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Statusrechte von Ausländern

Rechtswissenschaftliche Beiträge zur Freizügigkeit, sozialen Sicherung, Bildung und politischen Beteiligung

von Klaus Sieveking (Autor:in)
©2019 Habilitationsschrift 624 Seiten

Zusammenfassung

Unter dem theoretischen Bezugspunkt "Statusrechte von Ausländern" wird das Spannungsverhältnis untersucht, in dem die Rechtspositionen von Ausländern aus den Mitgliedstaaten der EU und aus Drittstaaten beim europäischen Integrationsprozess und beim Ringen um Konturen der bundesdeutschen Ausländerpolitik stehen. Dieses Buch enthält Arbeiten zu den Aspekten Freizügigkeit, soziale Sicherung, Bildung und politische Beteiligung. Angesichts der aktuellen Debatten über die Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen haben diese Arbeiten neue Aktualität erhalten. Sie können in vielfacher Hinsicht auf rechtliche Probleme übertragen werden, die derzeit bei der Integration geflüchteter Menschen gelöst werden müssen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungen
  • Einführung
  • 1. Gegenstand der Untersuchung
  • 2. Theoretische Bezugspunkte
  • 2.1 Gegenstand der Überlegungen zum Rechtsstatus
  • 2.2 Theoretische Konzeptionen zur Statusproblematik im Wohlfahrtsstaat
  • 2.2.1 Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze
  • 2.2.2 Rechtswissenschaftliche Erklärungsansätze
  • 3. Überblick über die einzelnen Kapitel
  • 4. Zur Statusdifferenzierung von Ausländern durch Recht
  • 4.1 Die Entwicklung der Freizügigkeit für Deutsche und Ausländer in Deutschland – ein historischer Rückblick
  • 4.2 Rechtliche Steuerungen der Wanderungsprozesse in der Bundesrepublik Deutschland
  • 4.3 Rechtliche Statusdifferenzierungen unter Ausländern
  • 5. Entwicklungstendenzen
  • 5.1 Freizügigkeitsrechtsstatus als allgemeines Bürgerrecht
  • 5.2 Sozialer Rechtsstatus: Angleichungen und Differenzierungen
  • 5.2.1 Die Diskriminierung von Staatsangehörigen aus den Mitgliedstaaten der EG
  • 5.2.1.1 Leistungsexport von Arbeitslosengeld
  • 5.2.1.2 Anspruch auf Arbeitslosengeld
  • 5.2.1.3 Ausbildungsförderung
  • 5.2.1.4 Weiterbildungsförderung
  • 5.2.1.5 Kindergeld
  • 5.2.1.6 Erziehungsgeld
  • 5.2.1.7 Opferentschädigung
  • 5.2.1.8 Sozialhilfe
  • 5.2.2 Die Diskriminierung von Staatsangehörigen aus Drittstaaten
  • 5.2.2.1 Anspruchsvoraussetzung: gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet
  • 5.2.2.2 Aufenthalt und soziale Sicherung bei Staatsangehörigen aus mit der EWG assoziierten Staaten
  • 5.2.2.3 Familienleistungen
  • 5.2.2.4 Arbeitslosenunterstützung
  • 5.2.2.5 Ausbildungsförderung
  • 5.2.2.6 Förderungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz
  • 5.2.2.7 Sozialhilfe
  • 5.2.2.8 Sozialhilfe für Asylbewerber
  • 5.2.3 Schlussfolgerungen in Thesen
  • 5.3 Politischer Rechtsstatus
  • 6. Verfassungs- und europarechtliche Fragen zum Ausländer-Rechtsstatus
  • I. Freizügigkeit
  • 1. Einwirkungen des Freizügigkeitskonzepts der EG auf die Ausländerpolitik der Bundesrepublik Deutschland*
  • 1.1 Freizügigkeit und freier Dienstleistungsverkehr für Gemeinschaftsbürger
  • 1.2 Politik der Freizügigkeit: Öffnung oder Verriegelung der Grenzen?
  • 1.3 Soziale Sicherung und Bildung als Bedingungen der Freizügigkeit
  • 1.4 Freizügigkeit versus politische Teilhabe?
  • 1.5 Weitere Statusnachteile im Rahmen der Freizügigkeit
  • 1.6 Kenntnis des Freizügigkeitsrechts als nationale Aufgabe
  • 1.7 Allgemeines Aufenthaltsrecht für alle Gemeinschaftsbürger?
  • 1.8 Freizügigkeitsrelevante Perspektiven
  • 2. Arbeitsmigranten als „Nichtbürger“*
  • 2.1 Einleitung
  • 2.2 Bevölkerungsentwicklung und Wanderungsverhalten
  • 2.2.1 Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland
  • 2.2.2 Hinweise zur Situation in den europäischen Staaten
  • 2.3 Rechtspositionen von Migranten
  • 2.3.1 Einreise- und Aufenthaltsstatus
  • 2.3.2 Soziale Rechte
  • 2.3.3 Politische Rechte
  • 2.4 Thesen
  • 3. Das EG-Aufenthaltsrecht für Niederlassungsberechtigte und ihre Familienangehörigen*
  • 3.1 Einleitung
  • 3.2 Rechtsgrundlagen
  • 3.3 Rechtspositionen
  • 3.3.1 Recht auf Einreise und Aufenthalt der Niederlassungsberechtigten
  • 3.3.2 Verbleiberecht
  • 3.3.3 Beschränkungen und Beendigung des Aufenthaltsrechts
  • 3.4 Aufenthaltsrecht und soziale Sicherung
  • 3.5 Schlussbetrachtung
  • 4. Das Recht auf Wiedereinreise für rückkehrende Ausländer*
  • 4.1 Einleitung
  • 4.2 Die Rechtsprechung zur Wiedereinreise von Rückkehrern
  • 4.2.1 Die Rolle der Beitragserstattung
  • 4.2.2 Die Beitragserstattung als Schranke für eine spätere Wiedereinreise
  • 4.3 Sozial- und aufenthaltsrechtliche Konsequenzen nach der Inanspruchnahme der Beitragserstattung
  • 4.4 Rechtspolitische Folgerungen
  • 4.4.1 Gegenwärtige Diskussion und Maßnahmen
  • 4.4.2 Erweiterter Gesetzgebungsvorschlag
  • II. Soziale Sicherung
  • ALLGEMEIN
  • 1. Die sozialrechtliche Stellung der EG-Ausländer*
  • 1.1 Einleitung
  • 1.2 Das Gemeinschaftssozialrecht als Bestimmungsfaktor für die Sozialrechtspositionen der EG-Ausländer
  • 1.3 Zum Verhältnis von Gemeinschaftssozialrecht und nationalem Sozialrecht
  • 1.4 Der persönliche und sachliche Geltungsbereich des Gemeinschaftssozialrechts
  • 1.5 Die Einschränkung des Leistungsexports am Beispiel der Leistungen der Arbeitslosenversicherung
  • 1.6 Der Grundsatz der Gleichbehandlung
  • 1.7 Die sozialrechtliche Stellung der EG-Ausländer – Perspektiven für ein Europa der Bürger
  • 2. Soziale Sicherung für Ausländer*
  • 2.1 Einleitung
  • 2.2 Soziale Sicherung der Ausländer als Teilhabe durch Statussicherung
  • 2.3 Einschränkungen der sozialen Sicherung durch Statusgefährdungen
  • 2.3.1 Gefährdungen des Arbeitnehmerstatus
  • 2.3.2 Gefährdungen durch Auflösung von binationalen Familien
  • 2.3.3 Allgemeine Gefährdungen des Aufenthaltsstatus
  • 2.4 Tendenzen der sozialen Sicherung für Ausländer
  • 2.5 Die Instrumentalisierung von Sozialrecht und Sozialpoltik für ausländerpolitische Zwecke
  • 2.6 „Interkulturelle Verantwortlichkeit“ als Orientierungsmaßstab und Handlungsmaxime im Bereich der sozialen Sicherung für Ausländer
  • 3. Die Bedeutung eines einheitlichen Sozialraums der EG – Thesen*
  • 4. Europäische Armutsberichterstattung*
  • SOZIALHILFE
  • 5. Die Offenbarungsbefugnis der Sozialhilfeträger gegenüber Ausländerbehörden*
  • 5.1 Einleitung
  • 5.2 Rechtspolitische Aspekte des sozialen Konfliktfeldes
  • 5.3 Die Novellierung von § 71 SGB X
  • 5.4 Fragen zur Interpretation von § 71 Abs. 2 SGB X
  • 5.4.1 Konkretisierung durch Verwaltungsvorschriften
  • 5.4.2 Die Offenbarungsbefugnis nach pflichtgemäßem Ermessen
  • 5.4.2.1 Die Voraussetzungen einer Ausweisung beim Bezug von Sozialhilfe
  • 5.4.2.2 Kriterien für den Erlass von Ermessensrichtlinien zu § 71 Abs. 2 SGB X
  • 5.4.2.2.1 Sozialhilferechtliche Ermessensmaßstäbe bei der Datenweitergabe
  • 5.4.2.2.2 Die Offenbarungsbefugnis bei Erforderlichkeit im Sinne des Ausländergesetzes
  • 5.5 Das Beispiel der Bremer Verwaltungsvorschrift
  • 5.6 Schlussbemerkung
  • ARBEITSLOSENUNTERSTÜTZUNG
  • 6. Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung für Ausländer*
  • 6.1 Einleitung
  • 6.2 Der rechtliche und rechtspolitische Rahmen des Leistungsrechts
  • 6.3 Arbeitslosigkeit und Ausländer
  • 6.4 Maßnahmen der Arbeitslosenversicherung gegenüber Ausländern
  • 6.4.1 Förderung der beruflichen Bildung (§§ 33 ff. AFG)
  • 6.4.1.1 Ausbildung
  • 6.4.1.2 Fortbildung und Umschulung
  • 6.4.1.3 Besonderheiten des EWG-Rechts
  • 6.4.1.4 Förderung der Arbeitsaufnahme
  • 6.4.1.5 Rehabilitation
  • 6.4.1.6 Sonderprogramme
  • 6.4.1.7 Beitragspflicht
  • 6.4.2 Leistungen der Arbeitslosenversicherung zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen
  • 6.4.3 Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe
  • 6.4.3.1 Aufenthaltserlaubnis und Verfügbarkeit
  • 6.4.3.2 Arbeitserlaubnis und Verfügbarkeit
  • 6.4.3.3 Änderungen nach der 7. Novelle zum AFG
  • 6.4.3.4 Besonderheiten des EWG-Rechts
  • 6.4.3.5 Kapitalisierung von Ansprüchen aus der Arbeitslosenversicherung
  • 6.4.4 Konkursausfallgeld
  • 6.4.5 Sicherung von „sekundären Risiken“
  • 6.5 Die Situation arbeitsloser Ausländer in anderen europäischen Staaten
  • 6.6 Thesen
  • 7. Europäische Sozialintegration durch Präventivschutz gegenüber Arbeitslosigkeit*
  • 8. Die öffentliche Förderung der beruflichen Weiterbildung für arbeitslose Ausländer*
  • 8.1 Einleitung
  • 8.2 Programme zur Förderung von Aus- und Weiterbildung
  • 8.2.1 Von den MBSE zur Lehrgangsförderung
  • 8.2.2 Benachteiligtenprogramme
  • 8.2.3 Modellprogramm im Ausbildungsbereich
  • 8.2.4 Sonstige Förderprogramme
  • 8.2.5 Modellversuche im Weiterbildungsbereich
  • 8.2.6 Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung arbeitsloser Ausländer
  • 8.2.7 Sprachkurse
  • 8.2.8 Kein Rechtsanspruch auf Teilhabe
  • 8.3 Fortbildung, Umschulung und betriebliche Einarbeitung nach dem AFG
  • 8.4 Besonderheiten für rückkehrende Ausländer
  • 8.5 Ausblick
  • RENTE
  • 9. Zum Eigentumsschutz beim rentenrechtlichen Beitragserstattungsanspruch von Ausländern*
  • III. Bildung
  • 1. Bildung im Europäischen Gemeinschaftsrecht*
  • 1.1 Bildung als Element der sozialen Dimension des Binnenmarktes
  • 1.2 Zum Verhältnis von Bildung und Beschäftigungssystem
  • 1.3 Bildung und Freizügigkeit
  • 1.3.1 Bildung und Aufenthaltsrecht
  • 1.3.2 Bildung und Teilhaberechte
  • 1.3.3 Bildung als Bedingung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit
  • 1.4 Die Kompetenzfrage im Bildungsbereich nach dem EG-Recht
  • 1.4.1 Gemeinschaftliche Kompetenzen
  • 1.4.2 Kompetenzstreitigkeiten vor dem EuGH
  • 1.4.2.1 Das Gravier-Urteil
  • 1.4.2.2 Beschlüsse des Rates über EG-Förderprogramme
  • 1.4.2.3 Die unterschiedlichen Rechtspositionen
  • 1.5 Kompetenznahme durch Geldvergabe
  • 1.5.1 Bildungsprogramme der EG
  • 1.5.2 Die Finanzierung von Bildungsprogrammen
  • 2. Recht und Politik der Weiterbildung in der Europäischen Gemeinschaft*
  • 2.1 Einleitung
  • 2.2 Die Weiterbildung im Europäischen Gemeinschaftsrecht
  • 2.3 Weiterbildung als Gegenstand politischer Programme der EG
  • 2.4 Weiterbildung und Freizügigkeit der Arbeitnehmer
  • 2.5 Schlussbemerkung
  • IV. Politische Beteiligung
  • Kommunalwahlrecht für Ausländer in der EG – ein europäischer Vergleich*
  • 1. Einleitung
  • 2. Die allgemeine Bedeutung des Kommunalwahlrechts für Ausländer
  • 3. Das Kommunalwahlrecht für Ausländer in den Mitgliedstaaten der EG
  • 3.1 Statistische Angaben über die Bevölkerungszusammensetzung
  • 3.2 Das Kommunalwahlrecht für Ausländer im Aufenthaltsstaat
  • 3.2.1 Mitgliedstaaten mit Kommunalwahlrecht für alle Ausländer
  • 3.2.2 Mitgliedstaaten mit Kommunalwahlrecht nur für bestimmte Ausländer
  • 3.2.3 Mitgliedstaaten ohne Kommunalwahlrecht für Ausländer
  • 4. Erfahrungen in den Ländern mit kommunalem Ausländerwahlrecht
  • 5. Einige Schlussfolgerungen
  • V. Ausländergesetzgebung
  • 1. Neue Ausländergesetzgebung – deutsche Überfremdungsängste*
  • 1.1 Zur Ausländerrechtspolitik seit 1982
  • 1.2 Neuere Gesetzgebungsaktivitäten zum Ausländerrecht
  • 1.3 Die gegenwärtige Diskussion über ein neues Ausländergesetz
  • 1.4 Vorläufiges Resümee
  • 2. Neuauflage des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des Ausländerrechts – Ausländerpolitik zwischen Integration und Ausgrenzung*
  • 3. Der Rechtsstatus der Zweiten Ausländergeneration nach dem Gesetzentwurf zum Ausländerrecht vom Dezember 1989*
  • 3.1 Einleitung
  • 3.2 Die Zweite Ausländergeneration
  • 3.3 Rechtliche Regulierungen in ausgewählten Lebensbereichen der Zweiten Ausländergeneration
  • 3.3.1 Der Aufenthalt
  • 3.3.2 Die Einbürgerung
  • 3.3.3 Die Bildung – insbesondere Berufsausbildung
  • 3.3.4 Soziale Sicherung – Beispiele
  • 3.4 Organisations- und Finanzierungsprogramme für die Zweite Ausländergeneration
  • 3.5 Wohlfahrtsstaatliche Regulierung von Lebensläufen der Zweiten Generation
  • 4. Das Recht auf Wiederkehr nach § 16 AuslG*
  • 4.1 Einführung
  • 4.2 Rechtspolitische Diskussionen und Gesetzgebungsvorschläge
  • 4.3 Die Neuregelung des Wiederkehrrechts nach § 16 AuslG
  • 4.4 Wiederkehrrecht für Rentner
  • 4.5 Wiederkehrrecht für Wehrdienstleistende
  • 4.6 Schlussbetrachtung
  • 5. Die Bedeutung des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts für in der Bundesrepublik lebende EG-Bürger*
  • 5.1 Einleitung
  • 5.2 Gemeinschaftliches Freizügigkeitsrecht und das deutsche Aufenthaltsgesetz/EWG
  • 5.3 Berührungspunkte zwischen dem Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts und dem Aufenthaltsgesetz/EWG
  • 5.3.1 Zum Anwendungsbereich des Ausländergesetzes für EG-Bürger
  • 5.3.2 Staatliche Kontrolle von EG-Bürgern?
  • 5.3.3 Visumspflicht für Familienangehörige aus Drittstaaten
  • 5.3.4 Zur Aufenthaltserlaubnis-EG
  • 5.3.4.1 Die deklaratorische Bedeutung der Aufenthaltserlaubnis-EG
  • 5.3.4.2 Die Aufenthaltserlaubnis-EG und das Vorhandensein einer angemessenen Wohnung
  • 5.3.4.3 Einführung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis-EG
  • 5.4 Übergangsbestimmungen zur Fortgeltung bisheriger Aufentshaltsrechte
  • 5.5 Wiedereinreiserecht für rentenberechtigte EG-Bürger
  • 5.6 Das Beitritts- und Assoziationsrecht der EG – Sonderstatus für spanische, portugiesische und türkische Bürger
  • 5.7 Schlussthesen
  • VI. Rechtspolitik
  • 1. Wirtschafts- und sozialrechtliche Wechselwirkungen bei der Rückkehrförderung*
  • 1.1 Instrumente der Rückkehrförderung
  • 1.2 Wirtschaftsrechte und finanzielle Bedingungen
  • 1.3 Sozialrechtliche Probleme
  • 1.4 Rückkehrhilfe – Rückkehrförderung oder Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung?
  • 1.5 Rückkehrförderung als entwicklungspolitische Aufgabe
  • 2. Europäisierung der Bildungspolitik?*
  • 2.1 Einleitung
  • 2.2 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen
  • 2.2.1 Bildung als Bestandteil von Sozialpolitik und Sozialrecht
  • 2.2.2 Bildung und Freizügigkeit
  • 2.2.3 Bildung und Niederlassungsfreiheit
  • 2.2.4 Bildung und Dienstleistungsfreiheit
  • 2.2.5 Die Bedeutung des Art. 235 EWGV für die Bildungspolitik
  • 2.2.6 Die Rolle der Bildungspolitik in der Rechtsprechung des EuGH
  • 2.2.7 Vorläufiges Resümee
  • 2.3 Europäische Koordinierung der Bildungspolitik
  • 2.3.1 Schulbereich
  • 2.3.2 Bildungspolitische Aktivitäten im Hochschulbereich
  • 2.3.3 Vorläufiges Resümee
  • 2.3.4 Einheitliche Europäische Akte und Bildungspolitik
  • 2.4 Einige Folgerungen aus dem Gravier-Urteil
  • 2.5 Schlussbemerkung
  • 3. Ausländerfeindlichkeit und Kommunalwahlrecht für Ausländer in Europa*
  • 3.1 Einleitung
  • 3.2 Europäische Initiativen gegen Ausländerfeindlichkeit
  • 3.3 Das kommunale Wahlrecht für Ausländer in Europa – Überblick
  • 3.4 Verfassungsrechtliche Auseinandersetzungen zum Ausländerwahlrecht in der Bundesrepublik
  • 3.5 Resümee
  • 4. Zur Instrumentalisierung des Sozialrechts für ausländerpolitische Zwecke*
  • 4.1 Die ausländerpolitische Ausgangslage
  • 4.2 Die Ausgrenzung arbeitsloser Ausländer aus dem Leistungssystem der Arbeitslosenversicherung
  • 4.3 Die Gesetzgebung zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern 1983/84
  • 4.4 Einschränkungen der Sozialhilfe bei Flüchtlingen
  • 4.5 Rechtspolitische Folgerungen
  • 4.5.1 Zur Rolle von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung
  • 4.5.2 Zum Zusammenhang von Sozial- und Ausländerrecht
  • 4.5.3 Legitimationsdefizit des Sozialrechts als Gefahrenabwehr
  • 4.6 Schlussbetrachtung
  • 5. Bestimmungsfaktoren und Bezugspunkte europäischer Sozialpolitik*
  • 5.1 Bevölkerungsentwicklung und Migration als Bedingungen der Sozialpolitik
  • 5.1.1 Demographische Entwicklungen in der EG
  • 5.1.2 Weltmigration und Europa als ein Einwanderungsziel
  • 5.2 Staatliche Regulierungen der Migration
  • 5.2.1 Nationalstaatliche Gesetzgebung
  • 5.2.2 Gemeinschaftsrechtliche Regelungen
  • 5.2.3 Künftige sozialpolitikrelevante Regulierugen der Binnen- und Außenwanderungsströme
  • 5.2.3.1 Gemeinschaftsbezogene Regulierungen
  • 5.2.3.2 Nationale Regulierungen
  • 5.2.3.3 Parallelität von intergouvernementalen und gemeinschaftlichen Steuerungen der Ausländer- und Asylpolitik
  • 5.3 Die Sozialpolitik in der EG
  • 5.3.1 Historische Entwicklung
  • 5.3.2 Derzeitige Sozialpolitikkonzepte
  • 5.4 Bezugspunkte der Sozialregulierungen im Binnenmarkt
  • 5.4.1 Freizügigkeitsspezifische Koordinierung sozialer Rechtspositionen
  • 5.4.2 Auxiliäre Freizügigkeitspolitik durch qualfikationsbezogene Gewährleistungen
  • 5.4.3 Sozialpolitische Standardisierungen
  • 5.4.4 Verbesserung der Arbeitsumwelt und „Sozialer Dialog“
  • 5.4.5 Armut und Arbeitslosigkeit
  • 5.5 Verfassungspolitische Orientierungen
  • 5.6 Einheitlicher Sozialraum und Sozialbürgerstatus
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungen

AAV Arbeitsaufenthalteverordnung

ABl. Amtsblatt

Abs. Absatz

AEVO Arbeitserlaubnisverordnung

AFG Arbeitsförderungsgesetz

AiD Ausländer in Deutschland

AK-GG Alternativkommentar zum Grundgesetz

ANBA Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit

AO FuU Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Bildung und Umschulung

AöR Archiv des öffentlichen Rechts

APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte

Art. Artikel

AufenthG/EWG Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

Aufl. Auflage

AuslG Ausländergesetz

AuslVwV Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes

BArbBl. Bundesarbeitsblatt

BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz

BAG Bundesarbeitsgericht

BAGFW Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege

BayVBl. Bayerische Verwaltungsblätter

BB Der Betriebsberater

Bd./Bde. Band/Bände

BeitrAB Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

BErzGG Bundeserziehungsgeldgesetz

BGBl. Bundesgesetzblatt

BKGG Bundeskindergeldgesetz

BRD Bundesrepublik Deutschland

BR-Drs. Drucksache des Deutschen Bundesrates

BSG Bundessozialgericht

BSHG Bundessozialhilfegesetz

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BT-Drs. Drucksache des Deutschen Bundestages

BVerfG Bundesverfassungsgericht

BVerwG Bundesverwaltungsgericht

bzw. beziehungsweise

CDU Christlich Demokratische Union

CEDEFOP Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung

CMLR Common Market Law Review

CSU Christlich Soziale Union

DA-AER Durchführungsanweisungen zum Arbeitserlaubnisrecht

DAngVers Die Angestelltenversicherung

DDR Deutsche Demokratische Republik

ders. derselbe

DGB Deutscher Gewerkschaftsbund

DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

DJT Deutscher Juristentag

DÖV Die Öffentliche Verwaltung

Dok Dokument

DP Diskussions-Papier

DPWV Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband e.V.

Drs. Drucksache

DRV Deutsche Rentenversicherung

DST Deutscher Städtetag

dtv Deutscher Taschenbuch Verlag

DuR Demokratie und Recht

DUZ Deutsche Universitätszeitung

DVAuslG Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes

DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt

EA Europa-Archiv

E.C. European Commission

ECU European Currency Unit

ed., eds. editor(s)

EEA Einheitliche Europäische Akte

EEC European Economic Community

EFA Europäisches Fürsorgeabkommen

EFRE Europäischer Regionalfonds

EFTA European Free Trade Association

EG Europäische Gemeinschaft(en)

EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

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EGKSV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EISS European Institute for Social Security

EKD Evangelische Kirche in Deutschland

ELR European Law Review

EMRK Europäische Menschenrechtskonvention

endg. endgültig

EP Europäisches Parlament

Epd Evangelischer Pressedienst

ESF Europäischer Sozialfonds

EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EuGHE Amtliche Sammlung der Rechtsprechung des EuGH

EuGRZ Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EuR Europarecht

EURATOM Europäische Atomgemeinschaft

EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

e.V. eingetragener Verein

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWGV Vertrag zur Gründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

EWR Europäischer Wirtschaftsraum

EZAR Entscheidungssammlung zum Ausländer- und Asylrecht

FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung

Fn. Fußnote

FR Frankfurter Rundschau

GG Grundgesetz

GMBl. Gemeinsames Ministerialblatt

HBS Hans-Böckler-Stiftung

HiMoN Historische Mobilität und Normenwandel

Hrsg., hrsg. Herausgeber, herausgegeben

IG Industriegewerkschaft

IAO Internationale Arbeitsorganisation

IBW Informationen – Bildung und Wissenschaft

ILO International Labour Organisation

InfAuslR Informationsbrief Ausländerrecht

info also Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht

IZA Informationsdienst zur Ausländerarbeit

JZ Juristenzeitung

KJ Kritische Justiz

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 30→

KOM Mitteilung der Kommission der EG

KritV Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft

KSZE Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

LSG Landessozialgericht

m. Anm. mit Anmerkung

MAT Materialien

MBSE Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer

MBWA Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung arbeitsloser Ausländer

Mio. Million

MittAB Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

MRK Menschenrechtskommission

m.w.N. mit weiteren Nachweisen

NDV Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

NILR Netherlands International Law Review

NJW Neue Juristische Wochenschrift

Nr. Nummer

NRW Nordrhein-Westfalen

NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NZA Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht

NZZ Neue Zürcher Zeitung

OECD Organisation for Economic Cooperation and Development

OEG Opferentschädigungsgesetz

o.J. ohne Jahresangabe

OVG Oberverwaltungsgericht

PE Dok. Dokument des Europäischen Parlaments

RdA Recht der Arbeit

RdJB Recht der Jugend und des Bildungswesens

Rdnr. Randnummer

Rs. Rechtssache

RVO Reichsversicherungsordnung

S. Seite

SF Sozialer Fortschritt

SG Sozialgericht

SGb Die Sozialgerichtsbarkeit

SGB Sozialgesetzbuch

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Slg. Sammlung

SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands

SZ Süddeutsche Zeitung

u.a. unter anderen(m), und andere

VG Verwaltungsgericht

VGH Verwaltungsgerichtshof

VO Verordnung

VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwV Verwaltungsvorschrift(en)

Wib Woche im Bundestag

WSA Wirtschafts- und Sozialausschuss

WSI Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut des DGB

WuV Wirtschaft und Verwaltung

WZB Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

ZAR Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik

z.B. zum Beispiel

ZDWF Zentrale Dokumentationsstelle der Freien Wohlfahrtspflege für Flüchtlinge e.V.

ZERP Zentrum für Europäische Rechtspolitik

ZfF Zeitschrift für das Fürsorgewesen

ZfPäd Zeitschrift für Pädagogik

ZfS Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung

ZfSH/SGB Zeitschrift für Sozialhilfe/Sozialgesetzbuch

ZG Zeitschrift für Gesetzgebung

ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

ZIAS Zeitschrift für internationales Arbeits- und Sozialrecht

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

ZSR Zeitschrift für Sozialreform

ZVersWiss Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

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Einführung

Die politischen und gesellschaftlichen Systeme in Europa befinden sich im Umbruch. Seit dem Programm zur Vollendung des Binnenmarktes der Kommission der Europäischen Gemeinschaften von 1985 und dem parallel dazu in Osteuropa einsetzenden Prozess des Umbaus der dortigen Gesellschaften („Perestroika!“ und „Glasnost“) ist ein gesellschaftlicher Umwälzungsprozess in Gang gekommen, in dessen Folge es – nach den revolutionären Ereignissen in der DDR vom November 1989 – auch zur deutschen Einheit gekommen ist. Während die politischen Systeme Westeuropas sich im Rahmen einer Politischen Union immer mehr zu integrieren versuchen und dabei in den Sog der Vergemeinschaftung bzw. der Europäisierung zu Lasten nationaler Eigenständigkeit geraten, verstärkt sich in Osteuropa der Prozess eigenständiger Staatenbildung als Ausdruck des Widerstandes gegen die alte, die nationale und völkische Selbständigkeit missachtende Zentralgewalt der Sowjetunion, die sich Ende 1991 auflöste. In Folge dieser politischen Veränderungen entstehen neue Verflechtungen zwischen den bislang ausschließlich westlich orientierten internationalen Organisationen, insbesondere dem Europarat und der Europäischen Gemeinschaft und den osteuropäischen Staaten. Seinen Niederschlag findet dies in der Aufnahme osteuropäischer Staaten in den Europarat einerseits und in der wachsenden Zahl von Assoziationsvereinbarungen zwischen der EG und den neuen osteuropäischen Demokratien Ungarn, Polen und der CSFR andererseits.

Mit den politischen Entwicklungen ist stets eine Veränderung der Gesellschaft verbunden gewesen, die auch derzeit wieder wesentlich durch Wanderungsprozesse innerhalb Europas und zwischen Europa und der übrigen Welt geprägt ist. Wachsende Zahlen von Flüchtlingen und Migranten verdeutlichen die sich seit dem Zerfall des Kommunismus ausbreitende neue Völkerwanderung. In Deutschland hat sich die Zusammensetzung der Bevölkerung durch den Zuzug von Ausländern vor allem seit den 60er Jahren und die seit 1989 stark angewachsene Anzahl von Aussiedlern verändert. Gegenwärtig leben in der Bundesrepublik Deutschland rund 5,36 Mio. Ausländer, davon kommen ca. 1,4 Mio. aus den Mitgliedstaaten der EG. Trotz eines vergleichsweise geringen Ausländeranteils von knapp über 6% der Gesamtbevölkerung hat sich die bundesdeutsche Gesellschaft – nimmt man Ausländer, Aussiedler und Asylsuchende zusammen – zu einer immer stärker internationalisierten Gesellschaft entwickelt. Ebenso wie in anderen europäischen Staaten leben hier Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Nationalität und Kultur. Damit stellt sich das für ←33 | 34→unsere Zeit typische Problem, nämlich das Verhältnis von politischer Gleichheit und kultureller Verschiedenheit. Die durch Zuwanderung entstandene Internationalität unserer Gesellschaft erzeugt Differenzen und Konflikte. Das Recht, insbesondere das Ausländer- und das Sozialrecht, nimmt diese Differenzen in sich auf; es ist ein Spiegel gesellschaftlicher Differenzierungen. Zugleich wirkt das Recht vor allem im Bereich des Ausländer- und Asylrechts als Instrument der Steuerung von Zuwanderungen; ebenso als Befriedungs- und Konflikterzeugungsinstrument im Prozess des innerstaatlichen Aufeinanderprallens unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturen unter den Ausländern.

Im Brennpunkt des Interesses steht der jeweilige Bürgerstatus. Der Frage, welche Rolle und Bedeutung der Status der Ausländer in dem politisch-sozialen Umbruch unserer Zeit hat, soll am Beispiel ihres Rechtsstatus in drei sozialen Handlungsfeldern nachgegangen werden: dem Aufenthalts-, dem sozialen und dem politischen Rechtsstatus von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland.

1. Gegenstand der Untersuchung

Die vorliegende Habilitationsschrift enthält ausgewählte wissenschaftliche Arbeiten des Verfassers aus den Jahren 1984 bis 1991. Die hier präsentierten Untersuchungen zur Problematik des rechtlichen Status von Ausländern sowohl im Zwischenverhältnis der Bundesrepublik Deutschland und den anderen Mitgliedstaaten der EG als auch in deren Verhältnis zu den sogenannten Drittstaaten sind teils in juristischen Fachbüchern und Tagungsdokumentationen, teils in juristischen oder sozialwissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht worden. Es handelt sich um überarbeitete Vortragsmanuskripte, Buchbeiträge, Zeitschriftenaufsätze und Entscheidungsrezensionen. Auf Zeitpunkt und Ort des Erscheinens wird am Beginn der einzelnen Beiträge jeweils hingewiesen.

Die Einführung zur Zusammenstellung der zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstandenen Arbeiten möchte ich dazu benutzen, sie in einen übergeordneten Kontext zu stellen, mit dessen Benennung sich zugleich der thematische Schwerpunkt der Arbeiten umschreiben lässt: das Spannungsverhältnis, in dem die Rechtspositionen von Ausländern aus den Mitgliedstaaten der EG und aus Drittstaaten beim Fortschreiten des europäischen Integrationsprozesses einerseits und dem andauernden Ringen um Konturen der bundesdeutschen Ausländerpolitik andererseits stehen. Dreh- und Angelpunkt der Untersuchungen und zugleich historischer Ausgangspunkt für das, was früher Fremdenrecht1 ←34 | 35→und heute Ausländerrecht genannt wird, ist die Freizügigkeit der Bürger (ich spreche von den Bürgern oder den Ausländern und meine damit stets weibliche und männliche Personen). Die Bedeutung der Freizügigkeit, die den Ausländern je nach Staatsangehörigkeit im Bundesgebiet mehr oder weniger gewährt wird, ist zentral: Während Bürger aus den EG-Staaten (künftig auch Bürger aus EFTA-Staaten) weitgehende Freizügigkeit in der EG (und künftig im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)) genießen, können sich sonstige Ausländer, sofern sie bereits eingewandert sind, nur im Bundesgebiet ((noch) nicht innerhalb der EG) frei bewegen bzw. nur für einen begrenzten Zeitraum im EG-Ausland (mit erforderlichem Visum) aufhalten.

Meine Beobachtungen richten sich auf die unterschiedliche Ausprägung der Statuspositionen der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer. Auf die Situation von Flüchtlingen, deren Status hier nicht im Einzelnen untersucht wurde, wird nur am Rande gelegentlich Bezug genommen.

Es ist nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern es sind auch die Aufenthaltsdauer und der Aufenthaltszweck, die den Typus des Rechtsstatus von Ausländern in der Bundesrepublik bestimmen. Mit der nationalen Zugehörigkeit und mit der Dauer des (rechtlich zugestandenen) Aufenthaltsrechts ist nicht nur eine freizügigkeitsbezogene, sondern auch eine soziale und politische Diskriminierung innerhalb der unterschiedlichen Ausländergruppen verbunden. Mein Interesse gilt deshalb dem Wechselspiel von je nach nationaler Zugehörigkeit unterschiedlich gewährtem Aufenthaltsrecht einerseits und dem daran gekoppelten sozialen und politischen Rechtsstatus der Ausländer andererseits. Dieser verändert sich fortlaufend im Entwicklungsprozess des Zusammenwachsens der Europäischen Gemeinschaft (und der EFTA-Staaten) zu einer Politischen Union und in dem damit einhergehenden Wandel des Verhältnisses zu den Staaten außerhalb dieser Rechtsgemeinschaft.

Es liegt in der Konsequenz einer kumulativen Habilitation, dass sich aus der Zusammenschau der einzelnen Beiträge, die im Laufe der Jahre als eigenständige Untersuchungen erarbeitet wurden, Wiederholungen ergeben, die bei einer durchgehenden Lektüre als störend empfunden werden können. Dieser Nachteil war in Kauf zu nehmen – er ist unvermeidbar. Demgegenüber mag es als Vorteil und für das Thema typisch angesehen werden, dass mit der wechselseitigen Verschränkung der einzelnen Beiträge die Kompliziertheit und Vielfalt der Statusfrage von Ausländern aufleuchtet, ohne dass damit in irgendeiner Weise eine Vollständigkeit angestrebt wird, geschweige denn suggeriert werden soll. Die vorliegende Schrift soll verdeutlichen, dass sich die Entwicklung des Ausländerrechts nicht nur in dem hier in den Blick genommenen Zeitraum in ständiger Veränderung befand. Das Ausländerrecht ist als ein Rechtsgebiet anzusehen, ←35 | 36→dessen ständig fließende Entwicklung die aktuell gültige Erfassung des dem historischen Wandel unterworfenen Rechtsstatus erschwert. Die Untersuchungen sind allerdings als Versuch anzusehen, die Erscheinungsformen des Rechtsstatus von Ausländern durch die Herausarbeitung klarerer Konturen deutlicher sichtbar zu machen. Es wird noch weiterer Bemühungen bedürfen, um dem Recht – vergleichbar einem im Werden begriffenen Relief – die zeitgemäße Form des Rechtsstatus von Ausländern abzuringen. So werden die Änderungen in der Weltpolitik, insbesondere die Öffnung der Grenzen zwischen Ost-, Mittel- und Westeuropa und insbesondere die Verbindung der EG- mit den EFTA-Staaten für den Bereich des Ausländerrechts schon bald neue Anpassungen erforderlich machen.

2. Theoretische Bezugspunkte

2.1 Gegenstand der Überlegungen zum Rechtsstatus

Herkömmlicherweise wird die Zugehörigkeit von Personen zum Staat als einem Herrschaftsverband mit einheitlicher Staatsgewalt, einem abgegrenzten Staatsgebiet und einem Staatsvolk durch Innehaben oder Verleihung der Staatsangehörigkeit juristisch zum Ausdruck gebracht. Die allgemein im Begriff des Nationalstaates symbolisierte Verfassungsstaatlichkeit, die ihre Ausprägung in Deutschland im 19. Jahrhundert erfahren hat, hat sich in ihren wesentlichen Zügen seit Mitte des 20. Jahrhunderts gewandelt. Als Ursache dieser Entwicklung ist vor allem die Internationalisierung der Güter- und Arbeitsmärkte zu nennen. Dazu gehören auch die Entwicklungen im Bereich der Kommunikations- und Transporttechnologien sowie die Universalisierung der Menschenrechte. Hinsichtlich der Migrationsentwicklungen kann man Wanderungsprozesse innerhalb der Europäischen Gemeinschaften von denjenigen unterscheiden, die zwischen diesem Gebiet und den Regionen außerhalb davon, insbesondere aus Osteuropa, Afrika, Asien und vor allem dem Nahen Osten unterscheiden.

Die politischen und sozialen Entwicklungen, die mit der ökonomischen Internationalisierung einhergingen, haben ihren Niederschlag in spezifischen rechtlichen Entwicklungen gefunden. Mit der Etablierung der EG als Rechtsgemeinschaft sind von seiten der Mitgliedstaaten zunächst bestimmte Hoheitsrechte auf diese Gemeinschaft übertragen worden, die zu einem entsprechenden Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten geführt haben (vgl. Art. 24 GG). Ein wesentliches Leitmotiv dieser zwischenstaatlichen Organisation enthält Art. 7 EWGV, der im Anwendungsbereich des Vertrages jegliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet. Dieses Diskriminierungsverbot wird ←36 | 37→in den Art. 48 ff., 52 ff. und 59 ff. EWGV konkretisiert, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer sowie die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit innerhalb des Gemeinschaftsgebietes garantieren. Mit dieser Europäisierung erfolgte also eine Einbindung von Ausländern aus den Mitgliedstaaten der EG in Staat und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland.

Ein weiterer Internationalisierungsschub im Bereich des westdeutschen Arbeitsmarktes und damit auch der bundesrepublikanischen Gesellschaft erfolgte durch bilaterale Abkommen (z.B. Niederlassungsverträge) und durch zwischenstaatliche Anwerbe- und Vermittlungsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland, Italien, Jugoslawien, Portugal, Spanien und der Türkei sowie Marokko und Tunesien. Hierdurch kamen zusätzliche Arbeitskräfte (einschließlich von Familienangehörigen) in die Bundesrepublik, die teilweise – auch entgegen ursprünglichen Absichten – zu einem dauerhaften Verbleib und damit ihrer Einwanderung führten. Damit stellt sich das Problem der sozialen und politischen Gleichheit von Ausländern, die als Arbeitskräfte oder als (deren) Kinder (sogenannte Zweite Generation) ins Bundesgebiet gekommen sind und hier ihren bleibenden Lebensmittelpunkt gefunden haben oder (als Angehörige der sogenannten Dritten Generation) bereits hier geboren wurden und insofern faktisch als Inländer anzusehen sind.

Betrachtet man den Rechtsstatus der zahlreichen Ausländergruppen, die je nach ihrer jeweiligen Generationenzugehörigkeit und ihrer unterschiedlichen Integration in die bundesrepublikanische Gesellschaft ganz verschiedene Formen des sozialen Status innehaben, so ist hinsichtlich ihres rechtlichen Status zu berücksichtigen, dass sie als Bürger mit fremder Staatsangehörigkeit im Großen und Ganzen zwei unterschiedlichen Rechtsregimen unterfallen – als Angehörige von Mitgliedstaaten der EG dem Europäischen Gemeinschaftsrecht oder als Angehörige sonstiger Staaten dem etwa bestehenden Abkommensrecht in Verbindung mit dem bundesdeutschen Ausländerrecht (als Sonderrecht für Ausländer). Aber auch Angehörige der Mitgliedstaaten der EG sind dem Ausländerrecht unterworfen, sofern sie nicht als Arbeitnehmer, Selbständige, Erbringer oder Empfänger von Dienstleistungen oder sonst den Regeln des Europäischen Gemeinschaftsrechts unterfallen. Besonderheiten ergeben sich für Angehörige aus Staaten, mit denen die Europäische Gemeinschaft Assoziationsabkommen abgeschlossen hat – hier gilt primär das Recht der Assoziationsverträge (z.B. bei Türken und Marokkanern). Besonderheiten haben sich in der Vergangenheit insbesondere daraus ergeben, dass ehemalige Anwerbestaaten in der Zwischenzeit Mitgliedstaaten der EG wurden, und dass für Angehörige dieser Staaten Sonderregelungen anzuwenden waren, die sich aus dem jeweiligen Recht der Beitrittsvereinbarungen dieser Staaten mit der ←37 | 38→EG ergaben (zunächst Griechenland, später Portugal und Spanien). Die hier angesprochenen Rechtskreise, die den jeweiligen Rechtsstatus der Ausländer näher bestimmen, werden ihrerseits überlagert von den Rechtsnormen der Vereinten Nationen, des Europarates und des Internationalen Arbeitsamtes (ILO), in denen zum Teil universalisierte Rechte gegenüber jedermann und die die nationale Gesetzgebung bindenden Rechtsmaßstäbe festgelegt sind. Mit dieser Überlagerung bzw. Vermischung von unterschiedlichen internationalen, gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsregimen ist ein Teil der Vielfalt von Statuszuweisungen gegenüber Ausländern erklärt. Ein anderer Teil ergibt sich aus dem bundesrepublikanischen Ausländergesetz und spezifischen Sonderregelungen für Ausländer im einfachen Gesetzesrecht. Allerdings ist der Anwendungsbereich dieser Rechtsvorschriften mit der zunehmenden international- bzw. europarechtlichen Einbindung des nationalen Rechts selber ständigen Veränderungen bzw. Anpassungen unterworfen. Dementsprechend enthält das gegenwärtig gültige Ausländerrecht (wie seine Vorgänger) sowohl in Bezug auf den Gebietszugang als auch hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt staatsangehörigkeitsbezogene Privilegierungen und auch Wohlwollensklauseln für eine bevorzugte Behandlung bestimmter Ausländergruppen. Schließlich enthalten das Grundgesetz und zahlreiche einfache Gesetze ausländerbezogene Regelungen, die den jeweiligen Status von Ausländern demjenigen der Inländer annähern, gleichstellen oder diskriminieren. Bezieht man die zahlreichen der Durchführung des Ausländerrechts dienenden Rechtsverordnungen und die das jeweilige Ausländerrecht oder die das auf Ausländer bezogene Sonderrecht (z.B. Bundesausbildungsförderungsrecht) erläuternden bzw. interpretierenden Verwaltungsvorschriften sowie die Rechtsprechung des EuGH und des BVerfG sowie der Fachgerichtsbarkeiten auf unterschiedlichen Ebenen ein, lässt sich nachvollziehen, wie teils genau und umfassend, teils prekär und diffus zugleich der Status von Ausländern rechtlich geformt wird.

Das Phänomen der die Lebenswelt immer stärker erfassenden rechtlichen Regulierung wird im Allgemeinen mit dem Schlagwort von der Verrechtlichung der Lebensverhältnisse2 umschrieben. Habermas hat vier epochale Verrechtlichungsprozesse unterschieden: zum bürgerlichen Staat, zum Rechtsstaat, zum demokratischen Rechtsstaat und zum sozialen und demokratischen Rechtsstaat.3 ←38 | 39→Aus heutiger Sicht müsste wohl ergänzend von einem weiteren Prozess, nämlich dem der internationalisierten Wohlfahrtsstaatlichkeit gesprochen werden. Diese Verrechtlichungsprozesse sind gekoppelt an die ökonomischen und politischen Entwicklungen der (westlichen) kapitalistischen Gesellschaften. Sie werden jetzt zunehmend von den von Westeuropa aus auf Osteuropa gerichteten Kolonialisierungsprozessen überlagert.4 Auf die gegenwärtigen Ausprägungen von staatlichem Interventionismus, Massendemokratie und Wohlfahrtsstaat ist weiter unten zurückzukommen. Vorerst gilt es, der Frage weiter nachzugehen, worin die Besonderheit des rechtlichen Status von Ausländern besteht.

Das entscheidende Merkmal, nach dem sich im politischen Entwicklungsprozess Freiheits- und Gleichbehandlungsrechte von Ausländern bestimmen, wird im Großen und Ganzen seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts im Prinzip der Staatsangehörigkeit gesehen. Im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft verliert dieses Prinzip für Angehörige der Mitgliedstaaten der EG zunehmend an seiner statuszuweisenden Bedeutung, während es gegenüber den sogenannten Drittstaatenangehörigen nach wie vor der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Bestimmung ihres Rechtsstatus geblieben ist. Der Rechtsstatus im Einzelnen ist – je nach anzuwendendem Rechtsregime – vor allem abhängig von der Gestattung, der Dauer und dem Zweck des Aufenthaltes und dem sozialen Kontext, in dem die Ausländer in der Gesellschaft als Arbeitnehmer, Wohnungsuchende, Sozialleistungsempfänger, Bildungswillige oder Interessenvertreter auftreten. Das Recht wirkt auf den Status der Ausländer unter mehreren Aspekten ein: zum einen unter dem Aspekt des Zugangs zum, sodann des Aufenthalts im Staatsgebiet, zum anderen unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Lebenssituation und der unterschiedlichen sozialen Rollen, in denen sich der Ausländer dort befindet. Zur Kennzeichnung dieses Differenzierungsprozesses kann in Anlehnung an Habermas5 die Unterscheidung in System (Zugang zum Staatsgebiet und der wirtschaftlichen Betätigung) und der Lebenswelt (gesellschaftliche Integration und staatsbürgerlicher Status) herangezogen werden. Hauptbezugspunkte der rechtlichen Statusregulierungen – und in Konsequenz daraus auch der vorliegenden Schrift – sind das Recht auf Freizügigkeit sowie auf soziale und politische Teilhabe im Aufenthaltsstaat, verallgemeinernd: Freiheit, soziale Sicherheit und Gleichheit.

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Mit diesen Begriffen sind zugleich die zentralen Leitgedanken angesprochen, unter denen der bürgerliche Rechts- und Verfassungsstaat etabliert worden ist, der mit der Herrschaft der Gesetze und ihrer gerechten und willkürfreien Anwendung Garant von politischer Freiheit und staatsbürgerlicher Gleichheit war. Die ursprünglichen, in den Forderungen der Französischen Revolution symbolisierten Ziele dieser Staatlichkeit richteten sich gegen feudale Bindungen des Absolutismus und gründeten – vereinfacht gesprochen – auf dem Verständnis der Trennung von Staat – er sicherte die Freiheiten in Form der Gesetze – und Gesellschaft – sie sicherte im Rahmen wirtschaftlicher Marktfreiheit die materiellen Existenzbedingungen. Diese Vorstellung entsprach dem bürgerlichen Sozialmodell, dessen Prämisse es war, dass die Gesellschaft über Selbststeuerungsmechanismen verfüge, die automatisch zu Wohlstand und Gerechtigkeit führten, wenn sie nur ungehindert zur Wirkung kämen.6

Für die vorliegende Untersuchung stellt sich die Frage, welcher Art die heutige Staatlichkeit ist und warum sie zu der besonderen Ausformung des vielfach gestuften Rechtsstatus von Ausländern geführt hat. Der Entwicklungsprozess vom bürgerlichen Rechtsstaat zum heutigen Rechts- und Sozialstaat kann hier nicht näher dargelegt werden.7 Das Kennzeichen heutiger Staatlichkeit wird vor allem in der Verbindung von Rechts- und Sozialstaatlichkeit, spezieller noch in der spezifischen Ausprägung von Sozialstaatlichkeit als normativer Leitidee zur Verwirklichung der sozialen Staatsziele gesehen.8 Wegen seines normativen Gehalts steht der Begriff des Sozialstaates bis heute im Vordergrund der rechtswissenschaftlichen Diskussion.9 Im internationalen Vergleich wird vor allem wegen seines treffenden deskriptiven und seines sozialwissenschaftlich umfassenderen Bedeutungsgehalts allerdings der Begriff des Wohlfahrtsstaates gebraucht; in der internationalen Diskussion hat er sich allgemein durchgesetzt ←40 | 41→und als maßgeblich erwiesen.10 Damit sind zugleich die (für die Bundesrepublik mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 GG rechtlich verbindlichen) Verpflichtungen des Staates angesprochen, durch Leistungsgewährungen eingetretene Marktungerechtigkeiten zu kompensieren und Bürgern entsprechende subjektive Rechte einzuräumen. Es ist im Folgenden exemplarisch zu erörtern, welche theoretischen Erklärungsansätze hinsichtlich der Wohlfahrtsstaatlichkeit bestehen, ob daraus Ansatzpunkte für eine nachvollziehbare Begründung des Phänomens der rechtlichen Statusvielfalt bei Ausländern, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, zu gewinnen sind und in welcher Weise die rechtwissenschaftliche Diskussion im Laufe der Jahre auf den Zusammenhang von Rechtsstatus und Internationalisierung Bezug genommen hat.

2.2 Theoretische Konzeptionen zur Statusproblematik im Wohlfahrtsstaat

2.2.1 Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze

Vor dem Hintergrund der hauptsächlich aus der jeweiligen Staatsangehörigkeit erwachsenden Statusdifferenzierung zwischen Ausländern interessiert, welche Bedeutung die Staatsangehörigkeit im historischen Entwicklungsprozess bis hin zum heutigen Wohlfahrtsstaat für die unterschiedliche Behandlung von Bürgern gehabt hat. Hierzu ist vor allem auf Forschungen des Engländers Marshall aus dem Jahre 1949 mit dem Titel „Citizenship and Social Class“11 hinzuweisen. Marshall betrachtet die Verfassungsentwicklung als eine Stufenfolge von liberalem Verfassungsstaat, demokratischem Staat und Sozial- oder Wohlfahrtsstaat. Für ihn ist die Staatsangehörigkeit ein Status, der den Zugang zu verschiedenen Ansprüchen und Berechtigungen eröffnet. Das Konzept der Staatsangehörigkeit hat nach ihm drei Komponenten: eine zivile, eine politische und eine soziale. Während er die zivilen Aspekte der Staatsbürgerschaft mit dem Aufkommen des Bürgertums im 18. Jahrhundert in Verbindung bringt, betrachtet er die politischen Rechte, insbesondere den Zugang zum politischen Entscheidungsprozess ←41 | 42→durch Beteiligung an Parlamentswahlen als Kennzeichen für die politische Entwicklung des 19. Jahrhunderts. Die sozialen Rechte – hierzu zählt er Wohlfahrt, Sicherheit und Bildung – sind seines Erachtens die Hauptkomponenten des Inhalts der Staatsbürgerschaft im 20. Jahrhundert geworden. Wesentliches Merkmal des Staatsangehörigkeitskonzepts von Marshall ist der Anspruch auf Gleichbehandlung. Erst die Gleichheit vermittelt einen Status an diejenigen, die als vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft anerkannt sind. Nach Marshalls Ansicht setzen die Staatsbürgerrechte, die mit dem Kapitalismus und der Industrialisierung entstanden sind, Gleichheit voraus, während die Klassenstrukturen ein System der Ungleichheit seien. Demnach – so argumentiert er weiter – führen Staatsbürgerschaft und Klassenstrukturen zu einem Konflikt zwischen widerstreitenden Prinzipien. Die moderne industrielle und demokratische Gesellschaft ist – so die Kernthese Marshalls – historisch einzigartig in der Suche nach Aufrechterhaltung eines Systems von widerstreitenden Werten. Die Betonung der Gleichheit im Rahmen der Staatsbürgerschaft hat zu einem erfolgreichen Kampf gegen die vielen Aspekte der Klassenungleichheit geführt. Nach Marshall ist der dominierende Charakter der modernen industriellen Demokratie als einer freien und entwicklungsfähigen Gesellschaft teilweise das Resultat von andauernden Spannungen zwischen den einer komplexen Gesellschaft innewohnenden Pressionen in Richtung auf Ungleichheit und der Betonung auf der Gleichheit, die dem Demokratieprinzip innewohnt.

Der Befund der vorliegenden Untersuchungen legt eine mögliche Deutung nahe: Die konstatierten Statusdifferenzierungen sind – auch im Prozess ihrer historischen Veränderung – die zeitgemäßen Ausdrucksformen der nach wie vor existierenden Klassenstrukturen unserer Gesellschaft. Mit dem Prozess der Staatswerdung Europas werden sich diese Formen weiter verändern. Das sichtbare „System widerstreitender Werte“ (Marshall) scheint seinen Niederschlag immer deutlicher in der Polarität von „Gemeinschaftsbürgern“ und „Drittstaatenbürgern“ zu finden.

In seiner Schrift „Politische Theorie des Wohlfahrtsstaates“ nimmt Luhmann ausdrücklich auf Marshall Bezug.12 Nach ihm ist das soziologische Prinzip der Inklusion charakteristisch für den Wohlfahrtsstaat, d.h. die Einbeziehung der Gesamtbevölkerung in die Leistungen der einzelnen gesellschaftlichen Funktionssysteme. Der Begriff der Inklusion betrifft Zugang und Abhängigkeit der individuellen Lebensführung von diesen Leistungen. „In dem Maße, als Inklusion verwirklicht wird, verschwinden Gruppen, die am gesellschaftlichen Leben ←42 | 43→nicht oder nur marginal teilhaben.“ Dementsprechend spricht Luhmann von Exklusion, wenn es um die bewusste, entwicklungspolitische Beibehaltung solcher Marginalität, die Ausschließung ganzer Bevölkerungsgruppen aus der Partizipation an gesellschaftlichen Leistungen geht. Schon 1981 hat Luhmann in seiner Schrift die Frage aufgeworfen, „ob die Evolution moderner Lebensbedingungen in Europa als allmähliche Inklusion charakterisiert werden kann, die GEPLANTE und PLANMÄßIG BESCHLEUNIGTE Entwicklung anderer Regionen dagegen vorläufige Exklusionen erfordert“13. Luhmann hat damit den seit dem Programm zur Vollendung des Binnenmarktes 1985 immer deutlicher werden Prozess des Zusammenwachsens der EG und der Ausgrenzung der außereuropäischen Drittstaaten treffend prognostiziert. Die Beiträge der vorliegenden Schrift bestätigen diese Prognose für einen Teilbereich der gesellschaftlichen Entwicklung.

Das Nebeneinander von gemeinschaftsrechtlichen Regulierungen in Bezug auf den Status von Wanderarbeitern und auf den sozialen sowie bildungsbezogenen Status von Drittstaatenangehörigen in der EG einerseits sowie den nationalen ausländerrechtlichen Regelungen in Bezug auf den Status von Drittstaatenangehörigen andererseits ist offenbar Ursache und Folge zugleich einer besonderen Art von Schichtung innerhalb der nationalen Gesellschaften. Diese steht in Zusammenhang mit Marginalisierungsprozessen von ausländischen Arbeitnehmern als Ausdruck ihrer sozialen Unterschichtung14 und/oder Ungleichheit15 in den Aufnahmegesellschaften. Diese Forschungsansätze verfolgen allerdings keine Erklärungen für die in dieser Schrift gestellte Problematik von sozialer und rechtlicher Statusvielfalt und -differenzierung.

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Weitere, insbesondere klassenorientierte Erklärungsansätze zum Phänomen der Statusdifferenzierung finden sich in neueren politologischen Forschungen, die auf das Phänomen der wohlfahrtsstaatlichen Integration der Bürger Bezug nehmen. Dabei kommt wiederum den sozialpolitischen Analysen der westlichen Wohlfahrtsstaaten16 besondere Relevanz zu. So spricht beispielsweise Esping-Andersen in Bezug auf Deutschland (sowie Frankreich, Italien und Österreich) von dem Typ des „korporatistischen“ Wohlfahrtsstaates mit „postindustriellen“ Klassenstrukturen, in dem sich auf der Grundlage des Marktes als Wohlfahrtsversorger Statusdifferenzierungen erhalten und Rechte an die Klassenzugehörigkeit und den sozialen Status gebunden sind.17 Historischen Inklusions- und Exklusionsprozessen gilt auch das Interesse von W.R. Brubaker18, der die egalitären, demokratischen und sozialen Folgen staatsbürgerlicher Zugehörigkeit beschreibt und den Anspruch auf Gleichbehandlung der Dauerresidenten in einem bestimmten Gebiet auf umfassende Beteiligung hervorhebt. Gegenüber universalistischen Gleichheitspostulaten und Menschenrechtsentwicklungen, die über Territorialgrenzen hinausgehen, haben sich gattungsbezogene bzw. problemgruppenspezifische Sonderungen behauptet: Sklaven, Arme, Frauen, Kinder und andere mehr, insbesondere Fremde und Ausländer sind aus unterschiedlichen Gründen nicht als Bürger oder dem Volk zugehörig angesehen worden. Egalitarismus war offenbar immer mit Ausgrenzung verbunden.

Offe entwickelt Relevanzkriterien für die Präferenz und die Akzeptanz von wohlfahrtsstaatlichen Leistungssystemen und unterscheidet hinsichtlich des Zugangs und der Teilhabe an wohlfahrtsstaatlichen Leistungsgewährungen zwischen drei Kategorien von Personen und Bedarfen, in die nach der Logik des operierenden Wohlfahrtsstaates die Bevölkerung zu sortieren ist: die Kategorie der auf Hilfen und Leistungen nicht Angewiesenen („Unabhängigkeit“), die Kategorie derjenigen, „für die anerkannt wird, dass ihnen nicht zugemutet werden kann, aus eigenen Kräften eine ausreichende Versorgung zu sichern bzw. andernfalls den Zustand ihres Unversorgtseins auszuhalten“ („Sozialversicherung“) und die Restkategorie derjenigen, „welche […] die anspruchsbegründenden Tatbestände, die zur Aufnahme in die zweite Kategorie führen, nicht erfüllen und aus diesem Grunde nicht […] in den Genuss der ←44 | 45→wohlfahrtsstaatlichen Leistungen kommen“ („Hilfen“).19 Für den vorliegenden Zusammenhang sind die von Offe eingeführten vier politisch-ideologischen Stoßrichtungen: „Privatisierung“, „Ausgrenzung“, „Inklusion“ und „Garantismus“ von besonderem Interesse; sie sind als Strategien der Verschiebung von Zuständigkeiten zwischen den drei Sektoren des Wohlfahrtsstaates, die den oben erwähnten Hauptkategorien („Unabhängigkeit“, „Sozialversicherung“, „Hilfen“) zugeordnet werden können, zu verstehen. Im Rahmen eines (durch ein Schaubild visualisierten) Schemas zu diesen Konstruktionsprinzipien geht Offe der Frage nach, wie es im historischen Ablauf bei diesen vier Strategien zu „Grenzstreitigkeiten“ zwischen den drei erwähnten Sphären gekommen ist. Zugleich geht er näher darauf ein, dass es bei diesen Grenzüberschreitungen jeweils auch um die Frage geht, ob der Status von Arbeitnehmern zur Debatte steht oder der Status von Bürgern.20

Im Hinblick auf die Statusdifferenzierung von Ausländern lässt sich feststellen, dass das Merkmal der Staatsangehörigkeit einerseits als Kriterium für die Anerkennung von Leistungsbedürftigkeit im Sinne der Kategorie 2 dient; damit findet eine „Inklusion“ bis hin zur Gleichstellung statt – das gilt offensichtlich für die Staatsangehörigen aus den Mitgliedstaaten der EG. Andererseits dient die Staatsangehörigkeit als Mittel der „Ausgrenzung“ – das betrifft im Wesentlichen die außereuropäischen Drittstaatenangehörigen aus den (mehr oder weniger) industrialisierten Entwicklungsländern. Das Problematische dieser Ausgrenzung besteht nun darin, dass sie Bürgern gegenüber erfolgt, die sich als „Inländer mit fremder Staatsangehörigkeit“ (Rittstieg) gar nicht mehr in der Situation von „Rückkehrern“ in ihr Herkunftsland (allenfalls als potentielle oder genötigte Auswanderer dorthin) befinden. Geht man mit Offe davon aus, dass „im Gegenzug zur (privilegierenden) Gewährung sozialer Sicherheit die Beachtung von Regeln einer ‚normalen‘, ‚ordentlichen‘ und ‚würdigen‘ Lebensführung erwartet wird“, dann bestehen für die Gruppe der eingewanderten Ausländer keine zureichenden Ausgangsbedingungen für den Kampf um gleichberechtigte Teilnahme und Teilhabe am Wohlfahrtsstaat Bundesrepublik Deutschland. Die ausgegrenzten Ausländer haben gar nicht die Chance, den Status eines gleichberechtigten Anspruchsinhabers durch eigenes zurechenbares Handeln zu erlangen, es sei ←45 | 46→denn, dass man ihnen durch erleichterte Einbürgerung den Zugang zu den Konkurrenzbedingungen wohlfahrtsstaatlicher Teilhabe eröffnet.

An diesem Punkt überschneiden sich die Überlegungen von Offe mit denen von Preuß, der den Aufbau des Wohlfahrtsstaates als einen Versuch begreift, partikulare Klienten- und universalistische Staatsbürgerinteressen zu integrieren. Erst mit der Staatsbürgerrolle werden wohlfahrtsstaatliche Rechte erworben. „Der unhintergehbare Ausgangspunkt heutiger staatsbürgerlicher Qualifikation ist die gleiche Freiheit eines jeden Staatsbürgers, unbeschadet der je sehr unterschiedlichen natürlichen Gaben, Fähigkeiten und Leistungsvermögen.“21 Preuß’ These, eine Politik des Ausgleichs der ungleichen Verteilung der der Gesellschaft verfügbaren Güter ließe sich daher als „Staatsbürgerqualifikationspolitik“ rechtfertigen,22 verweist auf die Notwendigkeit der „Inklusion“ der nach Deutschland eingewanderten Ausländer in Form der Anerkennung ihrer Staatsbürgerrolle. Diese im Einzelnen überzeugend begründete These rechtfertigt es, die notwendigen rechtspolitischen Konsequenzen aus der Diskussion über die Bedingungen einer (erleichterten) Einbürgerung für die eingewanderten und noch viel mehr für die hier geborenen Ausländer zu ziehen – gegebenenfalls durch Zuweisung eines Gleichberechtigung vermittelnden Einwanderungs- bzw. Niederlassungsstatus.

Von speziellem Interesse für die Angleichung des Rechtsstatus von Staatsangehörigen aus den Mitgliedstaaten der EG an den Status der Deutschen sind die Überlegungen zur Einführung eines EG-weit garantierten Mindeststandards sozialer Sicherung. Leibfried23 diskutiert Optionen und Verwerfungen eines europäischen Armutsregimes als Grundlage einer europäischen Sozialbürgerschaft und vergleicht die unterschiedlichen Sozialpolitikregime in Europa: In Anlehnung an Esping-Andersen stellt er die skandinavischen Wohlfahrtsstaaten, die „Bismarck“-Länder, die anglo-saxischen Staaten und die „lateinischen Randstaaten“ in ihrer historisch eigenständigen Entwicklung gegenüber und diskutiert am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland ←46 | 47→den Zusammenhang der Auswirkungen von „gemeinschaftsrechtlichen Wohlfahrtsregelungen“ in ihrem „nationalen Wohlfahrtskontext“. Dabei unterscheidet er nach individuellem Beschäftigungsstatus, Aufenthaltsrecht und Zugang zur Armenunterstützung (Sozialhilfe). Schließlich unterscheidet er nach insgesamt fünf Integrationsschritten in Richtung auf eine europäisierte Armutspolitik. Leibfried beschreibt in historischer Abfolge die vier Stufen der armenpolitischen Integration: das „Wegschaffen“ der Armen selbst (1), die „Verrechnungs“-Lösung (2), die Behandlung von EG-Bürgern wie nationale Bürger (3) und das Setzen europäischer materieller (und formeller) Standards (4). In diesem Sinne befinden wir uns innerhalb der EG heute auf dem Wege zu einer weitgehenden Gleichbehandlung von EG-Bürgern und eigenen Staatsangehörigen. Allerdings kommt es dabei noch zu Verwerfungen auf europäischer Ebene (siehe dazu folgend unter 5.2.1).

Die bisher erwähnten Erklärungsansätze beziehen sich ganz allgemein auf die Erscheinungsform der „Inklusions- und Exklusionsprozesse“. Diese unter dem Aspekt des Wohlfahrtsstaates erörterte Komponente gilt es, mit der politisch-demokratischen zu verbinden. Dabei ist festzustellen, dass vom Wahlrecht alle Ausländer gleichermaßen ausgeschlossen sind. Eine Folge dieser fehlenden politischen Partizipationsmöglichkeit ist die Delegitimation der formal-abstrakten Verfahren repräsentativer Demokratien, die ihre lebensweltliche Verbindlichkeit verlieren.

Das starre Schema von Inklusion und Exklusion, das Entweder-Oder ist als sich wechselweitig ausschließender Gegensatz konstruiert. Auf dem Boden einer ethnisch, sprachlich, kulturell und rechtlich internationalisierten Gesellschaft drängt das universelle Gleichheitspostulat zur Anerkennung partizipativer Gleichberechtigung gerade der auf Dauer eingewanderten Bürger fremder Nationalität. Es bedarf offenbar eines spezifischen Einwanderungsstatus von Ausländern, der gleichberechtigte politische und soziale Teilnahme und Teilhabe verbürgt.

←47 | 48→
Der Rechtsstatus von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland:
Inklusions- und Exklusionstendenzen
Rechtsstatus Inklusion Exklusion
Freizügigkeit Bürger aus EG Staaten und ihre Familienangehörigen (auch mit Drittstaatsangehörigkeit) (künftig: auch Bürger aus EFTA-Staaten; auch Bürger aus Drittstaaten mit Daueraufenthaltsrecht? (Grenze: Sozialhifebedürftigkeit) Sonstige Drittstaatsangehörige
Soziale Sicherung Bürger aus EG-Staaten (und ihre Familienangehörigen – mit Ausnahmen); Bürger aus Drittstaaten (und ihre Familienangehörigen) mit Daueraufenthaltsrecht Bürger aus Drittstaaten (Bürger aus EFTA-Staaten und Assoiziations-staaten mit der EG oder Bürger aus Mitgliedstaaten von völkerrecht-lichen Verträgen sind privilegiert)
Bildung Bürger aus EG- und Drittstaaten (mit Ausnahmen) Einzelne Bürger aus Drittstaaten mit zeitweisem Aufenthalt
Politische Teilhabe künftig Bürger aus EG-Staaten bei Kommunalwahlen (auch Bürger aus Drittstaaten mit Daueraufenthaltsrecht?) Bürger aus EG- und Drittstaaten bei Wahlen zu den zentralen öffentlichen Vertretungskörperschaften

2.2.2 Rechtswissenschaftliche Erklärungsansätze

Im Folgenden ist nunmehr der Frage nachzugehen, wie die Rechtswissenschaft auf das Phänomen der Internationalisierung des bundesdeutschen Arbeitsmarktes durch Einwanderung von Ausländern reagiert hat und ob es Erklärungen für das Phänomen der unterschiedlichen Statuszuweisungen von Ausländern gibt.

Anfang der 70er Jahre wurde diese Thematik von der Rechtswissenschaft aufgegriffen. Es kam zu einer beachtenswerten rechtswissenschaftlichen Diskussion über die Rechtsstellung der Ausländer und die juristische Bedeutung der Einwanderung von Migranten.24 Bei der Staatsrechtslehrertagung von 1973 unterschied Isensee in seinem Referat über die staatsrechtliche Stellung der Ausländer ←48 | 49→zwischen den aufenthaltsrechtlichen Statusbedingungen, dem rechtsstaatlichen Status, dem sozialstaatlichen Status und dem demokratischen Status.25 Anlässlich des 53. Deutschen Juristentages 1980 wurde über die angemessene Gestaltung der Rechtsstellung von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland diskutiert.26 Eine Reihe von Forschungen nahm dann auf die für den Sozialstaat bzw. Wohlfahrtsstaat heutiger Prägung typischen Erscheinungen des rechtlichen Status von eingewanderten Ausländern Bezug. Das gilt besonders für die auch heute noch als grundlegend anzusehende Schrift von Dohse über die Genese und Funktion von staatlicher Ausländerpolitik und Ausländerrecht.27 Darin wurde vor allem der besondere Status der ausländischen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt analysiert. Immer bedeutsamer wurden schließlich die Debatten über die juristischen Implikationen eines Einwandererstatus der Ausländer.28 Weitere Untersuchungen befassten sich mit rechtlichen Aspekten der Ausländerintegration.29

Die Erkenntnis der zunehmenden Bedeutung der Internationalisierung des Ausländerproblems wurde mit der internationalen Tagung von 1985 am MaxPlanck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg über die Rechtsstellung von Ausländern nach staatlichem Recht und Völkerrecht dokumentiert.30 Die Auseinandersetzungen über die Verbesserung ←49 | 50→des politischen Status der Ausländer lösten einen „Juristenstreit“ (Zuleeg)31 über die Zulässigkeit des Kommunalwahlrechts für Ausländer32 aus. Ein weiterer, in den letzten Jahren im Vordergrund stehender Bezugspunkt der juristischen Diskussion über den Status der Ausländer bezieht sich auf die Forderungen nach Änderung des Einbürgerungsrechts33 und nach Anerkennung der Doppelstaatsangehörigkeit34. Eine umfassende Betrachtung der unterschiedlichen Rechtspositionen von Ausländern unter dem Blickwinkel der Statusdifferenzierung und Statusstufung gegenüber Ausländern fehlt bislang.

In diesem Zusammenhang haben in jüngster Zeit Analysen über die Rolle der Staatsangehörigkeit35 wachsende Bedeutung erlangt. Gerade für die Erklärung des Rechtsstatus der Ausländer interessiert die Arbeit von Wiessner, der im Rahmen einer rechtsvergleichenden Untersuchung der Funktion der Staatsangehörigkeit nachgeht und dabei alle rechtlich geregelten sozialen Problemfelder näher untersucht, „in denen nationale wie internationale, interne wie externe autoritative Entscheidungsträger unterschiedliche Konsequenzen aus dem Besitz der Mitgliedschaft im Staatsverband gezogen haben“.36 Unter den von Wiessner untersuchten Problemfeldern finden sich auch die in der vorliegenden Schrift ins Zentrum gerückten Apsekte von Freizügigkeit, sozialer Sicherung, Bildung und politischer Teilhabe. Allerdings interessieren ihn vornehmlich die „transnational übereinstimmend anerkannten Merkmale“ der Staatsangehörigkeit; diese sind – so das Ergebnis seiner Untersuchung – das ausschließliche Zugangsrecht zum Gebiet des Heimatstaates und der Ausschluss der Verbannung, die Mitbestimmung in den zumindest formal demokratischen Entscheidungsprozessen der Gemeinschaft sowie das Schutzrecht des Heimatstaates.37 Das Interesse seiner ←50 | 51→Untersuchung liegt daher in der Funktionsbestimmung von Staatsangehörigkeit im Allgemeinen und an der systemübergreifenden Funktion dieses Begriffes.

Details

Seiten
624
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631769706
ISBN (ePUB)
9783631769713
ISBN (MOBI)
9783631769720
ISBN (Hardcover)
9783631769690
DOI
10.3726/b14741
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (März)
Schlagworte
Rechtsstatus von Ausländern Ausländergesetzgebung Europäische Integration Europäische Sozialpolitik Arbeitsmigration Kommunalwahlrecht für Ausländer
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2019. 624 S., 4 s/w Tab.

Biographische Angaben

Klaus Sieveking (Autor:in)

Klaus Sieveking ist emeritierter Professor für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Europarecht an der Universität Bremen. In den Jahren 1985-2003 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Europäische Rechtspolitik tätig. 1993 legte er seine Habilitationsschrift zu „Statusrechten von Ausländern" vor. Er veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zum Ausländer- und Sozialrecht.

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Titel: Statusrechte von Ausländern
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