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Die Stiftung auf Zeit und die Verbrauchsstiftung

Unter besonderer Berücksichtigung der Anerkennungsvoraussetzungen des § 80 Abs 2 BGB

von Jan Steils (Autor:in)
©2014 Dissertation 214 Seiten

Zusammenfassung

Stiftungen sind das rechtliche Mittel der Wahl, wenn es um die langfristige Verfestigung und Verfolgung eines bestimmten Zwecks geht. Kurzzeitig angelegte Zwecke scheiden als Gegenstand einer rechtsfähigen Stiftung aus. Es lassen sich indes zunehmend Bestrebungen erkennen, auch die dem grundlegenden Wandel grundsätzlich nicht zugängliche Stiftung strukturell aufzuweichen. In Bezug auf zeitlich begrenzt konzipierten Stiftungen liegt der Fokus insbesondere auf zwei Erscheinungsformen der Stiftung: der Stiftung auf Zeit und der Verbrauchsstiftung. Ob solche Formen rechtlich zulässig sind, bemisst sich insbesondere an § 80 Abs. 2 BGB. Die Arbeit untersucht demgemäß zunächst Inhalt und Umfang der von § 80 Abs. 2 BGB gemachten Vorgaben und sodann die Gesetzmäßigkeit der Stiftung auf Zeit und der Verbrauchsstiftung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Widmung
  • Vorwort
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Einführung in das Thema
  • B. Stiftungsrechtliche Grundlagen
  • I. Allgemeines
  • II. Anerkennungsvoraussetzungen für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts gemäß §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 BGB
  • 1. Das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Vermögenswidmung gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 BGB
  • a) Allgemeines
  • b) Gesetzliche Vorgaben hinsichtlich des Vermögensausstattungs-versprechens?
  • aa) Auslegung nach dem Wortlaut
  • bb) Ratio des § 80 Abs. 2 BGB
  • cc) Systematische Überlegungen
  • (1) Rückschlüsse aus Normen der Landesstiftungsgesetze
  • (2) Vergleich zu gesellschaftsrechtlichen Konstellationen
  • dd) Wille des Gesetzgebers
  • ee) Ergebnis
  • c) Struktur des Vermögensausstattungsversprechens
  • 2. Zur Erfüllung eines vom Stifter im Rahmen des Stiftungsgeschäfts zu benennenden Stiftungszwecks, § 81 Abs. 1 S. 2 BGB
  • a) Allgemeines
  • b) Beschränkung der Stifterfreiheit durch die Verknüpfung von Stiftungsvermögen und Stiftungszweck?
  • aa) Definition der Funktionsstiftung
  • bb) Stiftungsbegriff im Sinne der §§ 80 ff. BGB und Verstoß gegen das Verbot der Selbstzweckstiftung
  • cc) Auslegung nach dem Wortlaut
  • (1) Wortlaut des § 81 Abs. 1 S. 2, 3 Nr. 4 BGB
  • (2) Wortlaut des § 80 Abs. 2 BGB
  • dd) Systematische Auslegung
  • (1) Rückschlüsse aus vereins- und gesellschaftsrechtlichen Vorgaben?
  • (a) Normativ statuierte Limitierungen bzgl. des Vereinszwecks?
  • (b) Gesetzliche Vorgaben hinsichtlich möglicher Gesellschaftszwecke bei AG und GmbH?
  • (aa) Taugliche Gesellschaftszwecke einer GmbH
  • (bb) Mögliche Gesellschaftszwecke einer AG
  • (2) Zwischenergebnis
  • ee) Teleologische Auslegung
  • ff) Wille des Gesetzgebers
  • gg) Ergebnis
  • 3. Die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gem. § 80 Abs. 2 BGB
  • a) Der Bedeutungsgehalt des Begriffs „dauernd“ im Rahmen des § 80 Abs. 2 BGB
  • aa) Auslegung nach dem Wortsinn
  • (1) Wortsinn des Begriffs „dauernd“
  • (2) Allgemeines Wortverständnis des Begriffs „Stiftung“
  • (3) Zwischenergebnis
  • bb) Historische Auslegung
  • (1) Stiftungen im Römischen Reich
  • (2) Stiften im deutsch-germanischen Recht bis zum Mittelalter
  • (a) Etymologie des Begriffs „Stiftung“
  • (b) Stiftungen in Germanien bis zum Mittelalter
  • (c) Zwischenergebnis
  • (3) Religiös motivierte Stiftungen zur Sicherung des eigenen Seelenheils bis in die Zeit des Spätmittelalters
  • (4) Die piae causae des kirchlichen Rechts
  • (5) Die Stiftung im Naturrecht bis zum 18. Jahrhundert
  • (6) Stiftungen in Kodifikationen vor dem BGB
  • (a) Das Allgemeine Landrecht Preußischer Staaten von 1794
  • (b) Das Badische Landrecht von 1810
  • (c) Die Stiftung im Sächsischen BGB von 1863
  • (7) Stiftungsrechtliche Dogmatik und die Lehre von der juristischen Person der deutschen Pandektistik im 19. Jahrhundert
  • (8) Die Stiftung in der Fassung des BGB
  • (a) Die Vorentwürfe der Redaktoren und die Beratungen zum BGB
  • (b) Die Stiftung in der Fassung des BGB von 1900
  • (c) Die Modernisierung des Stiftungszivilrechts von 2002
  • (aa) Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht vom 19.10.2001
  • (bb) Wille des Reformgesetzgebers von 2002
  • (cc) Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamtes vom 24.10.2012
  • (9) Zwischenergebnis
  • cc) Systematische Auslegung
  • (1) Die Bedeutung des Begriffs „dauernd“ im Rahmen von BGB-Vorschriften neben § 80 Abs. 2
  • (a) § 98 Nr. 1 BGB
  • (b) § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB
  • (c) §§ 617 Abs. 1 S. 1, 627 Abs. 1 S. 1, 629, 630 S. 1 BGB
  • (d) §§ 813 Abs. 1, 886, 1169, 1254 BGB
  • (e) §§ 1747 Abs. 4, 1748 Abs. 1, 3, 1749 Abs. 3, 1760 Abs. 5, 1786 Abs. 1 Nr. 1, 1803 Abs. 3, 1917 Abs. 3 BGB
  • (f) §§ 1904 Abs. 1, 2 BGB, 2218 Abs. 2 BGB
  • (g) § 2119 BGB
  • (h) § 2338 Abs. 2 BGB
  • (i) Zwischenergebnis
  • (2) „Dauernd“ im Sinne der Normen des Handelsgesetzbuchs, des Aktiengesetzes und des Genossenschaftsgesetzes
  • (a) §§ 247 Abs. 2, 271 Abs. 1 S. 1, 340e Abs. 1 S. 1 und 341b Abs. 2 S. 1 HGB
  • (b) § 253 Abs. 3 HGB
  • (c) § 341e Abs. 1 S. 1 HGB
  • (d) § 105 Abs. 1 S. 1 AktG und § 37 Abs. 1 S. 1 GenG
  • (e) Zwischenergebnis
  • (3) Der Bedeutungsgehalt von „dauernd“ in der ZPO und der InsO
  • (a) § 850 Abs. 2 ZPO
  • (b) § 940 ZPO
  • (c) §§ 104 Abs. 2 Nr. 2, 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO
  • (d) Zwischenergebnis
  • (4) Die Wendung „dauernd“ in den Landesstiftungsgesetzen und deren Verhältnis zum Bundesstiftungsrecht
  • (5) „Dauernd“ im Sinne der Vorschriften der AO
  • (a) § 19 Abs. 1 S. 2 AO
  • (b) § 52 Abs. 1 S. 2 AO
  • (c) Zwischenergebnis
  • (6) Das Verständnis von „dauernd“ im ErbStG
  • (a) §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 lit. b) ErbStG
  • (b) § 13a Abs. 5 Nr. 2 S. 2 ErbStG
  • (c) Zwischenergebnis
  • (7) Der Bedeutungsgehalt von „dauernd“ im Rahmen des EStG
  • (a) §§ 1a Abs. 1 Nr. 1 und 2, 3 Nr. 55c lit. b), 10 Abs. 1 Nr. 1 und 3, 14a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 38b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 lit. a), b), c) und 4, 39a Abs. 3 S. 1, 79 S. 2, 85 Abs. 2 S. 1, 92a Abs. 3 S. 9 Nr. 3, 93 Abs. 1 S. 4 lit. c) EStG
  • (b) § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG
  • (c) §§ 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 13a Abs. 3 S. 2 EStG
  • (d) §§ 16 Abs. 4 S. 1, 34 Abs. 3 S. 1 EStG
  • (e) §§ 33b Abs. 2 Nr. 2 lit. b), 33b Abs. 3, 33b Abs. 6, 35a Abs. 2 S. 2, 35a Abs. 4 S. 2 EStG
  • (f) Zwischenergebnis
  • (8) Die Rechtsnatur von Stiftungen bürgerlichen Rechts und die innere Systematik des Stiftungszivilrechts
  • (9) Ergebnis
  • dd) Teleologische Auslegung
  • ee) Verfassungskonforme Auslegung
  • ff) Ergebnis
  • b) Der Begriff der Nachhaltigkeit
  • aa) Definition
  • (1) Wortsinn
  • (2) Historie
  • (3) Das Verständnis von „nachhaltig“ im BGB und in mit dem Stiftungszivilrecht in Sachzusammenhang stehenden Normen
  • (a) Der Begriff „nachhaltig“ in Normen des BGB
  • (aa) Das Verständnis von „nachhaltig“ im Regelungszusammenhang des Stiftungszivilrechts
  • (bb) §§ 559 Abs. 1, 569 Abs. 2 S. 1 BGB
  • (cc) §§ 590 Abs. 2 S. 3, 591 Abs. 2 S. 1, 593 Abs. 1 S. 1 BGB
  • (dd) § 1382 Abs. 1 S. 2 BGB
  • (ee) §§ 1573 Abs. 4 S. 1, 1575 Abs. 1 S. 1, 1577 Abs. 4 S. 1 BGB
  • (ff) § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB
  • (gg) § 1905 Abs. 1 S. 2 BGB
  • (hh) § 2049 Abs. 2 BGB
  • (b) § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB
  • (c) § 87 Abs. 1 S. 2 AktG
  • (d) § 39 Abs. 4 S. 2 InsO
  • (e) Der Begriff „nachhaltig“ in den Landesstiftungsgesetzen
  • (f) „Nachhaltig“ im Sinne der Abgabenordnung
  • (aa) §§ 13 S. 1, 14 S. 1 AO
  • (bb) §§ 53 Nr. 2 S. 2, 58 Nr. 6 AO
  • (g) Das Verständnis von „nachhaltig“ im Rahmen des EStG
  • (aa) § 15 Abs. 2 S. 1 EStG
  • (bb) §§ 51 Abs. 1 Nr. 2 s), Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EStG
  • (h) § 2 Abs. 1 S. 3 UStG
  • (i) § 4 Abs. 1 S. 1 KStG
  • (j) Zwischenergebnis
  • (4) Ergebnis
  • bb) Das Kriterium der Nachhaltigkeit als eigenständiges Tatbestandsmerkmal
  • (1) Grammatikalische Auslegung
  • (2) Auslegung nach dem Wortsinn
  • (3) Systematische Auslegung
  • (4) Wille des Gesetzgebers
  • cc) Zwischenergebnis
  • dd) Ergebnis
  • c) Sinngehalt des Begriffs der Erfüllung in § 80 Abs. 2 BGB
  • 4. Keine Gemeinwohlgefährdung, § 80 Abs. 2 BGB
  • C. Stiftung auf Zeit und Verbrauchsstiftung
  • I. Begrifflichkeiten
  • 1. Definition der Stiftung auf Zeit
  • 2. Definition der Verbrauchsstiftung
  • II. Die Vereinbarkeit von Stiftung auf Zeit und Verbrauchsstiftung mit den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere der §§ 80 ff. BGB
  • 1. Stiftung auf Zeit
  • a) Wortlaut
  • b) Historie
  • c) Systematik
  • d) Sinn und Zweck
  • e) Ergebnis
  • 2. Verbrauchsstiftung
  • a) Wortlaut
  • b) Historie
  • c) Systematik
  • aa) Allgemeines Wortverständnis von „Stiftung“
  • bb) Wesen der Stiftung und deren gesetzliche Konzeption
  • cc) Definition des Grundstockvermögens
  • dd) Keine entsprechend positive Prognose für die dauernde und nachhaltige Zweckerfüllung
  • ee) Die Verbrauchsstiftung als reine Versuchsstiftung
  • ff) Keine verbindliche Widmung von Stiftungsvermögen im Sinne von § 81 Abs. 1 S. 2 BGB
  • (1) Wortsinn von „Widmung“
  • (2) Juristische Definition von „Widmung“
  • (3) Verbindlichkeit
  • gg) Verstoß gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit des Grundstockvermögens
  • (1) Grundsätzliches
  • (2) Die geplante Ergänzung des § 81 Abs. 1 S. 2 BGB durch den Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts vom 24.10.2012
  • (3) Zulassung von Ausnahmen durch die Landesstiftungsgesetze?
  • hh) Umgehung schenkungs- und vermächtnisrechtlicher Schutzvorschriften?
  • ii) Strukturgleichheit von Grundstockvermögen und Anlagevermögen im Sinne des § 247 Abs. 2 HGB
  • jj) Vergleich zu § 30 GmbHG und § 1 Abs. 2 AktG
  • kk) Steuerrechtliche Behandlung von „Verbrauchsstiftungen“ im Rahmen von § 10b EStG
  • ll) Limitierung des zeitlichen Horizonts von Stiftungen und Zulassung des Vermögensverbrauchs durch Rückschluss aus § 58 Nr. 6 AO?
  • d) Sinn und Zweck der Anerkennungsvoraussetzungen des § 80 Abs. 2 BGB
  • e) Praktische Erwägungen
  • f) Ergebnis
  • D. Schlussbetrachtung
  • Literaturverzeichnis

← 16 | 17 → A. Einführung in das Thema

Stiftungen sind das (rechtliche) Mittel der Wahl, wenn es um die langfristige Verfestigung und Verfolgung eines bestimmten Zwecks geht. Wenn auch auf anderem juristischen Fundament gegründet, bestehen selbst heute noch Stiftungen, die bereits mehrere Hundert Jahre alt sind. Die Fuggerei in Augsburg etwa existiert seit 1516, die Carl-Zeiss Stiftung in Jena seit 1889, wobei zu bemerken ist, dass dies weder die ältesten1 noch die einzigen Beispiele althergebrachter Stiftungen sind. Das Charakteristikum der zeitlichen Beständigkeit spiegelt sich auch in den Normen des Stiftungszivilrechts wider. Zu nennen ist hier zuvörderst § 80 Abs. 2 BGB. Dieser bestimmt, dass die dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des avisierten Stiftungszwecks gesichert erscheinen muss, damit eine Stiftung anerkannt werden und somit Rechtsfähigkeit erlangen kann. Jedenfalls lediglich kurzzeitig angelegte oder ad hoc zu realisierende Zwecke scheiden damit als Gegenstand einer rechtsfähigen Stiftung aus. Dies erscheint nicht selbstverständlich, ist die dauerhafte Existenz eines Rechtsgebildes – hinsichtlich der Stiftung: einer juristischen Person – in Zeiten des steten und sich immer rascher vollziehenden Wandels ungewöhnlich, um nicht zu sagen der Ausnahmefall. Stiftungen bilden in diesem Zusammenhang einen solchen; jedenfalls vordergründig betrachtet. Es lassen sich allerdings zunehmend Bestrebungen erkennen, auch dem grundlegenden Wandel an und für sich nicht zugängliche Institutionen den beschriebenen tatsächlichen Verhältnissen zu unterwerfen. Inwieweit dies für Stiftungen rechtlich zulässig ist, bemisst sich insbesondere an genanntem § 80 Abs. 2 BGB. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung kommt daher den Tatbestandsmerkmalen „dauernd(e)“ und „nachhaltig(e)“ (Erfüllung des Stiftungszwecks) besondere Bedeutung zu. Die Beantwortung der Frage, wie diese Tatbestandsmerkmale zu definieren sind, bildet somit den ersten Schwerpunkt dieser Arbeit.

Im Zusammenhang mit zeitlich endlich angelegten Stiftungen stehen zwei Erscheinungsformen der Stiftung besonders im Fokus: die Stiftung auf Zeit und die Verbrauchsstiftung. Die Frage nach deren Gesetzmäßigkeit wird vom kautelarjuristisch geprägten Stiftungsrechtsschrifttum allerdings zumeist nicht mit ← 17 | 18 → hinreichender Genauigkeit und inhaltlichem Tiefgang beantwortet. Es wird teils schlicht behauptet, die Verbrauchsstiftung etwa sei in zivilrechtlicher Hinsicht unproblematisch und lediglich in steuerrechtlichen Belangen erörterungswürdig2. Vielfach erklären andere Autoren lapidar für zulässig3, auch Stiftungen, welche nach ihrer grundlegenden Ausrichtung das Charakteristikum der Dauerhaftigkeit strukturell in sich tragen, der Vergänglichkeit anheimfallen zu lassen und es mit dem Kriterium des dauerhaften Bestands nicht allzu genau zu nehmen. Hierfür wird dann auf vermeintlich bestehende praktische Erwägungen verwiesen, die einen solchen strukturellen Wandel als unabweisbares Bedürfnis erscheinen lassen sollen. Insbesondere der Genuss von Steuervergünstigungen ist hierfür offenbar Antrieb. Daran anzuknüpfen ist aus rechtstheoretischer Sicht – wie noch zu zeigen sein wird – indes bedenklich.

Hinsichtlich der Stiftung auf Zeit und der Verbrauchsstiftung mangelt es den rechtlichen Erörterungen zumeist schon an einer tauglichen Definition der jeweiligen Begriffe. An erster Stelle ist daher herauszuarbeiten, wie die Stiftung auf Zeit und die Verbrauchsstiftung zu definieren sind. Überdies bleibt die überwiegende Zahl der Autoren auch eine entsprechende rechtsdogmatisch haltbare Begründung für die Zulässigkeit der Stiftung auf Zeit und der Verbrauchsstiftung schuldig. Demzufolge liegt der zweite Schwerpunkt dieser Abhandlung darauf, diese Mängel auszumerzen und der unkritischen Proklamation der Zulässigkeit der beiden genannten Rechtsinstitute entgegen zu treten. In einem ersten Schritt sind Stiftung auf Zeit und Verbrauchsstiftung zu definieren. Alsdann ist deren rechtliche Zulässigkeit zu überprüfen. Die Untersuchung erfolgt strikt anhand juristischer Methode, um Einklang mit den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu gewährleisten. Hierbei soll auch untersucht werden, ob in tatsächlicher Hinsicht überhaupt ein Bedürfnis dafür besteht, das Wesen der Stiftung als Institut dauerhafter Relevanz „aufzuweichen“.

Der Gang der Darstellung gliedert sich nach alledem wie folgt: Im ersten Teil der Bearbeitung (B.) sind zunächst die allgemeinen stiftungsrechtlichen Grundlagen darzustellen, welche auch für die in Rede stehenden Stiftungsarten ← 18 | 19 → von Bedeutung sind. Wenngleich durchaus ein Überblick über die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben werden soll, liegt der Fokus auf denjenigen, welche maßgeblich mit dem Hauptthema dieser Arbeit verbunden sind – dem Stiftungsvermögen, dem Stiftungszweck und dessen dauerhafter und nachhaltiger Erfüllung. Im zweiten Teil (C.) sind die Begriffe von Stiftung auf Zeit und Verbrauchsstiftung herauszuarbeiten. Anschließend erfolgt die Überprüfung beider Rechtsinstitute auf ihre rechtliche Zulässigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen bundes- und landesrechtlichen Vorgaben. Im dritten Teil (D.) ist ein diesen Themenkomplex betreffendes Fazit zu ziehen.← 19 | 20 →

_____________

1Die Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist in Würzburg wurde schon 1316 gegründet. Zur Stiftungstradition auch LT-Drucks. (Sachsen-Anhalt) 5/2651, S. 15.

2Rawert im Rahmen seines Vortrags „Die Stiftungsersatzformen – GmbH, Verein, AG und unselbständige Stiftung“ auf dem 5. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum.

3Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, S. 122 f.; Feick/Timmer, S&S 2006, 18 (19); Gastl, S&S 2008, 32; Hushahn, npoR 2011, 73 f.; Pauli, ZSt 2008, 97 (100); Röthel, S&S 2004, 21 (21, 23); Schauhoff, DStR 2004, 471 (472); Seifart/v. Campenhausen/Hof § 4 Rn. 43, § 6 Rn. 315.

← 20 | 21 → B. Stiftungsrechtliche Grundlagen

I. Allgemeines

Der Begriff „Stiftung“ ist differenziert zu betrachten. Es ist grundlegend zwischen dem weiten (funktionalen) Stiftungsbegriff einerseits und dem engen (rechtstheoretischen) Stiftungsbegriff andererseits zu unterscheiden4. Nach dem weiten Stiftungsbegriff ist Stiftung ein freiwillig und endgültig auf einen vom Stifter verschiedenen Rechtsträger beliebiger Art übertragenes Vermögen, das nach Maßgabe bestimmter Zwecke zu verwenden und als Sondervermögen dauerhaft zu verwalten ist5. Der vom BGB zugrundegelegte enge Stiftungsbegriff knüpft im Gegensatz dazu maßgeblich an formale Kriterien an. Unter einer Stiftung im engeren Sinne ist ein selbständiger Rechtsträger zu verstehen, der zur Verwirklichung eines durch den Stifter vorbestimmten Zwecks mittels eines diesem gewidmeten Vermögen geschaffen ist und welcher nicht aus einem Personenverband besteht6. Bezugspunkt für die Frage der rechtlichen Zulässigkeit eines bestimmten Stiftungstypus – wie der Stiftung auf Zeit und der Verbrauchsstiftung – kann nur der enge Stiftungsbegriff sein. Entscheidend für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit aller Stiftungen sind die von § 80 Abs. 2 BGB statuierten Kriterien. Danach ist eine Stiftung anzuerkennen und somit rechtlich zulässig, wenn ein Stiftungsgeschäft nach Maßgabe des § 81 Abs. 1 BGB vorliegt, die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet.

Es geht bezüglich Stiftung auf Zeit und Verbrauchsstiftung vornehmlich um die Frage nach der Zulässigkeit von Stiftungen, welche lediglich auf begrenzte Dauer ← 21 | 22 → angelegt sind7. Insbesondere die Dauerhaftigkeit der Zweckerfüllung sowie deren Nachhaltigkeit8 sind daher Gegenstand der um Stiftung auf Zeit und Verbrauchsstiftung rankenden Diskussion. Aufgrund dieser gemeinsamen Grundproblematik ist zunächst abstrakt, in einem voran gestellten allgemeinen Teil, auf die Tatbestandsvoraussetzungen für die Zulässigkeit der Anerkennung einer Stiftung einzugehen.

II. Anerkennungsvoraussetzungen für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts gemäß §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 BGB

1. Das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Vermögenswidmung gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 BGB

a) Allgemeines

Nach § 81 Abs. 1 S. 2 BGB muss der Stifter im Stiftungsgeschäft Mittel zur Erfüllung des von ihm avisierten Stiftungszwecks zusagen. Die auf die Errichtung der Stiftung gerichtete (einseitige) Willenserklärung des Stifters und die Vermögensausstattung fallen hierbei in einem Akt zusammen9. Mithin handelt es sich bei dem Stiftungsgeschäft und der darin inkorporierten Vermögensausstattung auch nicht um einen Vertrag; weder zwischen Stifter und Stiftung, geschweige denn zwischen Stifter und Destinatär oder Dritten10. Es handelt sich folglich, wie teilweise erwogen, auch nicht etwa um eine Schenkung. Das Stiftungsgeschäft ist vielmehr einseitiges Rechtsgeschäft11. Neben der Vermögenswidmung muss der Stifter Regelungen hinsichtlich Namen, Sitz und Vorstandsbesetzung der Stiftung treffen.

← 22 | 23 → Zudem bedarf das Stiftungsgeschäft nach § 81 Abs. 1 S. 1 BGB der Schriftform im Sinne des § 126 BGB. Genügt das Stiftungsgeschäft dieser Vorgabe nicht, ist es nach § 125 S. 1 BGB nichtig. Nach § 141 Abs. 1 BGB kann das nichtige Stiftungsgeschäft zwar bestätigt werden, diese Bestätigung hat aber der Form des zu bestätigenden Geschäfts zu genügen12.

Da die Stiftung erst durch die Anerkennung der zuständigen Stiftungsaufsicht Rechtsfähigkeit erlangt, bestimmt § 82 S. 1 BGB folgerichtig, dass die aus dem Vermögensausstattungsversprechen resultierende Verpflichtung zur Übertragung des zugesagten Vermögens erst mit der Anerkennung – und somit kongruent zur Rechtspersönlichkeit – entsteht. Etwas anderes gilt gemäß § 82 S. 2 BGB für Rechte, die schlicht durch Abtretungsvertrag übertragen werden können. Diese gehen ipso iure mit der Anerkennung der Stiftung auf diese über. Eines gesonderten Verfügungsgeschäfts bedarf es hier nicht.

Das Stiftungsgeschäft und somit auch die Ausstattungszusage können gemäß § 81 Abs. 2 BGB bis zur Anerkennung widerrufen werden.

b) Gesetzliche Vorgaben hinsichtlich des Vermögensausstattungs-versprechens?

Die Widmung des Stiftungsvermögens hat nach verbreiteter Auffassung hinsichtlich ihres Umfangs zweckentsprechend und mit Blick auf die Modalitäten verbindlich zu erfolgen13. Zum einen muss die Widmung danach zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks ausreichend sein, zum anderen muss sie unbedingt und unbefristet erfolgen. Dies soll sich aus §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 BGB ergeben. Hiergegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Zweifelhaft erscheint aber die praktische Umsetzung des Dogmas der zweckentsprechenden Vermögensausstattung14. Regelmäßig wird hier (pauschal) ein Grundstockvermögen von zumindest 50.000 € für notwendig erachtet15. In Anbetracht der im Folgenden beschriebenen Verknüpfung von ← 23 | 24 → Stiftungsvermögen und Stiftungszweck und der damit einhergehenden Tatsache, dass sich die Angemessenheit der Vermögensausstattung nach dem finanziellen Aufwand für den zu erfüllenden Zwecks bemisst, ist eine derartige Pauschalisierung zumindest bedenklich16, wenn nicht gesetzeswidrig17.

Details

Seiten
214
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653035094
ISBN (ePUB)
9783653988895
ISBN (MOBI)
9783653988888
ISBN (Hardcover)
9783631647509
DOI
10.3726/978-3-653-03509-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Februar)
Schlagworte
Verbrauchsstiftung Anerkennungsvoraussetzungen für Stiftungen Stiftungszivilrecht
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 214 S.

Biographische Angaben

Jan Steils (Autor:in)

Jan Steils, geboren in Duisburg, studierte Rechtswissenschaften in Marburg und Bochum und arbeitete am Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der Universität Bochum.

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Titel: Die Stiftung auf Zeit und die Verbrauchsstiftung
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