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Übersetzung von deutschen zusammengesetzten Adjektiven ins Polnische anhand der Romane von Elfriede Jelinek

by Anna Kurzaj (Author)
©2025 Monographs 526 Pages

Summary

Dieser Band untersucht Übersetzungsmöglichkeiten von deutschen Adjektivkomposita ins Polnische anhand literarischer Werke. Adjektivkomposita sind im Deutschen eine äußerst produktive Wortbildungsart, die zwar auch im Polnischen vorkommt, allerdings deutlich seltener verwendet wird. Es wird untersucht, welche polnischen morphologischen Formen den deutschen Adjektivkomposita entsprechen könnten. Weiterhin stehen die Unterschiede der verschiedenen Wortformen in der Übersetzung im Fokus. Der Band gibt darüber hinaus einen Überblick über die Faktoren, die die Übersetzung beeinflussen und wie mögliche negative Folgen des Wortformwechsels kompensiert werden können. Dabei wurde die polnische Übersetzung von Adjektivkomposita aus den Romanen von Elfriede Jelinek nach den Erkenntnissen der deskriptiven Translationswissenschaft analysiert. In der Analyse wurden außerdem Ansätze der Konstruktionsmorphologie und -grammatik angewandt.

Table Of Contents

  • Deckblatt
  • Titelseite
  • Impressum
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Danksagung
  • Liste der Abkürzungen
  • Einleitung
  • 1. Adjektive
  • 1.1 Adjektive im Deutschen
  • 1.2 Adjektive im Polnischen
  • 1.3 Adjektive im Deutschen und Polnischen – Schlussfolgerungen
  • 2. Wortbildung der Adjektive
  • 2.1 Wortbildung der Adjektive im Deutschen
  • 2.2 Wortbildung der Adjektive im Polnischen
  • 2.3 Deutsch-polnischer Vergleich der adjektivischen Wortbildung
  • 3. Form in literarischer Übersetzung
  • 3.1 Rolle der Form in literarischen Texten
  • 3.2 Form in Übersetzungstheorie
  • 3.3 Methoden bei der Wiedergabe der Form
  • 3.4 Rolle der Übersetzer
  • 3.5 Fazit
  • 4. Sprache in Elfriede Jelineks Werken
  • 4.1 Thematik der Prosa von Jelinek
  • 4.2 Bedeutung
  • 4.3 Form in Jelineks Werken
  • 4.4 Zusammenhänge zwischen verschiedenen Elementen
  • 4.5 Zusammengesetzte Adjektive in Elfriede Jelineks Werken
  • 5. Einführung in die Analyse
  • 5.1 Operationsdefinitionen
  • 5.2 Beschreibung des Analyseprozesses
  • 6. Quantitative Analyse des Untersuchungsmaterials
  • 6.1 Übersetzungsformen nach morphologischer Bildung der Zusammensetzung
  • 6.2 Übersetzungsformen nach Roman
  • 6.3 Anwendung der Übersetzungsformen der einzelnen Übersetzerinnen
  • 7. Wiedergabe von adjektivischen Kopulativkomposita
  • 7.1 Wiedergabe der Kopulativkomposita durch Zusammensetzungen
  • 7.2 Wiedergabe der Kopulativkomposita durch adjektivische Phrasen
  • 7.3 Wiedergabe der Kopulativkomposita durch kumulierte Adjektive
  • 7.4 Fazit
  • 8. Wiedergabe von AA-Komposita
  • 8.1 Wiedergabe der AA-Komposita durch Zusammensetzungen
  • 8.2 Wiedergabe der AA-Komposita durch Ableitungen
  • 8.3 Wiedergabe der AA-Komposita durch adjektivische Phrasen
  • 8.4 Wiedergabe der AA-Komposita durch einfache Adjektive
  • 8.5 Wiedergabe der AA-Komposita durch präpositionale Phrasen
  • 8.6 Wiedergabe der AA-Komposita durch kumulierte Adjektive
  • 8.7 Wiedergabe der AA-Komposita durch Adverbien und kumulierte Adverbien
  • 8.8 Wiedergabe der AA-Komposita durch Nomina und Nominalphrasen
  • 8.9 Wiedergabe der AA-Komposita durch Determinative
  • 8.10 Wiedergabe der AA-Komposita durch verbale Phrasen
  • 8.11 Wiedergabe der AA-Komposita durch untergeordnete Sätze
  • 8.12 Auslassung der AA-Komposita in der Übersetzung
  • 8.13 Fazit
  • 9. Wiedergabe von NA-Komposita
  • 9.1 Wiedergabe der NA-Komposita durch Zusammensetzungen
  • 9.2 Wiedergabe der NA-Komposita durch Zusammenrückungen
  • 9.3 Wiedergabe der NA-Komposita durch Ableitungen
  • 9.4 Wiedergabe der NA-Komposita durch einfache Adjektive
  • 9.5 Wiedergabe der NA-Komposita durch adjektivische Phrasen
  • 9.6 Wiedergabe der NA-Komposita durch kumulierte Adjektive
  • 9.7 Wiedergabe der NA-Komposita durch präpositionale Phrasen
  • 9.8 Wiedergabe der NA-Komposita durch Adjunktorphrasen
  • 9.9 Wiedergabe der NA-Komposita durch Nomina und Nominalphrasen
  • 9.10 Wiedergabe der NA-Komposita durch Adverbien
  • 9.11 Wiedergabe der NA-Komposita durch Verbalphrasen
  • 9.12 Wiedergabe der NA-Komposita durch untergeordnete Sätze
  • 9.13 Auslassung der NA-Komposita in der Übersetzung
  • 9.14 Fazit
  • 10. Wiedergabe von AdvA-Komposita
  • 10.1 Wiedergabe der AdvA-Komposita durch Zusammensetzungen
  • 10.2 Wiedergabe der AdvA-Komposita durch Zusammenrückungen
  • 10.3 Wiedergabe der AdvA-Komposita durch Ableitungen
  • 10.4 Wiedergabe der AdvA-Komposita durch einfache Adjektive
  • 10.5 Wiedergabe der AdvA-Komposita durch adjektivische Phrasen
  • 10.6 Wiedergabe der AdvA-Komposita durch andere Wortarten
  • 10.7 Fazit
  • 11. Wiedergabe von NumA-Komposita
  • 11.1 Wiedergabe der NumA-Komposita durch Zusammensetzungen
  • 11.2 Wiedergabe der NumA-Komposita durch Ableitungen
  • 11.3 Wiedergabe der NumA-Komposita durch einfache Adjektive
  • 11.4 Wiedergabe der NumA-Komposita durch adjektivische Phrasen
  • 11.5 Wiedergabe der NumA-Komposita durch kumulierte Adjektive
  • 11.6 Wiedergabe der NumA-Komposita durch Adverbien
  • 11.7 Wiedergabe der NumA-Komposita durch Nomina und Nominalphrasen
  • 11.8 Wiedergabe der NumA-Komposita durch präpositionale Phrasen
  • 11.9 Auslassung der NumA-Komposita in der Übersetzung
  • 11.10 Fazit
  • 12. Wiedergabe von PronA-Komposita
  • 12.1 Wiedergabe der PronA-Komposita durch Zusammensetzungen
  • 12.2 Wiedergabe der PronA-Komposita durch Ableitungen
  • 12.3 Wiedergabe der PronA-Komposita durch einfache Adjektive
  • 12.4 Wiedergabe der PronA-Komposita durch adjektivische Phrasen
  • 12.5 Wiedergabe der PronA-Komposita durch nominale Phrasen
  • 12.6 Wiedergabe der PronA-Komposita durch verbale Phrasen
  • 12.7 Wiedergabe der PronA-Komposita durch Auslassungen
  • 12.8 Fazit
  • 13. Wiedergabe von VA-Komposita
  • 13.1 Wiedergabe der VA-Komposita durch abgeleitete Adjektive
  • 13.2 Wiedergabe der VA-Komposita durch einfache Adjektive
  • 13.3 Wiedergabe der VA-Komposita durch adjektivische Phrasen
  • 13.4 Wiedergabe der VA-Komposita durch Nomina und Nominalphrasen
  • 13.5 Wiedergabe der VA-Komposita durch verbale Phrasen
  • 13.6 Fazit
  • 14. Schlussfolgerungen
  • 14.1 Ergebnisse der Analyse
  • 14.2 Desiderate
  • Literaturverzeichnis

Danksagung

Ich möchte all den Menschen danken, die mir in verschiedenen Phasen bei meiner Untersuchung geholfen haben. Es ist leider unmöglich, sie alle zu erwähnen, aber ich möchte zumindest einige Personen nennen.

Zuallererst möchte ich meiner Doktormutter Prof. UAM Dr. Joanna Kubaszczyk für alle Gespräche, ihr Engagement, ihre Hilfe und ihren Zeitaufwand bei der Arbeit an dieser Dissertation danken. Ich bedanke mich ebenfalls bei Prof. Dominika Skrzypek für ihre akkuraten Anmerkungen und all die förmliche Hilfe. Prof. UAM Dr. hab. Sylwia Adamczak-Krysztofowicz und Prof. Dr. Kathrin Siebold danke ich für die Möglichkeit, ein Stipendium an der Philipps-Universität Marburg im Rahmen des vom Deutschen Akademischen Austauschdienst geförderten GIP-Projektes „Kultur- und Sprachreflexivität in der internationalen Lehrer*innenbildung im Fach Deutsch als Fremdsprache“ zu erhalten, das eine sehr produktive und wichtige Zeit für die Arbeit an meiner Dissertation war. Frau Univ.-Prof. Dr. Eva-Maria Remberger aus der Universität Wien bin ich für viele anregende Vorlesungen zu Grammatiktheorien sehr dankbar. Zu verdanken ist ebenfalls den wunderbaren Gutachterinnen und dem nicht minder großartigen Gutachter dieser Dissertation: Prof. Anna Małgorzewicz, Prof. UW Dr. hab. Anna Just und Prof. UR Dr. hab. Paweł Bąk.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Prof. UAM Dr. hab. Camilla Badstübner-Kizik und Prof. UAM Dr. hab. Maciej Karpiński für die Aufnahme meines Buches in die Reihe Posener Beiträge zur Angewandten Linguistik.

Frau Prof. UAM Dr. hab. Katarzyna Dziubalska-Kołaczyk und Frau Prof. UAM Dr. hab. Danuta Wiśniewska schulde ich Dank für die Übernahme der Finanzierung des Buches.

Ich danke ebenfalls meinen Freunden und Studierenden, die mich bei Laune gehalten haben. An Karolina Walkusz richte ich einen herzlichen Dank dafür, dass sie immer Zeit gefunden hat, über Linguistik, die neusten Internettrends und das Leben im Allgemeinen zu sprechen.

Meinen Eltern danke ich für alles im wahrsten Sinne des Wortes. Ihnen widme ich diese Arbeit.

Liste der Abkürzungen

A

Adjektiv/unabgeleitetes Adjektiv

Adv

Adverb

A(N)

denominales Adjektiv

A(Prä)

depräpositionales Adjektiv

A(V)

deverbales Adjektiv

Akk

Akkusativ

AKow

Agnieszka Kowaluk

AP

Adjektivphrase

AM/JZ

Anna Majkiewicz/Joanna Ziemska

AS

Ausgangssprache

AT

Ausgangtext

Dat

Dativ

disc

Diskurs

DK

Determinativkompositum

DTS

Descriptive Translation Studies, Deskriptive Translationswissenschaft

DWDS

Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache

EK

Elżbieta Kalinowska

Gen

Genitiv

Instr

Instrumental

KK

Kopulakompositum

morph

morphologische Informationen

N

Nomen/Substantiv

NKJP

Narodowy Korpus Języka Polskiego

NP

Nominalphrase

phon

phonetische Informationen

PP

Personalpronomen

PR

reflexives Pronomen

prag

pragmatische Informationen

PräP

Präpositionalphrase

PU

unbestimmtes Pronomen

sem

semantische Informationen

syn

syntaktische Informationen

V

Verb

ZB

Bruchzahlwort

ZK

Kardinalzahlwort

ZKoll

Kollektivzahlwort

ZO

Ordinalzahlwort

ZT

Zieltext

ZU

unbestimmtes Zahlwort

ZW

Wiederholungszahlwort

ZS

Zielsprache

Einleitung

Eine bedeutende Frage, die sich Literaturübersetzer1 häufig stellen müssen (aber auch etliche Übersetzer von anderen Textsorten sowie Adepten der Translationswissenschaft), betrifft die besonderen morphologischen Formen, die sich in der Ausgangssprache (AS) als produktiv erweisen und keine direkten strukturellen Entsprechungen in der Zielsprache (ZS) finden. Die sprachlich bedingten Schwierigkeiten wurden bereits sehr früh in mehreren Ansätzen der modernen Translationswissenschaft erörtert und auch heute sind diese nicht trivial.

Sowohl Übersetzer als auch Translationsstudierende mögen sich davor fürchten, relevante Informationen und Merkmale des originalen Ausdrucks zu verlieren, falls sie die sprachlichen Formen der AS beim Übersetzen an die Normen der ZS anpassen. Es wird hierbei gemeint, dass die Formänderung unvermeidlich zur Bedeutungsverschiebung führt und deshalb die Form nach dieser Annahme als prioritär betrachtet wird. Der Einfluss des Signifikants (signifiant), im Sinne von de Saussure (Saussure 2001: 42) auf das Signifikat (signifié) wird mit den Erkenntnissen der Kognitiven Sprachwissenschaft bewiesen (vgl. Dirven/Verspoor 2004). Somit wird die vermeintliche „Beliebigkeit des Zeichens“ (Saussure 2001: 42) in Frage gestellt. Falls die originale Form hingegen im Zieltext (ZT) nachgeahmt wird, besteht die Gefahr, dass der Ausdruck für die Übersetzungsempfänger nicht mehr verständlich ist. In dieser Hinsicht kann eine der Hauptfunktionen der Übersetzung, d. h. die Kommunikation, nicht mehr erfüllt werden (Sieradzka-Kulasa 2000: 62). Darüber hinaus zeichnen sich zwei unterschiedliche Sprachsysteme nicht durch identische Kategorien aus (Nida 1966) und somit wäre die Suche nach den strukturellen Entsprechungen einer bestimmten Form in der ZS von Anbeginn zum Scheitern verurteilt. Auf diese Weise kommt es zu der bekannten Auseinandersetzung zwischen zwei grundlegenden Übersetzungsstrategien: Einbürgerung und Verfremdung.

Diese banale Zweiteilung lässt vermuten, dass die Übersetzungsentscheidungen lediglich dichotomisch bewertet werden können und den Übersetzern begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies gibt die Aufgaben, die während einer Übersetzungstätigkeit zu vollziehen sind, und ihre Komplexität nicht entsprechend wieder. In erster Linie muss beachtet werden, dass Wörter und Formen nicht abgesondert, sondern stets in einem bestimmten Kontext auftreten und auch in diesem Kontext zu übersetzen sind. Somit muss die Funktion einer sprachlichen Form erkannt werden, damit eine entsprechende Lösung für die ZS gefunden werden kann. Ihre Funktion kann nicht nur auf der Ikonizität und Symbolik des sprachlichen Zeichens beruhen, sondern auch in der ästhetischen Ebene des Textes liegen. In dieser Hinsicht wirken die form- und bedeutungsbezogenen Ebenen zusammen, um gemeinsam einen Effekt zu erzielen, und auf diese Weise sind sie nicht mehr voneinander zu trennen. Insbesondere in literarischen Werken sind die ästhetisch gekennzeichneten Merkmale beim Übersetzen nicht zu übersehen, da sie von der sog. Literarizität (Culler 2013: 45) zeugen. Aus diesem Grund bleibt die Wiedergabe der bestimmten sprachlichen Formen nach wie vor ein bedeutender Forschungsgegenstand in der Translationswissenschaft.

Auch die Rolle der Wortbildung, welche einen bedeutsamen Bestandteil jedes Sprachsystems bildet und somit zu Übersetzungsschwierigkeiten führen kann, wird in den translatorischen Forschungen mehrmals behandelt. Dies ist zum Beispiel in der Arbeit von Dorothy Kenny sowie in weiteren Monografien und Artikeln zu sehen, in welchen die Übersetzung von Wortspielen und Okkasionalismen, die mit unterschiedlichen Wortbildungsmitteln gebildet werden, analysiert wird (vgl. Kenny 2001, Szkopek 2007, Kubaszczyk 2011a, Firyn 2018). In diesen Forschungen wird die Übersetzung primär unter dem ästhetischen Aspekt untersucht, was eine durchaus vernünftige und praktische Vorgehensweise darstellt. Allerdings sollte zudem hervorgehoben werden, dass die Wortbildungsmittel ebenfalls als vorrangiger Forschungsgegenstand in der Translationswissenschaft betrachtet werden sollten. Durch solch eine Herangehensweise könnten die möglichen Übersetzungen, die einer Wortbildungsform der AS entsprechen, präsentiert werden, sowie die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen bestimmten Versionen könnten festgestellt werden. Von solch einer Studie sollten in erster Linie Übersetzungsstudierende sowie berufstätige Übersetzer profitieren, wie einführend angedeutet. Des Weiteren ist die Betrachtung einer besonderen Wortbildungsform aus kontrastiver Sicht von großer Relevanz, da dadurch die systematischen und bedeutungsbezogenen Unterschiede zwischen den bestimmten Ausdrücken verdeutlicht werden können. Darüber hinaus kann der Fokus auf der morphologischen Form in den Übersetzungsforschungen zur Entwicklung der kontrastiven Grammatik dienen. Aus dem formorientierten Vergleich von zwei Textversionen können unerwartete Regelmäßigekeiten und tatsächliche äquivalente Formen zwischen zwei Arbeitssprachen geschlussfolgert werden, die im Rahmen der symstemorientierten kontrastiven Forschungen nicht sichtbar sind. Dies erweist sich wiederum als relevante Aufgabe der Übersetzungswissenschaft (vgl. Benjamin 1972: 16). Die Übersetzungsforschung, in welcher eine Wortbildungsform im Fokus steht, stellt demnach einen erforderlichen Beitrag zur kontrastiven Grammatik dar.

Insbesondere sollte die Aufmerksamkeit auf Formen gelenkt werden, die in der Ausgangssprache als produktiv gelten und in anderen Sprachen seltener erscheinen, gelenkt werden. Zu dieser Gruppe sind zweifelsohne deutsche Komposita zu zählen. Neben den nominalen Komposita sind die adjektivischen Komposita eine der produktivsten Zusammensetzungsarten im Deutschen (vgl. Möller 1980: 196). Hierbei werden mehrere Typen der adjektivischen Komposita hinsichtlich ihrer morphologischen Bildung unterschieden (vgl. Fleischer/Barz 2012: 325–330). Von der hohen Produktivität dieser Form zeugen auch unterschiedliche semantische Bezüge, welche zwischen den Komponenten des Kompositums entstehen können (vgl. Pümpel-Mader et al. 1992). Die entsprechende Wiedergabe dieser Zusammensetzungen wird als bedeutsames Übersetzungsproblem angesehen, besonders wenn diese Form in der Zielsprache nicht gleich produktiv ist, wie z. B. im Polnischen.2 Die gelungenen Übersetzungsanalysen, die sich auf eine bestimmte morphologische Form fokussieren, beziehen sich jedoch nur auf einen Typ der Zusammensetzung, während oftmals mehrere Typen und somit auch mehrere Interpretationswege möglich sind (Kubaszczyk 2011b).

Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, eine Analyse der Wiedergabe der deutschen zusammengesetzten Adjektive ins Polnische durchzuführen. Hierbei wird angenommen, dass die Wortbildungsform in literarischen Texten einen wichtigeren Faktor darstellt als in Gebrauchstexten.3 Aus diesem Grund wird erwartet, dass die verwendeten morpho-syntaktischen Formen in der Literaturübersetzung abwechslungsreicher sind und somit auf mehrere Übersetzungslösungen hingewiesen werden kann.

Um die Realisierbarkeit der Untersuchung zu gewährleisten, ist es durchaus sinnvoll, das Forschungsmaterial zu beschränken. Da das Prestige eines Autors beim Übersetzen von literarischen Werken als relevanter Faktor betrachtet wird (vgl. Tymoczko 1999: 16), werden für diese Untersuchung Romane von lediglich einer Autorin gewählt. Bei dieser Wahl sollten bedeutende Auszeichnungen und Preise, wie der Nobelpreis, berücksichtigt werden, die vom Prestige des Autors zeugen.4 Eine bedeutende Autorin des deutschsprachigen Raums ist zweifelsohne Elfriede Jelinek. Die Schriftstellerin wurde im Jahr 2004 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichet und da in der Begründung der Preisvergabe insbesondere ihre „einizigartige sprachliche Leidenschaft“ betont wurde, erscheinen ihre Werke als überaus interessantes und relevantes Forschungsmaterial für die Übersetzungsanalyse.

Dem Werk von Jelinek wurden bisher mehrere Untersuchungen gewidmet. Hierunter kann das Jelinek-Handbuch als relevanteste Arbeit, die sich mit Jelinkes Œuvre auseinandersetzt, angesehen werden (vgl. Janke 2013). Jelineks Sprachgewalt und die von der Autorin verwendeten stilistischen Mittel werden ebenfalls im Rahmen der Übersetzungsprobleme behandelt (vgl. Nádudvari 2009; Majkiewicz 2009, 2016). Bis dato wurde der Fokus in jenen Forschungen nicht auf morphologische Formen gerichtet, auch wenn ihre Relevanz in der Ausdrucksweise der Autorin bereits anerkannt wurde (vgl. Beispiele in Kenny 2001; Kubaszczyk 2010, 2011a). Aus diesem Grund ist das gewählte Analysematerial als angemessen zu bewerten und es kann behauptet werden, dass die Unterschung zu relevanten Schlussfolgerungen in der Translationswissenschaft beiträgt, die zudem als interdisziplinäre Lehre zu betrachten ist und Sprach- und Literaturwissenschaft verbindet.5

Das grundlegende Forschungsziel der vorliegenden Dissertation ist die Bestimmung der Übersetzungsstrategien, die bei der deutsch-polnischen Wiedergabe der zusammengesetzten Adjektive eingesetzt werden. Die spezifischen Forschungsfragen, die in dieser Untersuchung gestellt werden, sind wie folgt:

F1 Welche Wortbildungsarten und/oder welche weiteren morphologischen Formen entsprechen im Polnischen den ausgesonderten Arten der deutschen Adjektivkomposita im Untersuchungsmaterial? Welche von ihnen werden am häufigsten verwendet?

F2 Welche Übersetzungsverschiebungen ergeben sich auf den einzelnen Ebenen in den polnischen Übersetzungen durch Änderungen der Wortform? Welche Verschiebungen resultieren aus der Beibehaltung der Wortbildungsart?

F3 Welche Faktoren werden im Übersetzungsprozess berücksichtigt? Was ist die Übersetzungsdominante?

F4 Werden in den polnischen Übersetzungen besondere Wortbildungsformen verwendet, die gleiche oder ähnliche Funktionen wie die originalen Adjektivkomposita erfüllen?

Die Studie beruht auf diese Weise auf den Erkenntnissen der deskriptiven Translationswissenschaft. Nach diesem Ansatz gilt die Analyse der Unterschiede infolge der Änderungen beim Übersetzungsprozess und ihrer Auswirkungen als wichtigste Aufgabe der Translationswissenschaft. Im Rahmen der Untersuchung werden aufgrund der Pilotanalyse des Materials folgende Hypothesen aufgestellt:

H1 Viele deutsche Wortbildungsmuster, welche einen spezifischen Typ der Adjektivkomposita repräsentieren, werden im Polnischen als eine bestimmte Wortform oder Konstruktion wiedergegeben, z. B. werden Komposita aus Verb und Adjektiv oft als adjektivische Phrasen übersetzt.

H2 Die Änderung der morphologischen Form führt zu Verschiebungen auf der pragmatischen und ästhetischen Ebene, sie beeinflusst jedoch selten die semantischen und denotativen Merkmale des Ausdrucks. Die Beibehaltung der Form kann potenziell zu Verschiebungen auf der pragmatischen und ästhetischen Ebene führen.

H3 Entscheidend im Übersetzungsprozess von zusammengesetzten Adjektiven sind deren semantische Merkmale.

H4 Die Form der deutschen zusammengesetzten Adjektive kann in den polnischen Übersetzungen unter Umständen durch weitere morphologische Formen teilweise kompensiert werden.

Details

Pages
526
Publication Year
2025
ISBN (PDF)
9783631928271
ISBN (ePUB)
9783631938911
ISBN (Hardcover)
9783631928264
DOI
10.3726/b22984
Language
German
Publication date
2025 (November)
Keywords
literarische Übersetzung Deutsch-Polnisch Elfriede Jelinek Adjektivkomposita deskriptive Translationswissenschaft Wortbildung kontrastive Wortbildung Konstruktionsmorphologie
Published
Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 2025. 526 S., 3 s/w Abb., 35 Tab.
Product Safety
Peter Lang Group AG

Biographical notes

Anna Kurzaj (Author)

Anna Kurzaj studierte Angewandte Linguistik mit der Spezialisierung Translation an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań. Sie nahm an Austauschprojekten an der Universität Wien im Erasmus Plus-Programm und an der Philipps-Universität Marburg im Rahmen eines vom DAAD-geförderten GIP-Projekts teil. Ihre Promotion schloss sie 2023 ab.

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