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Von Justin bis zu Hildegard von Bingen

Ausgewählte Aufsätze von Jörg Ulrich zur Geschichte und Theologie des Christentums in Antike und Mittelalter

von Tobias Georges (Band-Herausgeber:in)
©2020 Sammelband 332 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Band versammelt 18 ausgewählte Aufsätze des Kirchenhistorikers Jörg Ulrich, welche sein forscherisches Schaffen im zurückliegenden Vierteljahrhundert widerspiegeln. Ein besonderer Fokus der Aufsätze liegt auf der für die Patristik zentralen Epoche des 4. – 5. Jahrhunderts, speziell auf der Rezeption des Nizänums im Westen sowie auf dem Wirken Eusebs von Cäsarea. Die Aufsätze behandeln als weitere Themenschwerpunkte die frühchristlichen Apologeten und ihr historisches Umfeld mit besonderem Augenmerk auf Justin sowie die Kirchen- und Theologiegeschichte des abendländischen 12. Jahrhunderts, welche den Bogen bis zu Hildegard von Bingen spannt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Einige Bemerkungen zum angeblichen Exil des Ossius
  • Euseb, HistEccl III,14–20 und die Frage nach der Christenverfolgung unter Domitian
  • Nicaea and the West
  • Wallfahrt und Wallfahrtskritik bei Gregor von Nyssa
  • Euseb und die Juden: Der origeneische Hintergrund
  • Vision bei Hildegard von Bingen. Beobachtungen zur Vita Gottfrieds und Theoderichs und zu den Visionsschriften Hildegards
  • Konstantin der Große und die Frage nach den Vätern des Konzils von Nizäa
  • Innovative Apologetik. Beobachtungen zur Originalität Justins am Beispiel der Lehre vom Logos spermatikos und anderer Befunde
  • Das Glaubensbekenntnis der Katharer von Lombers (1165)
  • Clemens Alexandrinus’ Quis dives salvetur als Paradigma für die Beurteilung von Reichtum und Geld in der Alten Kirche
  • Politische Eschatologie bei Eusebius von Caesarea?
  • Angstmacherei. Beobachtungen zu einem polemischen Einwand gegen das frühe Christentum und zur Auseinandersetzung mit ihm in der apologetischen Literatur
  • The Reception of Greek Christian Apologetics in Theodoretus’ Graecarum affectionum curatio
  • Widersprüchlichkeit und Kohärenz. Beobachtungen zu einem Argument der Polemik und Apologetik im zweiten Jahrhundert
  • Dimensions and Developments of Early Christian Historiography
  • Die Begegnung von Christen und Heiden im zweiten (und dritten) Jahrhundert
  • Dionysius of Alexandria in Exile: Evidence from His Letter to Germanus
  • Vom Rächer der Christen zum Christenverfolger. Kaiser Licinius in der spätantiken christlichen Literatur
  • Verzeichnis der Erstpublikationen
  • Reihenübersicht

Vorwort

Zum Anlass von Jörg Ulrichs 60. Geburtstag am 9. Juni 2020 ist es dem Herausgeber eine große Freude und Ehre, dem Jubilar die vorliegende Auswahl wichtiger von ihm verfasster Aufsätze zu überreichen, welche sein forscherisches Schaffen im zurückliegenden Vierteljahrhundert widerspiegeln. Diese papierene Gabe verbindet sich mit den besten Glücks- und Segenswünschen zum Geburtstag, für das weitere wissenschaftliche Wirken wie für das Leben jenseits dieses Schaffens. Der Herausgeber freut sich darauf, als Kollege und Freund einzelne Abschnitte des vor dem Jubilar liegenden, hoffentlich noch langen Lebensweges mitgehen zu dürfen!

Wichtige Stationen auf Jörg Ulrichs bisherigem Schaffensweg seien hier in aller Kürze in Erinnerung gerufen: Nach dem Vikariat in der Kirchengemeinde Arnum (Hannoversche Landeskirche) und der Ordination war er von 1991 bis 2001 wissenschaftlicher Assistent am kirchengeschichtlichen Lehrstuhl seines Doktorvaters Hanns-Christof Brennecke an der Universität Erlangen, wo er im Jahre 1993 mit seiner Arbeit zum Thema „Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums“ promovierte und sich im Jahr 1997 mit seiner Studie „Euseb von Caesarea und die Juden. Studien zur Rolle der Juden in der Theologie des Eusebius von Caesarea“ habilitierte. Im Jahr 2002 folgte er dann dem Ruf auf eine Professur für Kirchengeschichte an der Christian-Albrechts-Universität Kiel, von wo er kurz darauf an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wechselte, an deren theologischer Fakultät er seitdem forscht und lehrt. Unter seinen zahlreichen Funktionen und Ämtern seien besonders hervorgehoben sein Wirken als Universitätsprediger der Martin-Luther-Universität seit 2003 sowie als „Adjungeret Professor“ (Honorarprofessor) an der Universität Aarhus / Dänemark seit 2005.

Jörg Ulrichs Qualifikationsschriften weisen die auf dem Gebiet der Patristik traditionell zentrale Epoche des 4./5. Jahrhunderts als ersten großen Arbeitsschwerpunkt aus, mit den zwei großen Unteraspekten der trinitarischen Auseinandersetzungen und insbesondere der Rezeption des Nizänums im Westen einerseits sowie des Wirkens Eusebs von Cäsarea, speziell vor dem Horizont des Verhältnisses zwischen Christen und Juden in der Spätantike andererseits. Die in diesem Band versammelte Aufsatzauswahl spiegelt natürlich diesen Fokus wider, macht darüber hinaus aber zwei weitere Arbeitsgebiete kenntlich, die für Jörg Ulrichs Forschen ebenfalls zentral sind und die Spannbreite wie den Titel dieses Bandes prägen: zum einen die frühchristlichen Apologeten und ihr historisches Umfeld, mit besonderem Augenmerk auf Justin, zum anderen auch die Kirchen- und Theologiegeschichte des abendländischen 12. Jahrhunderts, welche den Bogen bis zu Hildegard von Bingen spannt. Dass Jörg Ulrichs literarisches Schaffen auch diesen Bogen noch übersteigt, zeigen z. B. etliche Publikationen zur neueren Kirchengeschichte1 sowie seine so zahlreich veröffentlichten Predigten,2 die freilich eng mit seinem Amt als Universitätsprediger verbunden sind und in diesem Band nur wegen der Ausrichtung auf sein kirchenhistorisches Arbeiten keine Berücksichtigung fanden.

Ein wichtiger Aspekt, der sich an Jörg Ulrichs Freude am Predigen besonders zeigt, prägt freilich auch seine Arbeitsweise als Kirchenhistoriker, wie sie sich in den hier abgedruckten Aufsätzen niederschlägt: Er versteht es auf hervorragende Weise, die Verstehenswelt seiner Adressaten – seien es Predigthörer, seien es Kirchenhistoriker (das eine muss das andere nicht ausschließen) – bei seinen Ausführungen im Blick zu haben, sich an ihr zu orientieren und seine Inhalte sehr anschaulich und einleuchtend zu präsentieren. Und so erweist Jörg Ulrich sich in seinem kirchenhistorischen Schaffen zwar mit gutem Grund nicht als Prediger, aber sehr wohl als ausgezeichneter Lehrer – die hier versammelten Aufsätze mögen bestätigen, dass sich diese Charakterisierung durch den Herausgeber nicht allein der Voreingenommenheit des Schülers verdankt.

Befragt man den Kirchengeschichts-Lehrer Jörg Ulrich nach dem methodischen Spezifikum, das er seinen Lesern vermitteln will und das ihn selbst prägt, so ist es wohl immer wieder der genaue und kritische Blick auf die Quellen, das Streben, vergangene Begebenheiten aus der Geschichte des Christentums und speziell theologische Zusammenhänge anhand des vorhandenen Quellenmaterials, freilich im Bewusstsein der eigenen Perspektive, in ihrem jeweiligen historischen Kontext möglichst präzise einzuzeichnen und zu verstehen. Dieser Blick fürs Detail durchzieht Jörg Ulrichs Veröffentlichungen, und er lässt ihn auch in historischen Horizonten, die in der Forschung z. T. schon ausgiebig traktiert wurden, immer wieder interessante, wichtige Details erkennen, die vorher unterbelichtet blieben: sei es Justins innovative Eigenleistung beim vielzitierten Konzept des logos spermatikos oder das außergewöhnliche Phänomen der Vision bei der vielbeachteten „Mystikerin“ Hildegard von Bingen.

Dass der vorliegende Band in der Reihe „Early Christianity in the Context of Antiquity (ECCA)“ erscheint, ist freilich kein Zufall, hat Jörg Ulrich diese Reihe doch mitbegründet und bildet sie einen zentralen Fokus seines Forschens trefflich ab. Für den Band wurden die Formalia der 18 Aufsätze den Reihenvorgaben angepasst, offensichtliche Druckfehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Beiträge sind in der chronologischen Reihenfolge ihrer Erstpublikation abgedruckt.

Herzlicher Dank gebührt allen, welche bei der Vorbereitung des Bandes mitgewirkt und damit dessen Erscheinen erst ermöglicht haben. Namentlich zu nennen ist hier das Göttinger Team mit Rosetta Manshausen im Kirchengeschichts-Sekretariat, den studentischen Hilfskräften Ann-Katrin Krause und Madeleine Landré sowie dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jan Reitzner. Für die kompetente Beratung mit Know-how zur Reihe ECCA geht ein spezieller Dank auch nach Halle an die Hilfskräfte Franziska Grave, Hannah Mälck und Malina Teepe.

Göttingen, zum 9. Juni 2020 Tobias Georges

1 Siehe z. B. J. Ulrich, „Wir kämpfen einen guten Kampf“. Paul Tillichs Grabpredigten im Ersten Weltkrieg, in: F. Stengel / J. Ulrich (eds.), Kirche und Krieg. Ambivalenzen in der Theologie, Leipzig 2015, 107–118.

2 Siehe z. B. J. Ulrich, Photometeore. Hallesche Universitätspredigten 2003–2007, Dößel 2007; id., Die bunte Gnade Gottes. Hallesche Universitätspredigten 2007–2011, Dößel 2012; id., Vom kleinen und vom großen Glück. Hallesche Universitätspredigten 2012–2016, Dößel 2017.

Einige Bemerkungen zum angeblichen Exil des Ossius

ἀντὶ ἐξορισμοῦ κατέχει τοῦτον ὅλον ἐνιαυτὸν ἐν τῷ Σερμίῳ

(Ath., h. Ar. 45,4).*

Victor De Clercqs Ossiusbuch aus dem Jahre 19541 ist bis heute die einzige größere Arbeit über den einflußreichen spanischen Bischof und kaiserlichen theologischen Berater in den arianischen Streitigkeiten des vierten Jahrhunderts geblieben. Der Grund für diese Tatsache liegt natürlich in der ausgesprochen schmalen Quellenbasis, von Ossius selber liegen uns ja nur ein paar Seiten überhaupt vor.2 De Clercqs großes Verdienst ist es, die vielen anderswo verstreuten Notizen über Ossius gesammelt und zu einem geschlossenen Bild zusammengefügt zu haben. Wenn auch bei De Clercq die Tendenz zu einer sehr apologetischen Behandlung des Bischofs von Cordoba unübersehbar ist,3 wird sein schon seinerzeit freundlich aufgenommenes ←11 | 12→Buch4 doch bis auf den heutigen Tag von denen, die sich neu mit Ossius befassen, als Grundlage benutzt, zuweilen allerdings recht unkritisch.5

Adolf Lippold hat dagegen vor einem guten Jahrzehnt in dieser Zeitschrift6 völlig zu Recht einige erste Fragezeichen an dem von De Clercq gezeichneten Ossiusbild angebracht, vor allem die Frühphase des Ossius bis zum Konzil von Nizäa betreffend. Demnach wäre gegen De Clercq die Identität des im Brief Kaiser Konstantins d.Gr. an Caecilian von Karthago (Euseb, h.e. X, 6) genannten Hosius mit Ossius von Cordoba durchaus zweifelhaft, womit natürlich auch die Annahme einer entscheidenden Rolle des Ossius am kaiserlichen Hofe seit Herbst 312 und in den Anfängen des donatistischen Streites hinfiele.7 Auch der von De Clercq postulierte hohe Anteil des Ossius an der Hinwendung Konstantins zum Christentum erwiese sich dann als reine Spekulation.8 Und ferner wären im Gegensatz zu den Vermutungen De Clercqs weder der Vorsitz des Ossius 325 in Nizäa noch seine maßgebliche Einflußnahme auf die Einfügung des ὁμοούσιος in N wahrscheinlich zu machen.9

Ich selbst habe im Zuge meiner Untersuchungen über die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums10 Ossius in einem eigenen Kapitel behandelt und zu zeigen versucht, daß das in der Dogmengeschichtsschreibung vor und nach De Clercqs Untersuchung gern gezeichnete Bild des über Jahrzehnte hinweg unerschütterlich zur Orthodoxie von Nizäa stehenden Bischofs, der 357 in Sirmium nur unter brutalem äußeren Zwang von Seiten Konstantius II. und seiner Hofbischöfe die homöische Glaubensdeklaration unterzeichnen mußte, so nicht stimmen kann. Viel wahrscheinlicher ist es, daß wir in Ossius einen dogmatisch wenig festgelegten, jedenfalls auf dem Feld der kaiserlich-kirchlichen Diplomatie sehr beweglichen und flexiblen Bischof zu sehen haben, der sich bei bestimmten, invariablen theologischen Positionen nicht behaften ließ, jedenfalls nicht unter den über die Jahre und ←12 | 13→Jahrzehnte hinweg sehr unterschiedlichen äußeren Bedingungen.11 In dieser Annahme einer gewissen dogmatischen Indifferenz des Ossius liegt jedenfalls die einzige mir ersichtliche Erklärung für die Diskrepanz zwischen seiner Unbeugsamkeit und Klarheit der eigenen Position bei seiner Verweigerung der Unterschrift gegen Athanasius einerseits und seiner Bereitschaft zur Unterzeichnung des homöischen (und damit in der Tat von den von ihm zuvor unterzeichneten Texten von Nizäa und Serdika theologisch völlig abweichenden12) Bekenntnisses von Sirmium andererseits, beides bekanntlich im selben Jahr 357.13

Im Zusammenhang mit dieser Einschätzung der Vorgänge von Sirmium 357 entstehen dann aber auch Fragen hinsichtlich eines weiteren Details, nämlich der Faktizität des bei Athanasius und, ihm folgend, in der Literatur bis heute so genannten angeblichen Exils des Ossius in Sirmium. Für De Clercq, der sich dabei auch mit den wenigen skeptischen Stimmen von Loofs14 und Leclercq15 auseinandersetzt, duldet es jedenfalls keinen Zweifel, daß der greise Ossius genau wie die 355 in Mailand verurteilten Bischöfe Luzifer, Euseb und Dionys16 und wie der 356 exilierte Liberius von Rom17 von Konstantius dahingehend gemaßregelt wurde, daß er wegen der Verweigerung seiner Unterschrift gegen Athanasius ins Exil geschickt wurde – in die kaiserliche Residenz nach Sirmium. De Clercq beruft sich dabei auf das ←13 | 14→Zeugnis des Athanasius.18 Doch ist eben dieses Zeugnis alles andere als eindeutig.

Sieht man die von De Clercq angegebenen Stellen genauer an, so stellen sich Zweifel an seiner Sichtweise ein: Der Befund bei Athanasius ist disparater als De Clercq glauben machen will.19 Die einzigen eindeutigen Belege für ein Exil des Ossius sind apol. Const. 27, wo Ossius ausdrücklich und in Unterscheidung von denen, die sonstwie „Gewalt erlitten“, unter die Verbannten eingereiht wird,20 sowie fug. 5,1, wo Athanasius sagt, daß „sie (scil. Konstantius und die „Arianer“) dafür sorgten, daß sogar dieser (scil. Ossius) verbannt wurde“.21 Ein wenig anders liegen die Dinge schon in fug. 9,3f., wo Athanasius zwar zunächst von denen spricht, die wegen seiner Verteidigung ins Exil geschickt worden seien, Ossius aber dann allgemeiner (mit Liberius sowie vielen spanischen, gallischen, ägyptischen und libyschen Bischöfen) zu denen zählt, denen „sie nachstellten“.22 Ähnlich verhält es sich apol. sec. 89,3f., wo zwar vom Exil des Liberius die Rede ist,23 in Bezug auf Ossius jedoch von Freveln und von „Hieben“24 berichtet wird. Geradezu der Vorstellung eines Exils des Bischofs von Cordoba zu widersprechen scheint h. Ar. 68, wo Athanasius dem hier mit Ahab verglichenen Konstantius vorwirft, er ←14 | 15→habe „weder den so großen Ossius geachtet noch sei er benommen gewesen oder betrübt worden, als er so viele Bischöfe ins Exil geschickt hatte“.25 Und h. Ar. 45 heißt es gar, der Kaiser habe Ossius „anstelle eines Exils das ganze Jahr in Sirmium festgehalten“.26 Der Befund bei Athanasius schwankt also insgesamt zwischen der konkreten Behauptung einer Exilierung des Ossius einerseits und eher allgemeinerer Rede von Gefährdungen und Repressalien andererseits; der Alexandriner ist nicht so eindeutig als Zeuge für eine Verbannung des Ossius von Cordoba aufzurufen wie De Clercq meint.

Natürlich verlangt der disparate Befund bei Athanasius nach einer Erklärung. Ein Blick in Guido Müllers Lexicon Athanasianum27 und eine Überprüfung der entsprechenden Stellen zeigt, daß der Alexandriner den Begriff ἐξορίζω bzw. ἐξορισμός oder seltener ἐξοριστία normalerweise als festen terminus technicus für die Verbannungsstrafe gegen von ihren Sitzen abgesetzte und exkommunizierte Bischöfe benutzt. Wenn sich bei ihm in Bezug auf den Bischof von Cordoba nun eine gewisse Undeutlichkeit im Sprachgebrauch zeigt, kann das m. E. nur bedeuten, daß er, ohne konkrete Informationen über eine Verbannung des Ossius zu besitzen, dessen Situation mit dem Schicksal der anderen, gleichfalls für ihn eintretenden und 355 bzw. 356 tatsächlich exilierten Bischöfe zusammengesehen hat. Im Zusammenhang dieser Leidensgemeinschaft der unter Konstantius II. „Verfolgten“, der ja v. a. Athanasius selbst angehörte, konnte ihm der Aufenthalt seines Unterstützers Ossius am kaiserlichen Hof in Sirmium nur als eine Art Zwangsmaßnahme, ähnlich einer Exilierung, erklärbar sein. So könnte man verstehen, warum der Alexandriner h. Ar. 45,4 davon spricht, Ossius sei anstelle eines Exils in Sirmium festgehalten worden, ihn an anderen Stellen aber, ohne zu differenzieren, einfach unter die 355 und 356 Exilierten einreiht.

Wie steht es nun aber, abgesehen von dem etwas unklaren Befund bei Athanasius, mit den Aussagen der anderen Zeitgenossen? Hilarius von Poitiers weiß gar nichts von einer Verbannung des Ossius, er hält es sogar für möglich, daß der Spanier an der Abfassung des Bekenntnisses von Sirmium, der sog. 2. sirmischen Formel, aktiv beteiligt gewesen ist.28 Phoebadius von Agen, Verfasser des ersten Traktates gegen die dogmatische Entschließung ←15 | 16→der Synode von Sirmium,29 tadelt zwar den Ossius, weil er in Sirmium offenbar „seine Meinung geändert“ habe,30 von einem Exil hören wir jedoch ebenfalls nichts. Die etwas späteren Luziferianer Faustinus und Marcellinus berichten, daß Ossius aus Angst vor Verbannung vom Glauben abgefallen sei,31 aber davon, daß er von Konstantius tatsächlich ins Exil geschickt wurde oder werden sollte, erfahren wir wiederum nichts.

Auch Sulpicius Severus32 weiß nichts von einem Exil des Ossius.

Die Mitteilungen der Kirchenhistoriker des 5. Jahrhunderts sind ebenfalls ziemlich disparat, allerdings scheint sich hier der auf Athanasius zurückgehende Zusammenhang zwischen den Verbannungen von 355 und 356 und dem Aufenthalt des Ossius in Sirmium 357 schon stärker etabliert zu haben. Socr., h.e. II,29, sagt, Ossius sei unfreiwillig in Sirmium zugegen gewesen,33 ebenso II,31, wo er aber neben dem überwiegenden ἄκων auch einmal den Terminus ἐξορία benutzt.34 Gleichwohl unterscheidet sich damit die ←16 | 17→Terminologie bei Sokrates im Falle des Ossius von der im Falle der 355 Verbannten, wo durchgängig und ausschließlich ἐξορία erscheint.35 Sozomenos, h.e. IV,6, spricht ebenfalls von einer unfreiwilligen Teilnahme des Ossius an der Synode von Sirmium und redet dabei auch von ὑπερορία,36 also demselben Begriff, den er auch für die Verbannungen von Mailand 355 und für Hilarius benutzt.37 Theodoret, h.e. II,15,4f., übernimmt wörtlich Athanasius, fug. 4f. Der Homöer Philostorgius weiß zwar im Zusammenhang mit Sirmium von der vorangegangenen Exilierung des Liberius, nicht aber von einem Exil des Ossius.38

Epiphanius39 und Augustinus40 schließlich wissen weder von einer Verbannung des Ossius noch von Verfolgungen gegen ihn.

Angesichts der alles andere als eindeutigen Aussagen bei Athanasius in Kombination mit dem weitgehenden Schweigen der anderen Zeugen muß man m. E. zu dem Resultat kommen, daß die Quellen insgesamt eher gegen als für eine Exilierung des Ossius in Sirmium sprechen.

Einige äußere Gründe stützen diese Sicht weiter ab. Immerhin erfahren wir von keiner Synode, die Ossius als Bischof ordnungsgemäß für abgesetzt erklärt hätte, was ja nach dem erst am 23.9.355 erlassenen Gesetz CTh XVI,2,12 die Voraussetzung für das kaiserliche Verbannungsurteil gewesen wäre;41 das verbindliche reichskirchliche Gerichtsforum für Bischöfe ist die ←17 | 18→Reichssynode, wie Klaus M. Girardet deutlich gemacht hat.42 Höchst ungewöhnlich wäre es ferner, daß dem Ossius als Verbanntem die Teilnahme an der Synode von Sirmium erlaubt gewesen sein sollte. Zwar wissen wir vom Beispiel des Hilarius von Poitiers, daß es offensichtlich auch mildere Formen des Exils gegeben haben muß, in denen dem Verurteilen eine relative Bewegungsfreiheit zugestanden wurde und nach Rücksprache mit dem Kaiser auch die Teilnahme an einer Synode im Ausnahmefall möglich gewesen sein muß.43 Dennoch gilt im Grundsatz, daß Exilierte als von einer ordentlichen Synode Exkommunizierte und vom kaiserlichen Gericht Verbannte nicht an Synodalberatungen und -entscheidungen mitwirken dürfen, schon gar nicht in leitender Funktion, die ja für Ossius in Sirmium bezeugt ist.44 Zudem wäre es ungewöhnlich, wenn Ossius zu einer Verbannung ausgerechnet nach Sirmium, also direkt in die kaiserliche Residenz, geschickt worden wäre. In allen anderen uns vorliegenden Fällen von Verbannungen unter Konstantius II. in der Mitte der 50er Jahre des 4. Jahrhunderts werden möglichst weit entfernte und abgelegene Orte zu Exilsaufenthalten bestimmt.45 Sicherlich ←18 | 19→kann man dieses Argument nur hilfsweise anführen (20 Jahre zuvor war Athanasius bekanntlich nach Trier verbannt worden); aber insgesamt lassen es unsere Kenntnisse über das Phänomen der Exilierung von Bischöfen im 4. Jahrhundert als höchst fragwürdig erscheinen, die Situation des Ossius vor und während der Synode in Sirmium als Verbannungsstrafe im Sinne eines exilium oder ἐξορισμός zu verstehen.

Ein weiterer Aspekt ergibt sich schließlich bei der Frage nach der Kirchenpolitik Kaiser Konstantius II. in den Jahren 355–359: Richard Klein hat in seiner Erlanger Habilitationsschrift aus dem Jahre 1976 in bewußtem Gegensatz zu dem Konstantiusbild der kirchlichen Tradition deutlich zu machen verstanden, daß Konstantius II. in seiner Kirchenpolitik viel stärker in Kontinuität zu seinem Vater Konstantin d.Gr. zu sehen ist als die kirchliche Polemik etwa eines Athanasius, Luzifer oder später auch Hilarius es den Anschein haben läßt.46 Wieder und wieder begründet Konstantius seine Maßnahmen mit dem Hinweis auf Entscheidungen seines Vaters.47 Wie dieser sieht auch er seine kirchenpolitische Hauptaufgabe darin, den zerstrittenen Parteien zum Trotz die Einheit der Kirche und damit vor allem – ein typisch römischer Gedanke – die Einheit der kultischen Verehrung sicherzustellen.48

Auch das von den gegen die homöische Wendung der kaiserlichen Kirchenpolitik opponierenden Bischöfen gezeichnete Bild des Konstantius als eines Despoten und selbstherrlichen Unterdrückers kirchlicher Freiheit hält, wie Klein gezeigt hat, näherer Überprüfung nicht stand:49 Daß die clementia zu den hervorragenden Eigenschaften gerade dieses Kaisers gehört hat, kann man nicht nur an einigen Bemerkungen heidnischer Schriftsteller,50 sondern auch an der moderaten Reaktion des Konstantius auf die haßerfüllten Angriffe eines Luzifer von Calaris ablesen. Auch im Falle des Ossius von Cordoba begegnet uns Konstantius keineswegs als Unterdrücker oder Willkürherrscher: Als er nach dem Konzil von Mailand den Spanier in seine kaiserliche Residenz bestellt und die Unterschrift unter die Beschlüsse gegen Athanasius von ihm verlangt, Ossius sich aber weigert, läßt Konstantius ihn offensichtlich unbehelligt wieder in seine spanische Heimat zurückkehren.51 ←19 | 20→Aus dem Bericht des Athanasius von den Vorgängen beim ersten Besuch des Ossius in Mailand scheint sogar eine respektvolle Wertschätzung des Konstantius für den greisen Bischof von Cordoba, der ja auch theologischer Berater seines Vaters (und seines Bruders) gewesen war, herauszuklingen; anders ist m. E. die Wendung ἐπιπλήξας καὶ πείσας αὐτὸν52 nicht zu erklären.

Aber spricht nun nicht der berühmte und immer wieder als Musterbeispiel für die mutige Forderung eines unerschrockenen Bischofs nach Nichteinmischung der weltlichen Gewalt in die Sachen der Kirche aufgeführte53 Brief des Ossius an den Kaiser, der uns bei Athanasius überliefert ist,54 eine ganz andere Sprache? Ist hier nicht ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen Ossius und Konstantius vorausgesetzt, der dann womöglich in der Verbannung des Ossius seinen Höhepunkt gefunden haben könnte? Eine Anzahl von Indizien sprechen m. E. dagegen: Deutlich ist zwar, daß Ossius in seinem Schreiben von 356 in klaren Worten Unnachgiebigkeit und Standhaftigkeit in der Athanasiusfrage signalisiert (von den dogmatischen Streitigkeiten ist in dem Brief weniger deutlich die Rede55); hierfür ist er, wie er sagt, gegebenenfalls sogar bereit, Bestrafungen und Verfolgung auf sich zu nehmen.56 Aber damit unterscheidet sich der Brief in nichts von der auch zuvor im direkten Kontakt mit Konstantius57 oder später auf dem Konzil von Sirmium58 erkennbaren Haltung des Ossius, die bekanntlich ohne derartige Konsequenzen blieb. Daß Ossius also aufgrund dieses seines Briefes ins Exil geschickt worden sein soll, während dieselbe Haltung ein Jahr zuvor und ein Jahr später erkennbar keine derartigen Folgen hatte, ist mehr als unglaubwürdig. Es bestätigt sich dagegen die These Kleins, daß Kaiser Konstantius II. offenbar auch in schwierigen Konfliktsituationen moderat zu reagieren wußte und eben nicht automatisch zu harten Mitteln und Bestrafungen griff.

Vollends unglaubwürdig wird die Vermutung einer Exilierung des Ossius nach Sirmium schließlich angesichts der in luziferianischen Quellen belegten (vergeblichen) Mission des Ossius, nach der Synode im Auftrage des Kaisers die Entscheidungen von Sirmium auch in seiner spanischen Heimat zur ←20 | 21→Durchsetzung zu bringen. Von solcherlei Bemühungen des nunmehr über 100-jährigen Bischofs berichten Faustinus und Marcellinus im Libellus precum59 ebenso wie die Luziferianer, die das Schreiben des Euseb von Vercellae an Gregor von Elvira gefälscht haben.60 Wenn auch die Legende vom Tode des Ossius beim Widerspruch des Gregor von Elvira gegen ihn61 aus der Gehässigkeit der späteren Luziferianer gegenüber dem „Verräter“ Ossius entstanden ist und uns sicher keine Rückschlüsse über die tatsächlichen Umstände des wohl vor Mitte 359 eingetretenen Todes des Ossius62 erlaubt, so läßt sich doch gegen De Clercq kaum bezweifeln, daß der spanische Konflikt zwischen Gregor und Ossius um die Trinitätslehre als solcher historisch ist und daß ihm eben jene Beschlüsse von Sirmium 357 zugrunde gelegen haben müssen, die Ossius unterschrieben hatte und nun in seiner Heimat zu vertreten und durchzusetzen suchte. Daß er dies im kaiserlichen Auftrag tat, ist offensichtlich.63 Dann aber kann seine der Synode von 357 vorangegangene Anwesenheit in Sirmium kein Exilsaufenthalt gewesen sein. Konstantius II. hätte wohl kaum die Unklugheit besessen, die Verbreitung der eben gefaßten Beschlüsse ausgerechnet einem Bischof anzuvertrauen, dem man die Unterschrift nach eitler einjährigen Verbannung mit physischem und psychischem Druck aufgezwungen hatte und der demzufolge nicht gerade als zuverlässig gelten konnte.

Wie ist nun aber der ein volles Jahr währende Aufenthalt des Ossius in Sirmium zu bewerten, wenn wahrscheinlich geworden ist, daß es sich nicht um ein Exil gehandelt haben kann? Es ist zutiefst bedauerlich, daß unsere Quellen (außer Athanasius) hier schweigen. Nimmt man aber die Argumente zusammen, mit denen sich oben im Anschluß an Klein ein vorsichtiges Bild von der Kirchenpolitik des Konstantius und von seinem Verhältnis zu Ossius zeichnen ließ, und bedenkt man ferner, daß Ossius immerhin nach Sirmium mit der Verbreitung der dort gefaßten Beschlüsse in Spanien beauftragt worden ist, dann spricht nach meinem Dafürhalten eigentlich nichts gegen die ←21 | 22→Vermutung, daß Ossius von Cordoba von Konstantius II. mit der Vorbereitung jener Synode beauftragt worden ist und sich zu diesem Zwecke eine längere Zeit in Sirmium aufgehalten hat (die endgültige Einberufung der Synode verzögerte sich ja auch noch durch die militärischen Probleme an der Donaugrenze64). In dieser Funktion hatte sich Ossius ja immerhin schon unter Konstantin d.Gr. im Vorfeld von Nizäa 325 und unter Konstans im Vorfeld von Serdika 342 bewährt: In Nizäa war es noch gelungen, die Einheit der Kirche vorläufig zu retten, in Serdika war die Spaltung zwischen Ost und West nicht mehr zu vermeiden gewesen, aber auch hier scheint es Ossius gewesen zu sein, der am längsten und ausdauerndsten um eine Lösung gekämpft hatte.65 Als Friedensstifter in kirchlichen Streitigkeiten war er erfahren, und als solcher war er aus Sicht des Konstantius für die Vorbereitung und Suche nach einer nun anzustrebenden Lösung auf dogmatischem Felde der richtige Mann. Er war zudem der einzige, dem in den immer erbitterter geführten Auseinandersetzungen zwischen 324 und 356 in verschiedenen theologischen Lagern Achtung zuteil geworden war; schon von daher mußte er als möglicher Vermittler in Betracht kommen. Das einzige, was Konstantius von einer Beauftragung des Ossius mit der Vorbereitung der Synode von Sirmium ernsthaft hätte abhalten können, waren die massiven Differenzen beider in der Athanasiusfrage. Daß Konstantius sich hiervon nicht in seiner Entscheidung beirren ließ, wirft ein zusätzliches Licht auf die von Klein herausgearbeitete Liberalität dieses Kaisers im Umgang mit Andersdenkenden.

Appendix: Datierung des Aufenthaltes des Ossius in Sirmium.

Der hier vorgelegte Rekonstruktionsversuch setzt eine Datierung des Aufenthaltes des Ossius in Sirmium von etwa Ende 356 / Anfang 357 bis nach der Synode von Sirmium etwa im Spätherbst 357 voraus. Daß der Gesamtaufenthalt rund ein Jahr betragen hat, wissen wir aus dem oben zitierten Athanasiussatz.66

Umstritten ist aber, ob jener Aufenthalt des Ossius in Sirmium ein Jahr vor der Synode begann und mit ihr endete, oder ob er mit der Synode begann und ein Jahr nach ihr beendet war. De Clercq optiert für die erste67, Loofs68 und Leclercq69 für die zweite Lösung.

←22 | 23→

M. E. kommt nur die erste Variante ernsthaft in Frage. Nach Athanasius fällt der erste Auftritt des Ossius beim Kaiser in die Zeit, als (nach der Mailänder Synode) die kaiserlichen Maßnahmen gegen Liberius von Rom einsetzten.70 Damit kann nur der Versuch des Beamten Euseb gemeint sein, Liberius in Rom zur Unterschrift gegen Athanasius zu bewegen, von dem der Alexandriner in h. Ar. 35, 4–38 (stark ausgeschmückt) berichtet. Man käme dann auf Ende 355 für den (ersten) Besuch des Ossius in Mailand. Für diese Zeit ist auch Konstantius in Mailand belegt.71 Es bliebe dann immerhin ein volles Jahr für die Rückreise des Ossius nach Cordoba, für den in den Quellen belegten regen Briefwechsel72 (zu welchem auch das Ath., h. Ar. 44 erhaltene Schreiben gehört) und für die erneute Reise des Ossius an den kaiserlichen Hof, die dann Ende 356 / Anfang 357 mit der hier postulierten Beauftragung zur Vorbereitung der Synode in Sirmium endete. Dieser zweite Besuch des Ossius bei Konstantius hätte dann abermals in Mailand stattgefunden, wo der Kaiser auch tatsächlich von November 356 bis März 357 nachweisbar ist.73 Wenn zu diesem Zeitpunkt bereits die Entscheidung zur Einberufung einer Synode festgestanden hat, mußte es für Ossius naheliegen, gleich von Mailand nach Sirmium weiterzureisen, anstatt sich vorher noch einmal zurück nach Spanien (also in die genau entgegengesetzte Richtung) zu begeben. Die Vorbereitung jener Synode währte dann fast ein Jahr, auch aufgrund der Verzögerung wegen des erzwungenen militärischen Engagements des Kaisers im Donauraum.74 Man käme so ziemlich genau auf das ὅλον ἐνιαυτὸν des Athanasius. Direkt nach der Synode von Sirmium muß ←23 | 24→Ossius nach Spanien zurückgereist sein. Dafür spricht die Beauftragung des Ossius durch Konstantius, die Beschlüsse von Sirmium in Spanien zu vertreten.

Die andere, von Loofs vertretene Chronologie beruht auf einer Differenz im Verständnis der beiden Stellen h. Ar. 43,1 und 45,4.75 Aus h. Ar. 43,1 folgert Loofs, daß die erste Zitation des Ossius nach Mailand erst nach der Verbannung des Liberius von Rom, also frühestens 356, stattgefunden haben könne.76 Veranschlagt man dann genügend Zeit für die Rückreise nach Cordoba und für die Briefe, wäre das zweite Zusammentreffen erst auf Mitte 357 zu datieren. Damit hängt zusammen, daß Loofs aus h. Ar. 45,4 folgert, jenes zweite Treffen müsse in Sirmium stattgefunden haben,77 wo der Kaiser ja in der Tat erst 357 nachweisbar ist. Rechne man dann das ὅλον ἐνιαυτὸν des Athanasius hinzu, müsse man davon ausgehen, daß Konstantius den Spanier noch lange nach der Synode in Sirmium festgehalten habe, vielleicht, weil er ihn doch noch zu einer Unterschrift gegen Athanasius zwingen zu können hoffte, vielleicht aber auch, weil er ihm „als ‚Fahnenträger der Hofbischöfe‘ dort nützlich war“.78

Aber die von Loofs getroffenen Voraussetzungen sind höchst zweifelhaft. Denn h. Ar. 45,4 beweist nicht so eindeutig, daß das zweite Treffen zwischen Ossius und Konstantius in Sirmium stattgefunden haben muß.79 Und die aus h. Ar. 43,1 gewonnene Voraussetzung, daß der erste Besuch in Mailand nach der Verbannung des Liberius anzusetzen sei, ist irrig, weil an der fraglichen Stelle ja der Beginn (κατὰ τὴν ἀρχὴν ἐπείραζεν) der Maßnahmen gegen Liberius, nicht die endgültige Entscheidung zur Verbannung ins Auge gefaßt ist.80 Zudem ist ein äußerer Grund gegen den Rekonstruktionsversuch von Loofs geltend zu machen: Daß Ossius noch in Sirmium hätte verbleiben sollen, nachdem dort die Würfel gefallen waren und er doch die Beschlüsse der Synode in Spanien zu propagieren ausersehen war, ist abwegig. Victor De Clercq ist also, was die Datierung des Aufenthaltes des Ossius in Sirmium betrifft, Recht zu geben.

Details

Seiten
332
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631798782
ISBN (ePUB)
9783631798799
ISBN (MOBI)
9783631798805
ISBN (Hardcover)
9783631798775
DOI
10.3726/b17081
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
Jörg Ulrichs Nizänums im Westen Euseb von Cäsarea Patristik Frühchristliche Apologeten Kirchen- und Theologie-geschichte 12. Jahrhundert Abendland
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 332 S.

Biographische Angaben

Tobias Georges (Band-Herausgeber:in)

Jörg Ulrich promovierte und habilitierte sich an der Theologischen Fakultät der Universität Erlangen im Fach Kirchengeschichte. Seit 2002 ist er Professor für Kirchengeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Tobias Georges promovierte und habilitierte sich an der Theologischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg im Fach Kirchengeschichte. Seit 2015 ist er Professor für Geschichte des Christentums und seiner interreligiösen Beziehungen an der Universität Göttingen

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Titel: Von Justin bis zu Hildegard von Bingen
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334 Seiten