Sprachliches Lernen im Deutschunterricht
Eine Untersuchung sprachlicher Differenzierungen und ihrer Implikationen
Summary
Excerpt
Table Of Contents
- Abdeckung
- Titelblatt
- Copyright-Seite
- Inhaltsverzeichnis
- Danksagung
- 1 Die Herstellung sprachlicher Differenzen und ihre fachlichen wie sozialen Implikationen
- Teil I: Theoretisch-kritische Auseinandersetzungen mit der Beschreibung der Vermittlung (distanz-)sprachlicher Kompetenzen und ihren Implikationen
- 2 Der Gegenstand der Vermittlung: (Distanz-)Sprachliche Kompetenzen im (Deutsch-)Unterricht
- 2.1 Beschreibung von Sprache und Sprechen im Unterrichtsdiskurs
- 2.1.1 Beschreibung der sprachlichen Struktur- und Ausdrucksformen im Unterrichtsdiskurs
- Bildungssprache bzw. bildungssprachliche Praktiken
- Konzeptionelle Schriftlichkeit
- Epistemisierung
- 2.1.2 Strukturelle Beschreibung des Unterrichtsdiskurses
- 2.2 Modellierungen (distanz-)sprachlicher Kompetenzen im Unterrichtsdiskurs
- 2.3 Differenzierung von Schüler*innen in Hinblick auf ihre sprachlichen Voraussetzungen
- 2.4 Konzepte und Verfahren der Vermittlung (distanz-)sprachlicher Kompetenzen (im Deutschunterricht)
- 2.5 Die Rolle von Lehrpersonen bei der Vermittlung (distanz-)sprachlicher Kompetenzen
- 2.6 Machtkritische Perspektiven auf (distanz-)sprachliche Vermittlung und Aneignung
- 3 Das Verfahren der Vermittlung: Konzepte der Beschreibung verständigungsherstellender Verfahren
- 3.1 Das Konzept Reparatur
- 3.1.1 Kategorisierung von Problemquellen
- 3.1.2 Strukturelle Merkmale von Reparaturen
- 3.1.3 Präferenzstrukturen als Hinweis auf mögliche soziale Implikationen
- 3.2 Das Konzept Korrektur
- 3.2.1 Fehler auf der Basis von Normen als Ansatzpunkt für Korrekturen
- Linguistisches Normenverständnis als Bezugsrahmen
- Sprachliche Fehler als Problemquelle einer Korrektur
- 3.2.2 Sprachbezogene Korrekturen
- 3.3 Das Konzept Bearbeitung
- 4 Mögliche Effekte von Vermittlungsverfahren (distanz-)sprachlicher Kompetenzen: Sprachbearbeitende Verfahren sowie ihre fachlichen und sozialen Implikationen
- 4.1 Konzepte der Beschreibung sprachbearbeitender Verfahren im Unterrichtskontext
- 4.1.1 Das Konzept Reparatur bzw. Korrektur im mündlichen Unterrichtsdiskurs
- 4.1.2 Das Konzept Korrektives Feedback
- 4.1.3 Das Konzept Mikrointeraktionale Stützmechanismen
- 4.2 Begründung der Spracherwerbsförderlichkeit sprachbearbeitender Verfahren
- 4.3 Untersuchungen mit Hinweis auf soziale Implikationen sprachbearbeitender Verfahren
- Teil II: Empirische Untersuchung sprachbezogener Bearbeitungen und ihrer fachlichen wie sozialen Implikationen
- 5 Theoretisch-methodologische Vorüberlegungen der Untersuchung sprachbezogener Bearbeitungen und ihrer fachlichen wie sozialen Implikationen
- 5.1 Untersuchung der Arbeit an der Sprache von Schüler*innenäußerungen
- 5.2 Untersuchung fachlicher Implikationen sprachbezogener Bearbeitungen
- 5.3 Untersuchung sozialer Implikationen sprachbezogener Bearbeitungen
- 5.3.1 Subjektivierung in sprachbezogenen Bearbeitungen – Anerkennungstheoretische Perspektive auf sprachbezogene Bearbeitungen
- 5.3.2 Subjektivierung anhand von Sprache – Soziolinguistische Perspektive auf sprachbezogene Bearbeitungen
- 5.3.3 Subjektivierung und Differenzierung – Humandifferenzierung in Bearbeitungen
- 5.4 Differenz der Perspektiven auf Implikationen von Bearbeitungsverfahren
- 6 Methodische Vorüberlegungen der Untersuchung sprachbezogener Bearbeitungen und ihrer fachlichen wie sozialen Implikationen
- 6.1 Videographische Erhebung von Bearbeitungen
- 6.2 Aufbereitung der videographischen Daten zu Bearbeitungen
- 6.3 Auswahl exemplarischer Fälle von Bearbeitungen
- 6.4 Auswertung der Fälle von Bearbeitungen mittels vierschrittigen Vorgehens
- 6.4.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
- 6.4.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion der Bearbeitungen
- 6.4.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
- 6.4.4 Relationierung der Ergebnisse
- 7 Auswertung des Datenmaterials
- 7.1 Fall I: Bearbeitung einer Bezeichnung von Wortarten
- 7.1.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
- 7.1.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
- 7.1.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
- 7.1.4 Relationierung der Ergebnisse
- 7.2 Fall II: Bearbeitung einer Begründung von Großschreibung
- 7.2.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
- 7.2.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
- 7.2.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
- 7.2.4 Relationierung der Ergebnisse
- 7.3 Fall III: Bearbeitung einer Stellungnahme zu den Gefahren sozialer Medien
- 7.3.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
- 7.3.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
- 7.3.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
- 7.3.4 Relationierung der Ergebnisse
- 7.4 Fall IV: Bearbeitung einer semantischen Erklärung eines sprachlichen Bildes
- 7.4.1 Gesprächsanalytische Rekonstruktion der Bearbeitungen
- 7.4.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
- 7.4.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
- 7.4.4 Relationierung der Ergebnisse
- 7.5 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
- 7.5.1 Gesprächsanalytische Ergebnisse der rekonstruierten Bearbeitungen
- 7.5.2 Erwerbstheoretische Ergebnisse der rekonstruierten Bearbeitungen
- 7.5.3 Adressierungsanalytische Ergebnisse der rekonstruierten Bearbeitungen
- 7.5.4 Ergebnisse der Relationierung
- 8 Diskussion des empirischen Vorgehens und der Untersuchungsergebnisse zu sprachbezogenen Bearbeitungen und ihren fachlichen wie sozialen Implikationen
- 8.1 Ermöglichungen und Limitierungen des empirischen Vorgehens
- 8.2 Diskussion der Untersuchungsergebnisse
- 8.2.1 Einordnung der Ergebnisse in den Forschungsstand zu sprachbearbeitenden Verfahren
- 8.2.2 Diskussion der Ergebnisse aus anerkennungs- bzw. differenztheoretischer Perspektive
- 8.2.3 Implikationen für Spracharbeit im (Deutsch-)Unterricht
- 9 Ergebnisse und Erträge einer spracherwerbstheoretischen sowie einer anerkennungstheoretischen Perspektive auf sprachbezogene Bearbeitungen
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Primärquellen
- Transkripte
- Videos
- Raumskizzen
- Unterrichtsmaterialien
- Sekundärliteratur
Sprachliches Lernen im
Deutschunterricht
Eine Untersuchung sprachlicher
Differenzierungen und ihrer Implikationen
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Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 2024
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Die vorliegende Studie ist als Dissertation im „Schlözer Programm Lehrer*innenbildung“ (SPL) an der Georg-August-Universität Göttingen entstanden, das im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01JA1917 gefördert wurde.
DE-7
ISSN 2364-1312
ISBN 978-3-631-92588-1 (Print)
ISBN 978-3-631-92589-8 (E-PDF)
ISBN 978-3-631-92590-4 (E-PUB)
DOI 10.3726/b22294
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 Internationalen Lizenz (CC-BY).
Weitere Informationen: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
© 2025 Delia Hülsmann
Verlegt durch Peter Lang GmbH, Berlin (Deutschland)
Diese Publikation wurde begutachtet.
Inhaltsverzeichnis
1 Die Herstellung sprachlicher Differenzen und ihre fachlichen wie sozialen Implikationen
2 Der Gegenstand der Vermittlung: (Distanz-)Sprachliche Kompetenzen im (Deutsch-)Unterricht
2.1 Beschreibung von Sprache und Sprechen im Unterrichtsdiskurs
2.1.1 Beschreibung der sprachlichen Struktur- und Ausdrucksformen im Unterrichtsdiskurs
2.1.2 Strukturelle Beschreibung des Unterrichtsdiskurses
2.2 Modellierungen (distanz-)sprachlicher Kompetenzen im Unterrichtsdiskurs
2.3 Differenzierung von Schüler*innen in Hinblick auf ihre sprachlichen Voraussetzungen
2.4 Konzepte und Verfahren der Vermittlung (distanz-)sprachlicher Kompetenzen (im Deutschunterricht)
2.5 Die Rolle von Lehrpersonen bei der Vermittlung (distanz-)sprachlicher Kompetenzen
2.6 Machtkritische Perspektiven auf (distanz-)sprachliche Vermittlung und Aneignung
3 Das Verfahren der Vermittlung: Konzepte der Beschreibung verständigungsherstellender Verfahren
3.1.1 Kategorisierung von Problemquellen
3.1.2 Strukturelle Merkmale von Reparaturen
3.1.3 Präferenzstrukturen als Hinweis auf mögliche soziale Implikationen
3.2.1 Fehler auf der Basis von Normen als Ansatzpunkt für Korrekturen
3.2.2 Sprachbezogene Korrekturen
4.1 Konzepte der Beschreibung sprachbearbeitender Verfahren im Unterrichtskontext
4.1.1 Das Konzept Reparatur bzw. Korrektur im mündlichen Unterrichtsdiskurs
4.1.2 Das Konzept Korrektives Feedback
4.1.3 Das Konzept Mikrointeraktionale Stützmechanismen
4.2 Begründung der Spracherwerbsförderlichkeit sprachbearbeitender Verfahren
4.3 Untersuchungen mit Hinweis auf soziale Implikationen sprachbearbeitender Verfahren
5.1 Untersuchung der Arbeit an der Sprache von Schüler*innenäußerungen
5.2 Untersuchung fachlicher Implikationen sprachbezogener Bearbeitungen
5.3 Untersuchung sozialer Implikationen sprachbezogener Bearbeitungen
5.3.3 Subjektivierung und Differenzierung – Humandifferenzierung in Bearbeitungen
5.4 Differenz der Perspektiven auf Implikationen von Bearbeitungsverfahren
6.1 Videographische Erhebung von Bearbeitungen
6.2 Aufbereitung der videographischen Daten zu Bearbeitungen
6.3 Auswahl exemplarischer Fälle von Bearbeitungen
6.4 Auswertung der Fälle von Bearbeitungen mittels vierschrittigen Vorgehens
6.4.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
6.4.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion der Bearbeitungen
6.4.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
6.4.4 Relationierung der Ergebnisse
7 Auswertung des Datenmaterials
7.1 Fall I: Bearbeitung einer Bezeichnung von Wortarten
7.1.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
7.1.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
7.1.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
7.1.4 Relationierung der Ergebnisse
7.2 Fall II: Bearbeitung einer Begründung von Großschreibung
7.2.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
7.2.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
7.2.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
7.2.4 Relationierung der Ergebnisse
7.3 Fall III: Bearbeitung einer Stellungnahme zu den Gefahren sozialer Medien
7.3.1 Gesprächsanalytische Beschreibung der Bearbeitungen
7.3.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
7.3.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
7.3.4 Relationierung der Ergebnisse
7.4 Fall IV: Bearbeitung einer semantischen Erklärung eines sprachlichen Bildes
7.4.1 Gesprächsanalytische Rekonstruktion der Bearbeitungen
7.4.2 Erwerbstheoretische Rekonstruktion
7.4.3 Adressierungsanalytische Rekonstruktion
7.4.4 Relationierung der Ergebnisse
7.5 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
7.5.1 Gesprächsanalytische Ergebnisse der rekonstruierten Bearbeitungen
7.5.2 Erwerbstheoretische Ergebnisse der rekonstruierten Bearbeitungen
7.5.3 Adressierungsanalytische Ergebnisse der rekonstruierten Bearbeitungen
7.5.4 Ergebnisse der Relationierung
8.1 Ermöglichungen und Limitierungen des empirischen Vorgehens
8.2 Diskussion der Untersuchungsergebnisse
8.2.1 Einordnung der Ergebnisse in den Forschungsstand zu sprachbearbeitenden Verfahren
8.2.2 Diskussion der Ergebnisse aus anerkennungs- bzw. differenztheoretischer Perspektive
8.2.3 Implikationen für Spracharbeit im (Deutsch-)Unterricht
Danksagung
Die Arbeit an der Dissertation hat mich gelehrt, mich auf die Differenzen zwischen meinen Erwartungen an die Welt und meiner Wahrnehmung der Welt einzulassen, sie zu nutzen und zu schätzen. Doch ohne die Menschen, die diesen Weg mitgegangen sind, hätte ich sie nicht koordinieren können. Ich danke all diesen Menschen von Herzen.
Christoph Bräuer danke ich für die vielfältige Unterstützung, die er mir über die Zeit hinweg gegeben hat, für die Diskussionen, die wir hatten, und seinen immerwährenden Zuspruch. Bei der Zweitbetreuerin meiner Arbeit, Dorothee Wieser, sowie der Zweitbetreuerin meines Projekts, Kaja Kunze, bedanke ich mich für ihre hilfreichen konzeptionellen Anregungen. Der Drittgutachterin, Kerstin Rabenstein, danke ich sehr dafür, dass sie immer wieder dazu bereit war, zwischen den Disziplinen und über sie hinaus mitzudenken und weiterzudenken.
Mein Dank gilt allen Beteiligten am Handlungsbereich „Diversität gerecht werden“ des Schlözer Programm Lehrer*innenbildung der Georg-August-Universität Göttingen für die hilfreichen und meine Perspektive erweiternden wie überdenkenden Diskussionen zu meinem Projekt und meinen Daten. Samira Mummelthey, Gesche Dumiak, Daniel Schumann und Rajmund Bethge danke ich für unseren Austausch, der mich immer wieder motiviert und vorangebracht und mir gezeigt hat, dass es zusammen oft besser geht als allein. Den Beteiligten am Repositorium danke ich für Videos und Transkripte als Basis dieser Arbeit. Den daran beteiligten Schüler*innen und Lehrpersonen danke ich sehr für ihre Bereitschaft, so wertvolles Material zur Verfügung zu stellen. Bei Svenja Strauß bedanke ich mich für gemeinsame Interpretationstreffen, Sarah Reith und Mark Schäffer-Trencsényi danke ich für ihre Anmerkungen zu dieser Arbeit sowie meinen Kolleg*innen der Deutschdidaktik an der Universität Göttingen für den Austausch. Marian Laubner danke ich von Herzen für seine geduldige, mitdenkende und hilfreiche Korrektur dieser Arbeit und seine Unterstützung und Begleitung über die Zeit hinweg. Bei Alexander, Maria und Alexandra bedanke ich mich für unsere Schreibgruppen, die mir den Halt und den Raum gegeben haben, meine Gedanken zu verschriftlichen.
Meinen Freund*innen danke ich für ihren Zuspruch, ihr Mitfiebern und ihr Verständnis. Bei meiner „WG“, Maria und Ben, bedanke ich mich dafür, dass mir ihre Tür jederzeit offenstand, sodass ich immer ein Zuhause in Göttingen hatte. Meinen Eltern danke ich dafür, dass sie mir die Kraft, die Überzeugung und die Unterstützung gegeben haben, meinen Weg zu gehen und für ihn einzustehen; ihnen, meinen Schwestern, ihren Familien sowie Erika und Albert danke ich für ihre Liebe. Meinen Patenkindern Jarne, Willy und Christian sowie Jonas und Lientje danke ich dafür, dass sie mich immer wieder auf so gute Art und Weise von dieser Arbeit abgelenkt haben.
Danke dir, lieber Jan, von ganzem Herzen dafür, dass du meinen Wunsch zu promovieren mit all deiner Liebe, Kraft, Geduld, Zeit, Zuversicht und Ruhe ohne Unterlass unterstützt hast. Ohne dich wäre diese Arbeit in keiner Weise möglich gewesen.
1 Die Herstellung sprachlicher Differenzen und ihre fachlichen wie sozialen Implikationen
Sprache ist mächtig. Durch die Sprache, die wir sprechen, wird unsere Betrachtung gelenkt (vgl. Gümüşay 2021, S. 23), durch sie wird Wirklichkeit geschaffen (vgl. Süßebecker 2019). Sprache entfaltet aber auch dadurch Macht, dass Personen durch die Sprache, die sie verwenden, als jemand Bestimmtes wahrgenommen werden bzw. sich als jemand Bestimmtes darstellen. So konstatiert Spitzmüller (2019, S. 24), dass sprachliche Muster mit sozialen Werten, Einstellungen, Akteurs- und Handlungstypen verbunden werden. Aufgrund dieser Handlungsmodelle würden Sprechende über die von ihnen verwendete Sprache positioniert, also in ein Verhältnis dazu gesetzt, und voneinander unterschieden, folglich differenziert (vgl. ebd., S. 27). Daneben erlangen Sprachen bzw. sprachliche Ressourcen in metapragmatischer Reflexion unterschiedlichen Wert (vgl. Dirim/Mecheril 2018, S. 53; S. 201; Spitzmüller 2019, S. 22; auch in populärwissenschaftlichen Publikationen wie Gümüşay 2021, S. 23 thematisiert). Infolgedessen wird, wenn explizit oder implizit der Wert von Sprache verhandelt wird, auch immer der Wert der Sprechenden verhandelt (vgl. Spitzmüller 2019, S. 25; auch Busch 2015). So bekommt Sprache eine Bedeutung für die Anerkennung von Subjekten1 im Sinne eines zentralen Mediums „des sozialen Werdens zu ›Jemandem‹“ (Ricken et al. 2017, S. 194). Dabei kann anhand von Positionierungen und Differenzierungen2 von Subjekten aufgrund ihrer Sprachgebrauchsweisen soziale Ungleichheit durch damit verbundene ungleich verteilte Möglichkeitsbedingungen (vgl. Fritzsche 2014, S. 333) hergestellt und demnach in Interaktion sozial konstruiert werden. So können Subjekte ausgehend von ihren Sprachgebrauchsweisen unterschiedlich positioniert und in Relation zueinander differenziert werden. Dabei können diese Positionen unterschiedlich gewertet sein, sodass „sprachliche Faktoren zur Bestimmung von Unter- und Überlegenheit werden“ und „zu unterschiedlichen Handlungsspielräumen“ führen können (Dirim/Mecheril 2018, S. 56), die wiederum mit unterschiedlich verteilten Zugängen zu und unterschiedlichem Verfügen über gesellschaftliche Ressource verbunden sein können (vgl. Rabenstein et al. 2013, S. 668; vgl. zum Zusammenhang von Differenzierung und Ungleichheit auch Merl et al. 2018, S. 2–9). Durch den Zusammenhang von Sprache und Anerkennung von Subjekten kann damit eine Erklärung vorliegen, warum Sprachgebrauchsweisen, gerade das Beherrschen bestimmter Sprachen und Varietäten, auch in der Schule Auswirkungen auf gesellschaftlichen Erfolg haben, insbesondere auf Bildungschancen bzw. Bildungserfolg von Einzelnen (vgl. Dirim/Mecheril 2018, S. 203f.).
In Bezug auf die Herstellung sozialer Ungleichheit aufgrund sogenannter ‚bildungssprachlicher‘3 Sprachgebrauchsweisen in der Schule führen Morek/Heller (2012, S. 77f.) neben der sozialsymbolischen Funktion einer solchen Sprachform, die darauf hinweist, dass sich Schüler*innen in der Schule über die Sprache, die sie verwenden, als jemand Bestimmtes positionieren (vgl. ebd., S. 78–82), die ungleichheitsreproduzierende Funktion von ‚Bildungssprache‘ an. Dabei gehen sie in Anlehnung an Bourdieu und Lareau davon aus, dass familiäre Sprechweisen Ausdruck der Klassenzugehörigkeit dieser Familien sind (vgl. ebd., S. 77). Zum Mittel von Klassenunterschieden würden Sprachgebrauchsweisen demnach dadurch, dass der in der Familie erworbene Sprachgebrauch der Schüler*innen in der Schule aufbauend auf Erwartungen der Lehrpersonen an dort geforderte sprachliche Fähigkeiten unterschiedlich gewertet werde, sodass die Schüler*innen durch eine unterschiedliche Anerkennung ihrer „klassenspezifischen Sprachgebrauchsweisen“ (ebd.) voneinander unterschieden würden, was sich in „lehrerseitigen Bewertungen und Notengebungen“ niederschlage (ebd., S. 78; vgl. zum bildungssprachlichen Register als „einzig legitime Sprache“ und Wertmaßstab in der Schule auch Dirim/Mecheril 2018, S. 217). Es würden jedoch nicht „die heterogenen, durch die außerschulische Sozialisation vor allem in der Familie erworbenen sprachlichen Voraussetzungen der Schüler/innen zu Bildungsungleichheit“ (Morek/Heller 2012, S. 78) führen. Im Gegensatz dazu würden ‚bildungssprachliche‘ Kompetenzen deshalb zur „Eintrittskarte zu Lerngelegenheiten und Bildungsabschlüssen“ (ebd.), weil sprachliche Anforderungen in der Schule nicht expliziert bzw. geforderte sprachliche Fähigkeiten nicht vermittelt würden (vgl. ebd.). Damit geht einher, dass in Diskussionen um ‚Bildungssprache‘ meistens betont wird, dass die Funktionalität ‚bildungssprachlicher‘ Verwendung und das davon abgeleitete Ziel von Sprachbildung nicht hinterfragt wird (vgl. ebd., S. 70; auch Rödel/Simon 2019, S. 31) und solche Sprachgebrauchsweisen vordergründig nicht als Zeichen von Machtausübung, sondern als relevant verstanden werden. So würde es sich beim ‚bildungssprachlichen‘ Register nicht um ein reines „Herrschaftsinstrument“ (Morek/Heller 2012, S. 70) handeln, sondern um eine Sprachform, die „für eine kontextreduzierte Kommunikation, wie sie im Laufe der Schulzeit zunimmt, gebraucht wird“ (Rödel/Simon 2019, S. 31). Schlussfolgernd sehen Morek/Heller nicht die Forderung ‚bildungssprachlicher‘ Verwendungsweisen an sich oder die unterschiedliche Anerkennung von familiär erlernten und dabei als klassenspezifisch hergestellten Sprachgebrauchsweisen als Problem schulischer Bildung, sondern die fehlende bzw. unzureichende Vermittlung geforderter sprachlicher Fähigkeiten (vgl. zum Zusammenhang von sprachlichen Fähigkeiten und Bildungschancen z. B. auch Gebele/Zepter 2016; Lange/Gogolin 2010).
Daher wird von Morek/Heller (2012) wie auch von anderen Vertreter*innen der Sprachbildung in allen Schulformen und Klassenstufen (vgl. Lange/Gogolin 2010) gerade auch im Kontext der Diskussion um Schüler*innen, die eine andere Erstsprache als Deutsch sprechen, insbesondere die „Explikation sprachlicher Anforderungen des Unterrichts bzw. sprachlicher Lernziele“ (Rödel/Simon 2019, S. 31) sowie darauf aufbauende Sprachbildung bzw. sprachliche Bildung4 im Sinne der Vermittlung insbesondere des ‚bildungssprachlichen‘ Registers gefordert (vgl. ebd.), um die Reproduktion benachteiligender Positionierungen und Differenzierungen von Schüler*innen aufgrund ihrer Vorerfahrungen und sprachlichen Ausdrucksfähigkeiten gerade in und durch Schule zu vermeiden (vgl. Dirim/Mecheril 2018, S. 243). Der Erwerb einer Sprache, auch einer Erstsprache, wird dabei nicht als schon vor dem Eintritt in die Schule abgeschlossen angesehen, allerdings als unterschiedlich vorangeschritten (vgl. Portmann-Tselikas/Schmölzer-Eibinger 2008, S. 9). Sprachbildung solle allen Schüler*innen gleichermaßen angeboten werden, um allen Schüler*innen „damit den Zugang zu den Lerninhalten zu gewährleisten“ (Tschernig/Vo Thi 2017, S. o. S.; vgl. auch Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Migration und Integration 20165). Dieser Annahme nach kann Sprachbildung demzufolge allen Schüler*innen Bildungschancen ermöglichen und zumindest dazu beitragen, die in der Schule unterschiedlich anerkannten Sprachgebrauchsweisen auszugleichen, die auf in den Familien unterschiedlich erworbene sprachliche Fähigkeiten zurückgeführt werden (vgl. auch Kleinschmidt-Schinke 2021, S. 58). Dazu soll allen Schüler*innen der Zugang zu ‚bildungssprachlichen‘ Fähigkeiten und damit zur Beteiligung an Wissensvermittlung und Bildungschancen auch in Form von Bildungsabschlüssen ermöglicht werden. Sprachbildung, gerade im Sinne der Vermittlung ‚bildungssprachlicher‘ Fähigkeiten, hat damit zum Ziel, u. a. zur „gesellschaftliche[n] Teilhabe“ (Rödel/Lütke 2019, S. 81), zur „Verhinderung von Marginalisierung und Diskriminierung“ (Rödel/Simon 2019, S. 30), zur „Schaffung von Chancengleichheit“ (Becker-Mrotzek/Roth 2017, S. 12) und damit zur Bildungsgerechtigkeit beizutragen. Aufbauend auf solchen Zielen wird Sprachbildung als Teil von Inklusion verstanden. So soll dem Verständnis von Inklusion als normativer Zielvorstellung nach allen Schüler*innen Teilhabechancen eröffnet werden, indem man die sozialen Bedürfnisse und Voraussetzungen aller Schüler*innen beachtet (vgl. Dumiak et al. 2023, S. 43 im Anschluss an Grosche/Fleischhauer 2017).
Als Ziel von Sprachbildung in der Schule werden infolgedessen u. a. konkrete Beschreibungen ‚bildungssprachlicher‘ Kompetenzen und Lernwege, diese Kompetenzen zu ermöglichen, vorgeschlagen. Neben der Beschreibung geforderter Kompetenzen (vgl. z. B. Feilke 2012a zu Konzeption von Bildungssprache; Pohl 2016 zu Epistemisierung; Kleinschmidt-Schinke 2018 zu konzeptioneller Schriftlichkeit) und Vorschlägen zur Bildung solcher Fähigkeiten (vgl. Konzepte und Verfahren von Sprachbildung z. B. Lange/Gogolin 2010 zur durchgängigen Sprachbildung; Leisen 2013 zu Sprachförderung im Fach; Schmölzer-Eibinger et al. 2013 zum sprachaufmerksamen Unterricht; Michalak et al. 2014 zum sprachbewussten Unterricht; Wildemann/Fornol 2020 zu sprachsensiblem Unterricht) wird untersucht, welche konkreten Verfahren im Unterricht schon vorhanden sind bzw. insbesondere von Lehrpersonen angewandt werden, um sprachliche Fähigkeiten auszubilden bzw. weiterzuentwickeln. Dazu gehören u. a. auf Schüler*innenäußerungen reagierende und an der Sprache dieser Äußerungen arbeitende Verfahren, die als Korrekturen (vgl. Harren 2015), mikrointeraktionale Stützmechanismen (vgl. Kleinschmidt-Schinke 2018; Pohl 2016) oder auch korrektives Feedback (vgl. Maiberger 2021) beschrieben werden und dabei auf Konzepte zurückgreifen, die in Gesprächen gesprochener Sprache allgemein als Verfahren der Herstellung von Verständigung besprochen werden (vgl. Egbert 2009 zum Konzept der Reparaturen; Fiehler 2015 zum Konzept der Bearbeitungen; vgl. auch Bräuer/Birkhofer 2023, S. 184–186). Im Rahmen von Sprachbildung werden diese verständigungsherstellenden Verfahren daraufhin untersucht, inwieweit sie insbesondere eingesetzt von Lehrpersonen Spracherwerbspotenzial bieten und die von den Lehrer*innen an die Schüler*innen gerichtete Sprache damit als sprachbildend verstanden werden kann (vgl. z. B. Kleinschmidt-Schinke 2018, S. 211, auch Harren 2015, S. 2; Pohl 2016, S. 72). Mit Beachtung einer als mehrsprachig wahrgenommenen (Migrations-)Gesellschaft wird gerade im Bereich der Zweitsprachen- bzw. Mehrsprachigkeitsforschung auch diskutiert, inwiefern auch in der Schule weitere Sprachen, aber auch Varietäten eine Rolle spielen können, welche Wege der Vermittlung hier möglich sind und wie sprachliche Vielfalt anerkannt werden kann (vgl. z. B. Dirim/Mecheril 2018, S. 218–222 zu Modellen sprachlicher Bildung und mehrsprachigen Arbeitens). Daran anschließend kann nicht nur in Bezug auf ‚bildungssprachliche‘ Fähigkeiten gefragt werden, inwiefern Verfahren sprachlicher Bildung im Unterricht durch das Spracherwerbspotenzial, das sie bieten, allen Schüler*innen eine situations- und sprachsystematisch angemessene Ausdrucksfähigkeit ermöglichen und damit ‚kompensatorisch‘ wirksam sein können.
Im Gegensatz zu solchen Ansätzen der Förderung bzw. des Ausbaus (bildungs-)sprachlicher Fähigkeiten gerade im Sinne ‚kompensatorischer‘ Bildung und Förderung rückt eine anerkennungstheoretische Perspektive auf die Unterscheidung von Menschen in den Fokus, dass Subjekte durch eine unterschiedliche Positionierung anhand aufgerufener Ordnungen und Relationierung zueinander als unterschiedliche anerkannt, dadurch als solche mit ungleichen Möglichkeitsbedingungen hervorgebracht und damit Unterschiede sowie Ungleichheit interaktiv und sozial hergestellt werden (vgl. Fritzsche 2014, S. 333). In dem Zusammenhang kann aus sozialwissenschaftlicher Perspektive der Begriff Differenz bzw. Differenzierung dazu dienen, „Wertungen, Hierarchisierungen und somit Benachteiligungen“ (Rabenstein 2019, S. 22) in der Herstellung von Subjekten zueinander analysieren zu können (vgl. Dumiak et al. 2023, S. 46). Differenz wird dabei verstanden als eine Konstruktion, die in Praktiken hergestellt wird und nicht egalitär, sondern hierarchisch zu verstehen ist (vgl. Merl et al. 2018, S. 4). Im Anschluss daran lenkt die oben entfaltete Annahme, dass auch Sprachgebrauchsweisen zum Ansatzpunkt solcher Positionierungen und Differenzierungen werden können (vgl. insbesondere Dirim/Mecheril 2018; Spitzmüller 2019), den Blick nicht auf das Spracherwerbspotenzial, dass in Vermittlungs- und Aneignungsverfahren angeboten wird, sondern auf eine mögliche unterschiedliche Positionierung durch unterschiedliche Anerkennung sowie Differenzierung von Subjekten aufgrund ihrer Sprachgebrauchsweisen auch im Verlauf solcher Verfahren, die zunächst auf der Sprachoberfläche eine sprachliche Differenz aufmachen bzw. markieren.6 Demnach sollten gerade Verfahren, die zu Bildungsgerechtigkeit beitragen sollen, indem durch sie Sprachformen vermittelt und angeeignet werden können, auch dahingehend hinterfragt werden, inwiefern darin Akteur*innen, also Schüler*innen, aber in Relation dazu auch Lehrpersonen, aufgrund von Sprachgebrauchsweisen positioniert und voneinander unterschieden werden und Sprache damit zu einem Gegenstand der Unterscheidung von Subjekten wird bzw. inwiefern sich gerade im Verlauf der Verfahren solche Positionierungen und Differenzierungen auch entwickeln können und Subjekten durch diese Positionierungen und Differenzierungen Handlungsspielräume eröffnet, aber auch verschlossen werden. Mit der Herstellung von Sprache als Gegenstand von Positionierung und Differenzierung (vgl. in Bezug auf Mehrsprachigkeit Dirim/Mecheril 2018, S. 51) könnte ein Mechanismus untersucht werden, mit dem auch in Verfahren der Arbeit an Schüler*innenäußerungen Benachteiligung von Schüler*innen, die mit bestimmten Positionierungen und Differenzierungen verbunden sein kann, reproduziert werden könnte und damit auch „Prozesse sprachbildenden Lehrens und Lernens diskriminierende und normierende Wirkung entfalten“ (Rödel/Simon 2019, S. 32) könnten. Daneben könnten bestimmte Positionierungen und Differenzierungen auch Auswirkungen auf das angebotene Spracherwerbspotenzial haben, indem es z. B. nur in Zusammenhang mit einer bestimmten Positionierung von Schüler*innen als momentan unfähig, aber noch entwicklungsfähig expliziert wird. Aus dieser Perspektive, die die Herstellung von Unterscheidungen und damit auch die Herstellung sozialer Ungleichheit fokussiert, werden Unterschiede zwischen Schüler*innen anhand ihrer Sprache demzufolge nicht als gegeben wahrgenommen, auf die didaktisch reagiert werden muss, sondern didaktisches Handeln selbst wird als potenziell differenzierend und soziale Ungleichheit (re-)produzierend verstanden (vgl. Balzer/Ricken 2010, S. 62). Als Annäherung auf die Frage, inwiefern konkrete Vermittlungs- und Aneignungsverfahren von Sprache soziale Ungleichheit minimieren oder gar (re-)produzieren, sollten solche Prozesse demnach auch dahingehend überprüft werden, inwiefern sie Praktiken der Unterscheidung von Subjekten darstellen.
Details
- Pages
- 474
- Publication Year
- 2025
- ISBN (PDF)
- 9783631925898
- ISBN (ePUB)
- 9783631925904
- ISBN (Hardcover)
- 9783631925881
- DOI
- 10.3726/b22294
- Open Access
- CC-BY
- Language
- German
- Publication date
- 2025 (December)
- Keywords
- Korrektur Reparatur Gesprächsanalyse Adressierungsanalyse Differenzierung Positionierung soziale Ungleichheit Subjektivierung Spracherwerbspotenzial Deutschunterricht Unterrichtsgespräch Bildungssprache Sprachliches Lernen Sprachbildung
- Published
- Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 2025. 474 S., 1 Tab.
- Product Safety
- Peter Lang Group AG