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Zulässigkeit und Dogmatik der Verdachtskündigung

von Florian Wieg (Autor:in)
©2021 Dissertation 252 Seiten

Zusammenfassung

Die sog. Verdachtskündigung ist ein wissenschaftlicher und praktischer Dauerbrenner des Arbeitsrechts. Über ihre Zulässigkeit und Dogmatik wird seit jeher lebhaft gestritten. Die Arbeit greift die Diskussion auf und behandelt die zentralen verfassungs- und einfachrechtlichen sowie methodologischen Fragen. Im Ergebnis zeigt sich, dass sich die häufig als Fremdkörper wahrgenommene Rechtsfigur bruchlos in das Recht der außerordentlichen Kündigung einfügt und viele der zu ihr vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Obersätze überzeugen, es allerdings auch Strukturfragen – wie insbesondere die Zulässigkeit einer ordentlichen Verdachtskündigung – gibt, bei denen die besseren Argumente für andere als die durch die Rechtsprechung gegebenen Antworten sprechen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Dedication
  • Einleitung
  • A. Neuralgischer Interessenkonflikt der Verdachtskündigung
  • B. Verdachtskündigung als „Dauerbrenner“ praktischer und wissenschaftlicher Auseinandersetzung
  • C. Gegenstand und Gang der Darstellung
  • 1. Teil: Entwicklungsgeschichte und Konzept der Verdachtskündigung
  • A. Anerkennung in der reichsarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bis 1945
  • B. Entwicklung in der Rechtsprechung des BAG
  • I. Zulässigkeit der außerordentlichen Verdachtskündigung
  • II. Zulässigkeit auch einer ordentlichen Verdachtskündigung
  • III. Verhältnis der Verdachts-​ zur Tatkündigung und Prüfkriterien
  • 1. Eigenständigkeit der Verdachtskündigung
  • 2. Besondere Rechtfertigungsvoraussetzungen im Überblick
  • IV. Wiedereinstellungsanspruch und Beurteilungszeitpunkt
  • C. Zusammenfassung
  • 2. Teil: (Einwände gegen die) Zulässigkeit der außerordentlichen Verdachtskündigung
  • A. Vereinbarkeit mit Grundrechten
  • I. Unschuldsvermutung
  • 1. Geltungsquellen der Unschuldsvermutung
  • a) Grundgesetz
  • b) Europäische Menschenrechtskonvention
  • c) Europäische Charta der Grundrechte
  • d) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
  • 2. Diskussionsstand
  • 3. Arbeitsrechtliche Geltung der Unschuldsvermutung
  • a) Widerspruchsgeneigte Rechtsprechung des BAG
  • b) Keine Geltung der unionsrechtlichen Unschuldsvermutung
  • c) Verbindlichkeit der konventions-​ bzw. verfassungsrechtlichen Unschuldsvermutung
  • 4. Vereinbarkeit von Unschuldsvermutung und Verdachtskündigung
  • a) Zum Inhalt der Unschuldsvermutung
  • b) Was eine Strafe zur Strafe macht
  • c) Teilt die Verdachtskündigung das Wesen einer Kriminalstrafe?
  • 5. Zwischenergebnis
  • II. Berufsfreiheit
  • 1. Bereichsspezifische Relevanz und deren Umfang
  • 2. Keine relevante Beeinträchtigung
  • III. Zusammenfassung
  • B. Einfachgesetzliche Einwände
  • I. „Kein objektiver Kündigungsanlass“
  • II. „Unterentwickelte Tatkündigung“
  • 1. Nachweisliche Tat als ausschließlicher Kündigungsanlass?
  • 2. Umkehr der Beweislast/​Absenkung des Beweismaßes?
  • 3. Absenkung der materiellen Anforderungen an den Sachgrund?
  • 4. Zwischenergebnis
  • III. „Missachtung des Stufenverhältnisses der Kündigungsarten“
  • 1. Zum Stufenverhältnis der Kündigungsarten
  • 2. Unzulässigkeit der außerordentlichen Verdachtskündigung wegen Sozialwidrigkeit einer ordentlichen?
  • IV. „Missachtung eines Stufenverhältnisses zum Auflösungsantrag“
  • 1. Grundsätzliches zu § 9 I 2 KSchG
  • 2. Statthaftigkeit einer Verdachtsauflösung
  • 3. Kein Stufenverhältnis –​ keine interessengerechte(re) Lösung
  • V. Zusammenfassung
  • C. Zum Einwand unzulässiger Rechtsfortbildung
  • I. Die Debatte im Überblick
  • II. Stellungnahme
  • 1. Zur methodischen Einordnung
  • a) „Richterrechtlich“ entwickelte Fallgruppe
  • b) Rechtsfortbildungsprodukt?
  • 2. Kein „pathologischer“ Fall schöpferischer Rechtsanwendung –​ zugleich: (abrundende) Zusammenfassung des 2. Darstellungsteils
  • 3. Teil: Dogmatik der Verdachtskündigung
  • A. Verdachtskündigungsgrund
  • I. Tatverdacht als Kündigungsanlass –​ Eigenständigkeit der Verdachtskündigung
  • 1. Statt (eigenständiger) Verdachtskündigung: einzelfallabhängige Beweislastumkehr oder Beweismaßsenkung?
  • a) Ansatz Grunskys
  • b) Ansatz Prüttings
  • 2. Zum praktischen Verhältnis von Verdachts-​ und Tatkündigung
  • II. Nachteilige Verdachtswirkung auf das Arbeitsverhältnis: Vertrauenserschütterung
  • 1. Vertrauensgrundlage(n) des Arbeitsverhältnisses
  • 2. Kündigungserheblichkeit einer Vertrauenserschütterung
  • a) Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung
  • b) Anknüpfung an das Prinzip des Vertrauensschutzes
  • c) Dogmatische Minima einer kündigungserheblichen verdachtsbedingten Vertrauensstörung
  • 3. Zwischenfazit
  • III. Vereinende Vertrauenskündigung?
  • 1. Vorstoß Gilbergs
  • 2. Stellungnahme
  • B. Einzelne Rechtfertigungsvoraussetzungen
  • I. Dringender Tatverdacht
  • 1. Verdacht einer zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Pflichtverletzung
  • a) Vorsätzliche Vertragsverstöße
  • b) Fahrlässige Vertragsverstöße
  • c) Konkreter Bezug der Vertragswidrigkeit zur Arbeitsleistung?
  • d) Sonderfall: Verdacht eines eignungsausschließenden Verhaltens
  • 2. Dringlichkeit des Verdachts
  • 3. Beurteilungszeitpunkt und -​maßstab
  • 4. Zusammenfassung
  • II. Zumutbare Sachverhaltsaufklärung –​ Verdachtsanhörung
  • 1. Anhörungsobliegenheit als Wirksamkeitsvoraussetzung
  • 2. Rechtsgrund der Anhörungsobliegenheit
  • 3. Anforderungen
  • a) Form und Umstände
  • b) Zeitpunkt(e)
  • c) Umfang
  • d) Beiziehung Dritter
  • e) Entbehrlichkeit
  • 4. Zusammenfassung
  • III. Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
  • 1. Ultima-​ratio-​Prinzip
  • a) Ordentliche Verdachtskündigung
  • b) (Verdachts-​)Abmahnung
  • aa) Keine „kündigungsersetzende Verdachtsabmahnung“
  • bb) Möglichkeit eines einschlägigen „Hinweises“
  • cc) Unwirksamkeit wegen Abmahnbedürftigkeit der Tat
  • c) Verdachtsfreistellung
  • aa) Verdachtsfreistellung als milderes Mittel
  • bb) Verdachtsfreistellung als mildere Alternative?
  • d) Verdachtsversetzung
  • e) Zwischenergebnis
  • 2. Einzelfallbezogene Interessenabwägung
  • a) Abwägungserfordernis
  • b) Zusammenfassung einzelner Abwägungsgesichtspunkte
  • IV. Ausschlussfrist, § 626 II BGB
  • 1. Regelungsinhalt und Anwendbarkeit
  • 2. Fristbeginn und -​lauf bei der außerordentlichen Verdachtskündigung
  • a) Gesetzlicher Ausgangspunkt: Kenntnis „maßgebender Tatsachen“
  • b) Aufschub des Fristbeginns während eigener Sachverhaltsermittlung
  • c) Verknüpfung von Erklärungs-​, Aufklärungs-​ und Anhörungsfrist
  • d) Zwischenfazit
  • e) Abwarten des Fort-​ und Ausgangs eines parallel laufen Strafverfahrens
  • f) Fazit
  • V. Betriebsratsanhörung, § 102 BetrVG
  • 1. Allgemeines
  • a) Anhörungspflicht und Mitwirkungsrecht
  • b) Abstrakt verpflichtender Unterrichtungsumfang
  • 2. Besonderheiten bei außerordentlicher Verdachtskündigung
  • a) Konkret verpflichtender Unterrichtungsumfang
  • b) Pflicht zur Vorlage von Beweismitteln?
  • c) Stellungnahmefrist
  • d) Nachschieben des Verdachts bzw. der Tat als Kündigungsgrund
  • aa) Problemaufriss
  • bb) Nachschieben des Tatverdachts
  • cc) Nachschieben der Verdachtstat
  • 3. Zusammenfassung
  • C. Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Verdachtskündigung
  • I. Einleitende Vorbemerkungen
  • II. Ordentliche Verdachtskündigung und § 1, II KSchG (bzw. die dazu entwickelte Dogmatik)
  • 1. (Bedenklich) Langes Schweigen des BAG
  • 2. Keine Zuordnung zur Fallgruppe der betriebsbedingten Kündigung
  • 3. Keine Zuordnung zur Fallgruppe der verhaltensbedingten Kündigung
  • a) Zuordnungsansätze
  • b) Zum Tatbestand der verhaltensbedingten Kündigung
  • c) Stellungnahme
  • 4. Zuordnung zur Fallgruppe der personenbedingten Kündigung?
  • a) Vertrauens-​un-​würdigkeit als Eignungsmangel
  • b) Stellungnahme
  • aa) Zum Tatbestand der personenbedingten Kündigung
  • bb) Keine Zuordnung zur Fallgruppe der personenbedingten Kündigung
  • III. Zusammenfassende Schlussfolgerungen
  • D. Wiedereinstellungsanspruch nach Verdachtskündigung?
  • I. Problemaufriss
  • II. Berechtigung eines Wiedereinstellungsanspruchs zugunsten unschuldig, aber wirksam gekündigter Arbeitnehmer?
  • 1. Rechtsgrundlagen?
  • a) Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB)
  • b) Arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers (§ 241 II BGB)
  • c) Immanente Kündigungsrechtsgrenze
  • 2. Fazit
  • III. Zu den Anspruchsvoraussetzungen und Einzelfragen des Wiedereinstellungsanspruchs
  • 1. Entkräftung des Verdachts
  • 2. Anspruchsbefristung
  • 3. Untergang bei zwischenzeitlicher Disposition des Arbeitgebers
  • IV. Zusammenfassung und Fazit
  • Schluss –​ wesentliche Ergebnisse
  • Zulässigkeit der außerordentlichen Verdachtskündigung
  • Dogmatik der Verdachtskündigung
  • Literaturverzeichnis

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Einleitung

Die vorliegende Arbeit behandelt die arbeitsrechtliche1 Verdachtskündigung. Darunter versteht man eine auf den Verdacht eines relevanten – unter Umständen strafbaren – Fehlverhaltens gestützte Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer2. Die Verdachtskündigung ist gesetzlich nicht geregelt. Sie ist richterrechtlich entwickelt.3 Ihre Entwicklungsgeschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück.4 Das BAG hat bereits 1955 anerkannt, eine Verdachtskündigung sei grundsätzlich zulässig.5 Diese Rechtsprechung wurde zur ständigen, die im Schrifttum und auch bei Gerichten6 anderer Gerichtsbarkeiten Zuspruch fand und findet. Beachtlich ist, dass trotz der jahrzehntelangen Billigung auch das Unbehagen, welches die Verdachtskündigung seit jeher bereitet, konstant ist.7

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A. Neuralgischer Interessenkonflikt der Verdachtskündigung

Die Verdachtskündigung erfasst einen neuralgischen8 Interessenkonflikt.9

Dieser wird aktuell, wo das „wahre Geschehen im Dunkeln“10 bleibt, 11 viel dafür spricht und doch nicht zur zweifelsfreien Gewissheit gereift ist, dass sich der Gekündigte in der Vergangenheit fehlverhalten hat. Dazu kann es insbesondere kommen, weil Arbeitgeber ihre Belegschaft nicht total überwachen können und dürfen.12 Zudem praktizieren Arbeitsgerichte eine vergleichsweise strenge Beweiswürdigung.13 Zugleich ist nachvollziehbar, dass schon der Verdacht eines Fehlverhaltens ein Beendigungsinteresse des Arbeitgebers wecken kann. Wer gibt schon bereitwillig einem – wenn auch nur möglichen – Schädiger Arbeit, legt seine Rechtsgüter weiterhin in dessen Hände?

Lässt man eine Verdachtskündigung allerdings zu, besteht unweigerlich eine – gesteigerte – Gefahr, dass ein eigentlich Unschuldiger entlassen wird.14 Wird die Kündigung, was der praktische Regelfall ist,15 als außerordentlich fristlose erklärt, droht dem eventuell unschuldigen Arbeitnehmer der sofortige Verlust (s)einer Einkommensgrundlage.16 Realistisch ist ferner die Aussicht einer ←20 | 21→erschwerten Arbeitssuche.17 Das „krumme Beendigungsdatum“18 offenbart die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses.19 Eine weitere prekäre Facette der Verdachtskündigung ist das Problem sozialer Zurücksetzung; dieses stellt sich absehbar, wenn – wie häufig – ein möglicherweise strafbares Verhalten Gegenstand der Verdächtigung ist.20

B. Verdachtskündigung als „Dauerbrenner“ praktischer und wissenschaftlicher Auseinandersetzung

Die beschriebene Gemengelage hat die Verdachtskündigung zu einem „Dauerbrenner“ praktischer und wissenschaftlicher Auseinandersetzung werden lassen.

Das BAG hat die Rechtsfigur bis dato in über 200 Entscheidungen (aus)gestaltet, regelmäßig begleitet von – teils scharfer – Kritik,21 gelegentlich auch von politischem Aktionismus.22 Mehrere Monographien behandeln sie.23 Die Anzahl der in Fachbüchern und -zeitschriften erschienenen Beiträge ist kaum mehr zu überschauen.24

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Die Diskussion ist im Fluss,25 bewegt durch beides: Grundsatz- und Einzelfragen. Der Trend geht freilich dahin, letztere, d. h., die Einzelheiten der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer Verdachtskündigung zu diskutieren.26 Das ist eingedenk der herrschenden Anerkennungspraxis auf den ersten Blick wenig überraschend und bei näherem Hinsehen doch bemerkenswert. Denn auch unter den Befürwortern der Verdachtskündigung ist die Annahme verbreitet, dass für jene bislang keine überzeugende rechtsdogmatische Begründung formuliert worden ist.27

C. Gegenstand und Gang der Darstellung

Letzteres und die von einer beträchtlichen28 Anzahl der Autoren aufrechterhaltenen, generellen Bedenken gegen die Verdachtskündigung zeigen an, dass deren „Zulässigkeit und Dogmatik“ nicht geklärt sind. Die vorliegende Arbeit will zur weiteren29 Klärung dieser beiden Probleme beitragen.

Konkret soll es um Folgendes gehen:

Nachdem in einem 1. Teil die Entwicklungsgeschichte und das vom BAG gestaltete Konzept der Verdachtskündigung zusammengefasst worden sind, sollen in einem 2. Teil verfassungs- und einfachrechtliche Einwände gegen die Zulässigkeit der (außerordentlichen) Verdachtskündigung eingehend erörtert werden. Dabei sind zunächst grundrechtliche Bedenken aufzugreifen: Verstößt die Verdachtskündigung gegen die Unschuldsvermutung oder die Berufsfreiheit des von ihr betroffenen Arbeitnehmers? In einem weiteren Schritt sollen etwaige Verstöße gegen § 626 BGB, § 627 BGB, § 46 II ArbGG in Verbindung mit § 286 I ZPO und § 1 KSchG, § 9 KSchG geprüft werden, bevor abschließend zu ←22 | 23→sondieren ist, ob die außerordentliche Verdachtskündigung das Ergebnis einer unzulässigen Rechtsfortbildung darstellt.

Der 3. Teil, der zugleich zweiter Hauptteil der Darstellung ist, soll sich mit der (Eigen-)Dogmatik der Verdachtskündigung befassen. Es soll diskutiert und erklärt werden, ob – und gegebenenfalls inwiefern – das vom BAG geschaffene Konzept kündigungsrechtssystematisch stimmig ist. Dass die Verdachtskündigung auch jenseits konkreter Zulässigkeitsbedenken ein Unbehagen hinterlässt, deutet auf mögliche Friktionen oder zumindest Begründungsdefizite hin.30 Dem wird nachzugehen sein, und zwar in vier Schritten:

Zunächst soll fokussiert werden, worin der „eigentliche“ Grund einer außerordentlichen Verdachtskündigung liegt bzw. liegen kann – Tat, Verdacht oder Vertrauensstörung? Dabei besteht unter anderem Gelegenheit, das Verhältnis von Tat- und Verdachtskündigung zu beleuchten und auf das Alternativkonzept der so genannten „Vertrauenskündigung“ einzugehen.

Die Antworten bereiten den Boden für die folgende Auseinandersetzung mit den einzelnen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen. Zugunsten einer – durchgehend angestrebten – schlanken Darstellung sollen die jeweiligen Einzelheiten hier möglichst knapp behandelt werden.

Im dritten Schritt soll das Problem der Zulässigkeit einer ordentlichen Verdachtskündigung erörtert werden. Das BAG hat diese jüngst in einem Grundsatzurteil bestätigt und dabei erstmals eine Zuordnung zu den Kündigungsgründen aus § 1 I, II KSchG ausdrücklich vorgenommen. Am Ende des 3. Teils ist schließlich noch darzulegen, ob – und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen – ein wirksam, aber unschuldig wegen Verdachts entlassener Arbeitnehmer vom Arbeitgeber unter Umständen Wiedereinstellung verlangen kann.

Eine Zusammenfassung in Thesen soll die Darstellung abrunden.

1 Zum im Folgenden nicht berücksichtigten Sonderfall der Verdachtskündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses BAG Urt. v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, S. 741.

2 Gemeint sind selbstverständlich Arbeitnehmer aller Geschlechter/Geschlechtsidentitäten.

3 Vergleiche Preis DB 1988, S. 1444, 1448; Hoefs Verdachtskündigung (2001), S. 79 ff.; C. Fischer Topoi (2007), S. 192; Kalb ZfA 2016, S. 467; Prütting FS Moll, S. 553, 554/555; MüKoBGB/Henssler8 (2020) § 626 BGB Rn. 269. Ausführlich unten S. 25 ff., 83 ff.

4 Dazu ausführlich Hoefs Verdachtskündigung (2001), S. 31 ff.; Ebeling Kündigung wegen Verdachts (2006), S. 18 ff.; Lembke RdA 2013, S. 82, 83 ff.; Eylert NZA-RR 2014, S. 393, 395 ff. und unten S. 27 ff.

5 BAG Urt. v. 12.5.1955 – 2 AZR 77/53, Rn. 14 juris.

6 Vergleiche BGH Urt. v. 2.7.1984 – II ZR 16/84, ZIP 1984, S. 1113, 1114; Urt. v. 15.11.2016 – II ZR 217/15, NZG 2017, S. 261, 263; BVerfG Beschl. v. 15.12.2008 – 1 BvR 347/08, juris; auch OLG Frankfurt Urt. v. 31.3.2021 – 2 U 13/20, juris.

7 Etwa Heilmann Wiedereinstellung (1964), S. 13; Schwarze Anm. zu LAG Düsseldorf Urt. v. 25.6.2003 – 14 Sa 657/03, LAGE Nr. 2 zu § 626 BGB 2002, S. 11; Kreft NZA-Beil. 2012, S. 58, 64; Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015), S. 26; Prütting FS Moll, S. 553, 554: „Die Verdachtskündigung ist und bleibt ein merkwürdiges Phänomen. In der Praxis allgemein anerkannt stellt sich bis heute die Frage, worauf sich eine solche Kündigung stützen kann.“ In seinem Urt. v. 26.3.1992 (2 AZR 519/91, Rn. 50 juris) nennt auch das BAG die Verdachtskündigung ein „nicht unproblematisches Institut“.

8 Der Kündigungsschutz gilt ohnehin als das „Nervenzentrum des Arbeitsvertragsrechts“ [MüKoBGB/Schwerdtner1 (1980) Vor § 620 BGB Rn. 110].

9 Vergleiche auch Hoefs Verdachtskündigung (2001), S. 27 ff.; Ebeling Kündigung wegen Verdachts (2006), S. 15 ff.; Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015), S. 15 ff.

10 BAG Urt. v. 5.6.2008 – 2 AZR 234/07, NZA-RR 2008, S. 630, 632.

11 Vergleiche BAG Urt. v. 5.6.2008 – 2 AZR 234/07, NZA-RR 2008, S. 630, 632.

12 Hoefs Verdachtskündigung (2001), S. 119; Huber/Uzuner NZWiSt 2016, S. 94, 98; anschaulich BAG Urt. v. 27.7.2017 – 2 AZR 681/16, NZA 2017, S. 1327.

13 Zu letzterem Schwerdtner Brennpunkte des Arbeitsrechts (2001), S. 243, 253; Lunk NJW 2010, S. 2753, 2754; Eylert NZA-RR 2014, S. 393, 394. Beide Gesichtspunkte sprechen für ein praktisches Bedürfnis für die Verdachtskündigung. So im Ergebnis auch Preis Prinzipien (1987), S. 462; Belling Anm. zu BAG Urt. v. 29.7.1993 – 2 AZR 90/93, SAE 1994, S. 210, 214; Ebeling Kündigung wegen Verdachts (2006), S. 16. Zweifelnd Joachim AuR 1964, S. 33, 35 ff.; Dörner NZA 1993, S. 873, 875/876.

14 Nur BAG Urt. v. 11.4.1985 – 2 AZR 239/84, NZA 1986, S. 674, 676.

15 Schütte NZA-Beil. 1991, S. 17, 19; Dörner NZA 1993, S. 873, 877; Appel/Gerken AuR 1995, S. 201; SPV/Preis11 (2015), Rn. 708; Staudinger/ders. (2019) § 626 BGB Rn. 226.

16 Bereits König RdA 1969, S. 8; vom Stein Fehleinschätzungen (1989), S. 48; im Übrigen nur Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015), S. 22 mit Fn. 50.

17 Hoefs Verdachtskündigung (2001), S. 221; Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015), S. 22/23; DDZ/Däubler11 (2020) § 626 BGB Rn. 82.

18 Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015), S. 22.

19 Preis Prinzipien (1987), S. 477.

20 MüKoBGB/Schwerdtner1 (1980) § 626 BGB Rn. 114 mahnt drastisch: „Der Verdacht tötet den Mann!“; Preis Prinzipien (1987), S. 477. Gegen eine stigmatisierende Wirkung der Verdachtskündigung Ebeling Kündigung wegen Verdachts (2006), S. 79.

21 Vor allem von Joachim AuR 1964, S. 33 ff.; Schütte NZA-Beil. 1991, S. 17 ff.; Dörner NZA 1992, S. 865 ff. [unter anderem]; Naujok AuR 1998, S. 398 ff.; Deinert AuR 2005, S. 285 ff.

22 Siehe BT-Drucks. 17/648, 17/649 und 17/4281. Kritisch etwa Binkert NZA 2010, S. 433 ff.

23 Insbesondere Heilmann Wiedereinstellung (1964); Strobel Rechtsfigur der Verdachtskündigung (1967); Otto Wegfall des Vertrauens als Grund zur außerordentlichen Kündigung (2000); Hoefs Verdachtskündigung (2001); Hahn Verdachtskündigung unter Berücksichtigung einer gesetzlichen Regelung (2004); Ebeling Kündigung wegen Verdachts (2006); Schlegeit BAG und die Verdachtskündigung (2008); Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015).

24 Grundlegend etwa Joachim AuR 1964, S. 33 ff.; Grunsky ZfA 1977, S. 167 ff.; Schütte NZA-Beil. 1991, S. 17 ff.; Dörner NZA 1992, S. 865 ff. [unter anderem]; Belling FS Kissel, S. 11 ff. [unter anderem]; Deinert AuR 2005, S. 285 ff. und Gilberg DB 2006, S. 1555 ff.

25 Lunk Anm. zu BAG Urt. v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, AP Nr. 1 zu § 22 BBiG, zu I. 4.

26 Vergleiche Eylert NZA-RR 2014, S. 393, 395 ff.; Lunk Anm. zu BAG Urt. v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, AP Nr. 1 zu § 22 BBiG, zu I. 4.; Zborowska Außerordentliche Verdachtskündigung (2015), S. 93 ff.

27 Eylert NZA-RR 2014, S. 393, 396; Lunk Anm. zu BAG Urt. v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, AP Nr. 1 zu § 22 BBiG, zu I. 4; Prütting FS Moll, S. 553, 554. Auch Gilberg DB 2006, S. 1555 ff.; ders. RdA 2015, S. 209, 211 und Adam Anm. zu LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 10.2.2012 – 6 Sa 1845/11, LAGE Nr. 11 zu § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung, S. 11, 18.

28 So DDZ/Däubler11 (2020) § 626 BGB Rn. 259.

Details

Seiten
252
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631863596
ISBN (ePUB)
9783631863602
ISBN (MOBI)
9783631863619
ISBN (Hardcover)
9783631853771
DOI
10.3726/b18795
DOI
10.3726/b18823
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (September)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 252 S.

Biographische Angaben

Florian Wieg (Autor:in)

Florian Wieg studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Bonn. Anschließend war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität Köln (Professor Dr. Dr. h.c. Ulrich Preis), wo auch seine Promotion erfolgte.

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