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Neue Ansätze, Analysen und Lesarten der phantastischen Literatur

Typische und atypische Repräsentationen - Frauen und phantastische Literatur - Einblick in die phantastische Stadtliteratur Wiens

von Karin Angela Rainer (Autor:in)
©2014 Dissertation 494 Seiten

Zusammenfassung

Dieses Buch bietet neue Ansätze und einen umfassenden Überblick über das vielfältige Gebiet der phantastischen Literatur und ihrer benachbarten Bereiche. Im einführenden theoretischen Teil werden eine historische Darstellung sowie eine kritische Betrachtung verschiedener Theoriegebäude präsentiert. Im Sinne einer Wortfeldbestimmung werden verwandte Gattungen abgrenzend klassifiziert sowie der zwiespältige Konnex zu Buchhandel und Leserschaft behandelt. Der genuine Konflikt zwischen dem literarisierten Realitätsniveau und dem Phantastischen wird umrissen und an konkreten Fallbeispielen aufgearbeitet. In zwei eigenständigen Abschnitten beschäftigt sich die Autorin mit den Teilaspekten einer weiblichen phantastischen Literatur sowie mit Einblicken in die phantastische Stadtliteratur Wiens.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Widmung und Dank
  • Vorwort
  • Teil I
  • 1 Zum besseren Verständnis
  • 2 Frühere Forschungsansätze und ihre Kritik
  • 2.1 Was ist phantastische Literatur?
  • 2.1.1 Die Einstellung der Verlage und des Buchhandels
  • 2.1.2 Phantastische Literatur aus Sicht der Leserschaft
  • 2.1.3 Phantastik, „das Phantastische“, phantastische Literatur – Begriffserklärung und Probleme
  • 2.2 Vax, Caillois und die frühen Definitionen des Phantastischen .
  • 2.3 Tzvetan Todorovs Auffassung
  • 3 Weiterführende Überlegungen – zeitgenössische Ansätze
  • Teil II
  • 4 Geschichte der phantastischen Literatur
  • 4.1 Wegbereiter und Wurzeln der phantastischen Literatur
  • 4.2 Soziokulturelles Umfeld und Entstehungsklima
  • 5 Wandel und Entwicklung einer oft verkannten Gattung
  • 5.1 Die „Verwandten“ der phantastischen Literatur
  • 5.1.1 Fantasy
  • 5.1.2 Science Fiction
  • 5.1.3 Horror
  • 5.2 Die Wiederentdeckung der phantastischen Literatur
  • Teil III
  • 6 Auswahl und Verwendung typischer und atypischer Fallbeispiele
  • 6.1 „Traditionelle“ phantastische Literatur und deren Elemente ....
  • 6.1.1 E. T. A. Hoffmann
  • 6.1.1.1 Kurzbiographie
  • 6.1.1.2 „Der Sandmann“
  • 6.1.1.3 Resümee
  • 6.1.1.4 „Der goldne Topf“
  • 6.1.1.5 Resümee
  • 6.1.2 H. P. Lovecraft
  • 6.1.2.1 Kurzbiographie
  • 6.1.2.2 Sein Werk
  • 6.1.2.3 „The Thing on the Doorstep“
  • 6.1.2.4 Resümee
  • 6.1.2.5 „The Outsider“
  • 6.1.2.6 Resümee
  • 6.1.2.7 Das Necronomicon
  • 6.1.3 Stephen King & Ridley Pearson
  • 6.1.3.1 Kurzbiographie: Stephen King
  • 6.1.3.2 Kurzbiographie: Ridley Pearson
  • 6.1.3.3 „The Diary of Ellen Rimbauer. My Life at Rose Red” ....
  • 6.1.3.4 Resümee
  • 6.2 Grenzfälle in der phantastischen Literatur
  • 6.2.1 Achim von Arnim
  • 6.2.1.1 Kurzbiographie
  • 6.2.1.2 „Die Kronenwächter“
  • 6.2.1.3 Resümee
  • 6.2.2 Franz Kafka
  • 6.2.2.1 Kurzbiographie
  • 6.2.2.2 „Die Verwandlung“
  • 6.2.2.3 Resümee
  • 6.2.2.4 „Der Gruftwächter“
  • 6.2.2.5 Resümee
  • 6.2.3 Guy de Maupassant
  • 6.2.3.1 Kurzbiographie
  • 6.2.3.2 „Le Horla“
  • 6.2.3.3 Resümee
  • Teil IV
  • 7 Frauen und die phantastische Literatur
  • 7.1 Theoretische Betrachtungen und Besonderheiten
  • 7.2 Fallbeispiele zeitgenössischer Autorinnen und ihrer Werke
  • 7.2.1 Isabel Allende
  • 7.2.1.1 Kurzbiographie
  • 7.2.1.2 „La casa de los espíritus“
  • 7.2.1.3 Resümee
  • 7.2.1.4 „La Ciudad de las Bestias“
  • 7.2.1.5 Resümee
  • 7.2.2 Marlen Haushofer
  • 7.2.2.1 Kurzbiographie
  • 7.2.2.2 „Die Wand“
  • 7.2.2.3 Resümee
  • 7.2.3 Marion Zimmer Bradley
  • 7.2.3.1 Kurzbiographie
  • 7.2.3.2 „The House Between The Worlds”
  • 7.2.3.3 „Glenraven“
  • 7.2.4 Barbara Frischmuth
  • 7.2.4.1 Kurzbiographie
  • 7.2.4.2 „Die Mystifikationen der Sophie Silber“
  • 7.2.4.3 Resümee
  • Teil V
  • 8 Wien und die phantastische Literatur
  • 8.1 Parameter eines literarischen Wien-Bezugs
  • 8.2 Exemplarische Literarisierungen mit Wien-Bezug ...
  • Teil VI
  • 9 Zusammenfassung
  • 10 Summary
  • Teil VII
  • 11 Literaturverzeichnis
  • 11.1 Primärliteratur
  • 11.1.1 Sammlungen
  • 11.1.2 Einzeltitel
  • 11.2 Sekundärliteratur:
  • 11.2.1 Spezielle Sekundärtitel
  • 11.2.2 Nachschlagewerke
  • 11.2.3 Online-Quellen

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Teil I

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1 Zum besseren Verständnis

Unter Berücksichtigung dieses Mangels an Theorie wird der Autor versuchen, einen Überblick zu bieten über die neuesten Auffassungen der Literaturkritik zur Phantastik, und gleichfalls eigene methodische Vorschläge machen. Deshalb sollte offensichtlich dieser Versuch nur als ein Beitrag unter anderen in dieser Diskussion gewertet werden, und nicht als rechthaberische Erklärung.2

Wie bei jeder Behandlung mehrerer Werke eines Genres oder einer Gattung, muss vor dem Versuch einer wissenschaftlichen Beschäftigung eine Definition und Kategorisierung des betreffenden Teilgebietes der Literatur erfolgen. Ohne Festlegung bestimmter Charakteristika und Merkmale der Gattung kann es aus offensichtlichen Gründen gar nicht erst zu einer Auswahl an zu behandelnden Texten kommen.

Im komplexen Fall der phantastischen Literatur soll – so weit möglich – genauso verfahren werden. Es muss allerdings schon eingangs darauf hingewiesen werden, dass es sich bei diesem Versuch, eine zeitgenössische Zuordnung von Erkennungspunkten dieser Gattung, um einen keineswegs Universalität und Unfehlbarkeit beanspruchenden Zugang handelt. Wie redlicher Weise auch in anderen Sekundärwerken berücksichtigt und bekannt werden sollte, kann die Definition durch den vermeintlich objektiven wissenschaftlichen Zugang nur aufgrund der aktuellen Wissens- und Textbasis erstellt werden, wodurch immer die natürliche Gegebenheit der zeitlich begrenzten Gültigkeit bestehen bleibt. Dies macht auch sicherlich den immer wieder neuen Reiz der literaturwissenschaftlichen Forschung aus.

Im Diskurs werden im optimalen Falle der Anerkennung und praktischen Nutzung einer wissenschaftlichen und theorienbildenden Veröffentlichung, Analysen und Definitionen in allen Bereichen der Forschung im Laufe der Zeit immer wieder hinterfragt, bestätigt oder verworfen und teilweise verändert. Basis dieser Beschäftigung mit den Grundlagen der Literatur muss jedoch meines Erachtens nach in jedem Fall das Studienobjekt selbst, also der literarische Text sein; die bisherige Sekundärliteratur kann und soll als Anregung und kritischer Prüfstein zur Seite stehen.

Im einleitenden, wie auch methodisch zentralen ersten Teil dieser Betrachtung soll nach dieser Prämisse der Frage nach dem Wesen der phantastischen Literatur nachgegangen werden, wobei grundlegende wissenschaftliche Arbeiten aus den 70ern des 20. Jahrhunderts sowie aktuellere Werke hilfreich zur Anwendung ← 15 | 16 → kommen wie auch kritisch beleuchtet werden sollen. Auch der viel wesentlicheren Frage, ob es so etwas wie eine eigene Gattung der phantastischen Literatur überhaupt gebe, soll in diesem Abschnitt nachgegangen werden. Besonders dieses Thema kann in der vorliegenden Arbeit nicht übergangen und schon gar nicht leichtfertig – mit welchem Resultat auch immer – behandelt werden, da auch ernstzunehmende Kritik am generellen System der Klassifizierung von Literatur in Gattungs-Schemata bedacht werden sollte.

Ein Problem bei der Beschäftigung mit der fantastischen Literatur stellt jedoch die Tatsache dar, daß die Definitionen der fantastischen Literatur primär aus der Auseinandersetzung mit Texten aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert entstanden sind und zeitgenössische Texte sehr schwer eingeordnet werden können.3

Nimmt man trotz divergierender Theorien doch die Existenz einer Gattung/Struktur „phantastische Literatur“ an (wobei sich andernfalls eine Behandlung des Themas auf ein Negativum reduzieren würde), eröffnet sich die Problematik der Kriterien und der Auswahl in Frage kommender Primärwerke. Ist auch eine Definition mit dazugehöriger „Merkmalsliste“ zu finden – wenn auch sicherlich mit einiger Mühe, wie vorausgeschickt werden kann –, eignen sich bei näherer Betrachtung natürlich nicht alle Werke dieser Sparte aus verschiedenen Gründen für eine wissenschaftliche Betrachtung. Kann man sich noch bedingt an den historisch überlieferten Kanon der Weltliteratur halten, wenn es um die Aufzeichnung und Charakterisierung der älteren Werke geht, so fehlen für die Einordnung der aktuellen Texte natürlich noch meist die entsprechenden Orientierungshilfen.

Hier ist es durchaus auch notwendig, von etwaigen überflüssigen Grenzziehungen Abstand zu nehmen, und auch die ohnedies verschwommene Grenze zwischen der sogenannten „Hohen Literatur“ und populären Produktionen – unter Einhaltung aller gebotener kritischen Distanz – zu überschreiten, wenn sich daraus neue und nutzbringende Erkenntnisse und Ansätze ableiten lassen.

Es werden folglich neben dem aus Gründen der Einheitlichkeit, Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit einbezogenen historischen Korpus, den ich bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts verstehe, auch die aktuellen Strömungen und Produktionen mit einbezogen; hier müssen und sollen natürlich Schwerpunkte gesetzt werden, um aus der beinahe unüberschaubaren Masse an aktuellen Werken auch wertvolle Ansätze ableiten zu können. ← 16 | 17 →

Schlussendlich, nach der Behandlung dieser essentiellen Grundlagen, die so knapp und eindeutig wie möglich ausfallen sollen, soll ein weiter führender Blick auf den Bereich der phantastischen Literatur und Kunst geworfen werden. Im Bereich des Buchmarktes und Verlagswesens kann eine Vielzahl interessanter Phänomene in diesem Zusammenhang beobachtet werden, auf die kurz eingegangen werden soll. Der Blick auf die phantastische Literatur aus der Sicht der Verlage beziehungsweise auf deren Gattungseinteilung als Orientierungsmittel der Leserschaft ist bislang meines Erachtens nach viel zu kurz gekommen, und kann auch hier nur ansatzweise gestreift werden.

Neben der Frage nach der phantastischen Literatur als Massenphänomen, den damit zusammenhängenden Möglichkeiten, Problemen und Kritikpunkten, soll auch der ihr zugemessene Stellenwert kurz betrachtet werden. Besonders ihre Position im Buchhandel, in den entsprechenden Bereichen der Verlage, jedoch auch im Blickpunkt von Öffentlichkeit, Konsum und Meinungsbildnern4, wird hier ansatzweise in ihren Zusammenhängen zu behandeln versucht. Abseits von terminologischen Querelen setzen diese Instanzen nämlich oft gänzlich andere Maßstäbe an diese Art von Literatur, was nicht einfach ignoriert werden darf, sollen sich Definition und Betrachtung dieser Sparte nicht in einen für die wissenschaftliche Anwendung unpraktikabel spitzfindigen Gelehrtendisput verwandeln.

Mit diesem soziokulturellen und eher unkonventionellen Exkurs soll der Blick von der theoretischen Seite dieser Analyse auf das eigentlich Wesentliche, den Text zurückgeführt werden. In diesem Sinne schließt der folgende Abschnitt an. Teil III beschäftigt sich nun mit dem eigentlichen Korpus an Texten, die den Kennzeichen der phantastischen Literatur zur Gänze oder auch nur teilweise folgen, ihnen auch in manchen Gesichtspunkten zu widersprechen scheinen, oder sie kreativ abwandeln und weiterführen. Dieser Hauptteil der vorliegenden Arbeit ist abermals in zwei Untergruppen getrennt, in der erst traditionelle Vertreter des Genres vorgestellt werden, und darauf hin jene Meister, die mit ihren Werken die Grenzen des literarischen Bereiches sprengen, sie gekonnt modifizieren, verändern oder gar nur ansatzweise streifen.

Immer wird jedoch auch starkes Augenmerk auf die Biographien der Autoren gelegt, ohne biographistische, zu kurz gezogene, equivalente Beziehungen zu unterstellen. An ihnen soll vielmehr gezeigt werden, wie unterschiedlich die Schöpfer dieser Texte sind, aus was für verschiedenen sozialen, zeitlichen, ideellen ← 17 | 18 → und wirtschaftlichen Hintergründen sie auf die phantastische Literatur als Wirkungsgebiet gestoßen sind5. Die Hintergründe der Erschaffung phantastischer Werke, die Beweggründe der Autoren, ihre Intentionen sowie ihre sonstigen Arbeiten sollen hier in ihrer Vielfalt umrissen werden.

Im folgenden großen Bereich soll ein Thema behandelt werden, das eigentlich nicht von dem vorigen Kapitel getrennt werden sollte, jedoch aus Gründen der bisher so nachlässigen Behandlung durch einen eigenen Abschnitt hervorgehoben werden soll. Teil IV beschäftigt sich mit der von Frauen verfassten phantastischen Literatur, die sowohl schöpferisch, als auch in der wissenschaftlichen Forschung stark unterrepräsentiert ist. Allein die Durchsicht des aktuellen und sonst ausgezeichnet erstellten „Lexikon der Phantastischen Literatur6“ ergab bei insgesamt etwa 573 Personenartikeln nur eine Anzahl von 63 weiblichen Verfassern. Meines Erachtens nach wesentliche Autorinnen werden nicht erwähnt, fallen Weise durch die sehr eng geknüpften Maschen des Netzes, das alles Phantastische auffangen und wiedergeben soll. Als Ausgleich dieser aufgewiesenen Negierung der weiblichen Phantastik in all ihren Ausprägungen, soll also hier ein besonderes und ausgedehnteres Augenmerk auf diesen Bereich gelegt werden.

Aus dieser Beschäftigung nicht nur mit den wissenschaftlich vergleichsweise oft begangenen Wegen der phantastischen Literatur, sondern auch mit den etwas spezielleren Vertreterinnen und Vertretern dieser Gattung, ergeben sich jedoch auch Schwierigkeiten, die sich besonders in der dadurch erzwungenen Arbeitsweise widerspiegeln.

Aufgrund der augenscheinlichen Editionslage sind die aktuellen Exemplare oft nur von Seiten großer Unterhaltungsverlage editiert, eine Ausgabe mit kritischem Hintergrund oder gar erläuterndem Material wird man hier großteils vergebens suchen. So musste notgedrungen auch in dieser Arbeit teilweise auf derartige Vorlagen zurückgegriffen werden, die sich jedoch im Hinblick auf das Wesentliche, also auf den Text, als verwendbar herausgestellt haben.

Verschiedentlich wurden auch reine Leseausgaben in die Bibliographie mit einbezogen, die ebendiese wichtigen Kriterien zur vollständigen Zufriedenheit erfüllen konnten, da sich nicht so sehr die – wenn überhaupt vorhandenen und dokumentieren – historisch-kritischen und editorischen Feinheiten als von Bedeutung herausgestellt haben, wie vielleicht in anderen, mehr auf die Basis-Ebene des Werkes eingehenden Arbeiten. ← 18 | 19 →

Es soll hier keineswegs der aussagekräftige Umstand verschwiegen oder verschleiert werden, dass in manchen Fällen sogar schon die originalsprachlichen Werke schwer zu beschaffen sind7, und in Bezug auf ein Buch kann tatsächlich nur mehr auf die deutsche Übersetzung des englischen Originals zurückgegriffen werden8. Da allerdings die wichtigen Fakten ohnedies zu einem Großteil aus der Meta-Ebene des Textes, aus ihrer diskursiven und konnotiven Sphäre, der Handlung und den typischen technischen Elementen und Versatzstücken abgeleitet werden können und sollen, wurde in einem Fall bewusst die Lücke gewählt, anhand der zugänglichen Übersetzung zu arbeiten.

Zum Zwecke eines angenehmen und ungestörten Leseflusses, sowie zum besseren Verständnis aller Passagen, wird auch ein weiterer, eher unüblicher Weg des textuellen Aufbaues gegangen: Sobald eine deutsche Ausgabe der hier zentralen und behandelten Fremdsprachen-Texte vorliegt, soll im Fließtext auch im Sinne eines einheitlichen Erscheinungsbildes diese auch zitert werden. Die zugehörige Fußnote präsentiert dann den Text im Original mit dem jeweiligen entsprechenden Literaturverweis. Für die wenigen Werke, für die keine entsprechende Übersetzung gefunden werden konnte, wird auf eine unautorisierte Übersetzung verzichtet, dem getätigten Zitat jedoch meist ein erklärender Satz voran- oder nachgestellt.

Am Ende dieser Betrachtung soll versucht werden, die ausgedehnte und oft subtile Essenz, die aus den versammelten Werken extrahiert werden soll, zu einem harmonischen Ganzen zu konzentrieren. Hier soll nochmals das Wesentlichste zur Sprache gebracht werden, gezogene Schlüsse zusammenfassend präsentiert, offen gebliebene Fragen oder ungelöste Probleme jedoch genauso erwähnt werden, die sich in einem derartig vielfältigen, wie auch teilweise widersprüchlichen Thema ergeben werden.

2 Zgorzelski, Andrzej: Zum Verständnis phantastischer Literatur. In: Phaïcon 2. Almanach der phantastischen Literatur. Hrsg. Rein A. Zondergeld. (Insel Taschenbuch 154) Frankfurt am Main: Insel 1975, S. 54-63. hier: S. 54.

3 Purner, Gerlinde: Die fantastische Schreibweise bei Angela Carter, Lilian Faschinger, Barbara Frischmuth und Jeanette Winterson. (Unveröff. Diplomarbeit zur Erlangung des Magistragrades an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien) Wien 1995, S. 13.

4 Eine umfassende Betrachtung hierzu und zu weiterführenden Bereichen bietet mit dem Fokus auf die österreichische Literatur der Phantastik im 20. Jahrhundert z.B. Ruthner, Clemens: Am Rande. Kanon, Kulturökonomie und die Intertextualität des Marginalen am Beispiel der (österreichischen) Phantastik im 20. Jahrhundert. Tübingen und Basel: A. Francke 2004.

5 Vgl. z.B. Tepe, Peter: Kognitive Hermeneutik. Textintrerpretation ist als Erfahrungswissenschaft möglich. (Bd. 2). Würzburg: Königshausen & Neumann 2007. S. 346f.

6 Zondergeld, Rein A.; Wiedenstried, Holger E.: Lexikon der Phantastischen Literatur. Stuttgart, Wien, Bern: Weitbrecht 1998.

7 Besonders die neueren Werke der phantastischen Literatur, unter die hier schon Bücher mit einem Erscheinungsdatum nach 1980 gezählt werden sollen, sind teilweise nur äußerst kurze Zeit – das heißt in verhältnismäßig geringer Auflagenstärke – im Buchhandel erhältlich. Schon bald werden diese Bücher als vergriffen gemeldet, sind somit nur noch im besten Fall über gut sortierte Bibliotheken oder Antiquariate zu erwerben. Aus dem selben Vorgehen der Verlage weltweit, nicht nur im deutschen Sprachraum, erweist es sich als teilweise äußerst herausfordernd, Literatur, die nicht allgemein als dem Kanon zugehörig oder verkaufszahlenmäßig erfolgreich ist, zu organisieren.

8 Bei diesem so gehandhabten Fall – bei: Zimmer Bradley, Marion: Das Haus zwischen den Welten. Bergisch Gladbach: Bastei-Lübbe 1988 – konnte weder das originalsprachliche Werk noch eine zweite, zu Vergleichszwecken heranzuziehende Ausgabe in deutscher Sprache dingfest gemacht werden. Aus dieser Verlegenheit heraus, jedoch nicht gewillt, die zu erwartenden Ergebnisse bei der Studie und Einbeziehung dieses Romans verloren geben zu wollen, wurde hier als Ausnahme die deutsche Übersetzung als Zitiervorlage und Basistext herangezogen.

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2 Frühere Forschungsansätze und ihre Kritik

Sich mit phantastischer Erzählung [!] zu beschäftigen und sie auch verstehen zu wollen, setzt wohl noch mehr als jede andere Art von Literatur eine gewisse innere Veranlagung und Bereitschaft voraus – kaum eine andere Textart spielt so sehr mit unseren innersten Emotionen, trifft uns so tief, verlangt vom Leser so viel Textverständnis, wie die Phantastische Erzählung. Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, dann können Phantastische Erzählungen den Leser höchstens amüsieren oder in leichte Spannung versetzten, ihn aber nie faszinieren, ja ihn regelrecht besessen machen, ihn zum Weiterlesen treiben und ihn nicht mehr loslassen. Wer einmal in das Genre hineingeschnuppert hat und von seinem Fieber angesteckt wird, der erkrankt bald vollends, und zwar unheilbar.9

Auch die vorliegende Betrachtung scheint in gewissem Sinne eine Manifestation dieses angenehmen Fiebers zu sein. Zu Beginn dieses Abschnittes soll jedoch auf die lange und oft geführte Diskussion eingegangen werden, ob es sich bei der phantastischen Literatur um eine eigene und vor allem eigenständige Gattung handelt, oder bloß um ein sonst unzusammenhängendes Konglomerat aus bestimmten Stil- und Motivmerkmalen. Unter dem vieldiskutierten Begriff der Gattung soll hier im einfachsten Sinn des Wortes die folgende Definition verstanden werden, ohne auf die sicherlich an anderem Ort10 ausführlicher diskutierten Probleme und Schwierigkeiten dieses Komplexes der Literaturwissenschaft hier näher eingehen zu wollen:

Zu den wichtigsten Einteilungs- und Gliederungsmöglichkeiten der Literatur und Literaturgeschichte gehören literarische Gattungen. Durch das Herausarbeiten signifikanter Faktoren und dominanter Tendenzen werden Gesichtspunkte gewonnen, die ein gegebenes literaturgeschichtliches Datenmaterial gruppieren, einander zuordnen und umfassend charakterisieren lassen.

Der Begriff ›Gattung‹ dient als Sammelbezeichnung für literarische Formen und Gruppen und erinnert an Systematisierungen in der Naturgeschichte (...). Das Problem literarischer Gattungen ist die Zuordnung von Texten unter Gesichtspunkten gemeinsamer Merkmale (etwa Übereinstimmungen von Stoff und Form) und die Frage des Wiedererkennens solcher Merkmale durch unterschiedliche Rezipienten.11 ← 21 | 22 →

Besonders hier am Beginn der Betrachtung soll die Begriffsbildung präzisiert werden und für eine im Kontext trag- und anwendbare Definition gesorgt werden, so sich dies als möglich herausstellt. Im Speziellen soll die Verwirrung der ähnlichen Begriffe – phantastische Literatur, „das Phantastische“, Phantastik – aufgelöst werden, sowie auch im weiteren Verlauf von den benachbarten Gattungen getrennt und abgegrenzt werden. Eine strikte Trennung dieser Begriffe fällt sicherlich in mancher Hinsicht schwer und erweist sich nicht in jedem Fall als sinnvoll, erscheint aber für die Gattungsdefinition als unumgänglich, und soll daher so klar und bündig wie möglich vorgenommen werden.

Im weiteren soll noch auf die ältere und jüngere Forschungsliteratur eingegangen, und insbesondere betrachtet werden, in wie fern sich die darin enthaltenen Theorien für die Anwendung an neuester Literatur eignet.

Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass trotz aller Bemühungen der Forschung, das Gebiet der Gattungsstudien von jeher ein problematisches und diskutierbares Fach bleibt:

Genre studies have been a central concern of Anglo-American and European literary theory for at least the past quarter century, and the acdemic interest has been reflected, for example, in new college courses in slave narratives, autobiography, biography, nature writing, and the literature of travel as well as in the rapid expansion of genre theory itself. Genre has also become an indispensable term for trade publishers and the vast readership they serve. Indeed, few general bookstores do not have sections devoted to science fiction, romance, and mystery fiction. Still, genre is among the slipperiest of literary terms, as any examintaion of genre theories and their histories will suggest.12

2.1 Was ist phantastische Literatur?

Die Antwort auf diese so klar und eindeutig scheinende, grundsätzliche Frage fällt so vielfältig aus, wie es wissenschaftliche Werke zu diesem Thema gibt. Kaum eine Arbeit scheint auf diesem Gebiet vollständig mit einer anderen in Bezug auf die Definition dieses Genres übereinzustimmen. Umso schwieriger scheint es, eine wissenschaftlich fundierte Umgrenzung der phantastischen Literatur anzubieten, die weder zu allgemein und weit gesteckt erscheint, noch zu restriktiv und despotisch alle leicht abweichenden Werke ausgrenzt.

Im Folgenden sollen die jeweiligen theoretischen Ansätze der wohl bedeutendsten Vertreter der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem oft als nicht ernsthaft betrachteten Genre der phantastischen Literatur kurz vorgestellt werden. Anhand dieses komprimierten Panoptikums soll jedoch auch allfällige aktuelle ← 22 | 23 → Kritik an den jeweiligen Blickpunkten geübt werden, es sollen Gegenpositionen wie auch bestärkende Faktoren der laufenden Forschung beigesteuert werden.

Danach soll das Augenmerk speziell auf die heutigen Ansätze diese Literaturgattung betreffend gerichtet werden.

Eine eindeutige Definition der phantastischen Literatur wird jedoch auch an dieser Stelle und unter Einbeziehung der wesentlichsten greifbaren Sekundärwerke wie auch der größten Sorgfalt nicht unter allen möglichen Positionen zu bewerkstelligen sein. Aller empirischen Forschungsansätze der aktuellen Literaturwissenschaft zum Trotz, entzieht sich nicht nur dieses Genre, sondern bis zu einem gewissen Grad jede Art von origineller Kunst den angestrengten Versuchen einer zweifelsfreien Ein- und Zuordnung. Das Kreative, Originäre des schöpferischen Werkes wird immer bis zu einem bestimmten Punkt zwischen allen von außen auferlegten Regeln und Richtlinien stehen. Sicherlich macht besonders dieser Umstand der leicht ungewissen Schwebe erst das einmalige konsumatorische Erlebnis der Kunst aus, in dem auch der Genuss der Literatur, und hier auch der phantastischen Gattung beheimatet ist. So ist also phantastische Literatur nicht nur eine spezifische Unterart des literarischen Produktionskreises, sie steht an diesem Punkt der angestrebten Definition stellvertretend für die schwierig von „objektivem“ Standort aus einzuordnende und zu klassifizierende Kunst an sich.

So kann es also an dieser Stelle der vorliegenden Arbeit nur das Bestreben sein, anhand der bisherigen Forschungslage jedoch besonders auch unter Berücksichtigung der zeitgenössischen und modernsten Werke des Genres als Beispiele, eine wissenschaftlich möglichst tragbare Beschreibung der phantastischen Literatur zu erringen. Besonders in einer Zeit der augenscheinlich sich in ihrer früheren Eindeutigkeit zersetzenden, teilweise zu etwas unerhört Neuem zusammenwachsenden, aber auch sich abrupt und vielleicht auch irritierend verändernden Literaturlandschaft, kann eine Definition nur unter der Relativität des aktuellen Hintergrundes stattfinden. Dies soll auch hier die Absicht sein. Abseits jeglicher absolutistischer Reglements und Restriktionen sollen hier möglichst praktikable Ansätze präsentiert werden, die auch möglichst präzise auf die momentane Lage des Genres eingehen sollen. ← 23 | 24 →

2.1.1 Die Einstellung der Verlage und des Buchhandels

Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Situation am Buchmarkt13 soll diese Betrachtung getätigt werden. Ist noch für die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts eine Blüte der allgemeinen „Phantastik“ zu verzeichnen, stellen sich die Verlage mittlerweile auf die radikal geänderten Umstände ein, indem die einschlägigen, qualitativ hochwertigen Reihen aufgelassen oder rigoros eingeschränkt werden. Noch in Bergs Untersuchung über die Raum-Zeitstruktur im betreffenden Genre im 20. Jahrhundert heißt es euphorisch zu Beginn der Einleitung:

Das Geschäft mit der literarischen Phantastik blüht. Kaum ein deutscher Buchverlag, von Heyne bis Fischer, hat sich in den letzten Jahren die Chance entgehen lassen, im Sog der violetten Reihe aus dem Haus Suhrkamp eine eigene „phantastische Reihe“ auf den Markt zu bringen.14

Dass diese Begeisterung jedoch auch ihre „Schattenseiten“ haben muss, liegt auf der Hand, besonders eingedenk der ständig wachsenden Ansprüche, Bedürfnisse und Forderungen des Publikums. Berg bemerkt hierzu auch recht bald:

Freilich hat das, was hier so massenhaft unter dem Etikett „phantastisch“ gehandelt wird, nicht immer viel mit dem zu tun, was in dieser Arbeit unter Phantastik verstanden wird. Die Bemühungen der Literaturwissenschaft, Kriterien zu entwickeln, mit denen sich verwandte Gattungen wie Märchen, Fantasy oder Science Fiction von der Phantastik abgrenzen lassen, haben sich anscheinend entweder nicht bis zu den verantwortlichen Lektoren durchgesprochen oder wurden von ihnen als vernachlässigbar erachtet. Tatsache ist jedenfalls, daß nirgendwo sonst Unzusammengehöriges so wahllos in einen Topf geworfen wird wie gerade auf diesem Gebiet (...). Ungeachtet dieser ständigen Gattungsvermischungen und trotz der Tatsache, daß in diesem bunten Potpourri eine Menge Texte das Licht der Öffentlichkeit erblicken durften, denen man gnädiges Vergessen gewünscht hätte, zeigt die momentane Situation auf dem Buchmarkt aber immerhin doch eines in aller Deutlichkeit: das Bedürfnis nach phantastischen Texten und Themen ist hierzulande offensichtlich groß und ein Ende dieser Begeisterung für übernatürliche Weltentwürfe nicht in Sicht (ein Blick auf die „Spiegel“-Bestsellerlisten zeigt, daß bisher noch jeder neue Roman des amerikanischen ← 24 | 25 → Superstars der Horrorphantastik Stephen King15 binnen weniger Wochen Platz 1 erobern konnte).16

Die Problematik der ungenauen oder einfach liebevoll-ignoranten Zuordnung aller Vertreter des großen phantastischen Formenkreises zu einer wie auch immer gearteten „Phantastischen Bibliothek“ ist natürlich leicht nachvollziehbar. Insbesondere im Hinblick auf die Gattungsdiskussion, die ja vorrangig nicht im wissenschaftlichen Bereich ihre Gültigkeit und Anerkennung bestätigt wissen will, sondern insbesondere auch für die Leserschaft, das breite Publikum, eine Art Leitfaden oder Orientierungsmöglichkeit durch das weite, oft unübersichtlich gestaltete Feld der Literatur bilden soll.

Über die bedauerlichen, lange währenden Versäumnisse der Literaturwissenschaft auf diesem Gebiet der Forschung wurde schon kurz berichtet, die anscheinende Nivellierung der Verlage und ihrer verantwortlichen Lektoren soll noch näher betrachtet werden. Diese Unschärfe bei der Zuordnung von verschiedensten Gattungen angehörigen Texten zu einer bestimmten Reihe hat jedoch auch einen Sinn, widerspricht sie auch in gewisser Weise sich selbst. Von der phantastischen Literatur kann mit Recht angenommen werden, dass sich ein spezialisiertes Stammpublikum mit ihr näher auseinander setzt; im Handel kann auch beobachtet werden17, dass selten treue Kundinnen und Kunden aus anderen Bereichen des Literatursektors auf die solcher Art gekennzeichneten Werke zugreifen, dass also vom literarischen Geschmack her eine relativ konstante, um nicht zu sagen „ökonomisch konservative“ Klientel hauptsächlich die Konsumentenschicht bildet.

Die Bildung einer eigenen Reihe der phantastischen Literatur bietet nun sicherlich besagter Klientel einen gewissen Anhaltspunkt im immer größer und unübersichtlicher werdenden Buchmarkt, nach dem die Kaufentscheidung erleichtert werden soll.

Der Griff zu einer bestimmten Reihe soll aus qualitativer Hinsicht abgesichert werden, der Akt des Konsums soll sich schon am optischen Erscheinungsbild orientieren, und den Griff zum speziellen Buch erleichtern. Die Zugehörigkeit zur Reihe soll mithin zum Qualitätsgaranten werden. Diesem recht naheliegenden und nicht unlogischen Gedanken der Verlagshäuser folgend kann dann auch praktisch nachvollzogen werden, warum unter der Rubrik „Phantastik“ ein so vermischtes Durcheinander von Gattungen veröffentlicht wird: zum einen ← 25 | 26 → bietet sich hier die Gelegenheit, „markentreuen“ Leserinnen und Lesern eine weitere, vielleicht verwandte und individuell fesselnde Art der Literatur zukommen zu lassen, die das jeweilige Konsumverhalten erweitern könnte; zum anderen ist es sicherlich problematisch, besonders in einem oftmals von qualitativ fragwürdigen Werken überschwemmten Genre eine ausreichend große Auswahl an hochklassigen Texten zu finden, die auch dem Bedürfnis nach Vielfalt Rechnung tragen. So ist es sicherlich auch teilweise auf diese Verlegenheit zurückzuführen, die Verlage beziehungsweise deren Lektorate zu dem besagten Schritt veranlasst haben könnte, in einer beliebigen „Bibliothek des Phantastischen“ eine derartige Vielzahl von verschiedenartigen Texten zu veröffentlichen.

Andere Verlagshäuser beschreiten sicherlich andere Wege, die sich jedoch aus der Sicht der phantastischen Literatur als nicht so gewichtig wie auch verwirrend herausstellen. Der große deutsche Verlag Heyne – um nur ein Beispiel unter vielen möglichen zu nennen – veröffentlicht die verwandten Gattungen in zwei getrennten Reihen, jeweils eine für Fantasy und eine für Science Fiction. Für die eingeweihte Leserschaft macht dies den Kauf sicherlich einfacher, wenn auch die Qualität der Werke dieser Sparten hier nicht so selektiv und damit eher gesichert ist, wie beim Suhrkamp-Verlag und seiner „Phantastischen Bibliothek“. Die tatsächlichen Angehörigen der phantastischen Literatur, wie auch (schwer nachvollziehbar) manche Bestseller der anderen beiden speziellen Reihen, werden meist unter der Rubrik der „Allgemeinen Reihe“ präsentiert, was die Suche nach derartigen Werken nicht gerade vereinfacht.

Die Schwellenangst, die besonders in diesem oft belächelten Genre die Konsumenten vom Kauf abhält, ist jedoch auf diese Weise nicht so groß wie bei einer übersichtlichen, aber eindeutigen Einordnung in die Reihen der typischen „Phantastika“. Die Kaufentscheidung wird sicherlich bei einem der „Allgemeinen Reihe“ zugehörigen Werk leichter fallen, insbesondere, wenn es sich bei der Kundschaft um „Novizen“ im Bereich der phantastischen Literatur oder ihrer Nachbargenres handelt. So ist die potentielle Käuferschicht sicherlich auf einfache Weise – wenn auch leicht auf Kosten der Übersichtlichkeit – in größerem Rahmen angesprochen, was einen ebenso größeren Profit ermöglicht.

Die goldenen Zeiten der regelrechten phantastischen Literatur sind jedoch sowohl als klar definiertes, abgegrenztes und hermetisches Genre, wie auch in der „Phantastischen Bibliothek“, längst am Ausklingen. Die Gattung an sich ist starken, sehr wohl auch positiven und kreativen Veränderungen und evolutionären Wandlungen unterworfen, die spezifische Reihe des Suhrkamp-Verlages ist langsam am Auslaufen. Nicht zuletzt durch einen Wechsel auf der Führungsebene erscheint das verlegerische Interesse an einschlägiger Literatur des phantastischen Formenkreises mehr als nur vernachlässigt: ← 26 | 27 →

Doch schon vorher [vor dem Personalwechsel 1996] habe sie, was die Unterstützung im Verlag oder den Werbeaufwand angeht, ein Schattendasein im Verlag gefristet – die meisten Publikumsverlage vernachlässigten [so Franz Rottensteiner, langjähriger Lektor der Reihe und Herausgeber zahlreicher Anthologien] heutzutage die Science-Fiction.

„Science Fiction und Phantastik sind in einem Tief“, führt Suhrkamp-Lektor Wolfgang Schneider ökonomische Gründe ins Feld.18

In diesem Genre, „in dem Bestseller selten sind19“, ist der Verlag auf Stammkundschaft angewiesen, denn auch für das „Nischenprodukt“ phantastische Literatur muss die Kosten-Nutzen-Rechnung stimmen. Seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts scheinen jedoch nicht nur die Käuferinnen und Käufer zu schwinden, auch die Autorinnen und Autoren und mit ihnen Werke mit Niveau sollen nun schwerer aufzufinden sein.

Details

Seiten
494
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653025866
ISBN (ePUB)
9783653998641
ISBN (MOBI)
9783653998634
ISBN (Paperback)
9783631627266
DOI
10.3726/978-3-653-02586-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Februar)
Schlagworte
Realitätsniveau (Literatur) phantastische Literatur (Gattung) Fiktionalität in der Literatur
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 494 S.

Biographische Angaben

Karin Angela Rainer (Autor:in)

Karin Angela Rainer studierte Germanistik und promovierte in Vergleichender Literaturwissenschaft. Sie beschäftigt sich intensiv mit dem Themenbereich der phantastischen Literatur und betreibt Studien im Bereich der Psychologie und Gender Studies.

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Titel: Neue Ansätze, Analysen und Lesarten der phantastischen Literatur
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495 Seiten