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Erwachsenenpädagogik in der Erziehungswissenschaft im 20. Jahrhundert

von Werner Naumann (Autor:in)
©2015 Monographie 285 Seiten
Reihe: Gesellschaft und Erziehung, Band 14

Zusammenfassung

Werner Naumann skizziert die Entwicklung der Erwachsenenpädagogik zur anerkannten Disziplin der Erziehungswissenschaft, wobei er von den Aktivitäten führender Vertreter der Hochschulpädagogik Anfang des 20. Jahrhunderts ausgeht. Im Zentrum des Buches stehen wissenschaftliche Bemühungen von Herbert Schaller – Initiator zur Gründung des Instituts für Erwachsenenbildung an der Universität Leipzig 1949. Dieser entwickelte einen originellen Systemansatz für eine transdisziplinäre dialektisch-materialistische Pädagogik, dessen Weiterführung durch seine Schüler vorgestellt wird. Abschließend folgen eine kritische Erörterung politisch-ideologischer Entwicklungsschwierigkeiten der DDR-Pädagogik und Probleme ihrer Aufarbeitung nach 1991.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Editorial
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung des Autors
  • 1. Ernst Bernheim und Hans Schmidkunz als Vertreter der Hochschulpädagogik und Wegbereiter der Erwachsenenpädagogik in Deutschland
  • Vorbemerkung
  • 1.1 Lebensdaten und Reformbestrebungen von Bernheim
  • 1.2 Lebensdaten und Initiativen von Schmidkunz
  • 1.3 Hochschulpädagogische Positionen von Schmidkunz
  • 1.4 Zur Entwicklung der Gesellschaft für Hochschulpädagogik
  • 1.5 Niedergang und Auflösung der Gesellschaft für Hochschulpädagogik
  • 2. Herbert Schaller als Vertreter der Volkshochschulbewegung und Begründer des Instituts für Erwachsenenbildung an der Pädagogischen Fakultät der Universität Leipzig
  • 2.1 Zur Biografie von Herbert Schaller
  • 2.2 Vorgeschichte und Initiativen zur Institutsgründung 1949
  • 2.3 Schallers Konzeption zu Lehre- und Forschung
  • 2.4 Entwicklungsprobleme des Instituts bis zur Abstufung zur Abteilung
  • 2.5 Zweite Gründung des Instituts und seine Entwicklung bis 1969
  • 3. Probleme und Ergebnisse der Entwicklung von Schallers Systementwurf
  • 3.1 Der Erziehungsbegriff als Basiskategorie der Pädagogik
  • 3.2 Erziehungsverhältnisse als Gegenstand der Pädagogik
  • 3.3 Schallers Strukturmodell als weiterzuführender Systemansatz
  • 3.4 Modellhafte Annäherungen an die Dynamik der Erziehung
  • 3.4.1 Zu Modellierungsversuchen in der Didaktik
  • 3.4.2 Zu Modellierungsversuchen in der Sozialpädagogik
  • 3.5 Pädagogische Prinzipien und ihre Gruppierungsprobleme
  • 3.6 Arten und Gruppen pädagogischer Prinzipien
  • 3.6.1 Zu den normativen Prinzipien
  • 3.6.2 Zu den Konzeptprinzipien
  • 3.6.3 Zu den Strukturprinzipien
  • 3.6.4 Zu den Funktionsprinzipien
  • 3.7 Zur Komplexität der Erziehungswissenschaft
  • 4. Anmerkungen zum Umgang mit pädagogischen Konzepten und Erziehungspraktiken in der DDR nach ihrem Zusammenbruch
  • 4.1 Zur Neugründung des Instituts für Erwachsenenpädagogik an der Universität Leipzig und zur Wirksamkeit von Jörg Knoll
  • 4.2 Einige Klarstellungen zur Entstehungsgeschichte und Wirksamkeit der DDR-Hochschulpädagogik
  • 4.3 Bemerkungen zur Ingenieurpädagogik
  • Anlagen
  • Anlage 1
  • Hans Schmidkunz: Mitteilungen für Hochschulpädagogik. Vierteljahresschrift der „Gesellschaft für Hochschulpädagogik“ Jahrgang 1910 Berlin, April 1910, Nr. 1
  • Das Institut für Pädagogik der Wissenschaften und Künste
  • Anlage 2
  • Wolfram Knöchel und Werner Naumann: Zu den immanenten Momenten Inhalt und Methode. Thesen zum Institutsseminar am 02.12.1966 (vervielfältigtes Manuskript im Privatarchiv W. Naumann
  • Vorbemerkung
  • These 1: Wesen des Inhaltsmoments
  • These 2: Die pädagogische Funktion des Inhalts
  • These 3: Wesen des Methodenmoments
  • These 4: Die pädagogische Funktion des Methodenmoments
  • These 5: Über den Zusammenhang von Inhalt und Methode
  • These 6: Verhältnis von Methode und Methodenvorschrift
  • These 7: Zur Inhaltauswahl
  • These 8: Zur Methodenwahl
  • Anlage 3
  • Hans Lohmann: „Die Vorlesung als akademische Lehrveranstaltung und ihre Vorbereitung“. In: Hochschulpädagogische Schriftenreihe Heft I; Deutscher Verlag der Wissenschaften: Berlin 1963, S. 39–51
  • 1. Der Vorlesungsbegriff
  • 1.1 Die lebendige Persönlichkeit des Dozenten
  • 1.2 Das Gesamtbild einer Wissenschaft
  • 1.3 Die Art des Wissenserwerbs
  • 1.4 Lebendige Teilnahme des Studenten
  • 2. Die Vorbereitung der Vorlesung
  • 2.1 Die Situationsanalyse
  • 2.2 Die Stoff-Zeit-Gliederung
  • 2.3 Die methodische Analyse
  • 2.4 Der Lektionsaufbau
  • 3. Zusammenfassung
  • Anlage 4
  • Wolfgang Ebert, Winfried Hoffmann und Manfred Widmann: Aufgabenstellung und Aufgabendifferenzierung als Moment komplexer Studienprozessgestaltung: In: Forschungsbericht von Ingenieurpädagogen vom 31. Juli 1990 (vervielfältigtes Manuskript, A5-Klemm-Mappe im Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Signatur 01/34228
  • Literaturverzeichnis
  • Anlage 5
  • Manfred Widmann: Landwirtschaftslehrer im Spannungsfeld von Theorie und Praxis Manuskript: Privatarchiv von M. Widmann, Duplikat bei W. Naumann
  • I. Landwirtschaftslehrer
  • II. Theorie – Praxis
  • Zum ersten Fehlansatz
  • Zum zweiten Fehlansatz
  • Zum dritten Fehlansatz
  • III. Didaktische Einzelanmerkungen
  • Berufsbezogenheit
  • Dualismus
  • Aneignungsgerechte Inhaltsvermittlung
  • Querverbindungen
  • Methodische Bildung
  • IV. Lehrerbildung
  • Literaturverzeichnis
  • Anlage 6
  • Johannes Weinberg: Deutsch-deutsche Begegnungen und Anregungen zur Erwachsenenbildung
  • Literaturanhang
  • Literaturverzeichnis
  • Archivquellen

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Einleitung des Autors

Das vorliegende Buch vermittelt einen Einblick in die Bemühungen von Erwachsenenbildnern aus unterschiedlichen Bereichen um die Weiterentwicklung der Erziehungswissenschaft, die sie mit der Ausweitung des traditionellen Gegenstandsbereichs der Pädagogik anstrebten. Dabei werden drei wichtige „Quellgebiete“ dieser Bestrebungen betrachtet, die zwar nicht die einzigen, aber doch wohl wirkungsvollsten für die Entwicklung gewesen sind:

1. die Hochschulpädagogik,

2. die Volkshochschulbewegung und

3. die Ingenieurpädagogik, wobei letztere nur kurz zwecks Hinführung zu den entsprechenden Anlagen behandelt wird.

Es geht nicht nur darum, die historischen Schwierigkeiten aufzuzeigen, die den Bemühungen der Erwachsenenpädagogen um die Entwicklung einer Pädagogik unter Einschluss der Erwachsenenbildung entgegenstanden, sondern vor allem auch um damit verbundenen theoretischen Impulse aus der Erwachsenenpädagogik für die Entwicklung der Erziehungswissenschaft insgesamt. Ich beschränke mich in den Untersuchungen auf „Quellgebiete“ im Osten Deutschlands, da ich in Leipzig studiert und in Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet habe, wo mir entsprechende Quellen leicht zugänglich waren.

Als Einstieg in die Darstellung des historischen Entwicklungsprozesses wurden konzeptionelle Vorstellungen aus der Hochschulpädagogik gewählt, die verbunden sind mit den Namen Ernst Bernheim (1850–1942), Professor für mittlere und neuere Geschichte an der Universität Greifswald, und Hans I. Schmidkunz (1863–1934), erster Professor für Hochschulpädagogik Deutschlands, und zwar an der Universität Greifswald. Als stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft für Schulgeschichte Mecklenburgs und Vorpommerns in den Jahren 1997–2011 sah ich mich veranlasst, die Leistungen von Bernheim und Schmidkunz unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen nach der Wende zu würdigen, zumal sie unter bundesdeutschen Hochschuldidaktikern wenig bekannt waren, wie im Sonderheft 13 (1990) der österreichischen „Zeitschrift für Hochschuldidaktik“ eingeräumt wird. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen wurden hier mit aufgenommen wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die Entwicklung der Erwachsenenpädagogik bzw. Erziehungswissenschaft. Außerdem wurde in bisherigen Veröffentlichungen dieses Moment kaum beachtet.

Als Hauptvertreter der Bestrebungen zur Institutionalisierung einer Erwachsenenpädagogik und einer dementsprechend umfassenden Erziehungswissenschaft ← 11 | 12 → wird das Wirken von Herbert Schaller (1899–1966) im 2. Kapitel vorgestellt. Da Schaller seine Erkenntnisse selbst nicht für Veröffentlichungen formuliert hat (wenn man von einigen Passagen in den Lehrbriefen des Instituts von 1960/62 und 1963 absieht), nehmen diesbezügliche Informationen einen breiten Raum ein. Die Institutsgeschichte mit ihren Problemen ist nur verständlich, wenn dem Leser die originellen theoretischen und methodologischen Positionen von Herbert Schaller möglichst differenziert vorliegen.

Schaller verhielt sich wie Sokrates als Lehrer, Anreger und Kritiker seiner Schüler und Mitarbeiter. Zu seinen Lebzeiten (also bis 1966) und auch noch danach bis zur Auflösung des Instituts 1969 wurden vor allem Fragen des Systemansatzes zur Begründung und Entwicklung einer dialektisch-materialistischen Erziehungswissenschaft diskutiert, wobei definitorische Bestimmungen der Strukturelemente der Erziehung sowie Zusammenhänge von Natur, Gesellschaft und Erziehung im Vordergrund standen. Fragen zur prozessualen Dynamik und Gestaltung pädagogischer Prozesse wurden im Institut vorwiegend im Zusammenhang mit empirischen Untersuchungen (z.B. in Promotionsverfahren) und dann relativ konkret behandelt. Auf der Ebene theoretischer Verallgemeinerungen gab Schallers Mitarbeiter Wolfram Knöchel (1926–2009) durch seine kybernetischen und informationstheoretischen Analysen des Erziehungsprozesses (s. Knöchel 1967 und 1968) wertvolle Anregungen; ihre Weiterführung wurde aber aus politisch-ideologischen und personellen Gründen nach 1969 abgebrochen.

Im 3. Kapitel werden Fragen der Weiterentwicklung des Schallerschen Systemansatzes behandelt. Nach der Erörterung einiger grundlegender und aktueller Probleme des Erziehungsbegriffs wird die traditionelle Begründung von erzieherischen Verhältnissen auf der Grundlage des Generationenverhältnisses kritisch betrachtet und eine Neubestimmung vorgenommen, in der die Kompetenzüberlegenheit des Erziehers und Hilfebedürftigkeit des Zöglings als bestimmende Determinanten gewählt werden. Erzieherische Verhältnisse äußern sich im Verhalten beider Akteure zueinander und finden in zielgemäß miteinander in Wechselwirkung stehende Handlungs- bzw. Operationsfolgen von Erziehern und Zöglingen ihren Ausdruck. Die Struktur und Abfolge erzieherischer Handlungssequenzen kann modellhaft durch pädagogische Funktionen erfasst werden. Funktionsmodelle präsentieren zugleich ein methodisches Konzept für den jeweiligen Typ pädagogischer Prozesse und enthalten menschliche Tätigkeiten mit spezifischen Handlungsfolgen, die aus all jenen Handlungsfeldern stammen, auf deren Bewältigung die Lernenden pädagogisch vorbereitet werden.

Dieser theoretische Ansatz wird gestützt durch didaktische Forschungen im Bereich des Wahlunterrichts an der ehemaligen PH Güstrow. Abgesehen ← 12 | 13 → von einem damals umstrittenen Vorschlag zur Weiterentwicklung der didaktischen Funktionen, ging es mir auch um Zusammenhänge zwischen didaktischen Funktionen und Prinzipien, insbesondere um ihre „anwendungsfreundliche“ Aufbereitung für Lehrerstudenten. Ergebnisse dieser Bemühungen wurden in dem mit Heino Liimets (1928–1989) erarbeiteten Lehrbuch zur Didaktik 1982 und 1985 veröffentlicht und werden im vorliegenden Buch (3.4) noch einmal unter dem Aspekt des transdisziplinären Charakters pädagogischer Disziplinen erörtert.

Nach der Abwicklung der PH Güstrow 1991 und meinem Ausscheiden aus dem Hochschuldienst bot sich mir ein neues Betätigungsfeld als Leiter der Sozialakademie von Mecklenburg-Vorpommern, die von einem Bildungsmanager aus den alten Bundesländern gegründet worden war. Meine Einarbeitung in das für mich neuartige Arbeitsgebiet Sozialpädagogik wurde unterstützt von Prof. Dr. Hans Josef Tymister (Universität Hamburg), der mich während seiner Lehrveranstaltungen in Hamburg und Güstrow auf ein Modell von der Dynamik sozialpädagogischer Prozesse aufmerksam machte, das Ferdinand Birnbaum (1892–1947), ehemaliger Schüler und wichtigster Mitarbeiter Alfred Adlers (1870–1937) ausgearbeitet hatte. Birnbaums knapp angelegter Modellansatz ließ bemerkenswerte Ähnlichkeit mit unserem didaktischen Funktionsmodell erkennen und konnte mit Hilfe zahlreicher Falluntersuchungen der Lehrgangsteilnehmer, die an der Sozialakademie eine berufsbegleitende Zusatzqualifikation erwarben, ausgebaut werden. Auch hier gelang eine zweckmäßige und handlungsorientierende Verknüpfung von Prozess-Sequenzen der psychosozialen Intensiverziehung und Prinzipien der Sozialpädagogik. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse zur Dynamik der psychosozialen Intensiverziehung und Prinzipien ihrer Gestaltung sind im 3. Kapitel des vorliegenden Buches zu finden. Allerdings kann meine Monographie „Sozialpädagogik – Umriss einer erziehungswissenschaftlichen Disziplin und Prinzipien ihrer praktischen Anwendung“ 2008 (4. Auflage 2011) mit ihren erörterten Fallbeispielen sicher mehr zum Verständnis der Thematik beitragen.

Mit dem 4. Kapitel werden mehrere Ziele verfolgt. Im Abschnitt 4.1 wird am Beispiel der Arbeitsweise von Prof. Dr. Jörg Knoll (1943–2012), dem ersten Lehrstuhlinhaber in dem nach Wende erneut gegründeten Institut für Erwachsenenpädagogik an der Universität Leipzig verdeutlicht, wie ein wissenschaftlich, politisch und menschlich korrekter Umgang mit der DDR-Pädagogik und ihren Vertretern aussehen kann. In 4.2 geht es um Informationen zum Entstehungsprozess der Hochschulpädagogik in der DDR. Darüber ist nach der Wende so viel Irrtümliches und Fragwürdiges geschrieben worden, dass sachliche Klarstellungen durch einen Zeitzeugen geboten erscheinen. Gewiss hat es im Hochschulwesen der DDR ideologisch bedingte Einengungen und Fehlorientierungen ← 13 | 14 → gegeben, aber dennoch sind Elemente zu finden, die tatsächlich einer Verbesserung von Studienprozessen dienen können, wie Berichte von Prof. Dr. Michael Baurmann über die Erfolge im Bachelorstudiengang Sozialwissenschaften an der Universität Düsseldorf erkennen lassen, die kurz vorgestellt und in Beziehung gesetzt werden zu analogen Erfahrungen im DDR-Hochschulwesen.

Schließlich wird bei der Darstellung der Anfänge der DDR-Hochschulpädagogik auch kurz auf eine dritte Quelle der Erwachsenenpädagogik als Komponente zur Weiterentwicklung der Erziehungswissenschaft eingegangen, nämlich auf die Ingenieurpädagogik. Eine ihrer „Quellen“ ist an der Technischen Hochschule Dresden zu finden. Dort wurde am 17.11.1951 auf Initiative von Prof. Dr. Hans Lohmann (1898–1989) an der Fakultät für Pädagogik und Kulturwissenschaften das Institut für Ingenieurpädagogik gegründet. 1959 habe ich im Zusammenhang mit der Bildung der Zentralen Kommission für Hochschulpädagogik der DDR im Auftrage von Schaller mit Lohmann über einige allgemeine hochschulpädagogische Positionen diskutiert (er war an Schallers Meinung zu seinem Artikel interessiert, doch Schaller konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Berlin fahren). Da ich kein Ingenieur bin, habe ich die Entwicklung der Ingenieurpädagogik nicht verfolgt. Ich kann sie demzufolge hier auch nicht differenziert darstellen, dokumentiere aber als Belege für die hochschulpädagogische Denkweise im Anhang dieses Buches einen Vortrag von Lohmann (als Vertreter der Industrieingenieurpädagogik) und einen von Prof. Dr. Manfred Widmann (als Vertreter der Agraringenieurpädagogik). Der Forschungsbericht von Widmann und seinen Mitarbeitern verdeutlicht modellhaft, wie über Aufgabendifferenzierungen eine Operationalisierung von Lehr- und Lernprozessen erfolgen kann.

Eine Besonderheit des Sammelbandes besteht darin, dass sowohl die kritischen Auseinandersetzungen zum Schallerschen Konzepts in der DDR als auch die Aufarbeitungen zum „Erziehungsstaat DDR“ und zur DDR-Pädagogik in einigen wichtigen Punkten und an geeigneten Stellen mit erfasst werden. Dabei geht es nicht um einen Rechtfertigungsversuch für eigenes kritikwürdiges Tun und Lassen, sondern vor allem um die Korrektur nachweislicher Irrtümer und einseitiger Sichtweisen sowie von Fehldeutungen und Fehlurteilen.

Abschließend sei noch ein konzeptioneller Grundgedanke genannt, der in dem Buch am Beispiel der Wirksamkeit solcher Wissenschaftler wie Hans Josef Tymister und Jörg Knoll erkennbar ist, nämlich das Bestreben nach wechselseitigem Verstehen der Pädagogen aus West und Ost im Interesse der Wissenschaftsentwicklung. Ein recht hoffnungsvolles Signal in diesem Sine hatte der Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg gesetzt, durch dessen Initiative vom 2.-3. Oktober 1990 in Hamburg eine Konferenz mit Teilnehmern aus Ost und West stattfand. Das Vorwort des Konferenzprotokolls, herausgegeben 1992 von ← 14 | 15 → Rolf Oberliesen et al., trägt die warnende Überschrift „Dialog statt Unterwerfung“. In seinem darin enthaltenen Beitrag hat Klaus-Jürgen Tillmann eine hochinteressante visionäre Vorstellung von einer Schulreform in den neuen Bundesländer entwickelt (ebd., S. 142–144), die im Prinzip dem Transformationsprozess zum Opfer gefallen ist. Doch dessen ungeachtet, sollte es nach mehr als 25 Jahren nach dem Mauerfall möglich sein, in sachlicher und vorurteilsfreier Forschung und Diskussion jene Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Geschichte aufzuarbeiten, die dem Fortschritt dienen und dazu beitragen können, dass wieder zusammenwächst, was zusammen gehört.

Abschließend bedanke ich mich bei Christa Uhlig und Dieter Kirchhöfer für ihre konzeptionelle Beratung und Unterstützung.

Werner Naumann

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1. Ernst Bernheim und Hans Schmidkunz als Vertreter der Hochschulpädagogik und Wegbereiter der Erwachsenenpädagogik in Deutschland

Vorbemerkung

Im Sonderheft 13 (1990) der österreichischen „Zeitschrift für Hochschuldidaktik“, herausgegeben von Karl-Heinz Jackstel und Erich Leitner, haben Hochschulpädagogen Österreichs und Deutschlands historische Erfahrungen bezüglich hochschulpädagogischer Bestrebungen und Hochschulreformen erörtert. In der Einleitung zu den Beiträgen des Sonderhefts heißt es:

Details

Seiten
285
Erscheinungsjahr
2015
ISBN (PDF)
9783653052954
ISBN (MOBI)
9783653969573
ISBN (ePUB)
9783653969580
ISBN (Hardcover)
9783631659144
DOI
10.3726/978-3-653-05295-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Januar)
Schlagworte
Kompetenzüberlegenheiten von Erziehern dialektisch-materialistische Pädagogik Hochschulpädagogik Anfang des 20. Jahrhunderts
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 285 S., 15 s/w Abb.

Biographische Angaben

Werner Naumann (Autor:in)

Werner Naumann war nach seinem Studium der Geschichte und Erwachsenenbildung als Lehrer und Assistent am Institut für Erwachsenenbildung der Universität Leipzig tätig. Er arbeitete über 20 Jahre als Professor für Allgemeine Didaktik an der PH Güstrow. Forschungen betrieb er zu den Themen Wahlunterricht und theoretische Grundlagen der Pädagogik.

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