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Codeswitching als Mehrsprachigkeitspraxis in der universitären Kommunikation

Eine Untersuchung am Beispiel von Germanisten in Schweden

von H‪eike Havermeier (Autor:in)
©2020 Dissertation 338 Seiten

Zusammenfassung

Die Universitätswelt ist eines der am stärksten internationalisierten und infolgedessen mehrsprachigen Arbeitsumfelder überhaupt. Doch wenn es um den eigenen Sprachgebrauch geht, hatte die Mehrsprachigkeitsforschung lange einen blinden Fleck. Diese Arbeit untersucht das Codeswitching und Codemixing, das infolge der mehreren Arbeitssprachen unter Mitarbeitern in der Auslandsgermanistik auftritt. Dazu wendet die Autorin ein umfassendes Beschreibungsmodell für Form und Funktionen der Sprachmischung an. Sie zeigt damit die regelhaften Praktiken, die die untersuchte Community unbewusst für Codeswitching zwischen Deutsch und Schwedisch entwickelt hat. Dabei geht es sowohl um die Frage, wann und warum geswitcht werden darf, als auch darum, wie sich die beiden Sprachen grammatisch verbinden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Título
  • Copyright
  • Sobre el autor
  • Sobre el libro
  • Esta edición en formato eBook puede ser citada
  • Inhaltsverzeichnis
  • Danksagungen
  • Abkürzungverzeichnis
  • 1 Einleitung
  • 1.1 Fragestellung
  • 1.2 Aufbau der Arbeit
  • 2 Theoretischer Hintergrund
  • 2.1 Was ist Codeswitching?
  • 2.1.1 Alternative Termini
  • 2.1.2 Alternative Definitionen
  • 2.1.3 Abgrenzung zwischen Codeswitching und Entlehnung
  • 2.1.4 Strukturelle Sprachkontaktphänomene
  • 2.2 Forschungsansätze zur Formseite von Codeswitching
  • 2.2.1 Das Two-Constraints-Modell und dessen Nachfolge
  • 2.2.2 Das Matrix-Language-Frame-Modell
  • 2.2.3 Klassifikation von Code-mixing bei Muysken
  • 2.3 Forschungshintergrund zu Auslösern und Funktionen von Codeswitching
  • 2.3.1 Verschiedene Sprachen für verschiedene Domänen – der soziolinguistische Forschungsansatz
  • 2.3.1.1 Entdeckungen am Rande der Soziolinguistik: Triggering und Sprachökonomie
  • 2.3.1.2 Die Markiertheitstheorie von Myers-Scotton
  • 2.3.2 Codeswitching als Mittel der Gesprächsstrukturierung
  • 2.3.3 Beschreibungsinstrumentarien für Auslöser und Funktionen von Codeswitching
  • 2.4 Codeswitching in universitärer Kommunikation und Arbeitskommunikation
  • 2.4.1 Frühe Forschung zu arbeitsbedingter Mehrsprachigkeit: die sogenannte Gastarbeiterkommunikation und interkulturelle Kommunikationsprobleme
  • 2.4.2 Forschung zur beruflichen Kommunikation im Allgemeinen
  • 2.4.3 Der Ansatz der Community of Practice
  • 2.4.4 Die Internationalisierung des Arbeitsmarktes und der Universitätswelt
  • 2.4.5 Kommunikation an der internationalen Universität
  • 3 Material und Methode
  • 3.1 Die Informanten
  • 3.2 Datenerhebung
  • 3.2.1 Primärdaten
  • 3.2.2 Sekundärdaten
  • 3.2.3 Weitere Gesprächsteilnehmer
  • 3.3 Das Korpus
  • 3.3.1 Vorüberlegungen zur Auswahl und Klassifikation der Gespräche
  • 3.3.2 Einteilung des Korpus in kommunikative Situationen
  • 4 Analysekategorien der Korpusstudie
  • 4.1 Formen von Codeswitching
  • 4.1.1 Einteilung von Codeswitching in Codebruch und Codemixing aufgrund der Turngrenzen
  • 4.1.2 Einteilung von Codemixing
  • 4.1.2.1 Einteilung nach Wortarten, Phrasen und Sätzen
  • 4.1.2.2 Einteilung in freies und gebundenes Codemixing
  • 4.1.3 Übersicht über die Analysekategorien zu Formen des Codeswitchings
  • 4.2 Funktionen und Auslöser von Codeswitching
  • 4.2.1 Zusammenstellung von Auslösern und Funktionen von Codeswitching
  • 4.2.1.1 Landes-, Kultur- und Domänenspezifik
  • 4.2.1.2 We-Code und They-Code
  • 4.2.1.3 Anpassung an den Adressaten
  • 4.2.1.4 Veränderung der Situation
  • 4.2.1.5 Gesprächsstrukturierung
  • 4.2.1.6 Zitate, Redewiedergabe und Echo
  • 4.2.1.7 Gesprächsgegenstände metasprachlicher Äußerungen
  • 4.2.1.8 Wiederholung zur Verständnissicherung
  • 4.2.1.9 Triggering
  • 4.2.1.10 Sprachökonomie und lexikalische Lücke
  • 4.2.1.11 Tabuvermeidung
  • 4.2.1.12 Emotionale Betroffenheit
  • 4.2.1.13 Wortfindungsschwierigkeiten und mangelnde Kompetenz
  • 4.2.2 Übersicht über die Analysekategorien und deren Anwendung
  • 5 Korpusanalyse
  • 5.1 Übersicht über die Vorkommen von Codeswitching im Korpus
  • 5.2 Codebrüche
  • 5.2.1 Codebrüche als Reaktion auf Veränderung der Situation
  • 5.2.2 Codebrüche zur Veränderung der kommunikativen Situation
  • 5.2.3 Zusammenhang zwischen Codebruch und kommunikativen Gattungen
  • 5.2.4 Die Form von Codebrüchen
  • 5.3 Codemixing mit Substantiven und Nominalphrasen
  • 5.3.1 Auslöser und Funktionen von Codemixing substantivischer Ausdrücken
  • 5.3.1.1 Domänen
  • 5.3.1.2 Eigennamen
  • 5.3.1.3 Vergleich der beiden Basissprachen
  • 5.3.2 Flexion der Substantive
  • 5.3.3 Definitheit der Nominalphrase
  • 5.3.3.1 Der Faktor Erstsprache
  • 5.3.3.2 Syntaktische Faktoren
  • 5.3.3.3 Der Faktor kommunikative Situationen
  • 5.3.3.4 Funktionale Faktoren
  • 5.3.3.5 Zusammenwirken der Faktoren: das Zustandekommen von Doppelkonstruktionen
  • 5.3.3.6 Vergleich mit dem unbestimmten Artikel
  • 5.3.3.7 Auslassen des Artikels
  • 5.3.3.8 Zusammenfassung der Analyse zur Definitheit der Nominalphrase
  • 5.3.4 Genuszuweisung durch Artikel
  • 5.3.4.1 Zuweisung eines deutschen Genus
  • 5.3.4.1.1 Analysekategorien
  • 5.3.4.1.2 Analyseergebnisse
  • 5.3.4.2 Zuweisung eines schwedischen Genus
  • 5.4 Codemixing mit Adjektiven
  • 5.4.1 Auslöser und Funktionen von Codemixing mit Adjektiven
  • 5.4.2 Flexion der Adjektive
  • 5.4.2.1 Auswirkungen von Funktion und kommunikativer Situation auf die Flexion
  • 5.5 Codemixing mit Verben und Verbalphrasen
  • 5.5.1 Metasprachliche Thematisierung als einzig zulässige Motivation für Codemixing mit Verben
  • 5.5.2 Flexion und interne Wortstellung der Verben und Verbalphrasen
  • 5.6 Codemixing mit Partikeln
  • 5.6.1 Zur Form von Partikeln
  • 5.6.2 Auslöser und Funktionen von Codemixing mit Partikeln
  • 5.7 Satzförmiges Codemixing
  • 5.7.1 Redewiedergabe als Motivation für das Einfügen von Sätzen
  • 5.7.2 Die Grammatik in satzförmigen eingebetteten Ausdrücken
  • 5.7.2.1 Wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Wortstellung des Deutschen und des Schwedischen
  • 5.7.2.2 Analyse der Wortstellung in eingebetteten Sätzen
  • 5.8 Einfluss von eingebetteten Einheiten auf die Syntax
  • 5.9 Codeswitching in metasprachlichen Äußerungen
  • 5.9.1 Anlässe für metasprachliche Thematisierungen
  • 5.9.2 Die syntaktische Einbettung von Gesprächsgegenständen
  • 5.9.3. Codeswitching ohne Basissprache als Folge gemeinsamer Übersetzungsarbeit
  • 5.9.3.1 Beitragsstrukturierung durch Codeswitching ohne Basissprache
  • 5.9.3.2 Auswirkungen auf die Matrixsprache
  • 6 Zusammenfassende Diskussion: Codeswitching-Praktiken im Korpus
  • 6.1 Verbreitung der Codeswitching-Praktiken in der Informantengruppe
  • 6.2 Verbreitung der Codeswitching-Praktiken in den kommunikativen Situationen
  • 6.3 Situations- und adressatenspezifische Praktiken
  • 6.3.1 Behandlung von Appellativa als Eigennamen als Praktik unter Mitgliedern der untersuchten Community of Practice
  • 6.3.2 Übersetzung zur Verständnissicherung und Codeswitching ohne Basissprache als Praktiken außerhalb der untersuchten CoP
  • 7 Diskussion im Vergleich mit bisheriger Forschung zu Codeswitching
  • 7.1 Substantiv-Dominanz und Verb-Tabu
  • 7.2 Die Trennung zwischen der Matrixsprache für die Syntax und für die Flexion
  • 7.2.1 Morphosyntaktische Einbettung in anderen bilingualen Sprechergruppen
  • 7.2.2 Die Realisierung von bestimmten Artikeln
  • 7.3 Das Genus von Substantiven aus der eingebetteten Sprache
  • 7.4 Der Umgang mit Eigennamen beim Codemixing
  • 7.5 Einfluss des Berufs der Sprecher
  • 8 Ergebnisse und Ausblick
  • Anhang
  • I   Transkriptionsschlüssel59
  • II   Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
  • III   Literaturverzeichnis

Danksagungen

Die erste Ausgabe des vorliegenden Werkes wurde unter dem Titel „Deutsch-Schwedisches Codeswitching an der internationalen Universität“ am 29. Januar 2016 an der Universität Göteborg (Schweden) als Doktorarbeit im Fach germanistische Sprachwissenschaft vorgelegt und erfolgreich verteidigt.

Mein Dank galt damals und gilt noch immer allen, die die Entstehung dieser Arbeit ermöglicht haben und mich auf meinem Weg zum Erlangen des Doktorgrades begleitet haben. Besonders hervorzuheben sind dabei meine Betreuer, Prof. Dr. Christiane Andersen (Universität Göteborg) und Prof. Dr. Steffen Höder (Universität Kiel). Ebenso möchte ich meinen Dank auch meinem Opponenten in der Disputation, Prof. Dr. Jan Engberg (Universität Aarhus), sowie den Mitgliedern der Prüfungskommission, Docent Dr. Magnus P. Ängsal, Prof. em. Dr. Elisabet Engdahl und Prof. em. Dr. Dieter Krohn, aussprechen. Der Universität Göteborg, und dort vor allem Humanistiska fakulteten sowie Institutionen för språk och literaturer, verdanke ich nicht nur die Finanzierung meines Doktorandenstudiums und meiner Forschung, sondern auch eine unschätzbare Menge an logistischer, administrativer und menschlicher Unterstützung durch ihre wunderbaren Mitarbeiter. Tusen tack!

An dieser Stelle möchte ich mich aber auch herzlich bei Prof. Dr. Frank Thomas Grub bedanken, der mich nach einer längeren Veröffentlichungspause ermuntert hat, die vorliegende, überarbeitete Fassung meiner Arbeit herauszubringen, und der es ermöglicht hat, sie in dieser Reihe zu publizieren. Das Resultat halten Sie in Ihren Händen.

Heike Havermeier

Köln, im Mai 2019

Abkürzungverzeichnis

Ad

Informant A (L1 Deutsch)

ADM

Administrative(s) Gespräch(e)

ADV

Adverbialisierungsmorphem

AdvP

Adverialphrase

Anz.

Anzahl

Basisspr.

Basissprache

Bd

Informant B (L1 Deutsch)

CB

Codebruch (-brüche)

Cd

Informant C (L1 Deutsch)

CM

Codemixing

CoP

Community of Pratice

CS

Codeswitching

CS/h

Codeswitching pro Stunde

d

deutsch

DEF

Definitheitsmorphem

DEM

Demonstrativartikel/-pronomen

Ds

Informant D (L1 schwedisch)

eingeb.

eingebettet(e)

EL

Embedded Language (= eingebettete Sprache)

ELF

English Lingua Franca

Es

Informant E (L1 schwedisch)

f

Femininum

Fs

Informant F (L1 Schwedisch)

GAT

Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem

GER

Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen

Hd

Informant H (L1 deutsch)

IDS

Institut für Deutsche Sprache

INDF

Indefinit

InfP

Infinitivprase

Jd

Informant J (L1 deutsch)

Kd

Informant K (L1 deutsch)

L1

Erstsprache

L2

Zweitsprache/ nach der L1 erworbene Sprache

Ld

Informant L (L1 deutsch)

LV

Lehrveranstaltung(en)

LV(U)

Lehrveranstaltungen, inklusive solcher mit gemeinsamer Übersetzungsarbeit

LVU

Lehrveranstaltung(en) mit gemeinsamer Übersetzungsarbeit

m/n

Maskulinum oder Neutrum

m

Maskulinum

Md

Informant M (L1 Deutsch)

ML

Matrix Language (= Matrixsprache)

MLF

Matrix Langugae Frame

morph.

morphologisch

n

Neutrum

N

Neutrum-Morphem

n.e.

nicht ermittelbar

ngt.

något (schwedisch ’etwas’)

NP

Nominalphrase

OV

Wortstellung Objekt-Verb

OVS

Wortstellung Objekt-Verb-Subjekt

PAUS

Pausengespräch(e)

phon.

phonologisch

PL

Plural

PP

Präpositionalphrase

PRON

Pronomen /Subjekt-Platzhalter

PRS

Finit-Präsens-Morphem

PST

Finit-Präteritum-Morphem

REFL

Reflexivpronomen

REL

Relativpronomen

s

schwedisch

S, S1, S2

Sprecher in Transkript, der nicht als Informant analysiert wurde

Sd

Sprecher in Transkript, der nicht als Informant analysiert wurde, L1 Deutsch

SOV

Wortstellung Subjekt-Objekt-Verb

Spr.

Sprache

Ss

Sprecher in Transkrip, der nicht als Informant analysiert wurde, L1 Schwedisch

Sg

Singular

SSG

Sprechstundengespräch(e)

SVO

Wortstellung Subjekt-Verb-Objekt

TCU

Turn Construction Unit (= Turnkonstruktionseinheit)

U

Utrum-Morphem

Utr.

Utrum

V1

Wortstellung mit finitem Verb an erster Stelle der syntaktischen Einheit

V2

Wortstellung mit finitem Verb an zweiter Stelle der syntaktischen Einheit

VE

Wortstellung mit finitem Verb an letzter Stelle der syntaktischen Einheit

WISS

Wissenschaftliche Diskussion(en)

1 Einleitung

Sprachkontakt ist heutzutage häufig durch beruflichen Kontakt bedingt. Im Zuge der Internationalisierung und angesichts eines immer stärker zusammenwachsenden Europas entsteht eine zunehmende Vernetzung von Organisationen und Unternehmen, für die eine gemeinsame Arbeitssprache gefunden werden muss. Eine weitere Erscheinung ist die stärkere Binnenmigration zwischen den europäischen Ländern. Anders als meist mit Migration assoziiert wird, insbesondere in Zeiten der Flüchtingsdebatte, siedeln nicht alle Migranten zwangsläufig aus ärmeren in reichere Länder um, in der Hoffnung, dort ein neues Leben aufzubauen. Innerhalb Europas sind es oftmals gutausgebildete Personen, die (oft für einen begrenzten Zeitraum) in ein anderes EU-Land ziehen, um dort zu arbeiten, zu studieren oder an länderübergreifenden Projekten teilzunehmen (vgl. Zhu Hua 2014: 233, Stevenson 2011: 17 und 20). Selbst wenn sie privat unter sich bleiben, müssen diese Migranten1 im beruflichen Umfeld mit Sprechern der Landessprache und auch Einwanderern aus anderen Ländern kommunizieren. Sind mehrere Personen in dem beruflichen Umfeld mehrsprachig, so finden sich zwangsweise auch in der beruflichen Kommunikation Sprachkontaktphänomene. Hierbei spielen Verkehrssprachen oft eine wichtige Rolle. Einschlägige aktuelle Untersuchungen zum Thema Mehrsprachigkeit im beruflichen Bereich beschäftigen sich daher mit der Frage, wie das Englische als Lingua franca zumindest für offizielle und externe Kommunikation eingesetzt wird (vgl. z. B. Angouri & Miglbauer 2014, Gregersen 2014, Mahili 2014, Lønsmann 2014). Je nach Arbeitsplatz können jedoch auch andere Sprachen an der Mehrsprachigkeit beteiligt sein und zu ganz unterschiedlichen Kontaktkonstellationen und -phänomenen führen (vgl. z. B. Gunnarsson 2014, Jansson 2014).

Von Internationalisierung und europäischer Binnenmigration sind auch die Universitäten betroffen. Diese sind zwar seit jeher international vernetzt, jedoch hat in den letzten Jahrzehnten die Studierenden- und Mitarbeitermobilität noch einmal stark zugenommen. Ein großer Teil der Universitätsangehörigen stammt heutzutage nicht aus dem Land, in dem die Universität liegt. Für diese Entwicklung ist der Ausdruck der internationalen Universität aufgekommen (vgl. Haberland & Mortensen 2012). Um diese internationalen Universitätsmitarbeiter und um die verwendete(n) Sprache(n) in ihrem Arbeitsalltag geht es in der hier vorgestellten Untersuchung. Während sich die meisten Studien zur internationalen Universität mit den Rahmenbedingungen der Mehrsprachigkeit auseinandersetzen (z. B. Cots, Lasagabaster & Garrett 2012, Lindström 2012, Hultgren 2014) oder aufgrund von Befragungen Faktoren für Sprachwahl, Sprachwechsel etc. erheben (z. B. Gu 2013, Negretti & Garcia-Yeste 2014), soll hier ein noch relativ unerforschtes Feld, nämlich insbesondere die Formseite der auftretenden Sprachkontaktphänomene, mithilfe von Korpusdaten untersucht werden.

Die vorgelegte Studie untersucht zweisprachige Kommunikation von Personen, die in Schweden leben und in deren Arbeitsalltag Deutsch und Schwedisch gesprochen werden. Im Fokus steht dabei eine spezielle Sprechergruppe. Es handelt sich um Germanisten, die an der Universität als Sprachwissenschaftler, Literaturwissenschaftler oder Fremdsprachendozenten arbeiten. Die Zweisprachigkeit ist dadurch gegeben, dass das Deutsche Arbeits- und zum Teil auch Erstsprache der Informanten ist, und das Schwedische die Landessprache, die sie für ihren Alltag ebenfalls beherrschen müssen. Genauere Angaben über die einzelnen Informanten und über die Zusammensetzung der Informantengruppe werden in Kapitel 3.1 beschrieben. Die Informanten beherrschen auch die englische Sprache und verwenden sie zum Teil regelmäßig. Die hier vorgestellte Studie konzentriert sich jedoch ausschließlich auf den Gebrauch von Deutsch und Schwedisch.

Ein besonderes Charakteristikum dieser Sprechergruppe besteht darin, dass sie aufgrund ihres Studiums und Berufs über eine linguistische Spezialkompetenz verfügen. In sprachwissenschaftlichen Untersuchungen werden Personen mit diesem Hintergrund daher oftmals entweder als Informanten ausgeschlossen oder wurden – in jenen Traditionen der Sprachwissenschaft, die von idealen Sprechern ausgehen – stillschweigend gerade als maßgebliche Instanz angesehen und als Informanten genutzt, ohne dies explizit zu machen. Auch mit dieser speziellen Informantengruppe betritt die vorgelegte Untersuchung somit ein noch relativ leeres Forschungsfeld. Dass die Germanisten von anderen bilingualen Sprechern abgetrennt und nicht als repräsentativ für alle deutsch-schwedischen Zweisprachigen angesehen werden, liegt jedoch nicht nur an ihrem speziellen Beruf, sondern ist dadurch begründet, dass keine Sprechergruppe repräsentativ für eine andere sein kann. Kein Sprachkontakt ist wie der andere und jede Sprechergruppe – mehrsprachig oder nicht – entwickelt sprachliche Besonderheiten (vgl. Muysken 2013: 710). Selbst dann, wenn man ausschließlich Kommunikation am Arbeitsplatz betrachtet, formen die verschiedenen Faktoren an unterschiedlichen Arbeitsplätzen verschiedenartige sprachliche Praktiken (vgl. Wenger: 1998: 6, Gunnarsson 2014: 26). Diese können auch den Umgang mit den beiden zur Verfügung stehenden Sprachen betreffen.

Bei Sprechern, denen regelmäßig zwei Sprachsysteme als Repertoire für ihre Äußerungen zur Verfügung stehen, ist damit zu rechnen, dass diese oft das gesamte Repertoire nutzen und Äußerungen produzieren, in denen lexikalische Einheiten und/oder Strukturen aus mehr als einem Sprachsystem auftreten (vgl. Matras 2009: 4). Tatsächlich finden sich in den Gesprächen der Informanten, die für die hier vorgestellte Studie aufgezeichnet und analysiert wurden, Äußerungen wie die folgenden:

CS 735:2

Kd:    och sen eben= den här komplikationen här

‚Und dann eben diese Komplikation hier.‘

CS 11:

Cd:    aber ich mein ett skriftligt prov i översättning. das kann ich ja nicht einfach

Details

Seiten
338
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631810798
ISBN (ePUB)
9783631810804
ISBN (MOBI)
9783631810811
ISBN (Hardcover)
9783631806685
DOI
10.3726/b16504
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (April)
Schlagworte
Codemixing Bilingualität Community of Practice Mehrsprachigkeit Schwedisch Deutsch
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 338 S., 7 s/w Abb., 34 Tab.

Biographische Angaben

H‪eike Havermeier (Autor:in)

Heike Havermeier war als Doktorandin im Fach Germanistik am Institut für Sprachen und Literaturen der Universität Göteborg in der Forschung und Lehre tätig. Nach Abschluss ihrer Promotion wechselte sie zu der schwedischen Fachhochschule Internationella Skolorna in Düsseldorf, wo sie als Dozentin für Germanistik und Deutsch als Fremdsprache arbeitet.

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340 Seiten