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Unbefristete Arbeitsverträge mit Mannschaftssportlern

Rechtliche Notwendigkeit und Umsetzung am Beispiel des Berufsfußballs

von Kristin Sonja Haase (Autor:in)
©2022 Dissertation 338 Seiten

Zusammenfassung

Befristete Arbeitsverträge sind im Mannschaftssport alltäglich. Seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Fall um den Torhüter Heinz Müller ist diese Befristungspraxis auch höchstrichterlich gebilligt. Die Autorin offenbart jedoch die Schwächen der Argumentationen, mit denen die Rechtmäßigkeit der Befristungen durch Literatur und Rechtsprechung begründet wird. Stattdessen zeigt sie insbesondere im Kündigungsschutzrecht Wege auf, mit denen die besonderen Interessen der Vereine und Mannschaftssportler auch im Falle unbefristeter Arbeitsverträge in einen adäquaten Ausgleich gebracht werden können.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1: Einleitung und Gang der Untersuchung
  • A. Einführung
  • B. Stand der Forschung und Fragestellung
  • C. Gang der Untersuchung
  • 2: Ein Einstieg in Fußballbranche und -recht
  • A. Bestandsaufnahme der Fußballindustrie
  • B. Die Organisation des professionellen Fußballs
  • I. Der Fußballsport und seine Akteure
  • 1. Die Organisationsstrukturen
  • 2. Der Fußballspieler
  • a) Amateurfußballspieler
  • b) Vertragsfußballspieler
  • c) Lizenzfußballspieler
  • 3. Der Fußballverein
  • II. Rechtsgrundlagen und Rechtsquellen
  • 1. Die Zweispurigkeit als Charakteristika des Sportrechts
  • 2. Sport im Kontext des Verfassungsrechts
  • a) Den Fußballsport schützende Grundrechte
  • b) Der Sport als Zielbestimmung
  • 3. Unionsrechtliche Rechtsquellen
  • a) Die Verortung des Sports in Art. 165 AEUV
  • b) Die Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Art. 45 AEUV
  • c) Die EU-Rechtsprechung in Fragen des Sports
  • C. Das Arbeitsrecht im Berufsfußball
  • I. Der Fußballspieler als Arbeitnehmer
  • 1. Arbeitnehmereigenschaft der Amateurspieler
  • 2. Arbeitnehmereigenschaft der Vertragsspieler
  • 3. Arbeitnehmereigenschaft der Lizenzspieler
  • 4. Arbeitnehmereigenschaft auf unionsrechtlicher Ebene
  • 5. Zwischenergebnis
  • II. Arbeitgeberschaft
  • 1. Der Fußballverein als Arbeitgeber
  • 2. Der Verband (DFL) als Arbeitgeber
  • 3. Die Verbände als vertragsbeherrschender Dritte
  • III. Die geschuldete Arbeitsleistung des Berufsfußballspielers
  • D. Ergebnis zum Kapitel 2
  • 3: Darstellung und Hintergründe des heutigen TzBfG
  • A. Die Einführung des TzBfG als Paradigmenwechsel
  • I. Die Ausgangsvorschrift des § 620 BGB a.F. und das BeschFG
  • II. Die Befristungsrichtlinie 1999/70/EG im Allgemeinen – Inhalt und Umsetzung
  • B. Der Sachgrund als zentrales Element
  • C. Verhältnis zum Kündigungsschutz
  • D. Ergebnis zum Kapitel 3
  • 4: Befristete Arbeitsverhältnisse im Berufsfußball – de lege lata
  • A. Die Bedeutung der Befristung für den Berufsfußball
  • B. Die Rechtsprechung zu befristeten Arbeitsverhältnissen im (Fußball-)Sport
  • I. Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 28.03.2006
  • II. Das Verfahren Müller und Anschlussrechtsprechung
  • III. Exkurs: Zur Befristung von Arbeitsverträgen mit Sporttrainern
  • 1. Rechtsprechung
  • 2. Reaktionen und Meinungsstand
  • 3. Stellungnahme
  • 4. Fazit
  • C. Überprüfung der Rechtmäßigkeit befristeter Arbeitsverträge von Berufsfußballspielern
  • I. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG
  • II. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG
  • 1. Prüfungsprogramm im Allgemeinen
  • a) Die Relevanz einer Grundrechtsbezogenheit
  • b) Anforderungen an die Eigenart der Arbeitsleistung
  • 2. Stellungnahme zu verschiedenen Begründungsansätzen
  • a) Abwechslungsbedürfnis des Publikums
  • aa) Einbeziehung von Drittinteressen im Rahmen des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG
  • bb) Der (wirtschaftliche) Einfluss des Fußballpublikums
  • cc) Parallelen einer Fußballmannschaft zu einem Chor
  • dd) Bestehen eines Abwechslungsbedürfnisses seitens des Fußballpublikums
  • ee) Zwischenergebnis
  • b) Üblichkeit der Befristung
  • c) Höhe der Vergütung
  • d) Verschleiß
  • aa) Einordnung innerhalb des TzBfG
  • bb) Körperlicher Verschleiß
  • (1) Sinnhaftigkeit (konkreter) Altersgrenzen im Fußball
  • (2) Die Rolle der Befristungsdauer
  • (3) Zur Haltung des BAG im Fall Müller
  • (4) Das Diskriminierungsverbot aus §§ 7, 1 AGG
  • (5) Vom konkreten Alter des Spielers unabhängige Argumente
  • (6) Zwischenergebnis
  • cc) Zwischenmenschlicher Verschleiß
  • e) Notwendigkeit einer ausgewogenen Altersstruktur
  • f) Unsicherheit über die Dauer eines erfolgversprechenden Einsatzes
  • g) Einbettung in das Transfersystem des Profifußballs
  • h) Flexibilität in Bezug auf taktische Konzepte
  • i) Fehlende Einflussmöglichkeiten der Vereine auf die private Lebensführung der Spieler
  • j) Internationale Dimension des Fußballs
  • k) Interesse des Spielers an der Befristung und Abgrenzung zu § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG
  • 3. Abschließende Stellungnahme zur Rechtfertigung gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG
  • III. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG
  • 1. Prüfungsprogramm im Allgemeinen
  • 2. Interesse des Spielers an Arbeitsplatzsicherheit durch Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechtes
  • 3. Flexibilitätsinteresse der Spieler
  • 4. Das Interesse an der Vermeidung von negativen Begleitphänomenen der Kündigung
  • 5. Finanzielle Interessen der Spieler
  • 6. Abschließende Stellungnahme zur Rechtfertigung gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG
  • IV. Weitere geschriebene Sachgründe
  • V. Ungeschriebene Sachgründe, § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG
  • VI. Unionsrechtliche Überprüfung
  • 1. Besonderheiten des Sports als einflussnehmendes Kriterium
  • a) Die Rolle des Art. 165 Abs. 1 S. 2 AEUV
  • b) Positionierung des EuGH im Hinblick auf die Besonderheiten des Sports im Sinne des Art. 165 Abs. 1 S. 2 AEUV
  • c) Vorgaben weiterer Unionsorgane
  • d) Resümee
  • 2. Vereinbarkeit mit der Befristungsrichtlinie 1999/70/EG
  • 3. Fazit
  • VII. Zwischenergebnis
  • D. Ergebnis zum Kapitel 4
  • 5: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten de lege lata und de lege ferenda
  • A. Untaugliche Gestaltungsvorschläge
  • I. Arbeitsrechtliche Schutzentziehung
  • II. Sachgrundlose Befristung
  • III. Altersgrenzen
  • IV. Auflösende Bedingungen
  • V. Sportlicher Erfolg als Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB
  • B. Möglichkeit einer indizierten Zulässigkeit der Befristung aufgrund von Art. 9 Abs. 1 GG
  • C. Gestaltungsmöglichkeiten durch das Tarifvertragsrecht
  • D. Möglichkeiten in der Sachgrundbefristung selbst
  • E. Möglichkeiten im Kündigungsschutzrecht
  • I. Außerordentliche Kündigung
  • II. Ordentliche Kündigung
  • 1. Betriebsbedingte Kündigung
  • a) Betriebsbedingte Erfordernisse, Prognose- und Ultima-Ratio-Prinzip
  • b) Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 KSchG
  • c) Fazit
  • 2. Personenbedingte Kündigung
  • a) Krankheitsbedingte Kündigung
  • b) Leistungsbedingte Kündigung („Low Performance“)
  • aa) Abgrenzung zur verhaltensbedingten Kündigung
  • bb) Anforderungen im Allgemeinen
  • cc) Potenziale und Probleme bei der Anwendung im Berufsfußball
  • dd) Berücksichtigung besonderer Vereinsinteressen bei der Kündigung
  • (1) Mindestzeitraum für nachzuweisende Leistungsdefizite
  • (2) Zumutbarkeitsgrenze der Leistungsdefizite
  • (3) Gesetzliche Kündigungsschutzeinschränkungen aufgrund der hohen Gehälter
  • (4) Zwischenfazit
  • c) Fazit
  • 3. Vertragsgestaltung: Teilweise Abbedingung des ordentlichen Kündigungsrechtes
  • III. Zwischenergebnis
  • F. Möglichkeit der Einführung sportgesetzlicher Sonderregelungen
  • I. Die Einführung von Bereichsausnahmen oder einem „Sportarbeitsrecht“
  • II. Gewährung eines Abfindungsschutzes anstatt eines Kündigungsschutzes für Berufssportler
  • III. Zwischenergebnis
  • G. Möglichkeit einer Anpassung der Vergütungsstruktur
  • H. Abschließende Lösung: Kombination diverser Möglichkeiten
  • I. Ergebnis zum Kapitel 5
  • 6: Zusammenfassung und Ausblick
  • A. Schlussthesen
  • B. Ausblick
  • Anhang I. Musterarbeitsvertrag für Vertragsspieler (Auszug)
  • Anhang II. DFB-Spielordnung (Auszug)
  • Anhang III. LOS der DFL (Auszug)
  • Anhang IV. FIFA-Reglement (Auszug)
  • Anhang V. Satzung des DFB (Auszug)
  • Anhang VI. Satzung der DFL e.V. (Auszug)
  • Anhang VII. Satzung der DFL GmbH (Auszug)
  • Anhang VIII. Satzung der VDV (Auszug)
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere Ansicht

a.E. am Ende

a.F. alte Fassung

AA Arbeitsrecht aktiv

ABl. Amtsblatt der Europäischen Union

Abs. Absatz

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AG Aktiengesellschaft

AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

AktG Aktiengesetz

Anm. Anmerkung

AöR Archiv des öffentlichen Rechts

AP Arbeitsrechtliche Praxis

ArbG Arbeitsgericht

ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz

AR-Blattei Arbeitsrecht-Blattei

ArbRAktuell Arbeitsrecht Aktuell

ArbRB Arbeitsrechtsberater

ArbZG Arbeitszeitgesetz

Art. Artikel

AuA Arbeit und Arbeitsrecht

AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

AuR Arbeit und Recht

Az. Aktenzeichen

BAG Bundesarbeitsgericht

BAGE Sammlung der Entscheidungen des BAG

BB Betriebs-Berater

BeckEuRS Beck-EU-Rechtsprechung

BeckRS Beck-Rechtsprechung

Befristung-RL Befristungsrichtlinie

BeschFG Beschäftigungsförderungsgesetz

Beschl. Beschluss

BetrVG Betriebsverfassungsgesetz

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl Bundesgesetzblatt

BOE Boletín Oficial del Estado

BR-Drs. Bundesratsdrucksache

BRV Befristungsrahmenvereinbarung

BSG Bundessozialgericht

BSGE Sammlung der Entscheidungen des BSG

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bspw. beispielsweise

BT-Drs. Bundestagsdrucksache

BUrlG Bundesurlaubsgesetz

BVerfG Bundesverfassungsgericht

BVerfGE Entscheidungen des BVerfG

bzw. beziehungsweise

ca. circa

DB Der Betrieb

ders. derselbe

DFB Deutscher Fußball-Bund

DFL Deutsche Fußball Liga

FIFA Fédération Internationale de Football Association

dies. dieselbe(n)

Diss. Dissertation

DStR Deutsches Steuerrecht

DVBl Deutsches Verwaltungsblatt

e.V. eingetragener Verein

EAS Europäisches Arbeits- und Sozialrecht

EFZG Entgeltfortzahlungsgesetz

EG Europäische Gemeinschaft

EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

Einf. Einführung

endg. endgültig

EU Europäische Union

EuG Gericht der Europäischen Union

EuGH Europäischer Gerichtshof

EUV Vertrag über die Europäischen Union

EuZA Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht

EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

EzA Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

EzS Entscheidungssammlung zum Sozialrecht

f. folgend

FA Fachanwalt Arbeitsrecht

FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung

ff. folgende

Fn. Fußnote

FS Festschrift

GewO Gewerbeordnung

GG Grundgesetz

Ggf. Gegebenenfalls

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbH & Co. KGaA GmbH & Compagnie Kommanditgesellschaft auf Aktien

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GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GR-Charta Charta der Grundrechte der Europäischen Union

GS Großer Senat

Habil. Habilitation

HGB Handelsgesetzbuch

HRG Hochschulrahmengesetz

Hrsg. Herausgeber

Hs. Halbsatz

i.E. im Ergebnis

i.V.m. in Verbindung mit

insb. insbesondere

InstitutsVergV Institutsvergütungsverordnung

JA Juristische Arbeitsblätter

JArbSchG Jugendarbeitsschutzgesetz

jM juris: Die Monatszeitschrift

JURA Juristische Ausbildung

juriPR-ArbR juris: PraxisReport Arbeitsrecht

JuS Juristische Schulung

JZ Juristenzeitung

KSchG Kündigungsschutzgesetz

KWG Kreditwesengesetz

LAG Landesarbeitsgericht

LAGE Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte

lit. litera

LOS Lizenzordnung Spieler

LTO Legal Tribune Online

m.w.N. mit weiteren Nachweisen

MDR Monatszeitschrift für Deutsches Recht

MiLoG Mindestlohngesetz

Mio. Millionen

MitbestG Mitbestimmungsgesetz

Mrd. Milliarden

n.F. neue Fassung

NdsVBl. Niedersächsische Verwaltungsblätter

NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift

NJW Neue Juristische Wochenschrift

npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisation

Nr. Nummer

NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR NVwZ-Rechtsprechungsreport

NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

NZA-RR NZA-Rechtsprechungsreport

o.V. ohne Verfasser

RdA Recht der Arbeit

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 20→

RL Richtlinie

Rn. Randnummer

Rspr. Rechtsprechung

RzK Rechtsprechung zum Kündigungsrecht

S. Satz bzw. Seite

s. siehe

s.a. siehe auch

s.u. siehe unten

SGB Sozialgesetzbuch

Slg. Sammlung der Urteile des EuGH und des EuG

sog. sogenannt

SoldatenG Soldatengesetz

SozR Sozialrecht

SPA Schnellinformation für Personalmanagement und Arbeitsrecht

SpielO-DFB Spielordnung des DFB

SpuRt Zeitschrift für Sport und Recht

SR Soziales Recht

SVG Soldatenversorgungsgesetz

SZ Süddeutsche Zeitung

TVG Tarifvertragsgesetz

TzBfG Teilzeit- und Befristungsgesetz

u.a. unter anderem

UEFA Union of European Football Associations

Unterabs. Unterabsatz

Urt. Urteil

US United States (of America)

v. von bzw. vom

Var. Variante

vgl. vergleiche

WissZeitVG Wissenschaftszeitvertragsgesetz

WM Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

WRP Wettbewerb in Recht und Praxis

WRV Weimarer Reichsverfassung

z.B. zum Beispiel

ZESAR Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht

ZfA Zeitschrift für Arbeitsrecht

ZfZ Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern

ZJS Zeitschrift für das Juristische Studium

ZPO Zivilprozessordnung

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

ZTR Zeitschrift für Tarifrecht

zugl. zugleich

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1: Einleitung und Gang der Untersuchung

A. Einführung

Fußball wird von vielen als die „wichtigste Nebensache der Welt“ bezeichnet. Aber er ist nicht nur in Deutschland und auch international die wohl populärste Sportart, sondern hat sich auch zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Dies wurde nicht zuletzt noch einmal mehr im Rahmen der Corona-Pandemie erkennbar, in der die Spielsaison 2019/2020 infolge intensiver Lobbyarbeit, anders als in den meisten anderen Sportarten, im Profifußball zu Ende geführt wurde.

Diese Stellung des Fußballs ist mit einer Reihe von ganz speziellen Randbedingungen und Besonderheiten verbunden, auch auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Einige der sich daraus ergebenden spezifischen Fragestellungen werden in dieser Arbeit diskutiert.

Während Breitensportler1 den Fußballsport vor allem als Freizeitbeschäftigung ausüben, erbringen andere Spieler ihre sportliche Leistung aufgrund von Vertragsvereinbarungen. Mit zunehmender Professionalisierung erfüllt der Fußballspieler sodann den Status eines Arbeitnehmers, welcher sich zur Arbeitsleistung „Fußballspielen“ aufgrund eines Arbeitsvertrags verpflichtet. Ein Sportgesetz als besonderes Regelwerk existiert in der deutschen Rechtsordnung nicht.2 Dies führt dazu, dass die allgemeinen Vorschriften anzuwenden sind. Folge ist, dass die Verträge der Sportler auch im Bereich des Arbeitsrechts den deutschen und europäischen arbeitsrechtlichen Vorschriften Stand halten müssen.

Im Berufsfußball charakteristisch ist die hohe Fluktuation durch Mannschaftswechsel von Spielern. Diese Wechsel erfolgen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Berufsfußballspieler sind nur im Ausnahmefall im Verlauf ihrer Karriere für nur einen Arbeitgeberverein tätig. Vielmehr wechseln sie ihren Arbeitgeber in der Regel nach einigen Jahren. Dabei zahlen Vereine häufig horrende Ablösesummen an den alten Arbeitgeberverein des Spielers, um einen Wechsel vor Vertragsende zu ermöglichen.3 Die dadurch erzielten Summen stellen für viele Vereine ein Finanzierungsinstrument dar.

←21 | 22→

Diese seit Jahrzehnten gängige Gestaltung des Fußballgeschäfts wird dadurch erreicht, dass die Arbeitsverträge von Berufsfußballspielern flächendeckend befristet abgeschlossen werden. Bevor die Befristungsdauer endet, wird regelmäßig verhandelt und entschieden, ob überhaupt und unter welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis mittels eines neuen befristeten Vertrags fortgesetzt wird. Außerdem kann der Spieler im Rahmen der Befristungsdauer in der Regel keine ordentliche Kündigung aussprechen, sodass Vereine die erwähnten Ablösesummen auch tatsächlich erzielen können. Mit der Arbeitsplatzsicherheit für nur wenige Jahre büßt der Fußballspieler dagegen in erheblicher Weise und über die Dauer seiner gesamten Spielerkarriere an Bestandsschutz ein.

Diese Befristungen der Arbeitsverträge von Berufsfußballspielern sollen das zentrale Thema dieser Dissertation sein. Ziel dieser Arbeit ist es zum einen, die Befristungspraxis im Berufsfußball im Hinblick auf die geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften auf ihre Rechtmäßigkeit zu untersuchen. Zum anderen sind Überlegungen dahin gehend anzustellen, ob die im Falle unbefristeter Arbeitsverträge für die Fußballbranche entstehenden Probleme nicht auch auf anderem Wege gelöst werden könnten. Hierbei sind verschiedene Möglichkeiten auf ihre Eignung dahin gehend zu prüfen, die Interessen der Vereine und der Branche insgesamt angemessen zu berücksichtigen, ohne dass der Spieler erhebliche Bestandsschutzeinbußen wie im Falle befristeter Verträge hinnehmen muss.

B. Stand der Forschung und Fragestellung

Die Frage der Rechtmäßigkeit von befristeten Verträgen mit Berufsfußballspielern wurde im Schrifttum bereits in der Vergangenheit thematisiert und ist in dem Sinne keine neue.4

Anlass, sich mit der Frage dennoch zu beschäftigen, gibt gleichwohl vor allem das Verfahren um den Lizenzspieler Heinz Müller, welcher beim FSV Mainz 05 als Torhüter beschäftigt war. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich die Rechtsprechung kaum mit dieser Frage auseinandergesetzt.5 In erster Instanz erklärte das ArbG ←22 | 23→Mainz die arbeitsvertragliche Befristung des Heinz Müller mangels eines einschlägigen Sachgrundes als unwirksam. Es prüfte die Befristung insbesondere im Hinblick auf die Sachgründe der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG) sowie im Hinblick auf in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG).

Das LAG Rheinland-Pfalz wiederum hat die Befristung des Arbeitsvertrags in zweiter Instanz, gestützt auf den Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung aus § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG als wirksam erachtet, jedoch die Revision zugelassen.6 Die Revision war allerdings erfolglos, das BAG hat sich in seiner Entscheidung dem LAG Rheinland-Pfalz im Ergebnis angeschlossen.7

Zwar wurde die Rechtsfrage für die Praxis damit höchstrichterlich geklärt, das hohe mediale und juristische Interesse am Verfahren8 zeigt dennoch die Relevanz sowie das Diskussionspotenzial der Thematik auf. So wird im Laufe der Untersuchung festzustellen sein, dass die Rechtsprechungen des LAG Rheinland-Pfalz und des BAG sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis kritisch zu hinterfragen sind. Im Rahmen der Diskussion wird dabei eine Bandbreite an Argumentationen und Begründungsansätzen angeführt, anhand derer die befristeten Arbeitsverträge von Berufsfußballspielern gerechtfertigt werden könnten. Es gilt, sich mit allen denkbaren Begründungsansätzen auseinanderzusetzen, diese kritisch zu hinterfragen und Stellung zu beziehen. Einzubetten ist dies im Rahmen einer Rechtmäßigkeitsprüfung anhand der nationalen Vorschriften, mithin denen des TzBfG sowie anhand entsprechender unionsrechtlicher Vorgaben. Eine Thematisierung ←23 | 24→der Befristungsfrage im Berufsfußball auf unionsrechtlicher Ebene erfolgte in der bisherigen Literatur zumal nur äußerst sporadisch.9 An einer tiefergehenden Auseinandersetzung diesbezüglich fehlt es bislang.

Insbesondere monografische Beiträge setzen sich hauptsächlich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Befristungen auseinander und erkennen diese im Ergebnis an.10 Zum einen sind diese Untersuchungen sowohl in ihrer Argumentation als auch in ihrem Ergebnis kritisch zu hinterfragen. Zum anderen befassen sie sich – wohl auch als Folge ihrer Ergebnisse – gar nicht oder allenfalls im Ansatz mit Gestaltungsmöglichkeiten, die im Falle unbefristeter Verträge diskutiert werden könnten.11 Dass ein Berufsfußballspieler seine Tätigkeit nicht bis zum Eintritt der Regelaltersgrenze nach § 235 SGB VI ausübt und ausüben kann, ist offenkundig. Dies zeigt nicht zuletzt das Durchschnittsalter der Spieler in der Ersten Bundesliga, welches in der Spielsaison 2021/2022 etwa 25,3 Jahre betrug.12 Unbefristete Verträge sind in den Statuten des Fußballs als auch im Rahmen seines Wettbewerbs nicht vorgesehen, befristete Verträge werden vielmehr vorausgesetzt.13 Allerdings müssen Überlegungen angestellt werden, ob die verschiedenen Interessen im Berufsfußball auch im Falle unbefristeter Verträge angemessen in Ausgleich gebracht werden können. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten könnten denkbar ←24 | 25→und sinnvoll sein. Solche sollen daher ebenfalls Schwerpunkt dieser Untersuchung sein. Besonderes Augenmerk ist dabei auf das allgemeine Kündigungsschutzrecht zu legen. Regelmäßig werden die Befristungen unter anderem mit der fehlenden Praxistauglichkeit des Kündigungsschutzrechtes begründet.14 Boemke/Jäger weisen jedoch zutreffend darauf hin, dass es „einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den Anforderungen des allgemeinen Kündigungsschutzes im Bereich des Sports [bedarf], statt von vornherein wegen der fehlenden Praxistauglichkeit des allgemeinen Kündigungsschutzes Befristungsgründe in § 14 Abs. 1 TzBfG zu konstruieren“.15 Da die Arbeitsverträge im Berufsfußball stets befristet abgeschlossen werden, findet eine solche Auseinandersetzung mit dem Kündigungsschutz im Berufsfußball dennoch regelmäßig nicht statt. Daneben sind noch weitere, zum Teil im Schrifttum vorgeschlagene, zum Teil der eigenen Idee entstammende Lösungsansätze zu diskutieren. Ziel ist es letztendlich, durch eine Kombination verschiedener solcher Möglichkeiten sowohl de lege lata als auch de lege ferenda die durch unbefristete Arbeitsverträge im Berufsfußball entstehenden Probleme zu lösen.

C. Gang der Untersuchung

Die Untersuchung erfolgt im Wesentlichen in fünf Abschnitten.

Der Beginn der Untersuchung (Kapitel 2) wird zunächst einen Einstieg in die Fußballbranche und das Fußballrecht geben. Knapp soll die Fußballindustrie als solche insbesondere anhand einiger Zahlen dargestellt werden. Sodann gilt es, Organisation und Besonderheiten des Fußballs zu beleuchten. Sportrechtliche Grundlagen für die weitere Untersuchung sind darzustellen. Weiter erfolgt eine Untersuchung des professionellen Fußballsports aus arbeitsrechtlicher Perspektive. Hierbei wird zum einen der Arbeitnehmerstatus des Fußballspielers als Grundlage für die Eröffnung des Arbeitsrechts zu begründen und zum anderen der Arbeitgeber zu bestimmen sein. Schließlich wird noch eine kurze Darstellung der geschuldeten Arbeitsleistung, mithin der Haupt- und Nebenpflichten des Berufsfußballspielers erfolgen.

Im Kapitel 3 wird eine kurze Einführung in das Befristungsrecht erfolgen. Dabei wird der historische und teleologische Hintergrund insbesondere des § 14 TzBfG beleuchtet. Verfolgtes Ziel ist eine knappe Darstellung der Historie des Befristungsrechts sowie der Bedeutung der Befristungsrichtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete ←25 | 26→Arbeitsverträge16, welche mit Einführung des TzBfG umgesetzt wurde. Hierbei ist insbesondere auch das Verhältnis des Befristungsrechts zum Kündigungsschutzrecht zu klären.

Diese Erkenntnisse aus dem allgemeinen Befristungsrecht werden im nächsten Schritt die gedankliche Grundlage für die Untersuchung des besonderen Befristungsrechts im Sportbereich darstellen und dazu beitragen, das besondere Befristungsrecht im Rahmen des Lizenzfußballes einzuordnen (Kapitel 4). Hierbei liegt ein Schwerpunkt der Untersuchung.

Dabei wird zunächst eine kurze Darstellung der Bedeutung befristeter Verträge im Berufsfußball erfolgen. Sodann ist ein kurzer Überblick über die bisherige Rechtsprechung zu der Thematik bis zum Fall Müller zu geben. Im Zuge dessen ist auch die Rechtsprechung zu der Befristung von Trainerverträgen darzustellen und dabei Stellung zu nehmen, um an späterer Stelle etwaige Parallelen aufzuzeigen oder ablehnen zu können. Zu fragen ist anschließend, inwieweit die befristeten Arbeitsverträge von Berufsfußballspielern mit der Gesetzeslage im Einklang stehen. Festgemacht wird diese Erörterung in dieser Untersuchung zunächst an § 14 TzBfG. Zwar liegt dem TzBfG die Befristungs-RL und die in ihr inkorporierte Befristungsrahmenvereinbarung zugrunde, sodass eine (gegebenenfalls teilweise) Unvereinbarkeit der befristeten Arbeitsverträge im Berufsfußball mit der Befristungs-RL eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung des § 14 TzBfG nach sich ziehen würde. Die Rechtsprechung und Literatur verorten die Diskussion jedoch vorrangig im TzBfG, sodass die hauptsächliche argumentative Auseinandersetzung auch in dieser Untersuchung zunächst anhand des nationalen Rechts erfolgen soll. Dabei sollen diverse Begründungsansätze aus der Literatur sowie der Rechtsprechung im Fall Müller auf ihre Brauchbarkeit hin untersucht werden.

Details

Seiten
338
Jahr
2022
ISBN (PDF)
9783631880654
ISBN (ePUB)
9783631880661
ISBN (MOBI)
9783631880678
ISBN (Hardcover)
9783631883976
DOI
10.3726/b19899
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Juni)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 338 S.

Biographische Angaben

Kristin Sonja Haase (Autor:in)

Die Autorin studierte Rechtswissenschaften an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover. Dort war sie anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Wirtschaftsrecht tätig. Nach der Promotion folgte das Rechtsreferendariat im Bezirk des OLG Celle.

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