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Sprache und Bild in der öffentlichen Kommunikation

von John A. Bateman (Band-Herausgeber:in) Anna Kapuścińska (Band-Herausgeber:in)
©2021 Konferenzband 232 Seiten

Zusammenfassung

Seit Langem sind die unterschiedlichen Relationen zwischen Sprache und Bild ein wichtiger Forschungsgegenstand der Linguistik, insbesondere der Textlinguistik und der Medienlinguistik. Dieser Band möchte die Diskussion in zweierlei Hinsicht weiter voranbringen: Er plädiert zum einen dafür, ein deutlich breiteres Spektrum von Anwendungssituationen in den Fokus zu nehmen, um die Vielfalt der Bild-Text-Relationen besser zu umreißen. Zum anderen möchte er dazu anregen, sich tiefergehend mit den Mechanismen und Prinzipien der Wechselwirkung zwischen Zeichenmodalitäten auseinanderzusetzen. Die Beiträge sind dem Bereich der öffentlichen Kommunikation zuzuordnen und beschäftigen sich eingehend mit beiden Problemfeldern.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung: Sprache und Bild in der öffentlichen Kommunikation (John A. Bateman & Anna Kapuścińska)
  • Haben oder Sein? Eine multimodale kritisch-realistische Diskursanalyse der Berichterstattung über Austerität im The Guardian (Tim Griebel)
  • Emotionen in Bild und Text. Zur Emotionalisierung in der deutschen und polnischen Presseberichterstattung über Terroranschläge (Katarzyna Siewert-Kowalkowska)
  • Internationale Konflikte in der politischen Karikatur: medienlinguistische Analyse von Karikaturen zum russisch-ukrainischen Militärkonflikt (Orest Semotiuk)
  • Das Zusammenspiel unterschiedlicher semiotischer Modalitäten in der virtuellen Gesundheits- und Risikokommunikation. Fallbeispiele und Furchtappelle in deutschsprachigen Präventionsvideos (Nadine Rentel)
  • Pluri- und intermediale Verhältnisse in Computerspielen aus dem Genre Online-Shooter (Sławomir Kowalewski)
  • Zum Problem der visuellen Verschmutzung am Beispiel der Grenzphänomene zwischen Text und Bild (Marek Cieszkowski)
  • Zur operativen Bildlichkeit nicht linearer Texte (Anna Kapuścińska)
  • Text-Bild-Beziehungen aus der Perspektive der Multimodalitätstheorie: die Visualität des Textes und die Textualität des Visuellen (John A. Bateman)
  • Zusammenfassung und Ausblick (Anna Kapuścińska & John A. Bateman)
  • Reihenübersicht

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John A. Bateman & Anna Kapuścińska

Einleitung: Sprache und Bild in der öffentlichen Kommunikation

Abstract: In this section, we introduce the general area of mixed modality information offerings in public communication and relate this to the state of the art in text-image research in linguistics and media studies. We highlight some of the current problems facing the field and indicate how the contributions to the volume are situated with respect to these.

Keywords: text-image relations, public communication

Wenn wir die Kommunikation in ihrer gesamten heutigen Vielfalt betrachten, sind wir mit immer komplexeren Gefügen der diversen materiellen Formen der Sprache sowie der genauso diversen materiellen Formen der Bilder konfrontiert. Auch wenn die materielle Erscheinungsform der (Schrift-)Sprache niemals ganz ohne Einfluss auf den Kommunikationsprozess war, erscheint heute die Materialität der visuellen Kommunikationsformen als ein immer relevanter werdender Teil der Kommunikation. Sprache und Bild erfüllen mehrere Funktionen sich einander gegenüber und die Beziehungen sind oft so eng, dass sie sich kaum separat analysieren lassen. Häufig wird sogar behauptet, dass die Grenzen zwischen den Formen verschwimmen und Mischkategorien fast als Norm zu sehen sind. Diese Gegebenheiten erhöhen die Komplexität weiterführender Analysen, weil Bild und Sprache doch sehr unterschiedlichen semiotischen Systemen entstammen (vgl. Nöth 2000, Sachs-Hombach 2003, Stöckl 2004, Scholz 2009 u. v. a.). Annahmen von Hybridität, Prototypen, Grenz- oder Sonderfällen usw. erlauben Beschreibungen, die uns vielleicht näher an gefühlte Zusammen- und Wechselwirkungen führen, aber gleichzeitig präzisere Auseinandersetzungen mit den Wirkungsweisen der individuellen semiotischen Systeme erschweren können.

Die Problematik der verschiedenartigen Relationen zwischen Sprache und Bild gehört bereits seit Langem zu einem wichtigen Forschungsgegenstand der Linguistik, und insbesondere der Textlinguistik und der Medienlinguistik. In diesen Bereichen steht jetzt fest, dass vor allem angesichts der oben erwähnten allgegenwärtigen Kopräsenz der beiden Modalitäten Bilder nicht (mehr) ignoriert werden können, trotz ihres semiotischen Andersseins. Das Postulat, die Bilder in die linguistische Forschung miteinzubeziehen, erklang besonders ←7 | 8→deutlich im Jahr 2005 in dem Text von Schmitz Blind für Bilder. Warum sogar Sprachwissenschaftler auch Bilder betrachten müssen. Die drei darin antizipierten Problemkreise stellen einen repräsentativen Querschnitt der jetzigen bild- und bildlichkeitsbezogenen Fragestellungen (nicht nur) der germanistischen Linguistik dar:

Erstens sind spezifische Verwandtschaften und Unterschiede zwischen den modalen Eigenschaften und geistigen Leistungen von Sprache und Bild herauszuarbeiten. Zweitens ist zu prüfen, wie weit Bildwissenschaft von Methoden und Ergebnissen der Sprachwissenschaft profitieren kann. (Ist es zum Beispiel sinnvoll, eine Bildakttheorie oder eine Theorie visueller Kommunikationsmaximen zu entwerfen?) Drittens und vor allem müssen Text-Bild-Gefüge als eigenständiger Forschungsgegenstand anerkannt werden (Schmitz 2005, S. 208).

Die erste Fragestellung wird von Schmitz selbst sechs Jahre später ausgearbeitet. Die Unterschiede sieht er einerseits in „Art, Mittel und Zweck der Repräsentation“ (Schmitz 2011, S. 31), indem bildliche Zeichen nicht der doppelten Gliederung unterliegen, die für sprachliche Zeichen als üblich gilt. Andererseits weichen sie auch in der Wahrnehmungsweise voneinander ab, die durch die unterschiedlichen Repräsentationsarten bedingt ist (siehe dazu Schmitz 2011, S. 30–32). Somit werden die Erkenntnisse, die in semiotischen (nicht linguistisch geprägten) Werken bereits früher zum Vorschein kamen, auch in das linguistische Gebiet eingebracht.

Die beiden distinktiven Aspekte werden auch von Nöth als kognitive und semiotische Unterschiede aufgegriffen. Kognitiv gesehen weist Nöth auf die verschiedenartigen Wahrnehmungsprozesse, die jeweils mit Bild und Text aktiviert werden. Darüber hinaus argumentiert Nöth, dass semiotisch „[n]‌ur das Bild ein genuin zweidimensionales Medium“ ist, während Text „wie die gesprochene Sprache linear produziert und sukzessiv rezipiert“ wird (Nöth 2000, S. 490). Dazu kommen die gängigen Zuschreibungen, dass Bilder prototypisch ikonischer Art sind, während Sprache prototypisch symbolischer Art ist. Differenzierungen dieser Art sind häufig der Literatur zu entnehmen, führen aber zwangsläufig zu fast sofortigen Anmerkungen und Einschränkungen ihrer Allgemeinheit wegen vermuteten ‚Mischformen‘ (vgl. Schmauks 1995) und gradueller gleitender Übergänge (vgl. Scholz 2009, S. 135) hin. Wie Krämer mit Nachdruck feststellt, bildet sowieso eine Gleichsetzung der Schrift und der linearen Abfolge der gesprochenen Sprache eher ein ‚phonographisches‘ Verständnis von Schrift, das viele bedeutsame Aspekte der Operation und ‚Flächigkeit‘ von Schrift außer Acht lässt (Krämer 2012, S. 80).←8 | 9→

Diese Überlegungen machen weitere Diskussionen bezüglich der Gemeinsamkeiten der zwei Ausdrucksformen dringend nötig, weil sonst ein Zusammenspiel zwischen den zweifellos sehr unterschiedlichen Zeichensystemen kaum denkbar wäre (vgl. Schmitz 2011, S. 34). Mischformen und andersartige Grenzphänomene zeigen, dass es Gemeinsamkeiten geben muss, um ein Fundament für produktive Kombinationen bereitzustellen. Nöth diskutiert daher nicht nur Unterschiede, sondern auch eine Reihe von Ähnlichkeiten zwischen geschriebenen bzw. gedruckten Texten und statischen Bildern (darunter ihr visuellen Charakter und ihre Zweidimensionalität). Schmitz weist auf drei Ähnlichkeiten hin, wovon nur eine – nämlich das ähnliche Aussehen – sich mit den Aspekten überlagert, die von Nöth angedeutet sind. Die zwei weiteren nennt Schmitz funktionelle Ähnlichkeiten, die mit der Fähigkeit der Menschen zusammenhängen, „Sinn zu kommunizieren, indem sie materiellen Gegebenheiten wiedererkennbare Formen aufprägen“ (Schmitz 2011, S. 30). Die erste lässt sich als diachronisch bezeichnen und bezieht sich auf die ähnlichen phylogenetischen Ursprünge. Die zweite, synchronisch orientierte Ähnlichkeit besteht darin, dass sowohl sprachliche als auch bildliche Zeichen „aus einer gemeinsamen Quelle symbolischer Kommunikation“ (Schmitz 2011, S. 30) schöpfen. Dies habe auch zur Folge, dass man wenigstens im Prinzip die Modalitäten aufeinander beziehen kann (vgl. Schmitz 2011, S. 31).

Details

Seiten
232
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631858400
ISBN (ePUB)
9783631858417
ISBN (Hardcover)
9783631849804
DOI
10.3726/b18577
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Dezember)
Schlagworte
Multimodalität öffentliche Kommunikation Persuasion Manipulation Medien Semiotik
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 232 S., 42 S/W-Abb., 5 Tab.

Biographische Angaben

John A. Bateman (Band-Herausgeber:in) Anna Kapuścińska (Band-Herausgeber:in)

John A. Bateman ist Professor für angewandte Sprachwissenschaft an der Universität Bremen. Seine Forschungsschwerpunkte sind funktionale Linguistik, Textlinguistik, Multimodale Semiotik, empirische Methoden der Multimodalität, Computerlinguistik und formale Ontologie. Anna Kapuścińska ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kazimierz-Wielki-Universität Bydgoszcz (Polen). Ihre Forschungsschwerpunkte sind semiotische Grundlagen der Linguistik, Relationen zwischen Textualität und Bildlichkeit sowie Kommunikation in modernen Medien.

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