Nonstandard im semantischen Raum
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Einleitung
- 1. Mehrdimensionale Zugänge zu regionaler Sprachvariation
- 1.1 Sprachvariation als flexibles Handeln
- 1.2 Erhebungsraum Trier
- 1.2.1 Moselfränkisch
- 1.2.2 Alltagstheorien zur moselfränkischen Sprache und Identität
- 1.3 Von Habitus-Beschreibungen zur Lebensstilanalyse
- 1.3.1 Habitus, Taxierung und Markt
- 1.3.2 Strategien und Normen
- 1.3.3 Lebensstile und Sprechstile im semantischen Raum
- 1.4 Alltagswissen über Sprache
- 1.4.1 Alltagswissen und Sprachwissen
- 1.4.2 Einstellungsmodelle in kritischer Betrachtung
- 1.4.3 Stereotype und soziale Typisierung
- 1.5 Modellierung der Alltagsauffassungen über sprachliche Varianz
- 1.5.1 Alltagslinguistische Variantenräume
- 1.5.2 Soziale Bewertung sprachlicher Merkmale
- 2. Forschungsdesign und Methoden
- 2.1 Mixed Methods-Designs für perspektivenübergreifende Fragestellungen
- 2.2 Quantitatives Forschungsdesign
- 2.2.1 Fragebogen
- 2.2.2 Stichprobe
- 2.3 Qualitatives Forschungsdesign
- 2.3.1 Theorienübergreifende Inhaltsanalyse
- 2.3.2 Tiefeninterviews
- 2.3.3 Leitfaden
- 2.4 Integrierte Methoden zur Rekonstruktion sprachlicher Strategien
- 2.5 Transkription
- 3. Alltagslinguistische Modellierungen sprachbezogener Wissensstrukturen
- 3.1 Basiskategorien und Strukturierung des alltagslinguistischen Variantenraums
- 3.1.1 Differenzierung des Standardbereichs
- 3.1.2 Differenzierung des Nonstandardbereichs
- 3.1.3 Variantenattribuierungen als soziale Symbole
- 3.2 Multikodale Konstruktion sozialer Typen im Variantenraum
- 3.2.1 Nicht-akzeptierte Nonstandardverwendung
- 3.2.2 Nicht-akzeptierte Standardverwendung
- 3.2.3 Akzeptierte Nonstandardverwendung
- 3.2.4 Nonstandardgebundene Gruppenkonstitution
- 4. Spracheinstellungen in mehrdimensionaler Perspektive
- 4.1 Beschreibung der Stichprobe
- 4.2 Nonstandardverwender
- 4.2.1 Kompetenzerwerb und soziosituative Kontexte der Nonstandardverwendung
- 4.2.2 Soziokulturelle Identifikation
- 4.2.3 Situationsdefinition und Distinktion
- 4.2.4 Sympathie für den Nonstandard als abhängige Variable
- 4.3 Standardverwender
- 4.4 Sprachwissen und alltagsästhetische Auswahlen im Korrespondenzraum
- 4.4.1 Variablen im Korrespondenzraum
- 4.4.2 Bildungs- und Konventionsorientierung als zentrale Dimensionen sprachlicher Auswahlen
- 5 Strukturierung von Mikrosituationen durch Sprachvarianz
- 5.1 Implikationsanalytische Differenzierung variabler Sprecher
- 5.2 Polyfunktionalität des Nonstandard im Gesprächskontext
- 5.2.1 Gesprächsaktivitäten
- 5.2.2 Argumentation
- 5.2.2.1 Verhandeln von Standpunkten
- 5.2.2.2 Differenziertheit der Themenbearbeitung
- 5.2.2.3 Emphatische Aussagen und Reformulierungen
- 5.2.3 Explikation von Wissen
- 5.2.3.1 Biographische Sequenzen und Selbstbezüge
- 5.2.3.2 Alterität und Distanzierung
- 5.2.3.3 Identifikation und Regionalkompetenz
- 5.2.4 Einstellungsäußerungen
- 5.3 Flexible Sprecher im semantischen Raum
- 5.3.1 Anna
- 5.3.2 Janine
- 5.3.3 Carlos
- 5.3.4 Gülcan
- 5.3.5 Martin
- 6. Zusammenfassung und Ausblick: Soziale Situierungen im Variantenraum
- 6.1 Strukturierung des Variantenraums
- 6.2 Soziale Distribution von Einstellungen zum Nonstandardgebrauch
- 6.3 Strukturierung von Mikrosituationen durch Variation
- 7. Literatur
- 8. Anhang
- 8.1 Fragebogen
- 8.2 Statistischer Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Rheinischer Fächer.
Abbildung 2: Google-Trefferlisten für die Begriffe Moselfränkisch, Trierisch, Trierer Platt.
Abbildung 3: Semantischer Raum der Stile.
Abbildung 4: Einstellungsmodell nach Ajzen 1980.
Abbildung 5: Modell zur Erklärung sprachlichen Verhaltens (Kohlscheen 2015: 120).
Abbildung 6: Überblick der Herkunftsorte der Befragten.
Abbildung 7: Verteilung der Stichprobe nach Herkunft.
Abbildung 8: Verteilung der Stichprobe nach Altersgruppen.
Abbildung 9: Verteilung der Stichprobe nach Bildungsgängen.
Abbildung 10: Verteilung der Stichprobe nach Gender.
Abbildung 11: Beispiel-Profil Standard-Nonstandard-Variation.
Abbildung 12: Alltagssprachliche Kategorien auf dem Standard-Nonstandard-Kontinuum
Abbildung 13: Alltagslinguistische Varianten im Standard-Nonstandard-Kontinuum.
Abbildung 14: Anteile von Standard- und Nonstandardverwendern nach ihrer Selbsteinschätzung
Abbildung 15: Non-/Standardverwender nach Gender
Abbildung 16: Verteilung der Non-/Standardverwender nach Wohnort
Abbildung 17: Anteile der Non-/Standardverwender an den Altersgruppen
Abbildung 18: Anteile der Non-/Standardverwender nach kulturellem Kapital
Abbildung 19: Ranking der Verwendungsgründe für regionalen Nonstandard
Abbildung 20: Soziosituative Kontexte der Nonstandardrealisierung
Abbildung 21: Peer-Group, regionale Identifikation, Familie als Verwendungsgründe
Abbildung 22: Situationsdefinition und Distinktion als Verwendungsgründe
Abbildung 23: Sympathie als Verwendungsgrund
Abbildung 24: Sympathie für den Nonstandard und Gender
Abbildung 25: Sympathie für den Nonstandard nach Altersgruppen
Abbildung 26: Sympathie für den Nonstandard
←11 | 12→Abbildung 27: Ranking der Gründe für Nichtverwendung des regionalen Nonstandard.
Abbildung 28: Korrespondenzanalyse der Lebensstilvariablen und Spracheinstellungen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die Gewährspersonen.
Tabelle 3: Alltagslinguistische Sprachbezeichnungen und Attribuierungen
Tabelle 4: Gliederung der Variantenattribuierungen.
Tabelle 6: Zusätzlich genannte Gründe für die Nonstandardverwendung nach Kategorien
Einleitung
Sprachwissen, Spracheinstellungen und Sprachvariation sind drei zentrale Phänomene, die Sprecher mit der Gesellschaft, in der sie leben, verbinden und durch die zugleich soziale Wirklichkeit im Handeln geschaffen wird. Während Wissensstrukturen, zu denen sowohl latente als auch ouverte Einstellungen zählen, von den umgebenden Gesellschaftsstrukturen in verschiedenen Sozialisierungsphasen an den Sprecher herangetragen und von ihm internalisiert werden, gehört Sprachvariation zu den darauf basierenden flexiblen Handlungsroutinen, die diese gesellschaftlichen Strukturen in der Situation sowohl reproduzieren als auch bearbeiten. Beide Phänomene, Sprachwissen und Sprachvariation, stehen nicht nur im Zentrum dieser Arbeit, sondern gehören seit Mitte des 20. Jahrhunderts auch zu den etablierten Forschungsgegenständen der Linguistik. Dabei haben sich zwei unterschiedliche Zugänge zur Untersuchung von Sprachvariation herausgebildet, die sich nicht nur durch eine generelle Divergenz ihrer Perspektive auf Sprache und Gesellschaft unterscheiden, sondern auch in ihren Untersuchungsmethoden. Ihren jeweiligen Erklärungslogiken folgend wird sprachliche Variation entweder anhand der strukturellen Gegebenheiten des Sprachsystems und ihrer Korrelation mit Sozialmerkmalen erklärt oder anhand handlungsbezogener Kategorien. System- bzw. strukturbezogene Ansätze wählen dabei tendenziell einen normativen Standpunkt zur Erklärung von Sprachvarianz: Sprache und Gesellschaft werden als getrennte Systeme und als objektiv gegebene Strukturen verstanden, die als solche der Praxis vorausgehen und als normativ gelten müssen (vgl. Henn-Memmesheimer 2010: 176).1 Dagegen ←15 | 16→verstehen handlungsbezogene Konzeptionen Sprache und Gesellschaft entlang der wissenssoziologischen Tradition als ein einziges System, in dem soziale Wirklichkeit durch sprachliches Handeln konstituiert wird.
So divergent wie die beschriebenen Forschungsperspektiven sind auch die Methoden beider Zugänge. Während soziolinguistische Studien auf quantitative Verfahren und Instrumente der empirischen Sozialforschung zurückgreifen um übergreifende Zusammenhänge aufzudecken, wählen interpretative Studien qualitative Methoden der Kulturanthropologie für ihren Zugriff auf Mikrophänomene. Wie in allen Sozialwissenschaften stehen sich diese Methoden nur vermeintlich konträr gegenüber. Die Integration der Methoden beider Ansätze ermöglicht das Beantworten komplexer Fragestellungen, die Gesellschaft nicht in Mikro- und Makrostrukturen einteilen, sondern als konstante Interaktion zwischen inneren und äußeren Strukturen bis in die Situation hinein begreifen.
Die Arbeit verschreibt sich im Hinblick auf ihr Interesse an der Konstruktion und Reproduktion äußerer, gesellschaftlicher und innerer, individuenbezogener Strukturen genau dieser Methodenintegration. Dies mit dem Ziel, im situativen Handeln Gesellschaftskonstruktion nachvollziehbar und in übergreifenden Strukturen Individuen erkennbar zu machen. Dazu wird Mattheiers (1985a: 56f) „Dialektologie der Dialektsprecher“ aufgegriffen, die drei Wissensbereiche vorsieht, die mit interpretativen Methoden rekonstruiert werden sollen: Erstens alltagssprachliche Begriffe, mit denen Sprecher ihre Erfahrung sprachlicher bzw. dialektaler Phänomene strukturieren, zweitens ihre Alltagsvorstellungen von Entstehung, Dynamik und Merkmalen des Dialekts und drittens die sozialen Konnotationen dialektaler Varietäten und Phänomene.2 Die vorliegende Arbeit orientiert sich an Mattheiers Vorschlägen, indem sie alltagssprachliche Begriffe zur Strukturierung dialektaler Phänomene, Spracheinstellungen, soziale Konnotationen dialektaler Phänomene und Strategien sprachlicher Variation im Gespräch mit einem qualitativ-quantitativen Methodeninventar zu ←16 | 17→rekonstruieren sucht. Dabei knüpft die Arbeit an Lenz (2003) an und untersucht die der Studie nachfolgende Sprechergeneration.3
Daraus leitet sich eine dreiteilige Fragestellung für die Arbeit ab: Wie wird der Sprachraum von Sprechern mit alltagssprachlichen Termini strukturiert, wie sind davon ausgehende Spracheinstellungen gegenüber der Nonstandardverwendung sozial verteilt und wie wird vor diesem Hintergrund Sprachvariation zur Strukturierung von Mikrosituationen verwendet?
Angesichts dieser Fragestellung werden verschiedene wissenssoziologisch basierte Konzepte miteinander verbunden. Wissen wird vor dem Hintergrund des Konzepts der Institutionalisierung nach Berger/Luckmann (2004) definiert und analysierbar gemacht. Die Taxierung von Sprache und Sprechern wird ausgehend von Bourdieu (2009, 1990, 1999) Theorie der Praxis betrachtet. Der Anschluss an die Verhältnisse in der bundesdeutschen Gesellschaft wird durch die Lebensstiltheorie von Schulze (2000) geschaffen, die durch das Konzept des semantischen Raums insbesondere sprachliche Auswahlen stilistisch verortbar macht. Entlang der dreigliedrigen Fragestellung ist die Analyse aufgebaut und integriert dazu quantitative und qualitative Methoden: Zunächst wird die alltagslinguistische Strukturierung des Sprachraums anhand leitfadengesteuerter Tiefeninterviews und der offenen Fragen des Fragebogens im Rückgriff auf eine theorieübergreifende Inhaltsanalyse rekonstruiert und dabei Anhaltspunkte und Hypothesen zur Interpretation der sozialen Distribution von Spracheinstellungen entwickelt. Darauf folgt die quantitative Analyse der Verteilung von Einstellungen gegenüber der Nonstandardverwendung mit dem Ziel, latente Strukturen dieser Distribution mittels einer Korrespondenzanalyse aufzudecken. Davon ausgehend wird Sprachvariation in einer Interviewsituation mit quantitativen Methoden identifiziert und einer konversationsanalytisch informierten Interpretation zugeführt.
Details
- Seiten
- 236
- Erscheinungsjahr
- 2019
- ISBN (PDF)
- 9783631800300
- ISBN (ePUB)
- 9783631800317
- ISBN (MOBI)
- 9783631800324
- ISBN (Hardcover)
- 9783631785546
- DOI
- 10.3726/b16070
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2019 (September)
- Schlagworte
- Soziolinguistik Dialektologie Sprachwissen Mixed-Methods Datamining Lebensstil
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 236 S., 7 farb. Abb., 24 s/w Abb., 9 Tab., 2 Karten.