Stefan Zweigs Novelle Brief einer Unbekannten (1922) und ihre mediale Rezeption (1929-2017)
Begegnungen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Zur begrifflichen Klärung
- Kommentar oder Interpretation?
- Primäre und sekundäre Dunkelheit
- Tertiäre Dunkelheit
- Adaption, Verfilmung, Transformation, Transposition, Transfiguration
- Werktreue und freie Adaption
- Adaptionsmodi
- Fazit
- Die Novelle
- Stefan Zweigs Novelle
- Editorisches, Rezeptionsgeschichtliches, Marktstrategisches
- Die Novelle und die Marketingstrategien
- Die Novelle und das Feuilleton
- Die Novelle und ihre Ausgaben
- Die Forschung und die Novelle
- Die Geschichte der Unbekannten von ihr selbst erzählt
- Kontextualisierung der Novelle im Schaffen Zweigs
- Die Novelle und die Poetik
- Ort und Zeit der Erzählung
- Die erzählten Orte
- Die erzählte Zeit
- Die Figurenkonstellation in Zweigs Novellen
- Techniken der Typisierung
- Namenlosigkeit vs. Namensnennung
- Du hast mich nicht erkannt
- Mensch mit einer Eigenschaft
- Mensch vs. Funktionsträger vs. Beziehungsträger
- Das Erscheinungsbild
- „Deine feine, zarte Hand“
- Antithetik vs. Zweiheit
- Fazit
- Autobiographisches Schreiben: Kulturgeschichtliches und individuelle Signatur
- Stefan Zweig und das autobiographische Schreiben
- Autobiographische Spurensuche in
- Die Figurenkonstellation
- Zweig und „der bekannte Romanschriftsteller R.“
- Zwei Facetten der Unbekannten oder die Quadratur des Kreises
- Friderike
- Paris als Jungbrunnen
- Marcelle
- Friderike, Marcelle und die Unbekannte
- Zweigs negierte Vaterschaft
- Fazit
- Die Verfilmungen (1929–2017)
- Lokalisierte Welthaltigkeit
- Verfilmungen nach
- Eine Frage der Ehre
- Verfilmungen der Jahre 1957–1962
- Französische Verfilmungen 1982, 2002–2003
- Der Dialog der Kulturen
- Die tertiäre Dunkelheit der Liebe
- Ausblick: Räumliche Konstanten und Varianten
- Orte und Räume
- Von messbaren Orten und auratischen Räumen
- Fazit
- Die messbaren Orte und die sozialen Räume der Unbekannten
- Die mentale Kartographie der Wiener Moderne
- Ein Tag im Leben einer Wiener Unbekannten
- Ereignisorte der Wiener Lebensart
- Das (Ringstraßen-)Kaffeehaus
- Stefan Zweig im Kaffeehaus
- Die Unbekannte im Kaffeehaus Demel
- Stefan Brand und Lisa Berndle im Prater-Kaffeehaus
- Die Welt der Theateraufführungen und der Konzerte
- Die Originalschauplätze: das Burgtheater
- Die Unbekannte und das Burgtheater
- Angélique Laumain und die Welt des Theaters
- Die Originalschauplätze: Die Staatsoper
- Die Unbekannte(n) und die Hofoper
- Lisa Berndle und die verführende Welt der Musik
- Lisa Berndle und die Welt der Oper
- Fräulein Jiāng und die Welt der Peking-Oper
- Tanzkultur in der Wiener Moderne
- Tanzschulen
- Lisa Berndle in der Tanzschule
- Vorstadtbälle
- Überseeische Tänze
- Das Tabarin
- Die Unbekannte im Tabarin
- Fräulein Jiāng im ‚
- Restaurants mit
- Lisa und Stefan in der
- Die Pferdekutschenfahrt
- Der Prater
- Das Praternarrativ
- Der Prater im Film
- Ophüls Praternarrativ
- Der Liebesapfel
- Exkurs: Symbolische Sinnzuweisungen von Früchten in der chinesischen Verfilmung
- Die optische Zimmerreise
- Lisa Berndle tanzt Walzer im Prater oder „From the Ballroom to Hell“
- Stefan Brand spielt für Lisa oder „kann denn Liebe Sünde sein?“
- Sommerfrische und Winterstationen
- Stefan Zweig und die Sommerfrische
- Die Unbekannte, Grado und der Simmering
- Ophüls Simmering
- Die Gebärklinik
- Von unehelichen Kindern und ledigen Müttern
- Von abwesenden Vätern
- Die Gebärklinik in der Realität
- Die Gebärklinik in der Fiktion
- Die Unbekannte in der Gebärklinik
- Die
- Zweigs Darstellung
- Angélique Laumain in der Gebärklinik
- Lisa Berndle in der Gebärklinik
- Fräulein Jiāngs den Augen entzogene Niederkunft
- Der Raum des Ästheten um 1900 zwischen Fiktion und Realität
- Das Studiolo Stefan Zweigs
- Das
- Das
- Das Studiolo des René Vernon
- Das Studiolo des Stefan Brand
- Das Studiolo des Herrn Xú
- Der neue kulturelle Hallraum
- Wénfáng 文房, die Stube des Literaten
- Wénrén 文人, der Literat
- Das Arbeitszimmer des zhīshi fènzǐ 知识分子
- Das
- Kulturelle Hallräume
- Kulturelle Hallräume
- Das Wien der Moderne: literarische Strömungen, Motive und Themen
- Stefan Zweig und die Welt der Wiener Moderne
- Zweigs literarisch-kulturelle Prägung
- „Der Tod, das muß ein Wiener sein“: Liebe, Tod und Rituale
- Der Tod und der verfehlte Weckruf
- Der unversöhnte Tod
- Exkurs: Zahlenmystik
- Der (nicht) inszenierte Tod in den Verfilmungen
- Die Blumenmetaphorik
- Das Motiv der weißen Rosen in Zweigs Novelle
- Die Frau eine Blume
- Die Frau und die Schnittblume
- Die Frau und die Rose
- Die Farbmetaphorik – Weiß
- Weiß als Farbe der Reinheit
- Die weiße Rose als Reinheitssymbol
- Pallida mors: Weiß als Farbe des Todes
- Die Blume der Liebe in der Farbe des Todes
- Die weißen Rosen zwischen Erinnerungs- und Übergangsritual
- Die weiße Rose in den Verfilmungen von Zweigs Novelle
- Tertiäre Dunkelheit im Dingsymbol
- Die blaue Kristallvase
- Die tertiäre Dunkelheit der blauen Kristallvase
- Das Frauenthema
- Das traditionelle Bild der Frau
- Fazit
- Der Kampf der Geschlechter zwischen Abwehr und Emanzipation
- Der erotische Diskurs in der Wiener Moderne und die Rezeption Freuds
- Der sich wehrende Mann
- Die sich emanzipierende Frau
- Die Neue Frau als moderner Alltagsmythos in Fiktion und Realität
- Das bipolare Verhältnis der Wiener Intelligenzija zur Neuen Frau
- Stefan Zweigs widersprüchliches Frauenbild
- Zweig öffentlich
- Zweig privat
- Fazit
- Die Lebenswelten der Neuen Frau
- Alte und neue Handlungsräume des Weiblichen
- Neue erotische Freiheiten
- Neue Betätigungsfelder
- Berufe mit Sozialbezug als weiblicher Erwerbszweig
- Die Krankenschwester
- Die weibliche Angestellte
- Die Verkäuferin
- Die „Tippmamsell“
- Die Heimarbeiterin
- „Questa donna qui pagata io lʼho“ oder die Sexworkerin
- Fazit
- Die chinesische Frau zwischen Tradition und Innovation
- Der „innere Mensch“ der Tradition
- Die neue Sichtbarkeit der xīn nǚxìng 新女性
- Erwerbstätige Frauen in Zweigs Novelle und ihren Verfilmungen
- Lisa als Verkäuferin und Mannequin
- Fräulein Jiāng: von der Studentin zur Escortdame
- Mediale Vorbilder neuer Weiblichkeit
- Literaturwelten
- Filmträume
- Das Erscheinungsbild der Neuen Frau
- Alte Gespenster in neuen Kleidern
- Visualisierungen weiblicher Lebensentwürfe in Zweigs Novelle und in ihren Verfilmungen
- Angélique Laumain und das Erscheinungsbild der Frau von morgen vs. Lisa Berndle als Prototyp der Frau von gestern
- Zum Abschied
- Bibliographie
- Abbildungsverzeichnis
- Abbildungsnachweis
Einführung
Stefan Zweig (1881–1943) war unbestritten ein Kind seiner Epoche, der Wiener Moderne, und nahm als solches am Kulturleben seiner Heimatstadt Wien regen Anteil. Er befand sich aber zugleich auf einer exorbitanten Laufbahn. In der Tradition fußend, in der er an den Schriften großer klassischer Autoren der griechisch-römischen Antike1 und der deutschsprachigen und europäischen Literatur geschult worden war, öffnete er sich dem Neuen, indem er u. a. Anregungen aus der neugeborenen Psychoanalyse Sigmund Freuds aufnahm und sich zugleich für die vitalistische Lebensphilosophie Emil Verhaerens ebenso begeisterte wie für die magische Welt des Maurice Maeterlinck.2 Aus all dem formte er einen ureigenen weltanschaulichen und literarischen Kosmos. Es entstand dadurch eine überzeitliche und ortsungebundene Literatur, in die Zweig empfangene Anregungen aus Vergangenheit und Gegenwart einfließen ließ und in der er, darin typisch für seine Zeit, Altbewährtes mit Neuem und Modernem vermengte. Er wählte dafür, seine Eigenwilligkeit darin bekundend, inmitten einer erzähltechnisch experimentierfreudigen Epoche, ganz traditionelle, seiner jeweiligen erzählerischen Intention entsprechende Formen, derer er sich souverän bediente. In der Novelle Brief einer Unbekannten findet sich zudem die für ihre Entstehungszeit durchaus nicht ungewöhnliche friedliche Koexistenz verschiedener Stilrichtungen und Gestaltungsmittel in einem und demselben Werk, die den heutigen Lesenden jedoch unweigerlich zum Verlust poetologischer Orientierung führt und Interpretierenden zum Privilegieren eines poetologisch-erzählerischen Stranges zum Nachteil des Gesamtbildes verführt. Dass bei einer nur auf bestimmte Aspekte fokussierten Lese- und Auslegungsart das Begreifen und Erschließen der Novelle als Gesamtgefüge nicht gelingen kann, führen die unbefriedigenden Erträge der Forschung vor, auf die im Verlauf vorliegender Arbeit punktuell eingegangen wird.
Wie soll aber im heutigen akademischen Lehrbetrieb der Weg aussehen, der zur umfassenden Betrachtung dieser facettenreichen, scheinbar leicht zugänglichen, in Wirklichkeit aber ‚dunklen‘ Erzählung führt? Um den Brief einer Unbekannten aus den verschiedensten Blickwinkeln heraus auszuleuchten, müssen viele Faktoren berücksichtigt werden, die je nach methodischer Fokussierung erfolgsversprechend sind und, einmal gebündelt, zum Ziel führen. Eine grundlegende, der Auslandsgermanistik besonders gut vertraute Schwierigkeit muss dabei zuallererst bewältigt werden, ehe man sich an die ‚eigentliche‘ Arbeit machen kann: Der Originaltext will bei all seiner Komplexität und Vielschichtigkeit überhaupt verstanden werden, ehe man sich interpretatorisch damit befasst. Den heutigen Lesenden ist aber die Sprache der Dichtung, welche die Novelle spricht, weitestgehend unverständlich geworden. Es handelt sich dabei weit mehr als nur um lexikalisch veraltete Ausdrücke. Es geht bei Zweig nämlich um eine kulturgesättigte Bildungssprache, die man mit Koiné (κοινή) am treffendsten bezeichnen kann. Mit diesem Terminus wurde im antiken Griechenland die Gemeinsprache bezeichnet, die als „Bindemittel“3 in einer heterogenen, d. h. uneinheitlichen Landschaft diente, die erst dank dieses sprachlichen Mediums zu einer literarisch und kulturell homogenen Ganzheit werden konnte. Koiné wurde somit von der rein sprachlichen auf die kulturelle Ebene gehoben und wandelte sich allmählich zum allgemeinen Begriff – Johannes Niehoff-Panagiotidis spricht diesbezüglich von einem wissenschaftlichen Terminus, der „gängige Münze“4 sei –, zur Bezeichnung von zeit- und ortsübergreifenden Phänomenen, die gemeinsamen zu einer sprachlichen, literarischen und kulturellen Ganzheit führen. Von einer als Bindeglied und zugleich als Identifikationsfaktor dienenden kultursprachlichen Koiné, die, über die Grenzen der Nationalsprachen hinweg, hauptsächlich auf gemeinsamen Referenztexten aus der klassischen Antike, der Bibel5 und auf ‚klassischen‘ Texten der Weltliteratur6 fußt, kann man auch in Bezug auf jene bildungsbürgerliche, mitteleuropäische Gemeinschaft sprechen, jene „Welt von Gestern“ also, die Stefan Zweig in seiner gleichnamigen Autobiographie aus dem Gedächtnis heraus ein letztes Mal heraufbeschwört. Aus ihr speisen sich Anspielungen und Allusionen, versteckte Zitate und Doppeldeutigkeiten, die in Brief einer Unbekannten sinntragend sind und die den Rezipienten, die außerhalb dieser kulturellen Koiné situiert sind, entgehen, weshalb sie eine Erläuterung benötigen.7 Zum Anmerkungsbedürftigen gehören – neben den faktualen und fiktionalen Protagonist:innen dieser vergangenen Welt – nicht nur Themen und Motive, die Teil des bildungsbürgerlichen Kulturguts sind, sondern auch Orte, an denen die Handlung der Novelle spielt, da diese zum ubi consistam, zur ontologischen Grundlage der nunmehr erloschenen Welt dienen, in der die Figuren der Novelle agieren, Orte, die jetzt nicht mehr sind oder nur ein Schatten dessen sind, was sie einmal waren, womit sie im sozio-kulturellen Kontext von auf Zweig folgenden Generationen ihre ursprüngliche Bedeutung teils oder ganz eingebüßt haben. Brief einer Unbekannten stellt die heutigen Lesenden, besonders (aber nicht nur) bei einem nicht-europäischen Erwartungshorizont, vor große Herausforderungen, wenn es gilt, der verlorenen Sprache einer versunkenen Epoche und ihrer zum Teil obsoleten, d. h. veralteten Kultur adäquat zu begegnen, wobei der erste Schritt darin bestehen muss, sich ihrer Rätselhaftigkeit überhaupt bewusst zu werden. Erst dann kann die ertragsversprechende Auseinandersetzung mit den multiformen Wegen medialer Rezeption erfolgen, die den Fokus der vorliegenden Studie bildet. Bislang hat die einschlägige Forschung ihr Augenmerk grundsätzlich auf die im Film vorgenommenen Akkommodationen gerichtet, um markante Auslassungen, Hinzufügungen und Modifizierungen unterschiedlichen Ausmaßes gegenüber dem Originaltext mit dem Ziel festzumachen, die Frage der Treue medialer Erzeugnisse zur literarischen Vorlage zu beantworten. Dabei ist Zweigs Novelle auf geradezu befremdliche Weise stiefmütterlich behandelt worden, was die Dürre der belastbaren, daraus hervorgegangenen Beiträge erklärt. Mit welchem gedanklichen Gehalt ist aber die Novelle vom Autor bedacht worden und welche inhaltsrelevanten Botschaften vermittelt die von ihm gewählte Form? Wie konstruiert er Brief einer Unbekannten also, damit sie im Hallraum ihrer Entstehungszeit im vom Autor intendierten Sinn funktioniert? Wie verliefen die hermeneutischen8 Prozesse bei Rezipienten, die sich mit der Novelle in Zweigs Epoche befassten, und wie verlaufen sie in einer dem Autor geographisch und zeitlich fernen Zeit, in der bei der einzigen Regisseurin und den vielen Regisseuren sowie ihrem Publikum eine völlig andere kulturelle „Geworfenheit“9, um mit Heideggers Worten zu sprechen, tonangebend ist? Entspringen die vollzogenen Modifizierungen einem bewussten Gestaltungswillen, bei dem unbehagliche Stellen des nicht mehr verständlichen Ausgangstextes aus darzulegenden Gründen getilgt, ergänzt oder ausgebaut wurden, oder werden diese Passagen schlicht missverstanden und in zielführender Gestaltung im Sinne der neuen Eingebundenheit in eine andere kulturelle Tradition akkommodiert bzw. aktualisiert?
In der vorliegenden Untersuchung stelle ich mir die Aufgabe, diesem Themenkomplex nachzugehen. Dabei wende ich mich einerseits der (nicht nur) werkimmanenten Ausleuchtung des Originaltexts und ausgewählter Zeugnisse seiner medialen Rezeption zu, andererseits berücksichtige ich ihre Wirkung, und zwar sowohl auf das jeweils anvisierte damalige Publikum, für das geschrieben und gedreht wurde, als auch auf die nunmehrigen Rezipierenden, die sich heute mit Artefakten konfrontiert sehen, die ihnen fremd geworden sind. Es geht somit um ‚Rehistorisierung‘,10 also um eine kritische Sicht auf scheinbar unmittelbare Verstehensprozesse beim Publikum und um Wiederaneignung aktiver Gestaltungsprozesse bei der Hervorbringung von Novelle und Verfilmungen, aber auch um Berücksichtigung aktueller Rezeptionsprozesse globalen Ausmaßes, in denen intra- und interkulturelle Interferenzen eine große Rolle spielen. Dabei dient als operative Größe die Entität „Publikum“, das als undifferenziertes, „diffuses“ Ganzes massenmedialer Rezeptionsvorgänge betrachtet wird, das sich gegenüber den hier untersuchten Artefakten auf einem denkbar niedrigen Wissensstand befindet und dementsprechend mannigfaltiger Erläuterungen bedarf, um das darin enthaltene Informationsangebot nachvollziehen zu können.11
Methodologisch richtet sich meine Arbeit nach den Untersuchungsmodi hermeneutisch grundierter Rezeptionsprozesse, wie sie in der Editions- und Übersetzungswissenschaft ausgeleuchtet werden.12 Ihnen stehen Ansätze aus der interkulturellen bzw. transkulturellen Kommunikationsforschung, unter besonderer Berücksichtigung der in der Fremdsprachendidaktik erarbeiteten Erträge, und aus den Cultural Studies fruchtbringend zur Seite, die sich mit kulturellen Deutungsmustern und dem Aushandeln kultureller Differenzen befassen. Ansätze aus den historischen Gender Studies und der kulturellen Raumforschung werden ebenfalls, an gebotener Stelle, herangezogen. Nicht ausdrücklich berücksichtigt, aber woke, d. h. differenzsensibel mitgedacht, wird der postkoloniale Zugang zu manchen Artefakten, der an einschlägigen Stellen verfolgt wird. Dabei liegt das Hauptaugenmerk nicht so sehr auf der Untersuchung der Machtmechanismen und -beziehungen im Konfliktszenarium unterschiedlicher Kulturen, also auf Aufdeckung zwecks Aufarbeitung, sondern eher auf deren Vorstufe, d. h. auf dem Aufzeigen konkreter durch Asymmetrie gekennzeichneter Aspekte im jeweiligen Kulturkontakt, denen spätere Studien Weiterführendes abgewinnen könnten.
Die vorliegende Untersuchung verdankt ihre strukturierende Gliederung der in der Lehre bewährten und im Folgenden vertieften Vorgehensweise, wonach der Blick im close reading zwischen Originaltext, Verfilmung und Publikum hin und her wechselt, um, im hermeneutischen Oszillieren zwischen den am Rezeptionsprozess beteiligten Parteien, jene Klarheit und Deutlichkeit – in der Sprache der Philosophie jene claritas et perspiquitas – des Untersuchungsgegenstandes zu erwirken die eine, erst in einem weiteren, späteren Arbeitsschritt erfolgende Würdigung des Originals und seiner jeweiligen medialen Übersetzung ermöglicht.
Den Genius Loci, d. i. den innewohnenden Charakter, meiner Analyse, bildet ein didaktischer Impetus, der meine Vorgehensweise durchgehend bestimmt, denn Vorliegendes erwächst zum Teil ganz konkret aus Lehrmaterialien zu Seminaren, die ich zwischen 2013 und 2016 an der Beijing Foreign Studies University (BFSU) zu Zweigs Novelle und ihrer Verfilmung durch Max Ophüls und Xú Jìngléi gehalten habe. Sie wurden für die und im intensiven Austausch mit den teilnehmenden chinesischen Studierenden fortwährend weiterentwickelt und reflektiert. Diese Lehrveranstaltungen bedeuteten für mich die einmalige Chance, mich der Wege und Irrwege der Rezeption von Zweigs Novelle in einem fernöstlichen akademischen Kontext bewusst zu werden und dabei meine eigene Annäherung an das Andere bei ständiger Hinterfragung des Eigenen und, nicht zuletzt, der eigenen Lesegewohnheiten zu reflektieren. Ferner eröffnete sich mir dabei die ebenfalls einmalige Chance, einen chinesischen Film durch die Augen eines wechselnden chinesischen Publikums zu sehen und somit meine eigenen, vom Westen geprägten Sehgewohnheiten zu hinterfragen. Daraus entstand ein von mir kuratiertes Filmheft, das zwischen 2014 und 2016 als ständig aktualisierte Grundlage für den Unterricht diente. Es bestand aus Seminararbeiten, die von den Seminarteilnehmenden unter Berücksichtigung der im Plenum geführten einschlägigen Diskussionen verfasst wurden. Die Erträge daraus werden im Folgenden an geeigneter Stelle gewürdigt. Der noch andauernde, sehr rege Austausch mit einigen meiner ehemaligen Studierenden, die nun selbst eine akademische Laufbahn eingeschlagen haben, eröffnete mir darüber hinaus die Möglichkeit, die in den Seminaren offengebliebenen Aspekte im Dialog aus unterschiedlichen Perspektiven weiter zu beleuchten. Der besondere, starke Austausch mit den Lernenden schärfte meinen Blick für didaktische und methodische Wege des Literaturunterrichts in der Auslandsgermanistik, aber auch für Unterrichtsziele, praktikable Wege, Grenzen und Möglichkeiten der Literaturdidaktik im Allgemeinen. Die von mir dabei gewonnenen Erkenntnisse schreiben sich unverkennbar auch in die konkrete Ausführung des vorliegenden wissenschaftlichen Vorhabens ein, indem ich die zu Anfang entwickelten methodologischen Instrumente auf weitere filmische Rezeptionszeugnisse von Zweigs Novelle ausdehne. Dabei gehe ich den praxisbewährten Weg einer vertieften Auseinandersetzung mit den dunklen Stellen der zu untersuchenden Artefakte, die es gilt, annotierend, kommentierend und erläuternd, soweit es nur möglich ist, zu beheben sowie Interpretationsvorschläge, soweit es nur statthaft ist, zu unterbreiten. Dem gewählten Weg entspringt die Strukturierung des Stoffes, die sich in vier Teilen artikuliert.
Im ersten Teil liegt der Fokus auf Zweigs Novelle, und zwar sowohl auf ihrer Entstehungsgeschichte, und somit auf ihrer historischen Ausprägung, als auch auf ihrer poetologischen Dimension, mit dem Ziel, das Verständnis für das Werk zu fördern.13 Es kommt darin genuin Editorisches vor: Fakten zur Entstehungsgeschichte sowie zum Teil zur Wirkungsgeschichte, an dem Zweig bis zu seinem Tod Anteil hatte, sowie die Ausleuchtung der selektiven autobiographischen Bezüge, die für die Entstehung der Novelle von Bedeutung sind. Ferner werden die gattungsgeschichtliche Verankerung und die Kontextualisierung der Novelle innerhalb von Zweigs Schaffen und vor dem Hintergrund seiner Epoche sowie Aspekte ihrer erzähltechnischen Struktur unter besonderer Berücksichtigung der Konstellation der darin vorkommenden Figuren behandelt. Nach einer chronologisch angelegten kommentierten Präsentation der Verfilmungen, die zwischen 1929 und 2004 verfertigt wurden, folgt in einem dritten Teil die kontextualisierte Darstellung der Orte und Räume, die in Zweigs Novelle einen Niederschlag finden. Sie werden sowohl auf ihre Bedeutung für den Autor als auch auf ihre Rolle in der jeweiligen filmischen Bearbeitung hinterfragt. Die Behandlung von ausgewählten Themen und Motiven der Novelle Brief einer Unbekannten, die auf mannigfache Weise aus dem Original in die Verfilmungen einfließen, bildet den vierten und letzten Teil der Arbeit.
Das Buch bietet sich für die fortlaufende Lektüre an, die einzelnen Kapitel können aber auch unabhängig voneinander gelesen werden, womit ich eine gelegentliche Redundanz bewusst in Kauf nehme. Diese ist nämlich dem Umstand geschuldet, dass, meiner Erfahrung nach, die Aufmerksamkeitsspanne, die analoge Texte erfordern, um den kontinuierlichen Lesefluss zu garantieren, aufgrund der Lesegewohnheiten in digitaler Umgebung empfindlich reduziert ist und dass somit und dass somit besonders die Lesenden unter den sogenannten Digital Natives Unterstützung gut gebrauchen können. Demselben Faktor ist der weitere Umstand geschuldet, dass die Einheit der Darstellung durch interne Verweise (→) gewährleistet wird, mit denen die Einzelteile in sich und untereinander in Beziehung gesetzt werden. Ein detailliertes Inhaltsverzeichnis sorgt ebenfalls für eine gezielte Orientierung im Dargebotenen. Durch einen umfänglichen Anmerkungsapparat, der dem Fließtext in Form von Fußnoten beigegeben ist, werden die Ausführungen wissenschaftlich untermauert. Diese Anmerkungen enthalten zudem Hinweise zu weiterführenden Texten und laden, wie bei einem Seminarreader, zur eigenständigen, fundierten Vertiefung der jeweils nicht immer erschöpfend zu behandelnden Aspekte ein. Zielpublikumsgerecht wollen auch die Erklärungen zu scheinbar Selbstverständlichem und Elementarem sein, z. B. zu Epochen westlicher Kulturgeschichte, die sich vielleicht in einer Arbeit mit wissenschaftlichem Anspruch etwas befremdlich ausnehmen. Für ihr Vorkommen gibt es zwei wohlbedachte Gründe. Zuallererst gibt es aus interkultureller Perspektive nichts Selbstverständliches, denn was im westlichen Kulturkreis als selbstverständlich vorausgesetzt werden könnte, beispielsweise die Antike oder die Renaissance, ist z. B für ein chinesisches Publikum, auch wenn es gebildet ist, in der Regel genauso obskur wie die Ära des Qiánlóng-Kaisers für ein westliches Publikum, auch wenn es gebildet ist. Ebenso unerlässlich ist es, z. B. das Wiener Kaffeehaus einem Publikum näher zu bringen, das nur die Geselligkeit der Teehäuser bzw. den heutigen Aufenthalt in Coffeeshops wie Starbucks gewohnt ist. Andererseits ist z. B. die Bedeutung der Nudelsuppe erklärungsbedürftig, die der Protagonist der chinesischen Verfilmung als Teil des chinesischen Geburtstagsrituals zu Beginn serviert bekommt, was ein westliches Publikum, das einen Geburtstagskuchen mit dem Ausblasen der dazugehörenden Kerzen spontan erwarten würde, nicht unmittelbar verstehen kann. Kulturelle Eigenheiten von Text und Verfilmungen wollen deshalb bei Bedarf, in aller Bescheidenheit, erläutert werden, und zwar dem Motto getreu: Das Lesepublikum dort abholen, wo es steht (oder wo man meint, es zu finden). Diese Art von Erklärungen soll den Lesegewohnheiten eines Publikums Rechnung tragen, das an das Format von Wikipedia und an hyperlinkaffine Informationsangebote im Netz gewohnt ist und dem es schwerfällt, Obskures durch Nachschlagen in anderen, nicht unmittelbar verfügbaren Quellen ‒ wie es wünschenswert wäre ‒ zu klären. Dies ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass sie, wie mir viele einschlägige Gespräche mit Studierenden bewusst gemacht haben, in ihrem nicht immer selbstverschuldet beschleunigten Alltag die dafür nötige Zeit nicht haben. Ein diesbezüglicher Tadel ist beckmesserisch und vor allem realitätsfremd. Auch analoge Bücher, die den Anspruch haben zu informieren, sollten vielmehr diesen Aspekt so gut wie möglich berücksichtigen. Weitere Erörterungen, die dem westlichen Bildungsbürgertum alten Schlages überflüssig vorkommen könnten, sind, erfahrungsgemäß, ebenfalls unverzichtbar. Dies betrifft vornehmlich literarische, kulturelle und visuelle Konventionen, die in anderen kulturellen Konkretionen nicht mehr selbstverständlich sind. Dies ist u. a. der Fall bei den im Westen ikonographisch fest verankerten visuellen Codes in Gestik und Mimik der Schauspielenden, die z. B. im fernöstlichen Kontext nicht nachvollzogen werden können und deshalb, wie ich es erlebte, bisweilen für ausgelassene Heiterkeit dort sorgten, wo bitterer Ernst angebracht gewesen wäre.
Nota bene d. i. merke wohl: Ich werde im Folgenden an passender Stelle mich jener lateinischen oder altgriechischen Termini bedienen, die verstärkt in der Hermeneutik der 1970er Jahre, im Kielwasser einer tausendjährigen Tradition, bevorzugt gebraucht wurden.14 Ich denke, das hätte dem Bildungsbürger Zweig sicherlich gefallen. Die deutsche Übersetzung folgt dann in der Regel nur bei Ersterwähnung stante pede, stehenden Fußes, d. i. sogleich. Die punktuelle Verwendung nunmehr obsolet gewordener Ausdrücke aus einer akademischen „Welt von Gestern“ gehorcht ebenfalls didaktischen Überlegungen, die der Lehrpraxis erwachsen sind. Studierende, die mit der Terminologie, die in älteren Forschungsarbeiten als selbstverständlich verwendet wurde, nicht vertraut sind, könnten somit, so wünsche ich es mir, sich ihr einigermaßen barrierefrei nähern. Wie mich meine ‚west-östliche‘ Lehrpraxis gelehrt hat, ist die Heranführung an diese der antiken Rhetorik und Poetik verpflichtete, ebenfalls nunmehr weitgehend vergessene Sprache sowohl im westlichen bildungsbürgerlichfernen Kontext als auch im nicht-westlichen Ambiente eine sinnvolle Anregung besonders für angehende Literatur- und Kulturwissenschaftler:innen, die sich in der Regel hauptsächlich, und mit Gewinn, mit vor- postmodernen Texten und vor-poststrukturalistischer Forschung befassen. Man wird überrascht sein, wie interessiert und dankbar das junge Publikum auf das Angebot reagiert.
Aus tiefster Überzeugung bediene ich mich ebenfalls, wo immer es mir möglich ist, einer gendersensiblen Sprache, dabei wird der maximal inklusive Doppelpunkt (z. B. Schriftsteller:in, Autor:in) bevorzugt.15 Es werden darüber hinaus, wenn es der Lesbarkeit förderlich erscheint, substantivierte Partizipien oder Adjektive (Studierende, Kulturschaffende, Schauspielende usw.), das generische Substantiv ohne Movierung (z. B. Person) oder die Sachbezeichnung (die Presse, die Lehrkraft u. ä.) verwendet. Das, was ich zu Beginn geradezu als einer Mode geschuldeten Zwang empfand, hat sich für mich im Verlauf der Arbeit als äußerst wichtiges differenzendenkendes Arbeitsinstrument für einen aufmerksamen und sensiblen Umgang mit genderdiskriminierenden Haltungen herausgestellt. Das hätte wahrscheinlich auch Zweig gefallen, der die ‚Herrenmoral‘ und den Gegenentwurf der Neuen Frau um eine neue weibliche Sichtbarkeit in den Fokus von Brief einer Unbekannten stellte, worauf ich im Laufe vorliegender Arbeit wiederholt eingehen werde.16 Auf das generische Maskulinum, d. h. auf das geschlechterübergreifende Substantiv männlichen Geschlechts, wird gelegentlich, aber immer reflektiert und lediglich aus Praktikabilitätsgründen, dort zurückgegriffen, wo das natürliche Geschlecht keine Rolle spielt.
Im Umgang mit chinesischen Namen folge ich in der Regel der chinesischen Konvention, nach der man den Nachnamen dem Vornamen voranstellt. Bei der Wiedergabe von Originalbezeichnungen bediene ich mich in der Regel der im chinesischen Festland üblichen einfachen Hànzì 汉字, der chinesischen Zeichen. Ihnen wird, in der Regel, die Transkription in Pīnyīn, d. i. in lateinischen Buchstaben mit diakritischen Zeichen (ā á ǎ à), beigegeben.
Es ist nunmehr an der Zeit, meinen Dank denjenigen auszusprechen, die mir bei der Verfertigung einer sich über viele lange Jahre erstreckenden Arbeit besonders beistanden.
An die Teilnehmenden an meinen Seminaren ist mein erstes Dankeschön gerichtet. Sie haben sich intensiv, klug und debattierfreudig an den Veranstaltungen beteiligt und mein Nachdenken über west-östliche Lehr- und Lernprozesse und über diesbezügliche Hemmungen und Erfordernisse angeregt. Namentlich möchte ich mich, stellvertretend für die vielen, bei Liú Yí, 刘 宜, Zhāng Hàoyǔ 张 浩宇 und Lǐ Wén 李 文 herzlich bedanken, die mir willkommene und kluge Gesprächspartner:innen waren und es bis zum heutigen Tag geblieben sind. Ihnen verdanke ich besonders erhellende Einsichten in die zentralen Lernprobleme ihrer Generation sowie rezipientenbezogene Sacherklärungen zur Welt der hier untersuchten chinesischen Verfilmungen. Danken will ich auch Zuǒ Qǐwén 左 绮文, die unter meiner Leitung ihre Abschlussarbeit zu einer filmischen Umsetzung von Brief einer Unbekannten verfasste, was Anlass zu vielen ertragreichen interkulturellen Diskussionen gab. Das schärfte zusätzlich meinen Blick für didaktische Desiderata.17 Ein spezieller Dank geht an die Beitragenden zum oben erwähnten Filmheft: Shèng Xuĕ 盛 雪, Liú Yǔchén 刘 宇 辰, Zhāng Yìfàn 张 懿范, Fán Yūn 樊 贇, Liú Yìjié 刘 逸洁逸洁, Wú Sòngjìwén 吴 宋 际文, Mǐn Xiāo 闵 潇 und Wánɡ Jìngyú 王 婧瑜. Von diesem Filmheft ausgehend, nahm ich Korrekturen, Justierungen, Präzisierungen, Erweiterungen am ursprünglichen Konzept vor, die sich in der vorliegenden Arbeit widerspiegeln. Danken möchte ich zudem Dr. Elene Psoma für sachdienliche Hinweise zur griechischen Verfilmung der Novelle. Ferner bin ich dem finnischen Senior Researcher Antti Alanen zu großem Dank verpflichtet, der mir wichtiges Material, besonders zu Narkose und Valkoiset ruusut, zur Verfügung stellte und sich immer offen für den ertragreichen Gedankenaustausch zeigte. Bezüglich der finnischen Verfilmung der Novelle Valkoiset ruusut sei Boris Vidovic und Tommi Partanen vom National Audiovisual Institute Finnland (KAVI) für die fachkundige Hilfestellung bei den Recherchen zum Drehbuch und zu visuellen Materialien herzlich gedankt. Frau Marie Herold und Frau Beatrix Haußmann vom Berliner Bundesarchiv, Abteilung Filmarchiv, danke ich für ihre kompetente Hilfsbereitschaft bei Recherchen zum Film Narkose, den sie mir in der schwierigen Lockdown-Phase zu Corona-Zeiten zugänglich machten. Den Mitarbeitenden des Wiener Filmarchivs Austria, und besonders Frau Kristina Höch, danke ich ebenfalls für die vorzügliche Betreuung bei der Suche und Verfügbarmachung von Materialien zu Narkose. Mein Dank geht auch an Flóra Dörögdy aus der Abteilung Digitale Services der Österreichischen Nationalbibliothek, die mir den Zugang zu öffentlich noch nicht verfügbaren Digitalisaten von Materialien zu Zweigs Novelle gewährte. Frau Hitashi Chawla und ihrem Production-Team danke ich sehr herzlich für die exzellente Betreuung des Druckvorganges. Meiner Familie gilt der ultimative Dank für die umfassende Unterstützung, die sie mir hat angedeihen lassen. Ihr ist mein Buch gewidmet.
Nun möge die Reise auf den medialen Spuren der Unbekannten beginnen und zu einem gedeihlichen Ende führen.
Zur begrifflichen Klärung
Wie soll man sich dem im Folgenden von mir Dargestellten nähern? Wird darin eine Interpretation von Zweigs Novelle, ihren Verfilmungen und den Beziehungen unter ihnen angestrebt oder wird ein nur um Klärung bemühter, annotierender Kommentar von Novelle und Verfilmungen angeboten, bei dem beide, durch die jeweilige Rehistorisierung, Kontextualisierung und Relationierung, begreifbar gemacht werden?
Eine Klärung der im Folgenden verwendeten Begriffe tut not.
Kommentar oder Interpretation?
Beide Vorgehensweisen sind primär um den ‚Sinn‘ „eines gegebenen Artefakts“18 bemüht. Der sachbezogene Kommentar zeigt sich, wünschenswerterweise, zurückhaltender, indem er nur erklärend eingreift, mit dem Ziel, explizierend zur inhaltlichen Klärung des Sinns beizutragen. Wie es der Latinist Manfred Fuhrmann (1925–2005) treffend ausdrückte, ist ein Kommentar als „Beiwerk zum Primärtext“ zu verstehen, als „Rahmen“, der nicht ausgefüllt wird, als grobe Skizze, die bei einer Interpretation ‚koloriert‘ wird.19 Die Interpretation hingegen zeigt das Bestreben, des Artefakts alleinseligmachende Deutung zu liefern, wobei sie durchaus Gefahr läuft, wie Hans Ulrich Gumbrechts Menetekel verkündet, die Identifikation eines im Text angelegten Sinns mit der nicht mehr im Text verankerten, freien Projektion eines vom Interpreten erfundenen Sinns zu ersetzen.20 Es stellt sich dabei die grundsätzliche Frage, ob es – wie methodologisch von Dekonstruktivisten angezweifelt und in der postmodernen Artefakten-Praxis desavouiert wird –21 bei einem künstlerischen literarischen Produkt einen „ursprünglichen“ bzw. „eigentlichen“ Sinn überhaupt gibt, der sich restlos eruieren lässt, und ob deshalb nur die Reduzierung der Asymmetrie angestrebt werden kann, die zwischen historischem Objekt und rezipierendem Subjekt im Modus der „Hier-jetzt-ich-Orientierung“22 in Bezug auf des ersteren Sinngebung und Sinndeutung besteht. Diese Frage beantworte ich vor dem Hintergrund des, bis auf eine Ausnahme, vor-postmodernen Charakters der hier betrachteten Artefakte, affirmativ und strebe im Folgenden ihre Validierung an. Ist die Leistbarkeit einer Interpretation nicht unumstritten, ist die des Kommentars nicht weniger problematisch. Über dessen Statthaftigkeit, Umfang, Abgrenzung und Ziel wird seit Jahrzehnten im Rahmen der Editionswissenschaft trefflich debattiert und gewichtige Stimmen werden erhoben und erheben sich bei der Bemühung, die vielerorts durchlässige Abgrenzung zwischen Kommentar und Interpretation sowie ihre jeweiligen Aufgaben zu definieren, denn das Kommentieren ist nie unter vollständigem Ausschluss eines subjektiven interpretatorischen Willens und das Interpretieren ist nie ohne einen um Objektivität bemühten erläuternden Impetus zu leisten.23 Der Kommentar als „Ort der Vergegenwärtigung des Entstehungszusammenhangs“24 ist jedoch, in Absetzung von der Interpretation, die es auf die tiefere Sinnschicht eines Werkes abgesehen hat, grundlegend um die größtmögliche Reduzierung des Abstands und somit der Verständnisbarrieren zwischen einem Artefakt und seinem Publikum bemüht. Durch die angestrebte Rehistorisierung können nämlich, im Idealfall, der im Untersuchungsgegenstand angelegte Werkwille und die von den Schöpfenden verfolgte Wirkungsabsicht vor dem Hintergrund des historisch vorausgesetzten bzw. voraussetzbaren Verstehens- und Erwartungshorizonts so nachvollziehbar gemacht werden, dass dem heutigen Publikum der Weg des Verständnisses eines Werkes aus einer anderen Zeit und Kultur ermöglicht wird. Wegen der gebotenen Problematisierung des Interpretationsvorgangs ist m. E. nur eine polyperspektivische hermeneutische Annäherung statthaft,25 die auf Aspekte des untersuchten historischen Gegenstandes eingeht und kommentierend erklärt. Das sollte im ehrlichen Bestreben geschehen, das Werk mit der größtmöglichen Objektivität zugänglich zu machen, indem die Differenz zwischen seiner Entstehungszeit und seinen „verschiedene[n] Verstehenszeiten“26 mit ihren unterschiedlichen kulturellen Kontexten soweit wie möglich überbrückt wird. Selbstkritische und der inneren Problematik des Vorgangs bewusste, Sinn deutende Interpretationsvorschläge können dann durchaus unternommen werden, ohne allerdings den Anspruch zu erheben, die ‚totale‘ Interpretation zu liefern. Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Ich gehe im Folgenden den heuristischen Weg einer problembewussten Kommentierung und nicht den einer mit dem Anspruch unbedingter Gültigkeit operierenden Interpretation. Mein Ziel ist also, explizierende Kommentare zur inhaltlichen Klärung zu liefern, um in Anlehnung an Raoul Schrott „einen deiktischen Zugang zum Original“27 zu erschließen – in meinem Fall sowohl zu Zweigs Novelle als auch zu ihren jeweiligen Verfilmungen –, durch den die Artefakte decodiert werden können. Wenn die Grenze zur Interpretation bisweilen überschritten wird, handelt es sich lediglich um Interpretationsvorschläge, die mir anhand des Dargestellten schlüssig erscheinen. Ich setze mich dabei mit Problemen auseinander, mit denen sich sowohl die Editionswissenschaft als auch die Übersetzungswissenschaft bei der Vermittlung des ‚ursprünglichen‘ Sinnes eines Artefakts an eine kulturell diverse Empfängerschaft befassen muss. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass man im Zeitalter des Streaming-Dienstes die Rezipierenden der Verfilmungen durchaus als „disperses“ Publikum bezeichnen kann, da es, im Sinne Maletzkes, „weder strukturiert noch organisiert“ ist, da es „keine Sitten und Traditionen, keine Verhaltensregeln und Riten und keine Intentionen“ hat und sich nur in der gemeinsamen Hinwendung zu „einer Aussage der Massenkommunikation“28 konstituiert. Das erhöht das Quantum, d. h. die Menge dessen, was im Text bzw. im Film aufgrund der ihnen inhärenten ‚Dunkelheit‘ erklärungsbedürftig und kommentierungswürdig ist.
Primäre und sekundäre Dunkelheit
Zuallererst muss die Rechnung mit jener Unverständlichkeit gemacht werden, die einem Artefakt anhaften kann und die zuallererst so weitgehend wie möglich aufgelöst werden muss. Die Übersetzungswissenschaft hat als erste, ihre Aufmerksamkeit auf Phänomene gelenkt, die den ursprünglichen Sinn eines Textes schwer verständlich machen und den Übersetzenden einen besonderen Umgang mit dem Text abverlangen, der sie in unmittelbare Nähe zum in den Editionswissenschaften fokalisierten Themenkomplex um den Kommentar führt. Um die seiner Meinung nach entscheidende Ursache für die Unverständlichkeit von Ausgangstexten beim Namen zu nennen, bedient sich Manfred Fuhrmann zur Bezeichnung dieses Phänomens, mit dem er sich sowohl als Übersetzer als auch als Herausgeber von Texten der klassischen Antike immer wieder konfrontiert sah, eines ihm aus der antiken Rhetorik geläufigen Fachterminus: Obscuritas, also Dunkelheit. Er unterscheidet bei den Schwierigkeiten, die dem Verständnis eines obsolet gewordenen Textes im Wege stehen, zwischen einer primären und einer sekundären Dunkelheit.29 Mit „primärer Dunkelheit“ werden inhaltliche Hindernisse bezeichnet, die der Autor selbst seinem „ursprünglichen Publikum“ in den Weg gelegt hat, z. B. durch das Einpflegen sinnrelevanter autobiographischer, poetologischer oder intertextueller Bezüge. Als „sekundäre Dunkelheit“ ist jene historisch bedingte formale Opazität eines Textes gemeint, die dem Sprach- und Bildungsumfeld der Urheber entspringt und sich nachträglich einstellt. Der Grund für diese Art der Undurchdringlichkeit liegt dann in der historischen Dimension des Artefakts selbst begründet, das aufgehört hat, „zur Lebenswelt der nunmehrigen Leserschaft zu gehören und somit unmittelbar verständlich zu sein“30. Das in Ophüls Verfilmung vorkommende Duell ist demnach nicht mehr in seiner ursprünglichen ehrenreinigenden Funktion erkennbar und muss erläutert werden, damit seine Funktion in der Gesamtökonomie der Verfilmung verständlich wird.31 Sowohl im primär dunklen als auch im sekundär dunklen Text lassen sich Lesehindernisse beheben, indem ihr Sinn, annotierend und kommentierend „einigermaßen genau bestimmbar“32 wird, z. B. durch die Rekonstruktion des geistigen Umfelds eines Textes als auch durch die Erläuterung schwieriger Ausdrücke und nicht mehr verständlicher Worte. Nach Fuhrmann ist die „Aufhellung primärer Dunkelheit“ durch eine Interpretation werkimmanent, d. h. strikt auf den Text konzentriert, leistbar, die, anhand von internen, d. h. im Text enthaltenen, „Indizien“, Schlussfolgerungen ableitet, die zu plausiblen Lösungen führen.33 Der sekundären Dunkelheit leisten hingegen Informationen geeignete Abhilfe, die von außen an den Text herangetragen werden. Beim Interagieren beider Dunkelheiten in einem besonders schwer zugänglichen Text kann die Kombination von „dem Werk inhärierenden Kriterien“ und extern eingeholten Auskünften „befriedigende Resultate“ herbeiführen.34 Fuhrmann sieht die Dringlichkeit seiner Forderung nach erläuternden Kommentaren nicht nur darin begründet, dass Werke an Verständlichkeit einbüßen, weil sie einem ‚natürlichen‘ Verwitterungsprozess ausgesetzt sind, demzufolge die darin eingefangene Lebenswirklichkeit nicht mehr mit der ihrer Leser:innen übereinstimmt. Verständigungshemmende Lesehindernisse, die erklärungsbedürftig sind, häufen sich zudem, weil Werken sowohl der Antike wie der klassischen deutschen Literatur eine Kultur- und Literaturauffassung zugrunde liegt, die ihrer nunmehrigen Leserschaft nicht mehr zur Verfügung steht, und das nicht nur in Fernost. Stellte die humanistische Kultur in der westlichen Welt, insbesondere in Europa, bis in die 1950er Jahre hinein die Koiné dar, in der sich, orts- und grenzüberschreitend, das Bildungsbürgertum wiedererkannte, so hat dieses Wissen heutzutage auch im Westen seine verbindliche Allgemeingültigkeit fast vollständig verloren. Somit nähert sich diese Sphäre auch in der deutschsprachigen Gegenwart jener Welt der Antike, an deren Vermittlung Fuhrmann seine Obscuritas-Überlegungen entwickelt hat. Nach dem „Kollaps der bürgerlichen Allgemeinbildung“35, den Fuhrmann an der Epochenschwelle nach 1945 festmacht, bildeten nämlich die griechisch-römische Kultur und die Welt der Bibel mit ihren Mythen, Figuren, Metaphern, Allegorien, Symbolen, Gattungen, Stilmerkmalen u. dgl. m. nicht weiter den grenzüberschreitenden, verbindlichen Referenzrahmen, der bis dahin für eine homogene, d. h. in sich stimmige und autoreferenzielle Kultur und Literatur sorgte und in dem sich das Bildungsbürgertum wiedererkannte. Nach dem Verlust dieser verbindlichen kulturellen Allgemeingültigkeit benötigen Werke, die dieser „antik- europäischen“36 Welt teilhaftig sind, erläuternde Kommentare zur Wiederherstellung des Wissens- und Kenntnisstandes, der Verfassenden und bildungsbürgerlicher Leserschaft ursprünglich noch gemeinsam war, damit der Weg zu einem Verständnis freigemacht wird, das durch den „radikalen Wandel des gesamten Bildungs- und Vorstellungshorizontes“37 verstellt wurde. Das erklärt auch, warum Zweigs Novelle, die in einer bildungsbürgerlichen ‚Welt von Gestern‘ fest verankert ist, Rezipienten, die sowohl lebensweltlich als auch bildungsmäßig in dieser Welt nicht zu Hause sind, besonders fremdartig und bisweilen geradezu unverständlich vorkommt. Diesem Umstand kann nur durch erläuternde Kommentare abgeholfen werden, die den Zugang zur für Zweig verbindlichen antik- europäischen Koiné erschließen, indem die Traditionsgebundenheit der Novelle ausgeleuchtet und bewusst gemacht wird. Dies soll im Folgenden geleistet werden.
Tertiäre Dunkelheit
Eine dritte, in Fuhrmanns Betrachtungen nicht ausgesprochene, jedoch bereits angelegte Dimension der Dunkelheit kommt zum Vorschein, wenn man eine besondere Seite der Beziehung zwischen den Verfassenden und ihrem Publikum betrachtet, die über die bereits festgestellten hinausgeht: ihre interkulturelle Begegnung.
Diese wird im Kontext des in den 1990er Jahren eingeleiteten Cultural Turn auch im Bereich der bislang zentral textorientierten Übersetzungsforschung verstärkt reflektiert.38 Aus der Begegnung mit der sich ebenfalls zu dieser Zeit intensiver am Text orientierenden Kulturwissenschaft geht nämlich eine „Kulturorientierung der Übersetzungsforschung“ hervor, die einer aus dem Blickwinkel der Ethnographie entwickelten „kulturellen Übersetzung“ als Übertragung fremder Kulturen das Wort redet,39 in der u. a. kulturelle Praktiken als Indikatoren für unterschiedliche Denkwelten und kulturelle Differenzen Berücksichtigung finden.40 Es ist hier nicht der Ort, um bei den durch das unterschiedliche Medium bedingten Unterschieden zu verweilen, die auch in diesem Fall zwischen textbasierter Übersetzung und bild- und klangbasierter Verfilmung eines fremdsprachlichen Textes bestehen. Ebenfalls ist hier nicht der Ort, die Akzentverschiebung, die durch den Cultural Turn eingeführt wurde, als Desavouierung hermeneutisch grundierter Übersetzungsauffassungen als ggf. berichtigt zu betrachten. Beide Konzepte, das hermeneutische und das übersetzungswissenschaftliche, können gewinnbringend additiv beansprucht werden, um dem Problem des heuristischen, d. h. erkenntnisorientierten Umgangs mit einer interlinguistischen und zugleich intermedialen Übersetzungsleistung zu begegnen. Die andersartige kulturelle Verwurzelung beider am Austausch beteiligten Artefakte wird im dynamischen Begriff der, wie Rudolf Kassühlke sie nennt, „kommunikative[n] Übersetzung“41 auf unverzichtbare Weise berücksichtigt, dem auch ein Kommentar nunmehr Rechnung tragen muss. Erst die durch die Berücksichtigung kommunikativer Prozesse erfolgte Dynamisierung des hermeneutisch akkurat erfassten Untersuchungsgegenstandes erlaubt nämlich eine operativ wirksame Präzisierung der zu erzielenden Ergebnisse. Diese Aufgabe gestaltet sich in Bezug auf Zweigs Novelle als sehr anspruchsvoll, denn es handelt sich nicht nur um einen im bildungsbürgerlichen Kulturkontext fest verankerten Text, der einem Publikum, das diesem Kulturkreis nicht mehr angehört, nicht mehr unmittelbar verständlich ist. Sie ist ein fremdsprachlicher Ausgangstext, der von einer anderssprachlichen Leserschaft mit einem eigenständigen, fest gefügten, kulturellen Selbstverständnis rezipiert wird, das mehr oder minder von dem abweicht, was dem Ausgangstext inhäriert. Dieser Hintergrund bleibt im Rezeptionsvorgang immer latent gegenwärtig und sorgt dafür, dass es unbewusst zu Interferenzen kommt, d. h. zu semantischen Verschiebungen und somit zu inhaltsrelevanten Verzerrungen, die durch divergierende Konnotate von in der jeweiligen Kultur verhafteten Bildern, Symbolen, Motiven u. ä. entstehen. Um eine Kategorie zu verwenden, die in der Interlinguistik untersucht wird, handelt es sich um kultursemantische ‚falsche Freunde‘, um ähnlich lautende Begriffspaare also, die nur scheinbar das Original wiedergeben, im neuen Kontext jedoch eine völlig andere Bedeutung erlangen, da sie mit analogen Begriffen in der Zielkultur interferieren.42 Diese durch Scheinentsprechungen hervorgerufenen ‚Fehler‘ bilden eine neue Ebene der Obscuritas, die ich „tertiäre Dunkelheit“ nenne. Durch die tertiäre Dunkelheit wird der Weg zum Original nicht durch Unverständnis, sondern durch Missverständnis versperrt. Eine weiße Rose ist, um das markanteste einschlägige Beispiel anzuführen, ein im antik-europäischen Kontext semantisch genau markiertes Kulturobjekt. Seine Entsprechung im südostasiatischen Kontext ruft jedoch, unbewusst und unreflektiert, ganz andere semantische Felder hervor, die für inhaltliche Verzerrungen und Entstellungen ursächlich sind. Es stellt sich demnach die dringende Aufgabe, durch einen erläuternden Kommentar zu den Verfilmungen, diese Mehrdeutigkeit zu disambiguieren, also auf ihre Eindeutigkeit zurückzuführen, indem Interferenzen bewusst gemacht und eo facto, d. h. aufgrund dieser Tatsache, reflektiert werden, um den Weg für das Verständnis des Ausgangstextes, aber auch des medialen Endprodukts, frei zu machen. Darüber hinaus dient die Ausleuchtung der tertiären Dunkelheit dazu, Sinnverzerrungen wahrnehmbar zu machen, die von der Beibehaltung des ‚falschen Freunds‘ ausgehen. Dies ist der Fall u. a. bei der Verfilmung von Xú Jìngléi (2004), in der die Regisseurin am Dingsymbol „weiße Rose“ festhält, obwohl diesem im südostasiatischen Kontext eine völlig andere Sinnzuweisung zukommt. Sinnbewahrende Modifizierungen werden dadurch ebenfalls nachvollziehbar, die dem Werk dem Wortsinn nach ‚untreu‘ werden, dies aber tun, um die gleiche vom Original beabsichtigte Wirkung herbeizuführen, indem sie einen konnotativ eindeutig aufgeladenen Begriff im Ausgangstext durch einen zielkulturadäquaten ‚wahren Freund‘ im Zielartefakt ersetzen. Dies ist z. B. bei der südkoreanischen Verfilmung aus dem Jahr 1969 der Fall, in der eine gelbe Chrysantheme die Rolle des Dingsymbols „weiße Rose“ übernimmt. Auf beide Aspekte wird weiter unten eingegangen.43
Es drängt sich an dieser Stelle die Präzisierung der Begrifflichkeit auf, die bei der Ausleuchtung der Beziehungen zwischen Novelle und deren Verfilmungen verwendet wird, angefangen mit der Bezeichnung der Artefakte, die eine literarische Vorlage in filmische Bilder übertragen. Ferner tut not, bei einem Begriffspaar zu verweilen, das das Verhältnis zwischen dem Original und seiner wie auch immer erfolgten filmischen Bearbeitung betrifft und das bei der Untersuchung von Literaturverfilmungen in der Regel als Leitfrage dient: Handelt es sich jeweils um eine werkgetreue Wiedergabe oder um eine freie Adaption?
Adaption, Verfilmung, Transformation, Transposition, Transfiguration
Die in der Wissenschaft entwickelte Begrifflichkeit zur Bezeichnung eines visuellen Artefakts, das seinen Ausgang aus einem literarischen Werk nimmt, offeriert fünf Kandidaten, die zwar jeweils um Werteneutralität buhlen, jedoch einer qualitativ oder quantitativ wertenden Beschreibung der Beziehungen zwischen beiden Polen des Vergleichs immer verpflichtet sind.44
Der älteren, heute oft als überholt betrachteten „Adaption“ haftet eine historisch nachvollziehbare negative Nebenbedeutung an.45 Diese rührt von der geringeren Wertschätzung her, die dem Film als neue Kunst anfangs entgegenschlug, weshalb sein Eindringen in die Domäne der höher bewerteten Literatur wenig Akzeptanz fand bzw. unter Rechtfertigungsdruck stand. Somit ist diesem Begriff die „Hochschätzung der Vorlage und Abwertung der Adaption“46 inhärent. Dass dabei immer wieder von „Werktreue“ die Rede ist, die eingehalten oder verfehlt wird, dass also wertende Aussagen getroffen werden, die immer noch von einer asymmetrischen Beziehung zeugen, sollte nicht unreflektiert bleiben, worauf weiter unten eingegangen wird. Nicht weniger konnotativ belastet ist die Alternative „Verfilmung“, denn das darin vorkommende Präfix „Ver-“ impliziert, alltagssemantisch, die negative Entwicklung einer Handlung, die z. B. in Verben wie „verwursteln“ oder „sich versehen“ u. dgl. m. mitschwingt, und führt somit ebenfalls zu einer Abwertung der medialen Bearbeitung gegenüber der für höherwertiger gehaltenen literarischen Vorlage. Einen anderen Blickwinkel bietet der von Irmela Schneider lancierte Begriff „Transformation“, der den Prozess der Verwandlung „eines Textsystems von einem Zeichensystem in ein anderes“47 fokussiert, in dessen Verlauf die literarische Vorlage, der „Transform“, umgestaltet wird.48 Dabei gilt Schneiders Augenmerk nicht weiter der Kategorie „Werktreue“, sondern zentral den Bedingungen des Vergleichs zwischen beiden Codes und den mannigfachen Aspekten, die am Transformationsprozess beteiligt sind.49 Dabei wird das in den Begriffen „Adaption“ und „Verfilmung“ enthaltene asymmetrische Verhältnis zwischen Film und Vorlage aufgegeben und es wird die Hinwendung zu einer Betrachtung markiert, bei der es nicht mehr um eine hierarchische, sondern eher um eine ‚analogische‘ Beziehung zwischen eigengesetzlichen Medien geht. Demnach werden Vorlage und filmische Realisierung als jeweils in sich kohärente, grundsätzlich verschiedene Systeme betrachtet, was erlaubt, den Film, ganz von möglichen Abweichungen gegenüber der literarischen Vorlage absehend, als durchaus mit dieser gleichwertig zu betrachten.50 Die filmtheoretische Forschung führt zudem die Begriffe „Transposition“ und „Transfiguration“ an, um, quantitativ, der Entfernung zwischen dem Film und seiner literarischen Vorlage terminlich habhaft zu werden.51 Werden in der Transposition nur einige Elemente der Vorlage selektiv vom Film beansprucht, befindet sich die Transfiguration auf der niedrigsten Stufe der Berührung beider Vergleichsgrößen, da darin gar „auf das Literarische der Vorlage verzichtet (wird)“.52 All diese Begriffe sind in der Forschung Gegenstand kluger Präzisierungen und werden dementsprechend problematisiert, was man sich bei ihrer Verwendung bewusst machen muss. Ich weise aber darauf hin, dass ich mich, aus Praktikabilitätsgründen, im Verlauf der vorliegenden Arbeit der Begriffe „Verfilmung/literarische Verfilmung/Literaturverfilmung“ und „Adaption“ wertneutral und synonym bediene. Damit bezeichne ich schlichtweg ein filmisches Artefakt, das sich in einer – weder quantitativ noch qualitativ näher bezeichneten – Beziehung zu einem literarischen Werk befindet, dem es seine Entstehung verdankt. Die Begriffe Transformation, Transposition und Transfiguration finden in der vorliegenden Arbeit ebenfalls eine operativ gedeihliche, obgleich sparsamere Verwendung und ihre in der Forschung aufgezeigte semantische Dimension wird sich aus dem Kontext ergeben, in dem ich sie verwende.
Werktreue und freie Adaption
Die Adaption kann als Sonderform der Übersetzung betrachtet werden, bei der die Beziehung zwischen Ausgangstext und seinem Relatum ebenfalls ein Grundproblem darstellt.
Der produktionsästhetisch relevante Begriff „Werktreue“, der wohl auch den der rezeptionsästhetisch ausgerichteten „Wirkungstreue“ miteinbezieht, als Maßstab einer ‚guten‘ Adaption wurde bereits vom französischen Filmkritiker André Bazin (1918–1958) ins Spiel gebracht, der von Anfang an für jene Werktreue eine Lanze bricht, die „das Original in seiner Substanz nach Wort und Geist wiederherstell[t]“53 und ihm ein in seiner ästhetischen Gleichwertigkeit ebenbürtiges Artefakt zur Seite stellt. Als Beispiel einer seiner Meinung nach gelungenen Verfilmung führt er die Adaption von Flauberts Roman Madame Bovary (1856) durch Jean Renoir (1894–1979) an, in der „diese Werktreue paradoxerweise mit einer äußersten Unabhängigkeit vom Werk vereinbar (ist)“,54 und zeichnet gerade die „nahezu schwindelerregende Werktreue“,55 die Robert Bresson (1901–1999) bei seiner 1951 erschienenen Verfilmung vom Roman Journal d’un curé de campagne (Tagebuch eines Landpfarrers) von Georges Bernanos (1888–1948) erreicht hat, als Qualitätsprädikat dieses Filmes aus. Dadurch wird die Betrachtung der Begegnung zwischen Literatur und Film, die bis dahin zu verächtlichen Äußerungen verleitet hatte, auf ein höheres Niveau gehoben, und „Werktreue“ wird zum operativen Werkzeug (und Lackmuspapier) der fortan geführten filmtheoretischen Diskussion. Dieser Begriff hat u. a. Helmut Kreuzer zu seiner werktreuebasierten Typologie der filmischen Literaturadaption inspiriert56 und kann weiterhin gute Dienste leisten, hat man ihn erst einmal kritisch reflektiert.
Sowohl der „Werktreue“, die sich auf produktionsästhetische Prozesse bezieht, wie ihrem Weggefährten, der „Wirkungstreue“ bzw. wirkungsbezogenen Treue, die rezeptionsästhetische Aspekte betrachtet, ist allerdings eine wertende Haltung inhärent, die alltagssemantisch bedingt ist. Bei beiden ist das zweite Glied im Kompositum vorbelastet, denn Treue bezeichnet, wie die Definition im DWDS lautet, „Beständigkeit und Zuverlässigkeit in der engen Bindung zu jemandem“57 und ist kulturgeschichtlich synonym mit einer edlen und tugendhaften Haltung. Eine werkgetreue Adaption ist somit an sich wertvoll und erstrebenswert und die große Nähe des Films zum höherwertigen literarischen Werk wird mit dem positiv konnotierten Beiwort „getreu“ belohnt. Die als ihr Gegenteil wahrgenommene „freie Adaption“ wird hingegen mit dem negativen Beigeschmack versehenen, das alltagssprachlich z. B. im Ausdruck „sich gegenüber jemandem Freiheiten herausnehmen“ mitschwingt. Dadurch wirkt die „freie Adaption“ als Produkt von Filmschaffenden, die sich dem höher in der Wertschätzung des Publikums stehenden literarischen Werk auf respektlose Weise nähern, d. h. sich, auf verwerfliche Art und Weise verselbstständigend, über den Aussagewillen des Schriftstellers bzw. der Schriftstellerin hinwegsetzen, indem sie das literarische Werk z. B. als Steinbruch für Stoffe und Motive verwenden. Somit bezeichnen „freie Adaption“ und „werkgetreue Adaption“ die beiden entgegengesetzten Pole der Beziehung, die das filmische Artefakt zum literarischen Werk unterhält, von dem es seinen Ausgang genommen hat. Woran misst man aber die Nähe bzw. die Entfernung zwischen Film und literarischer Vorlage? Woran sollten dann „Treue“ und „Freiheit“ bei der Übertragung eines Zeichensystems in ein anderes festgemacht werden, wenn es in deren Verlauf zu Transformationen kommt, die den dem jeweiligen Artefakt inhärenten Code eigenständig entfalten? Es ist nicht leicht, diese Fragen zu beantworten, denn Film und Literatur sind aufgrund ihrer medienbedingten Gesetzmäßigkeit an sich inkommensurabel, die Grenze, die sie trennt, ist allerdings mehr als nur porös, nicht nur weil die Literatur den Film schon immer inspiriert hat und ihrerseits zunehmend von diesem angeregt wird.58 Die im jeweiligen Medium zum Tragen kommenden Sprachen unterscheiden sich wesentlich voneinander, sie haben jedoch mehr Gemeinsamkeiten als ihre unterschiedlichen Medien vermuten lassen würden, was die Beantwortung der Frage nach Nähe und Ferne nicht leichter macht. Beide Relata partizipieren am Instrumentarium anderer Künste – Musik, Malerei, Skulptur, Architektur – um der jeweils eigenen Bildsprache emotionale Aussagekraft zu verleihen. Diese polyvalente Bezüglichkeit wird spontan für den Film beansprucht und als Faktor der Inkompatibilität zwischen der textbasierten Literatur und dem multimedial offenen Film gedeutet. Dies ist bedauerlich, denn schon in der Antike waren synchron abbildende Künste und diachronisch beschreibende ‚Sprachkunstwerke‘ in einen Wettstreit zueinander getreten, z. B. bei der rhetorischen Figur der Ekphrasis, bei der Personen, Objekte aber auch Kunstgegenstände mit den Mitteln der Sprache ‚plastisch‘ dargestellt wurden, oder im Gemäldegedicht bzw. Bildgedicht, in dem ein Kunstwerk sprachlich nachgezeichnet wird.59 Die in der Renaissance60 angestoßene Kontroverse über die Grenzbestimmung der Künste und ihr Verhältnis zueinander, das Paragone, war erst bei Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781), dem großen Literaten der Aufklärung61, mit der Schrift Laokoon oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie (1767) zu einem vorläufigen Ende gekommen, deren Ausführungen aber auch heute in Bezug auf die Literaturverfilmung überaus ertragreich sein können. Die Beziehungen zwischen Musik und Literatur sind wiederum literaturhistorisch, besonders in der deutschen Romantik, schon lange verbürgt, und nicht weniger tief schreibt sich die Musik auf unterschiedliche Weise in die bildlichen und sprachlichen Gestaltungsmittel eines literarischen Textes ein.62 Von beiden Aspekten legt u. a. auch Zweigs Novelle Brief einer Unbekannten Zeugnis ab, die sich u. a. durch die Musikalität ihrer Sprache auszeichnet.63 Das Zusammenspielen der Künste, das als Alleinstellungsmerkmal des Films beansprucht wird, ist auch der Sprachkunst nicht fremd. Die Synästhesie, die mehrere Sinne zum Entstehen eines einzigen Bildes gleichzeitig beansprucht, gehört zu den traditionellen literarischen Figuren, die emotionsintensivierend wirken.
Wie können aber Musikalität, Plastizität, Bildlichkeit der literarischen Vorlage, sowohl in Reinkultur als auch in ihrem Zusammenwirken, mit filmischen Mitteln – u. a. durch mise-en-scène, mise-en-cadre und Beleuchtung –64 so wiedergegeben werden, dass die Adaption, unter diesem Gesichtspunkt, als treu im Sinne von gleichwertig gelten kann? Literatur und Film teilen die doppelte Funktion der Sprache miteinander, die in der Semiotik als denotativ und konnotativ bezeichnet wird.65 Ihre kommunikative Funktion ereignet sich nämlich über den vordergründigen Sinn, das sachlich bezeichnende Denotat, und wird präzisiert durch Konnotate, also durch Nebenbedeutungen, die Empfindungen und Assoziationen hervorrufen. Letztere, die semantisch angereicherte Ebene, erlaubt es den Verfassenden und den Filmschaffenden gleichermaßen zusätzliche, inhaltsrelevante Informationen zu vermitteln, die sowohl intuitiv als auch subliminal, also unterschwellig, vom Publikum aktualisiert werden (können). Dafür bedienen sich beide Künste, auf jeweils dem eigenen Medium gerechte Weise, der Mittel figürlicher Rede, um erzähltechnische Hürden zu bewältigen, aber auch um einer emotionalen Appelfunktion zu genügen. Bei der wissenschaftlichen Analyse von Adaptionen, die nicht von ungefähr zu Beginn in das Ressort der Literaturwissenschaft fiel, werden Aspekte der „Filmsprache“ anhand der in der Dichtungslehre entwickelten Begrifflichkeit beschrieben, indem u. a., wie bei einem Sprachkunstwerk, von Metonymien und Synekdochen als spezielle Formen von Metaphern die Rede ist.66 Hinzu wären dann ferner – um nur wenige Beispiele zu nennen – nicht nur die oben erwähnte Synästhesie als das Zusammenspielen aller Sinne in einem Bild, sondern auch Figuren der Wiederholung wie z. B. Repetitio und Geminatio zu erwähnen.67 Sehr interessante Betrachtungen zu den medialen Umsetzungen vornehmlich literarischer Figuren hat Béla Balázs in seinen theoretischen Schiften angestellt, die er oft anhand praktischer Beispiele aus dem Film Narkose (→) illustriert, bei dem er allerdings, nach eigenen Aussagen, eine Transfiguration der Vorlage vornimmt.68
Wie kann man also das Ausmaß an „Treue“ messen, wenn eine dem Wort nach korrekt wiedergegebene Metapher in der Adaption zu einer Katachrese, d. h. einer semantisch unstimmigen Metapher,69 führt, während neu erfundene Bilder stärker, wie es Jörn Albrecht formulieren würde, „dem Ausgangstext verpflichtet“ sind?70 Die Probleme, die in der Übersetzungswissenschaft zu einer vertieften Auseinandersetzung um den Begriff der Treue führen, zeigen sich auch beim Themenkomplex „Literaturverfilmung“, denn es können sich im Medienvergleich, je nach fokussiertem Bezugspunkt, Entsprechungen, aber auch mehr oder minder intendierte Abweichungen ergeben. Sie kommen durch mannigfache Faktoren zustande und lassen sich schwer unter ein Gesamtbild subsumieren. Es können somit innerhalb einer und derselben Adaption partielle Übereinstimmungen, aber auch Abtönungen vorkommen, was eine pauschalierende Antwort auf die Frage nach „der“ Werktreue und nach ihrem Gegenteil nicht zulässt. Die differenzierte Betrachtung unterschiedlicher Adaptionsmodi, die in der Filmwissenschaft vorgeschlagen und im Folgenden vor dem Hintergrund übersetzungswissenschaftlicher Ansätze reflektiert werden, kann dennoch auf der Suche nach dem Gradmesser für die, wie auch immer geartete, Beziehung einer Verfilmung zu ihrem literarischen Ausgangspunkt gute Dienste leisten.
Adaptionsmodi
Mit Helmut Kreuzers vier wertefreien Arten der Adaption liegen durchaus praktikable Vorschläge vor, die auch bei der vorliegenden Arbeit Berücksichtigung finden.71 Um nur einige Beispiele zu geben, kann z. B. Etsi esvyse i zoi mou Έτσι έσβυσε η ζωή μου, der griechische Farbfilm aus dem Jahr 1952,72 durchaus als eine nach Kreuzers Bezeichnung „Adaption als Aneignung von literarischem Rohstoff“73 gelten, die sich recht zwanglos gegenüber dem Ausgangstext verhält. Ferner listet Kreuzer die Adaption als „Illustration“ auf, also als eine Art „bebilderte Literatur“.74 Als solche könnte Jacques Derays Fernsehadaption Lettre dʼune inconnue (2002–2003) bezeichnet werden, da sie sich durch eine uninspirierte Anlehnung an den Buchstaben der Vorlage auszeichnet, z. B. durch die wortwörtliche Übernahme von Dialogen bzw. von monologischen Partien, die aus dem Off wiedergegeben werden, was nach Bazin einer missglückten, weil am Buchstaben klebenden und somit entseelten Adaption gleichkommt.75 Eine dritte Art der Adaption kann nach Kreuzer eine „interpretierende Transformation“76 sein, ein Begriff, den er an Irmela Schneiders Überlegungen entwickelt, die sich auf die interpretierende Transformation vom wortsprachlichen Zeichensystem ins Filmspezifische fokussiert. Bei der Bemühung, den ursprünglichen Sinn zu erfassen und eine visuell überzeugende Wirkung des Originals zu erzielen, spiegelt diese Art der Adaption Elemente des literarischen Ausgangstextes durch filmische und kinematographische Gestaltungsmittel (Montage, Belichtung, mise-en-scène u. drgl. m.),77 wodurch die Umsetzung nicht mehr mechanisch resultiert, sondern auf semiotischer, ästhetischer und soziologischer Ebene überzeugt.78 In die Nähe der „Adaption als interpretierende Transformation“ könnten u. a. Alfred Abels und Béla Balázsʼ Narkose (1929) und Xú Jìngléis Yīgè mòshēng nǚrén de láixìn (2004) kommen, wenn sie, um bei Kreuzers Analyse zu bleiben, „den Sinn des Werkganzen erfaßt“79 hätten, bevor sie ihn in das neue Zeichensystem adäquat transponierten. Ob dies der Fall ist, wird sich weiter unten zeigen.80 Es darf hier nicht versäumt werden, auf den Umstand hinzuweisen, dass die oben aufgelisteten Arten der Adaptionen in der Regel nicht in reinem Zustand vorkommen, sondern mehrere in einem wechselseitigen Dialog miteinander stehende Konzepte innerhalb einer einzigen Adaption bieten.
Wolfgang Gast bietet ferner eine hochdifferenzierte und bedenkenswerte Analyse der nach inhaltlichen Intentionen strukturierten Adaptionsmodi, die ebenfalls nicht in Reinkultur, sondern in Mischformen vorkommen, und nennt im Einzelnen aktualisierende, aktuell-politisierende, ideologisierende, historisierende, ästhetisierende, psychologische, popularisierende und parodierende Adaptionen.81 Eine Verfilmung kann somit, um einige Beispiele zu bieten, die Nähe zum Original durch Aktualisierung des Stoffes erreichen, indem ein Gegenwartsbezug zum nunmehrigen Publikum erstellt wird. Auf diese Weise könnten die ‚Empfänger‘ z. B. für ein besonders wichtiges Thema von überzeitlicher Relevanz gewonnen werden, das bereits in der literarischen Vorlage angelegt ist. Dies kann z. B. die Thematisierung der „‚schlechten Taten‘ […], die Frauen getan werden“82, sein, der Geschlechterfrage also, die u. a. ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis umfasst. Dieses Thema bewegt so gut wie alle Verfilmungen, indem man Zweigs Impulse in seinem Sinn bearbeitet oder sie lediglich als erzählerisches Ferment aufnimmt, sich aber in vielen anderen Aspekten gegenüber der Vorlage bisweilen sehr eigenwillig verhält.
Gasts Typologie folgend, könnte man auch, in Anlehnung an Kassühlkes Entwurf einer „kommunikativen Übersetzung“, von einer „kommunikativen Adaption“ sprechen. Diese würde es sich zum Ziel machen, die literarische Vorlage zum Publikum hin zu bewegen und auf „inhaltliche Übereinstimmung und kommunikative Gleichwertigkeit“83 abzuzielen, einer Endabsicht, der sich alles andere beugen müsste. ‚Treue‘ würde dabei zum dynamischen Begriff werden, da sie mit dem Maßstab der Funktionalität gemessen wird, der die Adaption verpflichtet wäre. Dass dabei die im Zielland vorherrschende Sprach-, Literatur- und Kulturauffassung als Leitbild dienen, versteht sich von selbst. Übersetzungshistorisch liefert das Modell der aus heutiger Sicht übergriffigen ‚Belle Infidèle‘, der ‚schönen Ungetreuen‘, ein gutes Beispiel für diese funktionale Treue, da es, ausgehend von einer normativen, allgemeingültigen Auffassung dessen, was schön, gut und wahr ist, kürzend, modifizierend und ersetzend in die Vorlage eingreift, die diesen Maßstäben nicht zu genügen scheint und die somit dem anvisierten neuen Publikum weder genehm noch wohlgefällig sein würde.84 Dabei werden u. a. jene Passagen des Originals ‚verschönert‘, die man nach der Zielkultur formal und inhaltlich für unangemessen hält, da man sie als Beleidigung des ästhetischen und moralischen Empfindens des Zielpublikums betrachtet, damit nicht zuletzt Eingriffen der staatlichen Zensur zuvorkommend.85 Dass dabei die ‚inhaltliche Übereinstimmung‘ auf der Strecke bleiben könnte, wird in diesem universalistischen, auf Allgemeingültigkeit der sie leitenden Werte basierenden Konzept nicht einmal wahrgenommen.
Wie soll man, anhand der oben dargestellten Adaptionsmodi, den Verfilmungen von Brief einer Unbekannten begegnen?
Gasts Typologie folgend, könnte man von einer aktuell-politisierenden Adaption reden, wenn die Verfilmung z. B., propagandistischen Absichten gehorchend, durch gezielte Eingriffe in die literarische Vorlage, in eine gegenwartsbezogene politische Diskussion eingreift. Dieses Ziel verfolgt z. B. Béla Balázs, der mit seiner Adaption, Zweigs Impulse aufgreifend, nicht nur zu aktuellen frauenemanzipatorischen Fragen Position zu beziehen, sondern auch erklärtermaßen einem politischen Programm dienlich sein will.86 In diesem Fall von aktualisierender bzw. aktuell-politisierender Adaption könnte man die ‚Treue‘ zum Original, also ihre Werknähe oder -ferne, anhand der jeweils gelungenen oder missglückten ‚Ethos-Äquivalenz‘, d. h. anhand der erfolgten oder verfehlten Entsprechung zwischen den moralischen Haltungen der korrelierten Artefakte bzw. dem jeweils ihnen unterlegten ethischen Wertekanon messen. Letter from an Unknown Woman bietet eine doppelte Leseart von Adaption, indem Ophüls einerseits, ganz nahe bei Zweig, die wehmütige Rekonstruktion einer vergangenen historischen Epoche unternimmt – Gasts ‚historisierende Adaption‘ –, andererseits aber, nach dem Willen der Filmproduzenten, eine Adaption realisiert, die einer präzisen Ideologie gehorcht – Gasts ‚ideologisierende Adaption‘ –, denn Lisa entfernt sich vom Bild der aufmüpfigen Neuen Frau des Originals, um zur konservativ‑verklemmten Frau der McCarthy-Ära (ab 1947 bis etwa 1956) zu mutieren.87
Es wäre überaus reizvoll, sich auch bei der multimedialen Übertragung literarischer Vorlagen in die Sprache bewegter Bilder und Töne die feinen Differenzierungen dienstbar zu machen, mit denen die Übersetzungswissenschaft im Bereich des rein Sprachlichen die Beziehungen zwischen Ziel- und Ausgangstext analysiert und systematisiert. Ich denke dabei an Eugene A. Nidas dynamische Äquivalenz (Dynamic equivalence)88 und an die fünf Äquivalenzforderungen – denotative, konnotative, textnormative, formalästhetische Äquivalenz sowie empfängerbezogene pragmatische Äquivalenz –, mit denen sich Koller, unter Berücksichtigung unterschiedlicher Bezugsrahmen, bemüht, das Verhältnis zwischen Ausgangs- und Zieltext mittels Übersetzung begrifflich einzufangen.89 Dass dabei der an sich schon problematische Terminus „Äquivalenz“, mit dem Entsprechungen innerhalb eines einzigen Zeichensystems, der Sprache, bezeichnet werden, bei der Betrachtung von unterschiedlichen Zeichensystemen, Literatur vs. Film, mit Vorsicht zu genießen ist, muss nicht näher erläutert werden.90 Das alles ist zweifelsohne der vertieften Betrachtung würdig und darauf fokussierte Untersuchungen versprechen, äußerst ertragreich zu sein. Für die vorliegende Arbeit wäre dies jedoch aufgrund der gewählten Fokussierung, wie Effi Briests Vater sagen würde, „wirklich ein zu weites Feld.“91
1 Unter „Antike“ versteht man die im Mittelmeerraum vorherrschende Kulturepoche, die vom alten Griechenland ausging, das als die Wiege der europäischen Kultur betrachtet wird, und vom Römischen Reich abgelöst wurde. Sie umfasste eine fast zweitausendjährige Zeitspanne, und zwar von etwa 800 v. Chr. bis 600 n. Chr., wobei die genauen Heckdaten unter Historikern umstritten sind. Die Übergangszeit zwischen dem Zusammenbruch Roms und dem Ende des Weströmischen Reiches im Jahr 476 und dem Tod des oströmischen Kaisers Justinian im Jahr 565 wird auch „Spätantike“ genannt. Die Sprachen der Antike waren das Altgriechische und das Lateinische. Dieser Epoche folgte die Epoche des Mittelalters (s. →T. 1, Anm. 430).
2 S. zum Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud (1856–1939) vgl. besonders →T. 4: Zweigs literarisch-kulturelle Prägung und Der erotische Diskurs in der Wiener Moderne und die Rezeption Freuds. Zum belgischen Dichter Emile Verhaeren (1855–1916) vgl. die Ausführungen in →T. 1: Autobiographisches Schreiben: Kulturgeschichtliches und individuelle Signatur.
3 Niehoff-Panagiotidis: Koine und Diglossie, S. 1–4: 1.
4 Ebda.
5 Die Bibel, aus dem Altgriechischen βιβλία, biblia, d. h. „Bücher‘“, auch Heilige Schrift genannt, ist der bis heute grundlegende religiöse Text für Judentum und Christentum. Die Gläubigen halten die Bibel für die Offenbarung des Wortes Gottes, da man meint, sie sei durch Gott inspiriert und Gott spreche durch sie zu den Menschen, um ihnen seinen Willen kundzutun. Die in der Bibel enthaltenen, maßgeblichen Bücher sind, nach christlicher Bezeichnung, in zwei Hauptabteilungen eingeteilt: das auf Hebräisch und Aramäisch verfasste Alte Testament und das im Original auf Altgriechisch geschriebene Neue Testament. Die Bezeichnung der beiden Teile der Bibel stammt aus dem Lateinischen „Testamentum“, das „Bund“ bedeutet und den Bund, also den Pakt, bezeichnet, den Gott mit den Menschen schloss. Das Alte Testament, das Buch des Alten Bundes, bezieht sich auf die Zeit vor der Geburt des Gottessohnes Jesus Christus. Durch den die Menschheit erlösenden Tod seines Sohnes am Kreuz ging Gott, nach Auffassung der Gläubigen, einen neuen Bund mit den Menschen ein. Davon handelt das Buch des Neuen Bundes: das Neue Testament. Auf diese Auffassung ist u. a. zurückzuführen, dass man die westliche Geschichte in eine ‚alte‘ Zeit „vor Christus“ (v. Chr.) und eine, mit dem Jahr 0 unserer Zeitrechnung einsetzende ‚neue‘ Zeit „nach Christus“ (n. Chr.) einteilt. Während das Alte Testament sowohl von Juden als auch von Christen als Zeugnis der Offenbarung Gottes verehrt wird, beziehen sich nur Christen auf das Neue Testament.
6 Darauf wird im Verlauf vorliegender Arbeit eingegangen. Näheres hierzu findet sich zur Vertiefung in Manfred Fuhrmann: Der europäische Bildungskanon.
7 Siehe hierzu ders.: Bildung. Europas kulturelle Identität. Auf den Begriff des Kanons wird weiter unten (→T. 1: Stefan Zweigs Novelle) eingegangen.
8 S. hierzu weiter unten Anm. 14.
9 Heidegger: Sein und Zeit [1927], passim, besonders § 38. Das Verfallen und die Geworfenheit, S. 175–180.
10 Woesler: Zu den Aufgaben des heutigen Kommentars, S. 18–35: 20.
11 S. weiter unten →Kommentar oder Interpretation?
12 S. ebda.
13 Zur Präzisierung der Aufgaben einer Edition als Zusammenwirken textologischer Faktoren wie Entstehungsgeschichte – Anlass, Intention, textbezogene Materialien, Arbeitsweise, Zensur bzw. Selbstzensur, Überlieferung –, Textgeschichte und Wirkungsgeschichte, die zur Interpretation „unter außertextologischen Voraussetzungen“ überleiten können, siehe Siegfried Scheibe: Von der Entstehungsgeschichte, der Textgeschichte und der zeitgenössischen Wirkungsgeschichte, in Siegfried Scheibe (Hrsg.) [u. a.]: Vom Umgang mit Editionen. Eine Einführung in Verfahrensweisen und Methoden der Textologie. Berlin: Akademie-Verlag (Berlin, Ost) 1988, S. 160–204: 204, sowie Jan Bürger: Zeit des Lebens, Zeit der Künste. Wozu dienen Entstehungsgeschichten und biographische Informationen bei der Edition poetischer Schriften?, in Rüdiger Nutt-Kofoth [u. a.] (Hrsg.): Text und Edition. Positionen und Perspektiven. Berlin: Erich Schmidt Verlag 2000, S. 231–243: 232.
14 Unter Hermeneutik, aus dem Altgriechischen hermēneutikḗ (téchnē) ἑρμηνευτική τέχνη, d. h. „Kunst der Deutung“, versteht man eine geisteswissenschaftliche Methode, die sich im Bereich der Literaturwissenschaft mit der ‚werkimmanenten‘, d. h. ausschließlich auf den Text fokussierten Auslegung und Deutung eines Sprachkunstwerks, also eines Schriftwerks von literarischer Qualität, mit dem Ziel befasst, dieses zu verstehen. Dabei sollen sich außerhalb des untersuchten Werks befindende Elemente (Entstehungsbedingungen, Biographie des Autors, sozio-historische Fakten u. dgl. m.) zur Auslegung nicht einbezogen werden, was an sich, nebenbei bemerkt, ein Ding der Unmöglichkeit bei einem in der Geschichte verwurzelten Werk ist. Ein hermeneutisches Vorgehen heißt, ein Artefakt in pendelartigem Umschalten zwischen dem Ganzen und seinen Teilen aus sich heraus zu erklären und zu interpretieren, in dem sich der Verstehensprozess in dem sogenannten hermeneutischen Zirkel vollzieht. Dieser wird dann in seiner unendlichen Wiederholbarkeit dieses Prozesses zur Spirale, in deren Verlauf das Verstehen eines Werkes immer tiefere Schichten erreicht. Zu Einführung in diese Methode mit Grundbibliographie siehe Hiltrud Gnüg: Hermeneutik / Neohermeneutik, in Schneider (Hrsg.): Methodengeschichte der Germanistik, S. 225–253.
15 Es sei hier angemerkt, dass diese Schreibweise, zusammen mit den weiteren gendernden Zeichen wie Sternchen, Majuskel oder Unterstrich (Gendergap) im Inneren eines Wortes u. dgl. m., die zur Kennzeichnung von mehrgeschlechtlichen Bezeichnungen gebraucht werden, nicht in das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufgenommen wurden, da es sich dabei um typographische Zeichen handelt und man zudem eine Beeinträchtigung der Lesbarkeit und Verständlichkeit von durch sie gegenderten Texten befürchtet. Auch bei seiner jüngsten Stellungnahme (14. Juli 2023) hat der Rat für deutsche Rechtschreibung bestätigt, dass diese Wortbinnenzeichen nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie gehören, er hat sich aber weder gegen noch für den Binnendoppelpunkt u. dgl. m. ausgesprochen. Die Verwendung von Genderzeichen ist somit ein bewusster Akt, mit dem die einzelne Person einen Beitrag gegen eine männerzentrierte und für eine geschlechtsneutrale Sprachverwendung leisten will. Damit soll aber zugleich ein Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit geleistet werden, indem man den Frauen zuerst sprachlich mehr Sichtbarkeit verleiht, was letztlich aber auch ihre öffentliche Wahrnehmung beeinflussen soll. Der von mir als inklusiv gewählte Binnendoppelpunkt, der sich seit 2018 trotz starker Einwände und Kritiken, etabliert hat, soll darüber hinaus nicht-binäre Diversität, über das nunmehr auch gesetzlich anerkannte dritte Geschlecht hinaus, auch sprachlich sichtbar machen, was der Kultur des in vorliegender Arbeit untersuchten Zeitraums besonders gerecht wird, für die geschlechtliche Vielfalt ein Lebensmodell war.
16 S. besonders den Abschnitt T→. 4: Neue erotische Freiheiten.
17 Zuǒ Qǐwén: Werkgetreue Wiedergabe oder freie Adaption? Vergleich zwischen Stefan Zweigs Novelle ‚Brief einer Unbekannten‘ und deren Verfilmung von Max Ophüls (1948) anhand des Frauenbildes. Unver. Bachelorarbeit, BFSU, 2014.
18 Gumbrecht: Das Schreiben von Kommentaren, S. 69–87: 69.
19 Fuhrmann: Kommentierte Klassiker?, S. 37–57: 57.
20 Gumbrecht: Das Schreiben von Kommentaren, S. 69–87: 69.
21 Ich verweise, unter den vielen einführenden Werken, speziell auf Remigius Bunia, Till Dembeck: Dekonstruktion / Poststrukturalismus, in Schneider (Hrsg.): Methodengeschichte der Germanistik, S. 71–88.
22 Es handelt sich um einen Ausdruck aus der Sprachtheorie Karl Bühlers (1934), der mit der Formel „Ich-Jetzt-Hier-Origo“ den Orientierungspunkt für situationsbezogene sprachliche Ausdrücke bezeichnet, was in der Linguistik breite Anwendung findet. Ich bediene mich dessen zweckentfremdet, um auf ein weiter gefasstes deiktisches (d. h. personen-, orts- oder zeitbezogenes) Zentrum bei der situationsbezogenen Orientierung des Subjekts hinzuweisen. Siehe zur Origo als deiktisches Zentrum in Äußerungssituationen, also als Bezugspunkt deiktischer Ausdrücke, Augustin Speyer, Ingo Reich: Deutsche Sprachwissenschaft. Eine Einführung. Ditzingen: Reclam 2020, S. 37–39.
23 Zur lang anhaltenden Diskussion über die Notwendigkeit eines Kommentars im Umgang mit einem Werk und den an ihn gestellten Anforderungen, besonders im Falle einer Übersetzung, siehe Wolfgang Lukas, Elke Richter: Einführung, in dies. (Hrsg.): Annotieren, Kommentieren, Erläutern. Aspekte des Medienwandels. Berlin, Boston: de Gruyter 2020, S. 1–8.
24 Woesler: Zu den Aufgaben des heutigen Kommentars, S. 18–35: 25.
25 Hier bezieht sich ‚hermeneutisch‘ auf den Verstehensprozess, der bei der Auslegung und Erläuterung eines Texts in Gang gesetzt wird. Zur Erklärung der literaturwissenschaftlichen Methode, von der das Beiwort ausgeht, siehe weiter oben Anm. 14.
26 Hans Gerhard Senger: Der Kommentar als hermeneutisches Problem, in editio. 7 (1993), S. 62–75: 72.
27 Raoul Schrott: Replik auf den Kommentar von Joachim Latacz in Heft 4, in Akzente, 53, 5 (2006), S. 466–479: 467. Diesen Zugang beansprucht Schrott für die gelungene Übersetzung, von der er „Klarheit; Eleganz; und einen deiktischen Zugang zum Original“ verlangt, ebda.
28 Gerhard Maletzke: Psychologie der Massenkommunikation. Theorie und Systematik. Hamburg: Hans-Bredow-Institut 1963, S. 30. Zu dieser Bezeichnung des „vielschichtig inhomogenen“ Konsumenten von Massenmedien in Absetzung zu einem im Theater, Konzert u. ä. üblichen raum-zeitlich homogenen „Präsenzpublikum“ siehe neben Maletzke, S. 28–30, auch Roland Burkart: Kommunikationswissenschaft. 6. vollst. überarb. und aktual. Aufl. Wien, Köln: Böhlau 2021 (UTB 2259), S. 110 f. und passim, sowie Helmut Scherer: Publikum, in Günter G. Bentele [u. a.] (Hrsg.): Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft. 2., überarb. und erw. Aufl. Wiesbaden: Springer VS 2013, S. 284 f.
29 Fuhrmann: Kommentierte Klassiker?, S. 43 und passim. Siehe hierzu auch Nina Mindt: Manfred Fuhrmann als Vermittler der Antike. Ein Beitrag zu Theorie und Praxis des Übersetzens. Berlin [u. a.]: de Gruyter 2008 (= Transformationen der Antike, 5).
30 Fuhrmann: Kommentierte Klassiker?, S. 43.
31 S. hierzu →Teil 2: Eine Frage der Ehre.
32 Fuhrmann: Kommentierte Klassiker?, S. 44.
33 Ebda., S. 43.
34 Ebda.
35 Ebda.
36 Ebda., S. 45.
37 Ebda.
38 S. Doris Bachmann-Medick: Cultural turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2006, S. 238–283.
Details
- Seiten
- 922
- Erscheinungsjahr
- 2024
- ISBN (PDF)
- 9783631917879
- ISBN (ePUB)
- 9783631917886
- ISBN (Hardcover)
- 9783631895955
- DOI
- 10.3726/b21752
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2024 (Oktober)
- Schlagworte
- Literatur- und Kulturgeschichte der Wiener Moderne Literatur- und Kulturgeschichte Chinas Motivgeschichte Genderstudies Raumforschung Literaturverfilmung Filmgeschichte Interkulturalität Intertextualität Intermedialität
- Erschienen
- Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 2024. 922 S., 24 s/w Abb.