Von einer idealen Rechtsphilosophie zur Realen Rechtslehre – und wohin dann?
Wandlungen im rechtsontologischen Denken Ernst Wolfs
Summary
Excerpt
Table Of Contents
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhalt
- Vorwort
- Die Autoren des Bandes
- I. Abteilung
- Von einer idealen zur Realen Rechtslehre Ernst Wolfs – Die Anfänge
- II. Abteilung: Ein Geschichtenphilosoph schaut auf die Reale Rechtslehre
- Zur Einführung: Geschichten und Verhältnisse
- Die Reale Rechtslehre – Ein Schlüssel zum Verständnis des Rechts?
- III. Abteilung: „Juristische Person“ und rechtlicher Personalismus
- Zur Einführung: Juristische Fabelwesen
- Die Verneinung der „juristischen Person“ in Ernst Wolfs Realer Rechtslehre
- Zur Einführung: Ernst Wolf und Karl Larenz – Eine Disputation
- Die Reale Rechtslehre Ernst Wolfs – Rechtlicher Personalismus statt ethischem Personalismus
- IV. Abteilung
- Welche Beschaffenheit haben die rechtlichen Verhältnisse – Von der Hochphase der Realen Rechtslehre zu „Rechtsphilosophie – ein Irrweg!“
- V. Abteilung
- „Nichts ist nichts“ – Was bleibt von der Realen Rechtslehre? Grundlegende Korrekturen durch Ernst Wolf in seinen letzten Lebensjahren
- Addenda zum Schriftenverzeichnis von Ernst Wolf in der Festschrift zu seinem 70. Geburtstag, S. 709 ff.
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Im rechtsontologischen Denken Ernst Wolfs (1914–2008)1, des Begründers der Realen Rechtslehre, hat es früh und allem Anschein nach am Ende seines Lebens noch ein zweites Mal eine Wende gegeben. Am Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit ging Ernst Wolf von einer idealistischen zu seiner in eine reale Wissenschaftslehre eingebetteten Lehre von der Realität rechtlicher Verhältnisse über. Die vor dreizehn Jahren verfasste letztmalige Zusammenfassung seiner wissenschaftlichen Positionen schließt mit dem Satz: „Das wesentlich Neue der Realen Rechtslehre ist die Erkenntnis der Realität der rechtlichen Verhältnisse“.2 In seinen letzten Lebensjahren scheinen Ernst Wolf dann aber Zweifel gekommen zu sein – nicht etwa an seiner realen Wissenschaftslehre im Allgemeinen, wohl aber an der die Kernthese der Realen Rechtslehre ausmachenden Realität der Rechtsverhältnisse. Gerhard Wolf gegenüber hat er geäußert: „Nichts ist nichts“.
Die Hinwendung zu und eine Abwendung von der Realen Rechtslehre, aber natürlich auch die Realität der rechtlichen Verhältnisse selbst bildeten das Thema einer am 25. Oktober 2014 aus Anlass der 100. Wiederkehr des Geburtstags Ernst Wolfs veranstalteten Tagung in der Lahnstadt Marburg, an deren Universität Ernst Wolf fast 30 Jahre lang – von 1955 bis zu seiner Emeritierung im Frühjahr 1983 – Bürgerliches Recht und Rechtsphilosophie gelehrt hat. Die auf dieser Tagung gehaltenen Vorträge3 kommen – in unterschiedlichem Umfang ergänzt – in dem vorliegenden Band zum Abdruck.
1 Zu Leben und Werk Ernst Wolfs vgl.: Zum Geleit (Dietrich Bickel, Walther, Hadding, Gerhard Lüke), in: Recht und Rechtserkenntnis, Festschrift für Ernst Wolf zum 70. Geburtstag, hrsg. von Dietrich Bickel, Walther Hadding, Volker Jahnke, Gerhard Lüke, 1985, S. V ff.; Horst Hammen, Die Reale Rechtslehre Ernst Wolfs, in: Festschrift für Jan Schapp zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Patrick Gödicke, Horst Hammen, Wolfgang Schur, Wolf-Dietrich Walker, 2010, S. 231 ff.; Bettina Wendlandt, Ernst Wolf und die Reale Rechtslehre, in: Zivilrechtliche Entdecker, hrsg. v. Thomas Hoeren, 2001, S. 275 ff.; Hadding NJW 2004, 3477; Reinelt NJW 2008, 1431.
2 Ernst Wolf/Gerhard Wolf, Rechtsphilosophie – ein Irrweg!, 2002, S. 100.
3 Die Vortragsform ist überwiegend beibehalten worden.
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Walther Hadding, Dr. iur., Universitätsprofessor (em.) an der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Horst Hammen, Dr. iur., Professor an der
Justus-Liebig-Universität Gießen
Jan Schapp, Dr. iur., Professor an der Justus-Liebig-Universität Gießen
Burkhard Wilk, Dr. iur., Rechtsanwalt in Kassel
Gerhard Wolf, Dr. iur., Professor an der
Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
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Von einer idealen zur Realen Rechtslehre Ernst Wolfs – Die Anfänge
Bekannt geworden ist Ernst Wolf als Begründer der Realen Rechtslehre.1 Und nur so haben ihn die meisten Teilnehmer des heutigen Symposiums, die Ernst Wolf als Doktoranden, Assistenten oder Hörer ein Stück des Wegs begleitet haben, auch kennen gelernt. Nur wenige wissen aber, dass Ernst Wolf zu Beginn seines wissenschaftlichen Schaffens eine fundamental entgegengesetzte, nämlich eine idealistische Rechtsphilosophie vertreten hat. Ausgebreitet hat Ernst Wolf diese Philosophie in seiner Schrift „Die Generalklausel im Schadensersatzrecht“, Untertitel: Ein Versuch, die juristische und philosophische Notwendigkeit einer einheitlichen, das gesamte Schadensersatzrecht umspannenden Klausel und deren Fassung aus dem Begriff und dem Wesen des Rechtes zu beweisen (Das Kriterium des Rechtes, I. Teil), mit der er im Mai 1946 an der Universität Frankfurt habilitiert worden ist. Die Habilitationsschrift ist unbekannt geblieben,2 weil Ernst Wolf diesen ersten Teil, dem indes ein angekündigter zweiter Teil nie folgen sollte, unveröffentlicht gelassen hat. Zitiert hat Ernst Wolf seine Habilitationsschrift anders als seine ebenfalls unveröffentlicht gebliebene Doktorarbeit „Die Bürgschaft für laufenden Geschäftskredit, insbesondere beim Wechsel des Geschäftsinhabers“,3 mit der er im Januar 1940 promoviert worden ist, an keiner Stelle. Auch im Kreise seiner engsten juristischen Vertrauten wurde sie nie erwähnt. Gleichwohl ist sie nicht verlorengegangen. Jahrzehntelang ruhte das seinerzeit einzige noch existierende Exemplar unentdeckt in den ← 15 | 16 → Akten der Juristischen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt a.M., bis ich es dort vor einer Reihe von Jahren auffand.
Details
- Pages
- 148
- Publication Year
- 2015
- ISBN (PDF)
- 9783653058413
- ISBN (MOBI)
- 9783653968996
- ISBN (ePUB)
- 9783653969009
- ISBN (Hardcover)
- 9783631661918
- DOI
- 10.3726/978-3-653-05841-3
- Language
- German
- Publication date
- 2015 (August)
- Keywords
- Geschichtenphilosophie Rechtlicher Personalismus Juristische Person
- Published
- Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 148 S., 3 farb. Abb.
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