Kunst und Wissenschaft der Komödienübersetzung
Reflexionen – Beispiele – Erfahrungen
Rainer Kohlmayer
Das Buch ist das erste Werkstattseminar zu Theorie und Praxis des Dramenübersetzens. Es bietet zunächst einen kritischen Überblick über das Feld der literarischen Übersetzung und behandelt dann Einzelprobleme am Beispiel von Corneille, Molière und Labiche, u.a. das Deutsche als Übersetzungssprache, die Figurensprache, die Empathie, die Aktualisierung, das Lachtheater Labiches. Enthalten ist auch ein Erfahrungsbericht über den Weg vom Text zur Inszenierung (u.a. von Tartuffe und Bunbury). Alle Beispiele stammen aus der Praxis des Verfassers. Der Band schließt mit Stellungnahmen Jürgen von Stackelbergs zu den Übersetzungen Rainer Kohlmayers und einem Interview mit dem Verfasser. Ein Buch für die Übersetzungs- und Theaterpraxis.
Book (EPUB)
- ISBN:
- 978-3-631-84471-7
- Availability:
- Available
- Subjects:
Prices
Currency depends on your shipping address
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 210 S.
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhalt
- 1. Kapitel Dramenübersetzung als gelehrte Kunst. Ein Überblick
- 1 Dramenübersetzung heute: Ein Bild mit vielen Unschärfen
- 2 Authentizität
- 3 Die deutschsprachige Theaterlandschaft
- 4 Besonderheiten des Dramenübersetzens
- 5 Kritischer Rundblick
- 6 Die Hybridität des Literaturübersetzens
- 7 Fach- und Literaturübersetzen im Vergleich
- 8 Posthumane Empathie: Vom Autor zum Auto?
- 2. Kapitel Die Elastizität der deutschen Sprache
- 1 Rhetorisches Übersetzen (I): Mediale Grundlagen
- 1.1 Die Programmierung von Mündlichkeit durch Schrift
- 1.2 Die Stimme im Text als tertium comparationis beim Übersetzen
- 1.3 Die Mehrstimmigkeit von Texten
- 2 Widerlegung von Vorurteilen
- 2.1 ‚Das Versdrama verhindert die Individualisierung‘
- 2.2 ‚Das Deutsche ist ungeeignet für den Alexandriner‘
- 2.3 ‚Der Alexandriner passt nicht zur deutschen Theaterkonvention‘
- 3 Ein Beispiel für moderne Alexandrinerversionen im Deutschen und Englischen
- 4 Zusammenfassung und Übersetzungskonzeption
- 3. Kapitel Die übersetzerische Empathie. Vom Vergnügen, Molières Frauen Deutsch sprechen zu hören
- 1 Zum Verhältnis von Theorie und Empirie beim Literaturübersetzen
- 2 Rhetorisches Übersetzen (II): Empathie und Figurensprache
- 3 Molières Komödien und Frauenfiguren als kulturelle Importartikel
- 4 Agnès in Die Schule der Frauen (1662) oder die Emanzipation des Opferlämmchens
- 5 EXKURS: „Stimmenvergleich“: Agnès im Original und in sechs Versübersetzungen
- 5.1 Molière (1971): L’école des femmes, Vers 1553- 1559:
- 5.2 Rudolf Alexander Schröder (1958: 454f.):
- 5.3 Hans Weigel (1964: 93f.):
- 5.4 Monika Fahrenbach-Wachendorff (1982: 60f.):
- 5.5 Simon Werle (1999: 67):
- 5.6 Maya Slater (2001: 62):
- 5.7 Rainer Kohlmayer (2009: 75):
- 6 Dorine in Tartuffe (1664) oder die praktizierende Emanze ...
- 7 Célimène im Menschenfeind (1666) oder die Männersammlerin
- 8 Philaminte und Armande in Die gelehrten Frauen (1672) oder die gelehrten Emanzen
- 9 Kritischer Rückblick: Empathie – Vergnügen – Evidenz
- 4. Kapitel Die Entdeckung der charmanten Emanzen in den Komödien des jungen Pierre Corneille
- 1 Pierre Corneilles Jugendkomödien und die „love revolution“
- 2 Rhetorisches Übersetzen (III): Entdeckung von Zeitgenossen
- 3 Die Frauenfiguren in Mélite ou Les fausses lettres Inhalt
- 3.1 Transgression und Selbstzensur
- 3.2 Zum Inhalt von Mélite
- 3.3 Ernsthaftigkeit und Wankelmut in der Liebe
- 3.4 Die schöne Mélite: Liebe und Geld, Schönheit und Macht
- 3.5 Die starke Cloris: Erotik und Realismus
- 3.6 Autobiographisches in Mélite
- 4 Schlusswort
- 5. Kapitel Labiches serielles Lachtheater. Werkstattnotizen des Übersetzers
- 1 Labiches Tempo
- 2 Labiches Sprache
- 3 Labiches Komik
- 4 Frauenbild und Kampf ums Überleben
- 5 Beispiele: Acht Komödien von Labiche, für die Bühne übersetzt von Rainer Kohlmayer
- 5.1 Frisette. Vaudeville-Komödie in einem Akt
- 5.2 Edgar und sein Dienstmädchen. Komödie in einem Akt mit Couplets
- 5.3 Meine Tochter gehört mir! Komödie in einem Akt mit Couplets
- 5.4 Die Affäre in der Rue de Lourcine. Komödie in einem Akt mit Couplets
- 5.5 An den Nagel gehängt! Vaudeville-Komödie mit Liedern in einem Akt
- 5.6 In der eigenen Falle. Komödie in einem Akt mit Gesangseinlagen
- 5.7 Eine lockere Hand. Komödie in einem Akt
- 5.8 Peinliches Manko. Komödie in einem Akt
- 6 Schluss: Übersetzung als Aktualisierung
- 6. Kapitel Vom Kopftheater auf die Bühne. Der Übersetzer als Zuschauer
- 1 Produktion und Rezeption
- 2 Bunbury (Oscar Wilde)
- 3 Ein idealer Gatte (Oscar Wilde)
- 4 Der extravagante Liebhaber (Corneille)
- 5 Tartuffe (Molière)
- 6 Was man im Theater erleben und lernen kann. Eine Bilanz
- 7. Kapitel Drei Rezensionen von Jürgen von Stackelberg
- 1 „Ist Paris nicht schön?“ – Corneilles Menteur, übersetzt von Goethe und von Rainer Kohlmayer
- 2 Endlich ein Molière für die Bühne! Rainer Kohlmayers deutscher Tartuffe
- 3 Zu Kohlmayers Menschenfeind
- 8. Kapitel Interview zum Menschenfeind, Lüneburg 2015
- Übersetzungen, Bearbeitungen, Theatertexte von Rainer Kohlmayer
- Literaturverzeichnis
- Register
1. Kapitel Dramenübersetzung als gelehrte Kunst. Ein Überblick
Chapter
- Subjects:
Prices
Chapter Price (Chapters only digitally available)
Currency depends on your shipping address
Extract
Dieses Buch gilt allen, die sich studierend oder dozierend, dilettantisch oder berufsmäßig mit literarischen Übersetzungen befassen. Dramenübersetzungen sind in der Praxis ein besonders mobiles, in mehrfachem Sinne flüchtiges geistiges Eigentum. Bearbeiten, Überschreiben, sogar Plagiieren sind im deutschsprachigen Theaterbetrieb, wo alljährlich rund 1000 ‚Übersetzungen‘ gespielt werden, längst zur künstlerischen Routine geworden (vgl. Kohlmayer 1996a: 252–261). Nur im Wissenschaftsbetrieb gelten noch strengere Regeln, die bisher nicht einmal für begabte PolitikerInnen gelockert werden. Der Begriff des literarischen Übersetzens selbst, der Ende des 18. Jahrhunderts als Einheit von Subjektivität, Linearität und Oralität ‚erfunden‘ und z.B. von August Wilhelm Schlegel auf höchstem Niveau vorexerziert wurde, der in Novalis‘ Formulierung der „schrift-lichen Stimme“ sein tertium comparationis fand (Kohlmayer 2019: 127f.), wurde im Zuge der Entkolonialisierung und Globalisierung aufgeweicht und ist in den Köpfen vieler Intellektueller heute zu einem Synonym für jede Art kultureller und sprachlicher Verwandlung geworden.
Bei Dramentexten ist der Anspruch der Texte auf eine relative „Autonomie“ (Koller 1992: 40 u.ö.) aus verschiedenen Gründen noch stärker weggeschmolzen als bei Buchtexten. Seit der Etablierung des deutschen Regietheaters um 1900 gilt der Gedanke der linearen oder sonstigen Werktreue als überholt. Die Eigendynamik der polysemiotischen Medien Theater oder Film lässt sich nicht durch irgendwelche Bühnen- oder Regiehinweise in einem gedruckten Text bändigen. Und ich weiß aus eigener Regieerfahrung, welchen spontanen Schub kreativer Freiheit man selbst gegenüber dem eigenen Text verspürt, wenn man die Übersetzer-Rolle mit...
You are not authenticated to view the full text of this chapter or article.
This site requires a subscription or purchase to access the full text of books or journals.
Do you have any questions? Contact us.
Or login to access all content.- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhalt
- 1. Kapitel Dramenübersetzung als gelehrte Kunst. Ein Überblick
- 1 Dramenübersetzung heute: Ein Bild mit vielen Unschärfen
- 2 Authentizität
- 3 Die deutschsprachige Theaterlandschaft
- 4 Besonderheiten des Dramenübersetzens
- 5 Kritischer Rundblick
- 6 Die Hybridität des Literaturübersetzens
- 7 Fach- und Literaturübersetzen im Vergleich
- 8 Posthumane Empathie: Vom Autor zum Auto?
- 2. Kapitel Die Elastizität der deutschen Sprache
- 1 Rhetorisches Übersetzen (I): Mediale Grundlagen
- 1.1 Die Programmierung von Mündlichkeit durch Schrift
- 1.2 Die Stimme im Text als tertium comparationis beim Übersetzen
- 1.3 Die Mehrstimmigkeit von Texten
- 2 Widerlegung von Vorurteilen
- 2.1 ‚Das Versdrama verhindert die Individualisierung‘
- 2.2 ‚Das Deutsche ist ungeeignet für den Alexandriner‘
- 2.3 ‚Der Alexandriner passt nicht zur deutschen Theaterkonvention‘
- 3 Ein Beispiel für moderne Alexandrinerversionen im Deutschen und Englischen
- 4 Zusammenfassung und Übersetzungskonzeption
- 3. Kapitel Die übersetzerische Empathie. Vom Vergnügen, Molières Frauen Deutsch sprechen zu hören
- 1 Zum Verhältnis von Theorie und Empirie beim Literaturübersetzen
- 2 Rhetorisches Übersetzen (II): Empathie und Figurensprache
- 3 Molières Komödien und Frauenfiguren als kulturelle Importartikel
- 4 Agnès in Die Schule der Frauen (1662) oder die Emanzipation des Opferlämmchens
- 5 EXKURS: „Stimmenvergleich“: Agnès im Original und in sechs Versübersetzungen
- 5.1 Molière (1971): L’école des femmes, Vers 1553- 1559:
- 5.2 Rudolf Alexander Schröder (1958: 454f.):
- 5.3 Hans Weigel (1964: 93f.):
- 5.4 Monika Fahrenbach-Wachendorff (1982: 60f.):
- 5.5 Simon Werle (1999: 67):
- 5.6 Maya Slater (2001: 62):
- 5.7 Rainer Kohlmayer (2009: 75):
- 6 Dorine in Tartuffe (1664) oder die praktizierende Emanze ...
- 7 Célimène im Menschenfeind (1666) oder die Männersammlerin
- 8 Philaminte und Armande in Die gelehrten Frauen (1672) oder die gelehrten Emanzen
- 9 Kritischer Rückblick: Empathie – Vergnügen – Evidenz
- 4. Kapitel Die Entdeckung der charmanten Emanzen in den Komödien des jungen Pierre Corneille
- 1 Pierre Corneilles Jugendkomödien und die „love revolution“
- 2 Rhetorisches Übersetzen (III): Entdeckung von Zeitgenossen
- 3 Die Frauenfiguren in Mélite ou Les fausses lettres Inhalt
- 3.1 Transgression und Selbstzensur
- 3.2 Zum Inhalt von Mélite
- 3.3 Ernsthaftigkeit und Wankelmut in der Liebe
- 3.4 Die schöne Mélite: Liebe und Geld, Schönheit und Macht
- 3.5 Die starke Cloris: Erotik und Realismus
- 3.6 Autobiographisches in Mélite
- 4 Schlusswort
- 5. Kapitel Labiches serielles Lachtheater. Werkstattnotizen des Übersetzers
- 1 Labiches Tempo
- 2 Labiches Sprache
- 3 Labiches Komik
- 4 Frauenbild und Kampf ums Überleben
- 5 Beispiele: Acht Komödien von Labiche, für die Bühne übersetzt von Rainer Kohlmayer
- 5.1 Frisette. Vaudeville-Komödie in einem Akt
- 5.2 Edgar und sein Dienstmädchen. Komödie in einem Akt mit Couplets
- 5.3 Meine Tochter gehört mir! Komödie in einem Akt mit Couplets
- 5.4 Die Affäre in der Rue de Lourcine. Komödie in einem Akt mit Couplets
- 5.5 An den Nagel gehängt! Vaudeville-Komödie mit Liedern in einem Akt
- 5.6 In der eigenen Falle. Komödie in einem Akt mit Gesangseinlagen
- 5.7 Eine lockere Hand. Komödie in einem Akt
- 5.8 Peinliches Manko. Komödie in einem Akt
- 6 Schluss: Übersetzung als Aktualisierung
- 6. Kapitel Vom Kopftheater auf die Bühne. Der Übersetzer als Zuschauer
- 1 Produktion und Rezeption
- 2 Bunbury (Oscar Wilde)
- 3 Ein idealer Gatte (Oscar Wilde)
- 4 Der extravagante Liebhaber (Corneille)
- 5 Tartuffe (Molière)
- 6 Was man im Theater erleben und lernen kann. Eine Bilanz
- 7. Kapitel Drei Rezensionen von Jürgen von Stackelberg
- 1 „Ist Paris nicht schön?“ – Corneilles Menteur, übersetzt von Goethe und von Rainer Kohlmayer
- 2 Endlich ein Molière für die Bühne! Rainer Kohlmayers deutscher Tartuffe
- 3 Zu Kohlmayers Menschenfeind
- 8. Kapitel Interview zum Menschenfeind, Lüneburg 2015
- Übersetzungen, Bearbeitungen, Theatertexte von Rainer Kohlmayer
- Literaturverzeichnis
- Register