beschädigungsverbot
  • ee) Mitteilungspflichten
  • 3. Sammlungen als nationales Kulturgut
  • 4. Vereinbarkeit der Eintragung von Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes mit der grundrechtlichen Eigentumsgarantie
  • a) BVerwG, Urt. v. 27.05.1993 – 7 C 33/92
  • b) Stellungnahme
  • II. Pflichten beim Inverkehrbringen von Kulturgut
  • 1. Rechtslage
  • a) Private Inverkehrbringer
  • b) Gewerbliche Inverkehrbringer
  • aa) Inverkehrbringer auf dem Primärmarkt
  • bb) Inverkehrbringer auf dem Sekundärmarkt
  • 2. Ökonomische Analyse
  • a) Sorgfaltspflichten beim gewerblichen Inverkehrbringen
  • b) Aufzeichungs-und Aufbewahrungspflichten
  • 3. Zusammenfassung
  • III. Ausfuhrbeschränkungen
  • 1. Rechtslage
  • a) Vorübergehende und dauerhafte und Ausfuhr von Kulturgütern
  • b) Verfahrensregelungen
  • c) Laissez Passer-Regelung
  • d) Kritik und Alternativen
  • 2. Vereinbarkeit von Ausfuhrbeschränkungen mit europarechtlichen Regelungen
  • a) Verhältnismäßigkeitsprüfung der Ausfuhrbeschränkungen
  • b) Europarechtliche Klassifizierung von Kulturgütern als „Handelsware“
  • c) Vereinbarkeit der Ausfuhrbeschränkungen des KGSG mit dem freien Warenverkehr in der EU
  • aa) Allgemeines
  • bb) Vereinbarkeit von Ausfuhrbeschränkungen mit Art. 28 AEUV
  • cc) Vereinbarkeit von Ausfuhrbeschränkungen mit Art. 35 AEUV
  • 3. Diskussion über Vorkaufsrechte und Ankaufsangebote für national wertvolle Kulturgüter
  • a) Begriffsbestimmungen und Grundlagen
  • b) Stellungnahme
  • 4. Ökonomische Analyse
  • a) Direkte Kosten für Ausfuhranträge
  • b) Einfluss von Ausfuhrbeschränkungen auf Marktpreise
  • c) Ökonomische Vorteile für Kunstintermediäre durch Ausfuhrbeschränkungen?
  • d) Potenzielle adverse Effekte durch Ausfuhrbeschränkungen
  • e) Anwendbarkeit der ökonomischen Analyse des Folgerechts auf Ausfuhrbeschränkungen
  • f) Marktfrische-Kriterium im Kontext von Ausfuhrbeschränkungen
  • g) Ausfuhrbeschränkungen im Kontext von „Efficiency vs. Equity“
  • 5. Zusammenfassung
  • IV. Einfuhrbeschränkungen
  • 1. Rechtslage
  • 2. Ökonomische Analyse
  • 3. Zusammenfassung
  • § 6 Kulturgutschutzgesetze anderer europäischer Staaten im Vergleich
  • I. Gemeinsamkeiten europäischer Kulturgutschutzgesetze
  • II. Kulturgüterschutz im Vereinigten Königreich
  • 1. Kunstmarkt und Grundlagen des britischen Kulturgüterschutzes
  • 2. Einfuhrbeschränkungen
  • 3. Ausfuhrbeschränkungen
  • 4. Staatliches „Ankaufsangebot“
  • III. Kulturgüterschutz in Frankreich
  • 1. Kunstmarkt und Grundlagen des französischen Kulturgüterschutzes
  • 2. Einfuhrbeschränkungen
  • 3. Ausfuhrbeschränkungen
  • 4. Staatliches Vorkaufsrecht
  • IV. Kulturgüterschutz in der Schweiz
  • 1. Kunstmarkt und Grundlagen des schweizerischen Kulturgüterschutzes
  • 2. Einfuhrbeschränkungen
  • 3. Ausfuhrbeschränkungen
  • 4. Sorgfaltspflichten
  • § 7 Empirische Untersuchung des KGSG
  • I. Umfrage zum KGSG
  • 1. Zielgruppe der Umfrage
  • 2. Aufbau der Umfrage
  • II. Ergebnisse der Umfrage
  • 1. Eintragungskriterien
  • 2. Marktpreisveränderung durch Eintragung
  • 3. Negativattest gemäß § 14 Abs. 7 KGSG
  • 4. Bewusste Aufteilung von Sammlungen
  • 5. Erwartete Auswirkung auf den deutschen Kunsthandelsstandort
  • 6. Reaktionen der Kunstintermediäre auf das KGSG
  • 7. Einschätzung zu „Gewinnern und Verlierern“ des KGSG
  • 8. Ökonomische Auswirkungen durch Pflichten beim Inverkehrbringen
  • 9. Ökonomische Auswirkungen durch Ausfuhrbeschränkungen
  • 10. Ökonomische Auswirkungen durch Einfuhrbeschränkungen
  • III. Erreichen des Telos
  • 1. Beschränkung des illegalen Handels mit Kulturgut
  • 2. Stärkung des Abwanderungsschutzes
  • 3. Schließung von Gesetzeslücken
  • 4. Stärkung der Rechtssicherheit
  • 5. Schutz öffentlicher Sammlungen
  • 6. Zugang der Allgemeinheit zu Kulturgütern
  • 7. Identitätsstiftung
  • § 8 Potenzielle Maßnahmen zum Erreichen des Telos
  • I. Anpassung der Regelungen zur Ausfuhr
  • 1. Genehmigungsfiktion der Ausfuhr bei Überschreitung des Bearbeitungszeitraumes
  • 2. Möglichkeit der Ausfuhrgenehmigung mit Nebenbestimmungen
  • 3. Einschaltung eines Sachverständigenausschusses bei Verweigerung von Ausfuhrgenehmigungen
  • 4. Ausfuhr ohne Altersuntergrenze innerhalb des Binnenmarktes
  • 5. Anpassung der Laissez Passer-Regelung
  • II. Anpassung der Regelungen zur Einfuhr
  • 1. Entschärfung des § 30 KGSG
  • 2. Abmilderung der Maßgeblichkeit des Herkunftsstaates
  • 3. Anpassung des § 29 KGSG
  • III. Heraufsetzen der Erheblichkeitsschwelle für Sammlungen in Bezug auf § 42 KGSG
  • IV. Ausweitung des Beschädigungsverbots auf nationale Kulturgüter
  • V. Anpassung der Regelungen zu Negativattesten
  • § 9 Ergebnis, Reflexion und Ausblick
  • Literaturverzeichnis
  • Anhänge

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Die Akteure am Kunstmarkt

Abbildung 2:Transaktionskostenersparnis durch Kunstintermediäre

Abbildung 3:Baligh-Richartz-Effekt

Abbildung 4:Preisbildung durch Auktion

Abbildung 5:Nationales Kulturgut gemäß § 6 KGSG

Abbildung 6:Kriterien zur Eintragung von Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes

Abbildung 7:Pflichten beim Inverkehrbringen von Kulturgut

Abbildung 8:Ausfuhrbeschränkungen gemäß KGSG

Abbildung 9:Transaktionsszenarien auf dem internationalen Kunstmarkt

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:Erläuterungen der Sorgfaltspflichten gemäß der „Handreichung für die Praxis“

Tabelle 2:Übersicht der Alters-und Wertuntergrenzen für die Ausfuhr von Kulturgut nach § 24 KGSG

Tabelle 3:Ausfuhr-Statistiken im Vereinigten Königreich gemäß der DCMS Reports

Tabelle 4:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob die Eintragungskriterien ausreichend präzise sind

Tabelle 5:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob eine Eintragung von Kulturgut dessen Marktwert verringert

Tabelle 6:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob Negativatteste ein wirksames Instrument sind

Tabelle 7:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob gezielte Aufteilungen von Sammlungen zur Vermeidung von Eintragungen denkbar sind

Tabelle 8:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob das KGSG die Unsicherheit auf dem Kunstmarkt verringert und dadurch den Kunsthandelsstandort stärkt

Tabelle 9:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob eine Verlagerung von Geschäften ins Ausland angedacht ist

Tabelle 10:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob die Einstellung des Geschäftsbetriebes in Betracht gezogen wird

Tabelle 11:Umfrage-Ergebnis zur Frage, wer aus Sicht der Kunsthändler Gewinner/Verlierer des KGSG sind

Tabelle 12:Umfrage-Ergebnis zur Frage, wer aus Sicht der Auktionshäuser Gewinner/Verlierer des KGSG sind

Tabelle 13:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob aus den Sorgfaltspflichten beim gewerblichen Inverkehrbringen ein finanzieller Mehraufwand entsteht

Tabelle 14:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob die Kunstintermediäre zusätzliche finanzielle Belastungen auf Käufer/Verkäufer umlegen

Tabelle 15:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob die Regelung des § Abs. 1 KGSG den Handel mit betroffenen Kulturgütern zum Erliegen bringt

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Tabelle 16:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 1 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 17:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 2 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 18:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 3 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 19:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 4 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 20:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 5 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 21:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 6 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 22:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob § 42 Abs. 1 Nr. 7 KGSG erfüllbar ist

Tabelle 23:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob Kulturgüter vor Erreichen der Altersuntergrenze ausgeführt werden, um einer Eintragung zu entgehen

Tabelle 24:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob die Laissez Passer-Regelung ein wirksames Instrument ist

Tabelle 25:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob der Zeitraum von zwei Jahren für die Laissez Passer-Regelung ausreichend ist

Tabelle 26:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob weniger Werke aus dem Ausland eingeführt werden

Tabelle 27:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob bekannt ist, für welche Kulturgüter ein „Nachweis der Rechtmäßigkeit der Einfuhr“ erforderlich ist

Tabelle 28:Umfrage-Ergebnis zur Frage, ob die Erbringung des „Nachweises der Rechtmäßigkeit der Einfuhr“ in den meisten Fällen unmöglich ist

Tabelle 29:Teilnehmer der Umfrage

Tabelle 30:Erteilte Ausfuhrgenehmigungen von den Mitgliedstaaten zwischen 2011 und 2013

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Abkürzungsverzeichnis

AEUVVertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

ALRArt Loss Register

AOAbgabenordnung

BFHBundesfinanzhof

BHOBundeshaushaltsordnung

BKMBeauftragte für Kultur und Medien

BVerfGBundesverfassungsgericht

BVerwGBundesverwaltungsgericht

CINOAConfédération Internationale des Négociants en Oeuvres

CVMContingent Valuation Method

DCMSDepartment for Culture, Media & Sport

ErbStGErbschaftsteuer-und Schenkungsteuergesetz

EStGEinkommensteuergesetz

GGGrundgesetz

GZTGemeinsamer Zolltarif

HLKOHaager Landkriegsordnung

ICOMInternational Council of Museums

ISIslamischer Staat

KGTGBundesgesetz über den internationalen Kulturgütertransfer

KGTVKulturgütertransferverordnung

KGÜAGAusführungsgesetz zum Kulturgutübereinkommen

KSVGKünstlersozialversicherungsgesetz

KultGüRückGKulturgüterrückgabegesetz

OGELOpen General Export Licence

OIELOpen Individual Export Licence

RCEWAReviewing Committee on the Export of Works of Art and Objects of Cultural Interest

RsRechtssache

TEFAFThe European Fine Art Fair

UrhGUrheberrechtsgesetz

VerstVVersteigererverordnung

VVGVersicherungsvertragsgesetz

VwVfGVerwaltungsverfahrensgesetz

WVRWeimarer Reichsverfassung

ZGBSchweizerisches Zivilgesetzbuch

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§ 1Einleitung

I.Einführung

Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Internationalisierung des Kunstmarktes zunehmend beschleunigt, sodass dieser heutzutage als globalisierter Markt gilt.1 So hat sich beispielsweise das Exportvolumen von „works of art“2 aus der gesamten EU in Drittstaaten3 von 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2014 erhöht.4 Dies ist auch darin begründet, dass weltweit, insbesondere im oberen Preissegment, nur ein kleiner Kreis an potenziellen Nachfragern und Anbietern existiert und folglich der Handel zwischen diesen Marktteilnehmern weltweit getätigt wird.5 Trotz der Globalisierung des Kunstmarktes spiegeln sich auch nationale Einflüsse im Kunstmarkt wider. Ein solcher nationaler Einfluss ist das novellierte „Gesetz zum Schutz von Kulturgut“6, welches am 6.8.2016 in Kraft getreten ist und Kulturgüter wirksamer schützen soll, als dies bisher der Fall war. Die Notwendigkeit und Bedeutung des Kulturgüterschutzes ist universal anerkannt7: „Kulturgüterschutz mag als unabdingbarer Bestandteil und wesentliches Merkmal einer Zivilisation gelten.“8 Die breite Akzeptanz von Kulturgutschutz spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass das KGSG ohne Gegenstimme im Juni 2016 vom Bundestag verabschiedet wurde.9

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Die Definition des Begriffs „Kulturgut“ im Kontext des KGSG lautet: „Jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von paläontologischem, ethnographischem, numismatischem oder wissenschaftlichem Wert.“10 Es muss sich folglich um Sachen, also körperliche Gegenstände gemäß § 90 BGB, handeln, und diese müssen dem kulturellen Erbe zugewiesen werden können.11

Der Anwendungsbereich des KGSG umfasst unter anderem die Ausfuhr von Kulturgütern, welche gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 KGSG als Verbringung12 von Kulturgut aus dem Bundesgebiet bezeichnet wird. Die Verbringung beinhaltet jede physische Grenzüberschreitung von Kulturgütern, unabhängig vom Zweck der Grenzüberschreitung.13 Auch die Einfuhr von Kulturgut wurde durch die Regelungen des KGSG erschwert. Unter „Einfuhr“ wird gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 KGSG die Verbringung von Kulturgut in das Bundesgebiet bezeichnet; analog zur „Ausfuhr“ ist darunter die physische Grenzüberschreitung zu verstehen. Für den Kunsthandel sind zudem die Regelungen zum Inverkehrbringen von Kulturgütern relevant. Der Begriff „Inverkehrbringen“ umfasst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9 KGSG das Anbieten, das Verkaufen, die Vermittlung, den Vertrieb, das Absetzen, die unentgeltliche Weiter-oder Abgabe zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung oder die wirtschaftliche Verwertung in sonstiger Weise im eigenen oder fremden Namen. Mit den neuen Regelungen zu Ausfuhr, Einfuhr und Pflichten beim Inverkehrbringen vereint das KGSG die bisherigen Regelungen zum Kulturgüterschutz in Deutschland in einem kohärenten Gesetz. Fachleute konstatieren, dass „[…] mit dem neuen Kulturgutschutzgesetz ein echtes Sonderrecht für Kulturgüter in Deutschland geschaffen wurde.“14

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Der internationale Kulturgüterschutz ist ein komplexes Gebilde, welches diverse Bereiche des Rechts berührt.15 Neben verwaltungs-und strafrechtlichen Aspekten sind zivilrechtliche Aspekte zu nennen, die u.a. beim Erwerb von Kulturgütern und beim Eigentümer-und Erwerberschutz relevant sind. Dem grenzüberschreitenden Handel mit Kulturgütern sind internationalprivatrechtliche Faktoren immanent und auch völkerrechtliche Aspekte sind zu berücksichtigen.16 Im Kontext des grenzüberschreitenden Handels mit Kulturgütern ist insbesondere auch der Abwanderungsschutz für bestimmte Kulturgüter zu nennen.17 Obwohl zu Zeiten des globalisierten Kunstmarktes das Motiv des Schutzes von Kulturgütern vor Abwanderung anachronistisch erscheint, enthält auch das KGSG umfassende Regelungen zum Abwanderungsschutz. Vielleicht sind diese Regelungen aber nicht trotz des globalisierten Kunstmarktes, sondern gerade wegen des globalisierten Kunstmarktes im KGSG verankert, da im Abwanderungsschutz ein Mittel zur Wahrung der nationalen Identität gesehen wird. Kulturgütern wird nämlich eine „gesellschaftsstützende Bedeutung“18 und eine „identitäts-und sinnstiftende Funktion“19 zugesprochen.

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Bei Eingriffen in die Eigentumsrechte, wie sie durch Ausfuhrbeschränkungen vorgenommen werden, wird eine Abwägung privater und öffentlicher Interessen vorgenommen. Der Gesetzgeber bewegt sich somit in einem Spannungsverhältnis zwischen der Wahrung des Privateigentums und der Verantwortung für das Allgemeinwohl. Grundsätzlich bedeutet die Tatsache, dass ein Kulturgut sich im Privateigentum befindet, nicht, dass die freie Verfügungsgewalt an dem Kulturgut uneingeschränkt gilt.20 Der Ausschluss der Exportfreiheit durch das KGSG greift beschränkend in die Vertragsfreiheit der am internationalen Handel beteiligten Parteien ein. So konstatiert Abele: „Solange Kulturgüter im Eigentum von Bürgern stehen, kann wirksamer Kulturgüterschutz nur durch die Beschränkung der Eigentümerfreiheiten stattfinden.“21 Auch Weidner stellt fest: „Im Bereich des Kulturgüterschutzes stößt der traditionelle Eigentumsbegriff an seine Grenzen. Was sonst Eigentum im Wesentlichen ausmacht, nämlich das Recht, mit dem Eigentumsobjekt nach Belieben zu verfahren und andere von der „Nutzung“ auszuschließen, kann in Bezug auf Kulturgüter nicht ohne weiteres gelten.“22

Wie weitreichend die Eingriffe in die privaten Rechte sein können, wird durch die Forderung unterstrichen, bestimmte Kulturgüter als „res extra commercium“ einzustufen.23 Res extra commercium ist ein Rechtsinstitut, welches das betroffene Objekt dem freien Handel entzieht.24 Die Verfügungen über res extra commercium müssen stets zweckgebunden sein, sodass die allgemeine Verkehrsfähigkeit für diese Güter eingeschränkt ist: „Denn das extrakommerzielle Kulturgut kann weder willkürlich veräußert werden […] noch kann es von einem Nichtberechtigten gutgläubig erworben oder ersessen werden.“25 Da das Kulturgut bei Diebstahl oder Verlust jederzeit herausgefordert werden kann, unabhängig von der zeitlichen Komponente, liegt darin ein wesentlicher Vorteil für die Allgemeinheit.26 Der Vorschlag, Kulturgut als res extra commercium einzustufen, wird jedoch in der Fachliteratur meist abgelehnt.27

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Eine „Unveräußerlichkeitsregel für Kulturgut“ existiert in Deutschland nicht.28

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Voraussetzung für die besondere Unterschutzstellung von Kulturgütern und den damit einhergehenden Eingriffen in die Eigentumsrechte ist die Klassifizierung von Kulturgut als nationales Kulturgut.29 Nationales Kulturgut ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 KGSG unter anderem jenes, welches in ein „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ eines Bundeslandes eingetragen ist.30 Diese Rechtspraxis existiert in Deutschland seit 1955 durch das „Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung“.31 § 7 KGSG definiert die Kriterien für eine Eintragung und verlangt, dass unter anderem ein herausragendes kulturelles öffentliches Interesse32 am Kulturgut bestehen muss.33 Obwohl dieses Kriterium abstrakt erscheint, erhöht der Gesetzgeber dadurch die Anforderungen für eine Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes. Damit wird die Grundlage für eine Legitimation durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG angedeutet.34 Diese Legitimation wird durch die Inhalts-und Schrankenbestimmung aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gefestigt, welche besagt, dass der Gesetzgeber den Inhalt und die Schranken des Eigentums festlegt.35 Ein für den Kulturgüterschutz in Deutschland wegweisendes Urteil des BVerwG aus dem Jahr 1993 bestätigt die Vereinbarkeit einer Eintragung von Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes mit Art. 14 GG.36 Im Jahr 2011 wurde dieses nochmals bestätigt37; eine gegen die Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.38 Auch dass der Sozialpflichtigkeit des Eigentums im Kulturgüterschutz eine besondere Rolle zuteil wird, ist in Anbetracht des Verständnisses, dass der Eigentümer eine „[…] Mitverantwortung für den nationalen Kulturbesitz als Ganzen […]“ trägt, offensichtlich.39 Trotz der Rechtmäßigkeit von Eingriffen in die Eigentumsrechte bleibt indes festzuhalten: „Auch wenn die Verfügungsbeschränkung noch keinen entschädigungspflichtigen Eingriff darstellt, sondern eine Inhalts-und Schrankenbestimmung des Eigentums, so handelt es sich doch um eine den Eigentümer belastende Verfügungsbeschränkung.“40

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Bei Regelungen, welche die Grundrechte einschränken, muss gemäß dem Verhältnismäßigkeitsprinzip erstens geprüft werden, ob die Regelungen geeignet sind, also ob das Ziel des Gesetzes tatsächlich durch die Grundrechtseinschränkung erreicht wird. Zweitens muss die Maßgabe der Erforderlichkeit erfüllt sein, und drittens ist zu hinterfragen, ob der Eingriff angemessen ist.41 In diesem Zusammenhang sei auch die grundsätzlich positive Auswirkung von Privateigentum an Kulturgütern hervorgehoben, dass der Eigentümer ein intrinsisches Motiv der Substanzsicherung und des Werterhalts verfolgt.42 Eine abweichende Auffassung vertritt Abele, der argumentiert, dass ein Kulturgut im Eigentum des Staates oder eines Bundeslandes ein „Höchstmaß an Schutz“ genieße, da dadurch die Erhaltung von Kulturgütern und der Schutz vor illegaler Ausfuhr gewährleistet werden würde.43

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Das KGSG wurde bereits in der Entstehungsphase vor allem aufgrund der strengeren Ausfuhrbeschränkungen kontrovers diskutiert, und insbesondere der Kunsthandel und die Sammler protestierten gegen die Novellierungspläne. Schon im Juli 2015, ein Jahr bevor das Gesetz in Kraft trat, begann der Maler Baselitz als Reaktion auf das geplante KGSG seine Leihgaben aus Museen abzuziehen.44 Ebenfalls im Juli 2015 kritisierte der Rechtsanwalt und Kunstförderer Raue den Gesetzesentwurf, indem er diesem einen enteignenden Charakter unterstellte und das Motiv darin vermutete, dass der Staat Kulturgüter aufgrund des gesperrten Auslandsmarktes preiswerter erwerben kann.45 Ähnlich kritisch äußerte sich der Kunsthändler Zwirner, der sogar das Motiv des Gesetzes im „Neid des Gesetzgebers“ vermutete.46 Der Geschäftsführer von Grisebach, einem der größten Auktionshäuser Deutschlands, warnte bereits im November 2015 vor den Auswirkungen des KGSG und schätzte, dass als Reaktion auf den Entwurf des KGSG im Zeitraum von August 2015 bis November 2015 Kunst im Wert von einer Milliarde Euro das Land verlassen habe.47 Merten stellte fest, dass Kunsthändler und Auktionshäuser aus London im Jahr 2015 gezielt deutschen Sammlern kostenlose Einlagerungen ihrer Werke angeboten haben.48 Auch der Sammler Falckenberg warnte, dass entgegen der Zielsetzung des KGSG, das Gesetz zu einem „Abwanderungsgesetz“ verkommen könnte.49 Ein Großteil der Verunsicherung entstand dadurch, dass ein Referentenentwurf des KGSG „durchgestochen“ wurde, also inoffiziell an die Öffentlichkeit gelangte. Darin war u.a. gemäß § 17 des Gesetzesentwurfes vorgesehen, dass sachverständige Personen und die obersten Landesbehörden Zutritt zur Wohnung von Personen hätten, die im Verdacht stehen, nationales Kulturgut zu besitzen.50 Zwar wurde dieser Paragraph unverzüglich gestrichen und der damalige Referentenentwurf in vielen Bereichen deutlich abgeschwächt. Aber auch nach Inkrafttreten des KGSG verstummte die Kritik am Gesetz nicht: Gegen diverse Regelungen des KGSG wurden beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerden eingereicht.51

II.Definition und Ziele der ökonomischen Analyse des Rechts

Die vorliegende Arbeit analysiert das KGSG aus ökonomischer Perspektive. Dass wirtschaftspolitische Aspekte, wie beispielsweise das Effizienzziel, den Zielen des Kulturgüterschutzes untergeordnet werden, ist grundsätzlich anerkannt.52 Auch die Komplexität des Kulturgüterschutzes stellt eine Herausforderung an die ökonomische Betrachtung des KGSG dar: „Ein Optimum an Kulturgüterschutz lässt sich wegen der Unterschiedlichkeit der Interessen nach alledem kaum abstrakt bestimmen.“53

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Als Teil der konsequentialistischen Sozialtheorien distanziert sich die ökonomische Analyse des Rechts von der Prämisse, dass Rechtsnormen legitimiert sind, sobald sie verfassungsgemäß gerechtfertigt sind. Die ökonomische Analyse des Rechts befasst sich vielmehr mit der Beurteilung von Rechtsnormen auf der Basis von Ressourcen-Effizienz und betrachtet die Folgen der Rechtsnormen auf die Gesellschaft.54 Sie basiert dabei auf zwei konzeptionellen Säulen: dem ökonomischen Verhaltensmodell und dem wohlfahrtsökonomischen Effizienzziel. Das ökonomische Verhaltensmodell bildet die Grundlage für die Ermittlung von Rechtsfolgen, das ökonomische Effizienzziel wird als Bewertungsmaßstab der Rechtsfolgen herangezogen.55 Beide Säulen entspringen ideengeschichtlich dem Utilitarismus: „Das ökonomische Verhaltensmodell in dem utilitaristischen Nützlichkeitsprinzip als individuelle Verhaltensmaxime; das ökonomische Effizienzziel in dem utilitaristischen Nützlichkeitsprinzip als kollektive Entscheidungsregel.“56 Demnach hat die ökonomische Analyse des Rechts auch den Anspruch, Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Gestaltung der Rechtsstruktur herzuleiten, welche das Ziel der Allokationseffizienz verfolgen.57 Ebenfalls eignet sich die ökonomische Analyse des Rechts dazu, Vorhersagen über Verhaltensfolgen von Gesetzen zu treffen. So formuliert Kirstein: „Ein Gesetz sollte nicht so formuliert sein, dass es einfach die Absicht des Gesetzgebers eins zu eins wiedergibt, denn dann könnte sein Ziel verfehlt werden. Der Gesetzgeber muss vielmehr die Verhaltensreaktionen aller Adressaten antizipieren und das Gesetz so formulieren, dass die zu erwartende Reaktion das gewünschte Ergebnis herstellt.“58

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Rechtsökonomik kann in zwei Teilbereiche gegliedert werden: Die normative ökonomische Analyse und die positive ökonomische Analyse des Rechts. Während letztere einen deskriptiven Charakter hat und sich mit den Entstehungsgründen und den Wirkungen von Recht befasst, verfolgt die normative Analyse des Rechts das Ziel, „richtiges“ bzw. „effizientes“ Recht zu identifizieren.59 Die Ursprünge der normativen ökonomischen Analyse liegen in der klassischen Wohlfahrtsökonomik, welche den gesellschaftlichen Gesamtnutzen als Bewertungsmaßstab anführt.60 In der Wohlfahrtsökonomik werden staatliche Einflüsse daran gemessen, ob die Wohlfahrtsgewinne gegenüber den Wohlfahrtsverlusten überwiegen.61 Im Kontext des Kulturgüterschutzes ist zwischen direkten und indirekten Effekten zu unterscheiden. Direkte Effekte, also jene die finanziell messbar sind, lassen eine quantifizierbare Untersuchung nach wohlfahrtsökonomischen Gesichtspunkten zu: „Falls nur direkte Effekte auftreten, sollten positive und negative Effekte gegeneinander abgewogen werden. Kulturgüter sollten regulativ geschützt werden, wenn die durch den Schutz entstehenden Nettoerträge die Kosten übersteigen, der Ertrag also höher ist als ohne regulativen Eingriff.“62 Gleichzeitig zeigt sich hierbei bereits die fehlende universelle Anwendbarkeit solcher Vorgehensweisen: „Solch eine Bewertung kann nur auf Basis einer Einzelfallanalyse vorgenommen und somit nicht durch internationale Standards geregelt werden.“63 Erschwert wird die wohlfahrtsökonomische Betrachtung von Kulturgütern durch die Existenz indirekter Effekte. In diesem Zusammenhang sei im Kontext des KGSG beispielhaft die identitätsstiftende Wirkung von Kulturgütern hervorgehoben.

In der vorliegenden Arbeit ist es unumgänglich, die normative und die positive Komponente zu berücksichtigen, denn es stellt sich erstens die Frage, wie sich das KGSG auf die Akteure am deutschen Sekundärmarkt für Kunst auswirkt (positive ökonomische Analyse des Rechts), und zweitens soll festgestellt werden, ob diese Auswirkungen ökonomisch im Sinne des Gesetzgebers erstrebenswert sind (normative ökonomische Analyse des Rechts). Die normative ökonomische Analyse des Rechts orientiert sich an ex-ante definierten Kriterien. Diese Kriterien, welche als Ziele des Gesetzgebers anzusehen sind, müssen klar definiert sein, damit eine ökonomische Analyse des Rechts überhaupt möglich ist. So betont Eidenmüller „[…] daß man über Effizienz sinnvoll immer nur relativ im Hinblick auf einen anzustrebenden Optimalzustand reden kann.“64 Die Ziele des Gesetzgebers nachzuvollziehen und kritisch zu hinterfragen steht daher im Fokus dieser Arbeit. Schließlich können nur dann prognostizierte Folgen beurteilt und normative Vorschläge unterbreitet werden, wenn das Telos als Bewertungsmaßstab herangezogen werden kann.

Bezüglich der Definition von Effizienz im gesamtgesellschaftlichen Kontext schreiben Schäfer/Ott: „Eine Gesellschaft ist effizient, wenn sie bei gegebener Vermögensverteilung einen Zustand herbeiführt, bei dem niemand mehr bessergestellt werden kann, ohne dass ein anderer schlechtergestellt wird, wenn diejenigen Leistungen, die die Gesellschaftsmitglieder haben möchten und die bei knappen Ressourcen erstellt werden können, auch tatsächlich erbracht werden, wenn die Ressourcen am Ort ihrer sozial nützlichsten Verwendung eingesetzt werden.“65

Wenn das KGSG im Kontext dieser Definition betrachtet wird, sind folgende Aspekte erkennbar:

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1.Der erste Teil der Definition zielt auf die Erfüllung des Pareto-Kriteriums ab. Das Pareto-Kriterium ist erfüllt, sofern eine staatliche Maßnahme dazu führt, dass mindestens eine Person besser gestellt wird, ohne dass eine andere Person schlechter gestellt wird.66 Da durch das KGSG bestimmte Akteure am Kunstmarkt, insbesondere z.B. Kunsthändler, schlechter gestellt werden, ist das Pareto-Kriterium nicht erfüllt.

2.Die im zweiten Teil der Definition beschriebene Bereitstellung knapper Ressourcen in der sozial nützlichsten Variante ist ein offizielles Ziel des KGSG. Schließlich sollen identitätsstiftende Kulturgüter unter Schutz gestellt werden und damit der Kulturgüterschutz in Deutschland als Ganzes gestärkt werden. Zweifelsfrei handelt es sich zudem bei national wertvollen Kulturgütern um knappe Ressourcen. Inwieweit das neue KGSG tatsächlich die „sozial nützlichste Verwendung“ garantiert, ist jedoch ungewiss. Beschränkt sich die Denkweise auf das Inland, also steht die Verantwortung einer Staatsregierung für die eigene Bevölkerung im Vordergrund, ist anzunehmen, dass als „Ort der sozial nützlichsten Verwendung“ insbesondere Kulturgut bewahrende Einrichtungen67 gelten, da diese am ehesten der Allgemeinheit einen Zugang zu Kulturgütern ermöglichen können. Daran anknüpfend ist allerdings die Kritik von Lenski anzuführen, welche sich darauf bezieht, dass die im KGSG verankerten Ausfuhrbeschränkungen nicht per se dazu führen, dass die Kulturgüter der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden und damit eine Erhöhung des Gemeinwohls bewirken könnten.68 Wird für die Identifikation des „Ortes der sozial nützlichsten Verwendung“ eine streng utilitaristische und globale Denkweise unterstellt, dann wären die Ausfuhrbeschränkungen des KGSG bereits legitimiert, wenn der von Gesellschaftsmitgliedern im Inland wahrgenommene Wert der jeweiligen Kulturgüter den Wert übersteigt, den Gesellschaftsmitglieder eines Drittlandes demselben Kulturgut zuweisen.

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III.Forschungsstand

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Diverse Werke betrachten den Kunstmarkt aus ökonomischer Perspektive.69 Auch dem Feld der Kulturökonomik, welches die Makroperspektive des Kultursektors darstellt, widmete sich eine Vielzahl von Autoren.70 Im Bereich des Kulturgüterschutzes ist in der Vergangenheit ebenfalls viel publiziert worden, und es handelt sich mittlerweile um ein umfangreich erforschtes Rechtsgebiet.71 So sind u.a. Blume und Franke der Frage der Nationalität von Kulturgut nachgegangen.72 Andere Autoren fokussierten sich auf Teilaspekte wie den Leihverkehr73, Kultur und Verwaltungsrecht74 und die Rückgabe75 von Kulturgütern76. Zum KGSG ist die Kommentierung von Elmenhorst/Wiese sehr aufschlussreich.77

Details

Seiten
394
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631851081
ISBN (ePUB)
9783631851098
ISBN (MOBI)
9783631851104
ISBN (Paperback)
9783631846810
DOI
10.3726/b18220
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Mai)
Schlagworte
Rechtsvergleich Ausfuhrbeschränkung Einfuhrbeschränkung Sorgfaltspflicht Auktionshäuser Kunsthändler
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 394 S., 9 s/w Abb., 30 Tab.

Biographische Angaben

Niklas Gebauer (Autor:in)

Niklas Gebauer ist studierter Betriebswirt und erlangte an der Bucerius Law School seinen Master of Law and Business (MLB). Seine Promotion erfolgte ebenfalls an der Bucerius Law School.

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Titel: Das Kulturgutschutzgesetz und der Kunsthandel – Eine theoretische ökonomische Analyse der Auswirkungen der Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes auf die Akteure am deutschen Sekundärmarkt für Kunst
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