Der Brief im deutschen Drama des 18. und 19. Jahrhunderts
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Irene Rupp
4. Wirkungsweisen und Funktionen von Briefen im Drama
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4. Wirkungsweisen und Funktionen von Briefen im Drama
4.1 Der Brief als Requisit in Bühnenbild und Szene: Vergiftete Zeilen – Heinrich Wilhelm von Gerstenbergs Ugolino
Außer den ‚virtuellen‘ Briefen, also solchen, über die Figuren nur sprechen, die aber selbst nicht auf der Bühne erscheinen, sind alle anderen – insofern sie für die Figuren eines Dramas haptisch und für die Zuschauer optisch erfahrbar sind – immer auch Requisiten. Es ist daher angebracht, die Bedingungen ihrer Verwendung im Allgemeinen und des Requisits Brief im Besonderen genauer zu betrachten, um in einem zweiten Schritt zu klären, auf welche Art Briefe als Requisiten funktionalisiert werden.
Innerhalb des Zeichensystems Theater sind Requisiten kleinere, nicht zur feststehenden Dekoration gehörende Gegenstände, die – falls sie nicht nur Teil einer konkreten Inszenierung sind – im Haupt- oder Nebentext eines Dramas gefordert werden und auf welche die Schauspieler durch lokale Deiktika sprachlich Bezug nehmen können.174 Wie alle Zeichen weisen Requisiten über sich hinaus, erfüllen eine bestimmte Funktion und haben eine Bedeutung, die den Benutzern eines gemeinsamen Zeichensystems bekannt ist. Ihre primäre Zeichenfunktion ist es, den Gegenstand selbst und damit einen Teil der empirischen Wirklichkeit zu bedeuten. Zuweilen wird der Einsatz von Requisiten auf die eine Funktion als Illusion schaffendes Mittel zur Gestaltung des Schauplatzes beschränkt, etwa im naturalistischen Drama.175 So können etwa umherliegende geöffnete oder ungeöffnete Briefe ein Bühnenbild komplettieren, das ein Büro, eine Post- oder Studierstube...
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