Starke und schwache Verbformen im Spanischen
Struktur und Entwicklung
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhalt
- Ziele und Forschungsstand
- 1 Starke und schwache Formen des pretérito perfecto simple und des participio pasado: Definitionsfragen
- 1.1. Starke und schwache Verben im Deutschen
- 1.2. Starke und schwache Formen im Spanischen
- 1.2.1. Formen des pretérito perfecto simple
- 1.2.2. Formen des participio pasado
- 1.3. Didaktische Probleme
- 2 Formen des pretérito perfecto simple im heutigen Spanisch: Bestandsaufnahme
- 2.1. Einfache Verben mit starkem pretérito perfecto simple
- 2.2. Abgeleitete Verben mit starkem pretérito perfecto simple
- 3 Historische Entwicklung der pretérito-perfecto-simple-Formen: Darstellung
- 3.1. Latein
- 3.2. Altkastilisch: Bestandsaufnahme
- 3.3. Altkastilisch: Wandlungserscheinungen
- 3.3.1. Einfache Verben
- 3.3.2. Abgeleitete Verben
- 3.4. Grammatische Fixierungsprozesse in der frühen Neuzeit
- 3.5. Analogische Entwicklungen der Simplex-Stämme
- 3.6. Heutige Dialekte und heutiges Substandardspanisch
- 3.7. Wortneubildungen und Entlehnungen
- 4 Historische Entwicklung der pretérito-perfecto-simple-Formen: Erklärungsansätze
- 4.1. Exkurs: Entwicklungen der starken und der schwachen Verben im Deutschen
- 4.2. Regularisierungstendenzen: Der natürlichkeitstheoretische Erklärungsansatz
- 4.2.1. Grundsätzliche Annahmen
- 4.2.2. Die historische Dimension der Natürlichkeitstheorie
- 4.2.3. Kritik: Der Widerstreit unterschiedlicher Prinzipien
- 4.2.4. Starke und schwache Verben und Natürlichkeitstheorie
- 4.3. Morphologische Irregularität und Frequenz: Spanisch, Latein und Deutsch im Vergleich
- 4.4. Irregularität, Grammatikalisierung und Idiomatisierung
- 4.4.1. Grammatikalisierungstendenzen
- 4.4.2. Verwendung in idiomatischen Wendungen
- 4.4.3. Verwendung als „verbos de apoyo“
- 4.5. Starke und schwache pretéritos in den Substandardvarietäten
- 4.6. Das Problem der Derivatverben
- 4.7. Fazit
- 5 Formen des participio pasado im heutigen Spanisch
- 5.1. Bestandsaufnahme
- 5.2. Starkes pretérito perfecto simple und starkes Partizip im Vergleich
- 5.3. Heutige Dialekte und heutiges Substandardspanisch
- 6 Historische Entwicklung des participio pasado: Darstellung
- 6.1. Latein
- 6.2. Altkastilisch: Bestandsaufnahme und historische Entwicklung
- 6.2.1. Bestandsaufnahme
- 6.2.2. Wandlungerscheinungen
- 6.2.3. Differenzierungs- und Lexikalisierungsprozesse
- 6.3. Fixierungsprozesse in der frühen Neuzeit
- 7 Historische Entwicklung des participio pasado: Erklärungsansätze
- 7.1. Regularisierungstendenzen
- 7.2. Gebrauchshäufigkeit
- 7.3. Lexikalisierung
- 7.4. Fazit
- 8 Zusammenfassung und Ausblick
- Literatur
Ziele und Forschungsstand
„Starke Verben – schwache Verben“ – diese Unterscheidung gehört (oder gehörte einmal) im deutschen Sprachraum zum fest etablierten Schulwissen. Weniger bekannt ist, dass die Gegenüberstellung von starken und schwachen Formen auch in der Beschreibung der meisten anderen indoeuropäischen Sprachen eine Rolle spielt, wenn auch die verwendeten Definitionskriterien mit denen der Germanistik meist nur teilweise identisch sind. Die Unterscheidung ist u.a. auch für die romanischen Sprachen relevant. Seitens der Romanistik wurde die Thematik zuerst in den großen historischen Grammatiken aufgegriffen; allerdings wurden die mit dem Thema verknüpften Fragestellungen hier – wie in derartigen Darstellungen nicht anders zu erwarten – nur kurz behandelt.1 Größere Einzeluntersuchungen zur Systematik oder zur Entwicklung der starken und schwachen Verben in den romanischen Sprachen wurden bisher nur selten vorgelegt. Die umfangreichste einschlägige Veröffentlichung ist immer noch die schon in der Mitte des 20. Jahrhunderts erschienene, gesamtromanistisch orientierte Monographie von Robert de Dardel.2 Diese nimmt allerdings nur auf den phonetischen Aspekt der Herausbildung der Formen des Präteritums Bezug. Die Konsequenzen für das morphologische System bleiben ebenso unberücksichtigt wie die verwandte Thematik der Entwicklung der Partizipien.
Was das Spanische angeht, so scheinen größere Untersuchungen zur Entwicklung der starken und schwachen Verbformen bisher zu fehlen.3 Zwar kann die historische Morphologie nach Rafael Cano Aguilar als „sector bien roturado“ der spanischen Sprachgeschichte gelten.4 Dementsprechend wird die Thematik der starken und schwachen Formen in den meisten historischen Grammatiken des Spanischen sowie in einer Vielzahl weiterer Werke zumindest häufig angesprochen. Allerdings wird der Fragenkomplex in diesem Zusammenhang meist nicht erschöpfend behandelt. Das Interesse jener Autoren, die hierzu gesonderte Studien vorgelegt haben, gilt – wie es auch in der von de Dardel vorgelegten, gesamtromanisch angelegten Untersuchung der Fall ist – ausschließlich oder doch ganz vorwiegend dem Aspekt der phonetischen Entwicklung der Formen des pretérito perfecto.5 Eine Ausnahme bildet die am Ende des 20. Jahrhunderts erschienene Monographie von Javier Elvira. Diese behandelt zwar allgemein die Rolle der Analogie in der lateinischen und spanischen Grammatik, in diesem Zusammenhang findet aber auch die morphologische Problematik der formas fuertes eingehende Berücksichtigung.6 Der schon erwähnte Cano Aguilar kommt dennoch zu der Einschätzung: „[Toda] la atención se concentra en cuestiones estrictamente de forma.“7
In dem vorliegenden Beitrag soll die Entwicklung der starken und der schwachen Formen des Spanischen einer systematischen Betrachtung unterzogen werden. Im Zentrum der Betrachtung steht vor allem die Konkurrenz der beiden Konjugationsmuster. Dies schließt auch die Frage nach dem Wie und dem Warum der aufgetretenen Verschiebungen ein. Es soll vor Allem um die Entwicklung des spanischen pretérito perfecto simple (indefinido) gehen; auf jene des participio pasado kann nur in vergleichsweise kurzer Form eingegangen werden. Die Fragen, denen ich in dem folgenden Beitrag nachgehen werde, sind im Einzelnen:
- – Wie hat sich die Verteilung der starken und schwachen Formen des pretérito perfecto simple (und – eingeschränkt – jene der Partizipien) im Laufe der historischen Entwicklung verändert?
- – Hat es Übergänge vom einen in das andere Konjugationsmuster gegeben, und wann haben diese stattgefunden?
- – Welches Konjugationsmuster hat sich dabei als das erfolgreichere erwiesen? Gibt es Entwicklungen in entgegengesetzter Richtung?
- – Wie ist die „Unregelmäßigkeit“ der starken Formen zu bewerten, und welche Folgen hat sie für die Funktionsweise des morphologischen Systems?
- – Verhalten sich die die abgeleiteten Verben genauso wie die Simplizia, oder gibt es Unterschiede?
- – Wodurch sind die Veränderungen bedingt? Lassen sich einzelfallübergreifende Tendenzen erkennen und erklären?
- – Wie haben die Grammatiker des Spanischen auf diese Veränderungen reagiert? Haben sie selbst möglicherweise sogar zu deren Verbreitung beigetragen?
Detailfragen zur phonetischen Entwicklung bleiben in der vorliegenden Studie weitestgehend ausgeklammert. Auch das Problem der Verwendungsregeln beim pretérito perfecto simple (im Gegensatz zum pretérito perfecto compuesto) und das ihrer eventuellen Wandlungen werden hier nicht behandelt. In nicht unerheblichem Umfang wird hingegen auf die Verhältnisse im Deutschen Bezug genommen. Eine vollständige Darstellung der Gegebenheiten in dieser Sprache ist jedoch nicht beabsichtigt; der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf dem Spanischen. Der Vergleich dient lediglich dazu, die Erklärungskraft bestimmter Theorien durch die Heranziehung einer nicht-romanischen Vergleichssprache besser zu veranschaulichen.
1 Aus gesamtromanistisch-vergleichender Perspektive angesprochen wird das Thema etwa bei Bourciez 1967, § 210 (222–227); Lausberg 1972, § 787–948 (184–281); speziell § 891–905 (Perfektformen, 259–263) und § 247–249 (Partizipien, 280–281); Meyer-Lübke 1913, 298 ff.
2 De Dardel 1958. Zu den Charakteristika der „starken“ und „schwachen“ Verben (Bildung des pretérito perfecto compuesto UND der Partizipformen) vgl. Kap. 2.
3 Zu nennen sind u.a. die Arbeiten von Fouché 1929 und Maiden 2001. Sie befassen sich nur mit den Formen des pretérito perfecto simple, nicht mit denen der Partizipien. Dasselbe gilt für eine ältere Veröffentlichung des Vf. (Klein 1997). Diese ist sprachvergleichend (spanisch-deutsch) angelegt und kann, bedingt durch das Veröffentlichungsformat (Tagungsbeitrag), die Problematik nur umrisshaft skizzieren. Im Gegensatz hierzu befasst sich González Pérez 2008 nur mit den Partizipien.
4 Cano Aguilar 2004, 71. Einige Beispiele zu Texten, die das Thema der starken und schwachen Verben des Spanischen aus diachroner Perspektive in weiterem Kontext ansprechen: Alvar/Pottier 1987, 255–284; García de Diego 1980, 247–254; Hanssen 1910, § 31 (82–90); Hönigsperger 1992, 86–89; Lathrop 21995, 185–191; Lloyd 1993, 478–494; Menéndez Pidal 61980, 308–322; Penny 32008, 253–281; Thibault 2000, 46–61; Zauner 1908, § 112–127.
5 Zwei Beispiele: Montgomery 1978, Bustos Gisbert 1992. Montgomery verbindet die phonetische Bestandsaufnahme mit einer semantischen Interpretation (vgl. unten, Kap. 4).
6 Elvira 1998.
7 Cano Aguilar 2004, 72. Zu den „cuestiones de forma“ gehört z.B. die Frage nach der silbenübergreifenden Vokalassimilation, die nur bei bestimmten Formen eintritt (hacer: hiciste, hicimos usw., dagegen servir: serví, serviste usw.; vgl. auch Maiden 2001). Cano Aguilar beklagt auch einen gewissen Theoriemangel bei den bisher vorliegenden Arbeiten (ebd., 94).
Details
- Seiten
- 150
- Erscheinungsjahr
- 2024
- ISBN (PDF)
- 9783631922934
- ISBN (ePUB)
- 9783631922941
- ISBN (Hardcover)
- 9783631922927
- DOI
- 10.3726/b22068
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2024 (September)
- Schlagworte
- Natürlichkeitstheorie Altkastilisch Romanische Sprachen Sprachgeschichte Flexionslehre Morphologie Sprachwissenschaft
- Erschienen
- Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 202X., 150 S., 1 s/w Abb., 11 Tab.
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