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Bildlichkeit und Metapher in den poetologischen Texten des Expressionismus

von Chiara Arnone (Autor:in)
Dissertation 192 Seiten

Zusammenfassung

Ziel des Werkes ist die Interpretation der poetologischen Texte des Expressionismus durch den neuen Leseschlüssel der Metaphorizität vorzustellen. Metaphern werden hier als ein Werkzeug der Rhetorik aufgefasst, das für das Avantgarde-Programm einer sprachlichen Erneuerung untauglich scheint. Selbst in diesen Schriften kommt jedoch ein hoher Gebrauch an figurativer Sprache vor. Der unbewusste Gebrauch seitens der Avantgarde-Theoretiker von einerseits textuellen Elementen, welche ein metaphorisches, konzeptuelles Niveau erstellen, und andererseits rhetorischen Metaphern, wird unter den Begriff «metaphorische Medialität» gefasst. Die «metaphorische Medialität» erlaubt den Zugang zu einem neuen, theoretischen Bereich der Auffassung der Metapher und der Literatur selbst.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Vorhaben
  • 2. Metapherntheorien
  • 2.1. Etymologie des Wortes Metapher
  • 2.2. Einleitung
  • 2.3. Metapher in Aristoteles (4. Jh. v. Chr.)
  • 2.4. Metapher in Cicero, Quintilian, Pseudo Longin (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.)
  • 2.5. Metapher als rhetorisches Mittel (4.–16. Jh.)
  • 2.6. Metapher als philosophisches Mittel (16.–19. Jh.)
  • 2.7. Metapher als linguistisches Mittel (19.–21. Jh.)
  • 2.8. Fazit
  • 3. Expressionismus. Begriffsproblematik
  • 3.1. Zeitliche Abgrenzung
  • 3.2. Örtliche Abgrenzung
  • 3.3. Gattungen und Themen
  • 3.4. Elemente des Stils
  • 3.5. Ästhetische Programme
  • 3.6. Fazit
  • 4. Expressionismus und Metapher. Standpunkt der Forschung
  • 4.1. Chronologische Aufstellung der Studien über das Thema Expressionismus und Metapher
  • 4.2. Kritische Studien zum Thema Expressionismus und Metapher vor 1980
  • 4.3. Kritische Studien zum Thema Expressionismus und Metapher nach 1980
  • 4.4. Fazit
  • 5. Bildlichkeits- und Metapherntheorien in den programmatischen Schriften des Expressionismus
  • 5.1. Auffassungen der Bildlichkeit im Expressionismus
  • 5.1.1. Die Wortkunst von H. Walden
  • 5.1.2. Ähnliche Theorien
  • 5.1.3. Weitere Bildlichkeitstheorien
  • 5.1.4. Zwischenfazit
  • 5.2. Metaphernauffassungen im Expressionismus
  • 5.3. Metapherntheorien in Expressionismus
  • 5.3.1. Sternheims Kampf der Metapher!
  • 5.3.2. Taggers Das neue Geschlecht des Expressionismus
  • 5.4. Fazit
  • 6. Die Verwendung sprachlicher Bilder in den programmatischen Schriften des Expressionismus: eine linguistische Analyse
  • 6.1. Gegenstand der Untersuchung
  • 6.2. Verfahren der Untersuchung
  • 6.2.1 Grammatikalische und syntaktische Mittel zur Bildung einer Metapher
  • 6.2.2. Semantische Kriterien zur Festlegung des thematischen Inhalts der Metapher
  • 6.2.3. Beispiel einer Analyse der Metapher in Text
  • 6.3. Sprachliches Mittel der Bildlichkeit: Metapher des Expressionismus
  • 6.4. Metaphernauffassungen in den nicht poetischen Schriften des Expressionismus
  • 6.5. Metapher als Mittel der Bildlichkeit in den essayistischen Schriften zum Thema Metapher
  • 6.6. Fazit: Für eine Theorie der Metapher, welche durch Metaphern vermittelt wird
  • 7. Schlussbemerkungen
  • 8. Literaturverzeichnis
  • Danksagung

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1. Vorhaben

In dieser Studie soll ein Korpus von poetologischen Texten des Expressionismus zum Thema der Bildlichkeit empirisch analysiert werden. Die Fragestellung, welche der Studie zu Grunde liegt, lautet, die expressionistische Reflexion über die Metapher zu dokumentieren, die von den Theoretikern nicht direkt ausgedrückt wird, sondern durch die Verwendung von Bildersprache vermittelt wird.

Es werden grammatische und semantische Elemente hervorgehoben, die für den Ausdruck metaphorischer Beziehungen verwendet werden und welche nützlich sind, um einschlägige Passagen für die linguistische Analyse auszuwählen. Dies wird im letzten Kapitel der Studie erläutert.

Abgesehen von dem vorliegenden, besteht diese Studie aus sechs Kapiteln.

Das zweite Kapitel behandelt synthetisch die Geschichte der Theorie der Metapher. Die Geschichte der Theorien der Metapher fängt mit Aristoteles an und endet mit den aktuellen, kognitiven Metapherntheorien. Der Fokus des Kapitels liegt insbesondere auf den Theorien der Antike, welche eine ästhetische, kognitive und sprachliche Auffassung der Metapher vertreten. Nach der Antike folgt eine lange, theoretische Tradition, welche die Metapher als Mittel der Rhetorik oder der philosophischen Weltanschauung kanonisiert, bis die Expressionisten die gleiche Auffassung der Metapher von Aristoteles als ästhetisches, kognitives und linguistisches Mittel erörtern. Dies wird eben von den kognitiven Theorien von G. Lakoff und M. Johnson ab 1980 hervorgehoben.

Das dritte Kapitel bietet eine Infragestellung der Bezeichnung des Expressionismus als literarische Bewegung auf der Basis von zeitlichen, lokalen, Gattungs-, stilistischen- und ästhetischen Parametern.

Im vierten Kapitel wird der Forschungstand zum Thema Metapher und Expressionismus vorgestellt. Die Darstellung ist in zwei Teile unterteilt: vor und nach der kognitivistischen Welle der Studien über die Metapher. Es wird gezeigt, wie der Kognitivismus die kritischen Studien beeinflusst hat, indem die Rolle der Metapher immer mehr als Hauptthema der Recherche hervorgehoben wurde.

Im fünften Kapitel werden die theoretischen Schriften des Expressionismus behandelt, welche der Metapher gewidmet sind. Insbesondere wird auf der Basis eines Korpus von Texten bestätigt, wie die Theoretiker des Expressionismus Wörter, die auf die Bildlichkeit verweisen wie Bild, Gleichnis, Analogie und Assoziation, tendenziell als kognitive und ästhetische Metapher auffassen: dies zeigt sich in den Essays, die zur praktischen Verwendung der Bildlichkeit ←11 | 12→auffordern, sowie im Fall von Essays, die sich gegen deren Gebrauch stellen. Das Wort Metapher im eigentlichen Sinn erhält dagegen eine starke, rhetorische Konnotation, obwohl es dennoch innovative Merkmale gibt. Diese innovativen Merkmale der Auffassung der Metapher werden von der allgemeinen Reflexion über die Bildlichkeit beeinflusst: dies stellt die Arbeitshypothese dar, welche dann im letzten Kapitel mit einer empirischen Analyse überprüft wird.

Im sechsten Kapitel werden das Objekt und die Methoden der Analyse veranschaulicht. Es wird dabei dargestellt, wie durch die Interpretation einer bestimmten Auswahl von Metaphern, die moderne Auffassung der Metapher – hier als M2 abgekürzt – wie auch die Metapher im eigentlichen Sinn – als M1 abgekürzt – identifiziert wird. Diese neue Konzeption ist ebenso in Autoren vorhanden, welche explizit gegen die Verwendung von Metaphern argumentieren und sich daher gegen die Redefigur im traditionellen Sinn des Wortes, gegen M1, stellen. Die neue Konzeption wird implizit durch die Metaphorizität der Texte vermittelt.

Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung über die Metapher des Expressionismus zusammengefasst und kommentiert.

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2. Metapherntheorien

2.1. Etymologie des Wortes Metapher

Das Wort Metapher kommt aus dem Griechischen μεταφορά (lateinisch metaphora) und liegt heutzutage noch fast unverändert als universaler Ableitungsstamm von Metapher in den meisten westlichen Sprachen1 vor. Μεταφορά bedeutet Übertragung‚ was wiederum von dem Verb μεταφέρειν stammt, welches von der Präposition μετά und dem Verb φέρω gebildet wird und anderswohin tragen heißt. Es ist bemerkenswert, dass das Etymon von Metapher schon eine bildliche Konzeptualisierung eines Übergangs bzw. einer Verwandlung von zwei sprachlichen, textuellen, kognitiven etc. Faktoren in sich trägt, je nach wissenschaftstheoretischem Standpunkt eben. Diese Übertragung zwischen zwei ‚Einheiten, Wörtern, Bedeutungen, Konzepten, Begriffen, Bereichen, Feldern‘ etc. konstituiert das Kernkonzept der Metapher, um welches sich alle Metapherntheorien mit unterschiedlichen, wissenschaftlichen Ansätzen und Forschungsinstrumenten in 2400 Jahren gebildet haben. Da diese Darstellung der Übertragung zwischen zwei Polen von der Klassik bis zu unserer Zeit fast unverändert aufbewahrt wurde, seien hier die zwei unten erwähnten Zitate exemplarisch angeführt. Das eine ist die Beschreibung der Metapher von Aristoteles Poetik2 (4.–3. Jh. v. Chr.) und das andere ist das Lemma Metapher aus dem zeitgenössischen Duden-Wörterbuch on-line (2015):

Eine Metapher ist die Übertragung eines Wortes (das somit in uneigentlicher Bedeutung verwendet wird), und zwar entweder von der Gattung auf die Art oder von der Art auf die Gattung, oder von einer Art auf eine andere, oder nach den Regeln der Analogie3.

Metapher: (besonders als Stilmittel gebrauchter) sprachlicher Ausdruck, bei dem ein Wort (eine Wortgruppe) aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang in ←13 | 14→einen anderen übertragen wird, ohne dass ein direkter Vergleich die Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem verdeutlicht; bildliche Übertragung (z.B. der kreative Kopf des Projekts)4.

So wie in den oben angeführten Zitaten bleibt überraschenderweise das Kernkonzept der Metapher Übertragung/Übertragen eines Wortes/einer Wortgruppe von Aristoteles Zeit bis heute fast kaum verändert. Der klassische Begriff der Metapher als Übertragung ist schon in seiner etymologischen Konzeptualisierung bildlich gestaltet; daraus leitet sich die erste Auffassung von Aristoteles ab und bleibt in der modernen Beschreibung des Lemmas des Duden-Wörterbuchs bestehen.

In den folgenden Paragraphen wird eine historische Zusammenfassung der Theorien dargeboten, welche die komplizierte Übertragung der Metapher beschrieben haben. Die folgende Synthese umfasst die Metapherntheorien von der Antike bis zur Gegenwart, mit der Behauptung, dass die expressionistischen Programmatiker am Anfang des 20 Jh. die ersten Theoretiker der Moderne waren, welche die neuen Auffassungen der Bildlichkeit und der Metapher theorisiert haben,5 so wie heutzutage eben diese zwei Themen betrachtet werden. Diese neuen Auffassungen, in der die Semantik und die Kognition der Bildlichkeit und der Metapher hervorgehoben werden, sind bis in die Gegenwart erhalten.

2.2. Einleitung

Grundsätzlich haben sich seit der Klassik bis zur Moderne vier wichtige Gruppen von theoretischen Disziplinen aus dem humanistischen Bereich mit dem Thema der Metapher und/oder ihrer umfassenden Struktur, der Metaphorik, beschäftigt:

Details

Seiten
192
ISBN (PDF)
9783034346375
ISBN (ePUB)
9783034346382
ISBN (Paperback)
9783034346368
DOI
10.3726/b20260
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Dezember)
Schlagworte
Metaphorizität Kognitivismus Metapherntheorien Poetologie Metaphorik Figurativität Sprachwissenschaft Rhetorik
Erschienen
Bern, Berlin, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 192 S., 11 Tab.

Biographische Angaben

Chiara Arnone (Autor:in)

Chiara Arnone studierte «Fremdsprachen und Literaturen» und «Übersetzung von narrativen und essayistischen Texten» (Deutsch/Englisch) an der Universität Pisa. Ihre Promotion erfolgte in «Modernen Fremdsprachen und Literaturwissenschaften – Germanistik» an der Universität Pavia. Zu ihren Forschungsinteressen zählen Textlinguistik, Kognitive Linguistik, Übersetzungskritik und Theorien der Metapher.

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