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Legitimation und Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Zeiten der Cloud

von Dieter Dörr (Autor:in) Bernd Holznagel (Autor:in) Arnold Picot (Autor:in)
©2016 Monographie 114 Seiten

Zusammenfassung

Der Medienkonsum verändert sich. Neben die klassischen Programmfamilien treten netzbasierte Angebote global agierender Player, die auf allen Endgeräten aus einer Hand lineare und nicht-lineare Inhalte sowie zahlreiche begleitende Dienste anbieten. Hinzu kommt eine umfassende Personalisierung durch Big-Data-Systeme. Diese Entwicklung lässt sich unter dem Schlagwort Cloud-TV zusammenfassen. Der gesetzliche Rahmen für das öffentlich-rechtlich verfasste Fernsehen stellt gleichwohl noch den linearen Programmauftrag in den Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund gehen die Autoren der Frage nach, ob und in welcher Weise die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihrem Funktionsauftrag noch nachkommen können oder ob hierfür eine Anpassung des rechtlichen Rahmens erforderlich ist.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Unverzichtbar
  • Vorbemerkung der Autoren
  • Inhalt
  • I. Ausgangssituation
  • II. Veränderungen im Mediensektor
  • 1. Herausforderungen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen
  • 2. Cloud TV als die nächste Generation des Fernsehens
  • 3. Entwicklung des Nutzungsverhaltens
  • 4. Fragmentierung des Medienpublikums
  • 5. Fortsetzung des Trends
  • III. Funktionsauftrag des ÖRR
  • 1. Verfassungsrechtliche Anforderungen
  • 2. Europarechtliche Vorgaben
  • 3. Einfachgesetzliche Ausgestaltung
  • IV. Gültigkeit des Funktionsauftrags in Zeiten der Cloud
  • 1. Meinungsrelevanz nicht-linearer Angebote
  • 2. Ökonomische Rechtfertigung des ÖRR
  • 3. Gestaltung des Public Service in einer nicht-linearen Medienwelt: Der Blick nach Großbritannien
  • V. Handlungsbedarf und regulatorische Rahmenbedingungen
  • 1. Europa- und verfassungsrechtliche Spielräume für eine Ausweitung von Plattform- und Online-Angeboten auf Abruf durch den ÖRR
  • 2. Handlungsfelder für die Weiterentwicklung des ÖRR in einer nicht-linearen Medienwelt
  • Literaturverzeichnis

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I. Ausgangssituation

These 1

Wenn ein nicht unbedeutender Teil der Gesellschaft lineare Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht im bisherigen Ausmaß oder gar nicht mehr in Anspruch nimmt und sich stattdessen auf flexible, programm- und sendungsunabhängige Formen des Bewegtbildangebots ausrichtet, dann stellt sich die Frage, in welcher Weise herkömmliche Rundfunkanbieter darauf reagieren müssen, um ihrer jeweiligen Aufgabenstellung gerecht zu werden. Diese Frage ist von den Kernakteuren des dualen Rundfunksystems jeweils in geeigneter Weise zu behandeln. Die vorliegende Stellungnahme befasst sich in diesem Zusammenhang ausschließlich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) und dabei im Schwerpunkt mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Das gegenwärtige System sieht sich neuen Herausforderungen gegenüber, die die Legitimation und den Auftrag des ÖRR in vielfacher Weise betreffen und mit der Digitalisierung und der damit einhergehenden Differenzierung und Konvergenz der Medien verbunden sind. Insgesamt geht mit dem Umstand, dass immer mehr Menschen online den Zugang zu Medieninhalten suchen, eine spezifische Entwicklung einher: Die Verschmelzung von linearen und nicht-linearen Angeboten aus Nutzersicht. Das geltende Recht unterscheidet zwischen linearen und nicht linearen Angeboten sowohl im Rahmen der AVMD-Richtlinie als auch beim einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff. Der ÖRR wird in Verfolgung seines Auftrags immer stärker im nicht linearen Bereich tätig sein müssen.

Das Medienkonsumverhalten vollzieht sich immer mehr in verschiedenen, sich nur teilweise überlappenden Gruppen. Bei der Fernsehnutzung haben sich bereits Teilöffentlichkeiten in Form der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen und als Untergruppe der 14- bis 29-Jährigen gebildet. Der ÖRR erzielt die höchsten Einschaltquoten nur noch bei den über 49-Jährigen. Die jüngeren Generationen, mit Ausnahme der Kinder, erreicht er kaum mehr.1 Dies führt zu der Frage, ob der ÖRR seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe als Informationsmittler noch angemessen nachkommen kann. ← 13 | 14 →

Daher gilt es, die verfassungsrechtliche Legitimation und den verfassungsrechtlichen Auftrag des ÖRR in einer digitalen Medienwelt unter Beachtung der Rundfunkfreiheit, des Demokratieprinzips, des kulturstaatlichen Auftrags und des Integrationsauftrags vor dem Hintergrund dieser Veränderungen auszuloten. Dabei ist auch der europarechtliche Rahmen zu beachten. Zudem ist darzulegen, wie es um die ökonomische Rechtfertigung des ÖRR bestellt ist. Auf dieser Grundlage ist zu klären, wie der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Auftrag unter Beachtung der europarechtlichen Rahmenbedingungen gegenwärtig ausgestaltet hat und wie der künftige Rechtsrahmen für den Auftrag des ÖRR in der digitalen Medienwelt sachgerecht ausgestaltet werden sollte.

Nach einer Betrachtung relevanter Änderungen im Mediensektor (II.) werden die Grundlagen des verfassungsrechtlich verankerten Funktionsauftrags herausgearbeitet (III.) und dessen Gültigkeit in Zeiten der Cloud untersucht (IV.), ehe der Handlungsbedarf schrittweise aufgezeigt wird (V.).


1 Vgl. dazu unten II.3 und II.4.

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II. Veränderungen im Mediensektor

1. Herausforderungen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen

Details

Seiten
114
Erscheinungsjahr
2016
ISBN (PDF)
9783631699294
ISBN (ePUB)
9783631699768
ISBN (MOBI)
9783631699775
ISBN (Hardcover)
9783631699287
DOI
10.3726/978-3-631-69929-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (März)
Schlagworte
Funktionsauftrag Grundversorgung Entwicklungsgarantie Cloud-TV ZDF BBC
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2016. 114 S., 5 farb. Abb., 6 Tab.

Biographische Angaben

Dieter Dörr (Autor:in) Bernd Holznagel (Autor:in) Arnold Picot (Autor:in)

Dieter Dörr ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Medienrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Direktor des Mainzer Medieninstituts. Bernd Holznagel ist Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Arnold Picot ist Leiter der Forschungsstelle für Information, Organisation und Management an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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