Ehre auf Reisen
Die Hansetage an der Wende zum 16. Jahrhundert als Schauplatz für Rang und Ansehen der Hanse(städte)
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- 1. Vorwort
- 2. Einleitung
- 3. Präzisierung der Fragestellung
- 4. Reiserechnungen und Berichte hansestädtischer Ratssendeboten
- 5. Ehre auf Reisen
- 5.1 Größe der hansestädtischen Delegationen
- 5.2 Ausrüstung und Kleidung
- 5.3 Abschiedsgelage bei Reiseantritt
- 5.4 Ausgaben für Spielleute
- 5.5 Beherbergung der Gesandten am Tagungsort
- 5.6 Ehrenwein-Geschenke
- 5.7 Rang- und Sessionsordnung der Gesandten
- 5.8 Feste und Feiern am Tagungsort
- 6. Schlussbemerkungen
- 7. Anhang
- 7.1 Reisekosten aus Riga zum Hansetag 1511
- 7.1.1 Faksimile der Originalunterlagen aus Riga
- 7.1.2 Abschrift laut Edition der Hanserezesse
- 7.2 Reisekosten aus Reval/Tallinn zum Hansetag 1511
- 7.2.1 Faksimile der Originalunterlagen aus Reval
- 7.2.2 Abschrift laut Edition der Hanserezesse
- 7.3 Reisekosten aus Goslar zum Hansetag 1518
- 7.3.1 Faksimile der Originalunterlagen aus Goslar
- 7.3.2 Abschrift laut Edition der Hanserezesse
- 8. Quellen- und Literaturverzeichnis
- 8.1 Ungedruckte Quellen
- 8.2 Gedruckte Quellen
- 8.3 Wörterbücher
- 8.4 Sekundärliteratur
Die vorliegende Arbeit behandelt eine Fragestellung, auf die ich bei meiner Recherche für das Europäische Hansemuseum Lübeck zum „Hansetag von 1518“ gestoßen bin, als mir über die vielen Fragen zum konkreten Ablauf eines solchen politischen Großereignisses die Leerstellen der Forschung deutlich wurden. Daher habe ich das Thema für meinen Masterabschluss erneut aufgegriffen und als Masterarbeit im Sommersemester 2015 am Historischen Institut der FernUniversität Hagen, Lehrgebiet Geschichte und Gegenwart Alteuropas, eingereicht. Für die Drucklegung wurde der Text geringfügig überarbeitet und durch neuere Literatur ergänzt.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Personen zu danken, die mich bei Entwicklung und Ausarbeitung der Studie mit ihrem Interesse an der Sache und konstruktiven Anmerkungen unterstützt haben. An erster Stelle sind Prof. Dr. Felicitas Schmieder (Hagen) und Prof. Dr. Rolf Hammel-Kiesow (Lübeck) zu nennen, die mir in vielfältiger Weise mit Herz und Kopf hilfreich zur Seite standen. Weiterhin danke ich Prof. Dr. Stephan Selzer, der die Idee zur Veröffentlichung der Arbeit in der vorliegenden Form hatte. Ebenso möchte ich Dr. Florian Dirks für seine Unterstützung als Korrekturleser danken und darüber hinaus einer großen Zahl von Mitstudierenden, Freundinnen und Freunden sowie Bekannten.
Prof. Dr. Gerhard Fouquet als Herausgeber der Reihe E der „Kieler Werkstücke“ sowie dem Peter Lang Verlag danke ich für die Veröffentlichung der Arbeit in dieser Reihe, ebenso der Sparkassenstiftung Lübeck und dem Förderverein Museum Burgkloster zu Lübeck e. V. für den gewährten Druckkostenzuschuss.
Schließlich möchte ich mich bei Dirk Müller, meinem Mann, bedanken, der immer an mich geglaubt hat und da war, wenn es nötig war. Ihm sei dieses Buch gewidmet.
Abstract – Introduction: Records of travel costs and the reports of delegates to the Hanseatic diets around the year 1500 shed light on the informal proceedings conducted at the political meetings. The records show how through forms of representation and ceremony the Hanseatic diets became demonstrations of the rank, honor and status of the cities that participated.
Der in der Hanseforschung für die Zusammenkünfte der Hansestädte üblicherweise verwendete Begriff „Hansetag“ kam unter den Zeitgenossen erst ab dem 16. Jahrhundert auf.1 Davor sprach man von Tagfahrten, zu denen sich ab Mitte des 14. Jahrhunderts Mitglieder der städtischen Räte als Delegierte der Hansestädte trafen, um über die anstehenden Angelegenheiten zu beraten und ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen, einen gemeinsamen Willen herzustellen.2 Aus der Zeit Anfang des 16. Jahrhunderts haben sich bezüglich der Teilnahme hansestädtischer Vertreter an solchen hansischen Versammlungen Abrechnungen der Reisekosten sowie Gesandtschaftsberichte erhalten, aus denen sich zahlreiche Informationen zu Organisation, Ablauf und dem informellen Prozedere der Hansetage entnehmen lassen, die in dieser Weise aus dem ansonsten überlieferten Schriftgut hansischer Tagfahrten nicht zu erschließen sind. Auf dieser Grundlage ist es möglich, die Hansetage an der Wende zum 16. Jahrhundert nicht nur in ihrer Funktion als (handels-) politisches Entscheidungsgremium hervortreten zu lassen, sondern auch im Hinblick auf zeremonielle Verfahrensweisen zu beleuchten, wobei unter Zeremoniell eine festgesetzte Abfolge von vor Publikum vollzogenen förmlichen Handlungen zu verstehen ist, die in erster Linie auf Repräsentation abzielen3 und darüber die Hansetage zum Schauplatz von Rang, Ehre und Ansehen der beteiligten Hansestädte4 machten. Von daher drehte sich ein ganz erheblicher Anteil der Interaktion und Kommunikation ← 9 | 10 → der Hansetagsbeteiligten um den Erhalt und die Zuweisung von Ehre. Dabei wurden Ehre und Ansehen der Delegierten und der von ihnen repräsentierten Hansestadt durch die Kleidung, die Reiseausstattung und das Gefolge, durch die Beherbergung, durch das Auftreten von Spielleuten und durch Geschenke und Prozessionen möglichst publikumswirksam zum Ausdruck gebracht. Es ging also darum, ehrenvoll aufzutreten, ehrenvoll behandelt zu werden und selbst ehrenvoll zu handeln, was untereinander durchaus zu Wettstreit und Konkurrenz führte. Indem die Hansetagsdelegierten diese Konkurrenzen auf dem Feld der Ehre austrugen, fungierte die Ehrsemantik als strukturgebendes Normensystem komplementär zum schriftlich fixierten Regelwerk und den verfassten Strukturen des Hansetags.
Um dieser Thematik vertiefend nachzugehen, werden anhand eines Abgleichs mit der Reichstagsforschung die begrifflichen Grundlagen gelegt, um auf der Basis eines kommunikationsgeschichtlichen Zugangs die gegenseitigen Ehrenbezeugungen in Form von Gruß- und Demutsgesten, von Kleidung, Ehrengeschenken und andere performative oder zeremonielle Handlungen auf theoretischer Ebene zu fassen. Daran schließt sich eine quellenkritische Würdigung der für die folgenden Betrachtungen herangezogenen Reiseabrechnungen und Gesandtschaftsberichte an, die mehrheitlich in den beiden zentralen Editionsreihen zur Hansegeschichte, den Hanserezessen (HR) und dem Hansischen Urkundenbuch (HUB), abgedruckt wurden. Im Hauptteil wird sowohl hinsichtlich der zahlenmäßigen Größe der hansestädtischen Delegationen wie auch hinsichtlich Kleidung und Ausstattung das ehrenvolle äußere Erscheinungsbild der Ratssendeboten5 untersucht. Lautstarke Betonung der Ehre durch Spielleute und Ehrenweingeschenke waren sowohl während der Reise bei Zwischenstopps in größeren Städten wie auch bei der Ankunft am Tagungsort von großer Bedeutung. Ebenso wird das Prozedere zur Eröffnung der Verhandlungen untersucht, nämlich zum Einen die durch gemeinsame Prozessionen geschaffene Verbindungslinie zwischen Kirche und Rathaus und zum Anderen die Herausbildung einer Rang- und Sitzordnung der Delegierten, die als technische Verfahrensordnung der gemeinsamen Beratungen diente. Zudem wird für die Zeit des laufenden Sitzungsbetriebes ersichtlich, dass Ehrenbezeugungen in Form von Gastmählern oder die religiös-festliche Gestaltung hoher Feiertage unter Einbeziehung der Hansetagsgäste übliche Praxis waren. Abschließend wird eine Einordnung und Bewertung der Untersuchungsergebnisse vorgenommen und die Auswirkungen der Ehrsemantik im Kontext hansischer Tagfahrten an der Wende zum 16. Jahrhundert sowohl im Hinblick auf die beteiligten Akteure wie auch in Bezug auf die entfaltete Außenwirkung beleuchtet.
1 BEHRMANN (1997), Hansekaufmann, S. 168.
2 Eine Einführung zur Hanse und den hansischen Tagfahrten mit Angaben zu weiterführender Literatur findet sich bei BRACKER; HENN; POSTEL (Hg.) (1999), Hanse; DAENELL (1905/1906), Blütezeit; DOLLINGER (2012), Hanse, S. 116f. (2012 in neuer überarbeiteter Auflage erschienen); GRAICHEN; HAMMEL-KIESOW; HESSE (2011), Deutsche Hanse, S. 287–308; HAMMEL-KIESOW; PUHLE; WITTENBURG (2009), Die Hanse, S. 84f.; HAMMEL-KIESOW (2004), Hanse, S. 68f.; JAHNKE (2014), Hanse, S. 120f.; PUHLE (Hg.) (1996), Hanse – Städte – Bünde; SELZER (2010), Mittelalterliche Hanse, S. 56f.: STOOB (1995), Hanse; WERNICKE (1983), Städtehanse.
3 EHM (1977–1998), Art. Zeremoniell, S. 553.
4 Die Formulierung spielt an auf eine von Barbara Stollberg-Rilinger benutzte Redewendung zur Charakterisierung der Reichstage als „Schauplatz von Rang und Herrschaft“; STOLLBERG-RILLINGER (1997), Zeremoniell, S. 96.
Details
- Seiten
- 148
- Erscheinungsjahr
- 2017
- ISBN (PDF)
- 9783631720547
- ISBN (ePUB)
- 9783631720554
- ISBN (MOBI)
- 9783631720561
- ISBN (Hardcover)
- 9783631720530
- DOI
- 10.3726/b10986
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2017 (April)
- Schlagworte
- Vormoderne Kommunikation Repräsentation / Zeremoniell / symbolisches Handeln Gesandte, Gesandtschaftswesen / Ratssendeboten Sitz-/Rangordnung Tagfahrt Geschenk / Gabe Ehrenwein Herberge Prozession Feste / Gastmahl Diplomatie Reichstag
- Erschienen
- Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 148 S., 1 s/w Abb., 4 farb. Abb.