inklings – Jahrbuch für Literatur und Ästhetik
Faszination Harry Potter / The Allure of Harry Potter. Symposium 2017 in Aachen
Zusammenfassung
«Inklings» was the name of a group of Oxford scholars and writers; its best-known members were J.R.R. Tolkien and C.S. Lewis. The German Inklings-Gesellschaft, founded in 1983, is dedicated to the discussion and dissemination of the works of these authors and of writers commonly associated with them and to the study of the fantastic in literature, film and the arts in general. The proceedings of the annual Inklings conferences are published in yearbooks. This volume contains ten papers presented at the 2017 conference entitled «The Allure of Harry Potter». In addition, there are three general articles and numerous reviews.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhalt
- Vorwort
- Beiträge zur Tagung “Faszination Harry Potter”
- “Mudblood, and proud of it!”: Analysing the Politics of Race in the Harry Potter Novels (Carsten Kullmann)
- “Now, I consider myself to be a feminist”: Protagonistinnen und Antagonistinnen bei J.K. Rowling (Isabel Busch)
- “You can do magic!”: Zur Entwicklung des Magiesystems in Harry Potter (Dana Steglich)
- “I belong in your world”: (Re-)Negotiating the Notion of Home in the First Harry Potter Novels (Denise Burkhard)
- Family, Contexts and Myths: An Analytical Study of Character Development in the Harry Potter Novels (Mattia Colombu)
- Literary World-building in Tolkien’s The Hobbit and Rowling’s Harry Potter and the Philosopher’s Stone (Patrick Schmitz)
- Religion und Ethik in Hogwarts, Narnia und Mittelerde: Ähnlichkeiten und Unterschiede in den drei Weltentwürfen (Friedhelm Schneidewind)
- Their Heroes’ Children: How the Fanfic Community learned to embrace ‘Harry Potter – The Next Generation’ (Susanne Kroner)
- The Wizarding World of Capitalism: Harry Potter and the Magic of Consumption (Franziska Burstyn)
- J K Rowling, Warner Bros. Entertainment, and Transmedial Fan Practices (Maria Fleischhack)
- Varia
- Out of this World: Tom Bombadil in Middle-earth (Martin Simonson)
- A Tale of Tenderness: Revisiting Peter S. Beagle’s The Last Unicorn (Rabanus Mitterecker)
- The Poet’s Eye
- Sarah Kirschs Märchengedicht “Schneelied”: Betrachtungen zu einer prekären Kleingattung (Werner Bies)
- Besprechungen
- Friedman, Lester D., and Allison B. Kavey. Monstrous Progeny: A History of the Frankenstein Narratives (Dieter Petzold)
- Eilmann, Julian. J. R. R. Tolkien: Romantiker und Lyriker (Thomas Fornet-Ponse)
- Honegger, Thomas, and Maureen F. Mann, eds. Laughter in Middle-earth (Thomas Fornet-Ponse)
- Drout, Michael D. C., et al., eds. Tolkien Studies: Volume XIII (Thomas Fornet-Ponse)
- White, Roger, et al., eds. C.S. Lewis and His Circle (Thomas Gerold)
- Lewis, James R., and Kjersti Hellesøy, eds. Handbook of Scientology (Johannes Rüster)
- Die Beiträger
- Reihenübersicht
Vor gut zwanzig Jahren, am 26. Juni 1997, erschien der erste Band der insgesamt sieben Teile umfassenden Geschichte von dem zauberhaften Jungen Harry Potter und seinem langen Kampf gegen seinen Widersacher, Lord Voldemort – in ihrer Gesamtheit ganz gewiss die erfolg- und einflussreichste Publikation auf dem Gebiet der Fantasy Fiction seit Tolkiens The Lord of the Rings. Die Inklings-Gesellschaft nahm dieses Jubiläum zum Anlass, sich in ihrem Jahressymposium, das am 9. und 10. September in der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen stattfand, mit dem ‘Phänomen Harry Potter’, seiner Faszinationskraft und seinen vielfältigen Erscheinungsformen – Verfilmungen, Dramatisierungen, Fan-Kultur, Vergnügungsparks usw. – auseinanderzusetzen.
So fantastisch die fiktive Welt des Harry Potter – das ‘Potterverse’ in der Sprache der Fans – auch erscheinen mag, sie ist doch auf vielfältige Weise mit der uns vertrauten Welt verbunden: ein Spiegel, der ganz konkrete Merkmale unserer Zeit abbildet – mal mehr, mal weniger verfremdet, oft auch ironisch-kritisch – und zugleich ein moralischer Kompass, der durchaus zur Orientierung auch im Hier und Jetzt dienen kann, da er zum Nachdenken über das Wesen des Guten wie auch des Bösen anregt, ohne sich auf vorschnelle Vereinfachungen einzulassen.
Wie aktuell die dabei aufgeworfenen Probleme sind, wird bereits im ersten der hier versammelten Vorträge des Symposiums deutlich. Carsten Kullmann zeigt, dass rassistisches Denken auch in der nur auf den ersten Blick ideal erscheinenden Zauberer-Gesellschaft der Harry-Potter-Romane grassiert und Parallelen zur Ideologie des Dritten Reiches und ähnlichen Ausformungen rechten Gedankenguts aufweist. Nicht weniger aktuell ist das Diskussionsfeld, auf das sich Isabel Busch begibt, wenn sie das Geschlechterkonzept in den Harry-Potter-Romanen untersucht und die Frage aufwirft, ob bzw. inwieweit Rowlings Darstellungen von Protagonistinnen und Antagonistinnen aus feministischer Sicht als Vorbilder bzw. Negativbeispiele dienen können.
Die Vermittlung moralischer Prinzipien steht auch im Zentrum von Dana Steglichs Betrachtung des “Magiesystems in Harry Potter” – schließlich ← 7 | 8 → implizieren magische Fähigkeiten ein enormes Machtpotenzial, doch zeigt Steglich, dass das magische Können der Figuren von ihrer emotionalen, und damit auch moralischen, Beschaffenheit abhängt: “Letztendlich erweist sich die Liebe als Kern von Rowlings Magiesystem”. Die An- bzw. Abwesenheit von Liebe wiederum – konkreter: eines liebevollen, Geborgenheit vermittelnden Heimes – ist auch das entscheidende Moment, das die Entwicklung der Hauptfigur prägt, stellt Denise Burkhard in ihrem Beitrag fest, und Mattia Colombu erweitert diesen Befund noch in seiner Gegenüberstellung der Entwicklung Harry Potters und seines Widersachers Lord Voldemort, diesmal mit den Werkzeugen der psychoanalytischen Literaturbetrachtung, die auch den Blick auf die dahinter stehenden klassischen Mythen von Kronos, Laios und Ödipus öffnet.
Grundsätzlicher wird das Verhältnis von fiktiver Welt und Erfahrungsrealität, von Fremdheit und Vertrautheit, in dem Beitrag von Patrick Schmitz angegangen, wobei ein Vergleich mit dem Hobbit Tolkiens – und der diesbezüglichen Theorie seines Schöpfers – hilft, die Besonderheiten von Rowlings Fantasiewelt herauszuheben. Auch Friedhelm Schneidewind bindet die Harry-Potter-Bücher in die klassische Tradition der Fantasy Fiction ein, wenn er speziell die Vermittlung von Religion und Ethik bei C.S. Lewis, J.R.R. Tolkien und J.K. Rowling untersucht.
Die letzten drei Beiträge beschäftigen sich mit einem besonders interessanten Aspekt der “Faszination Harry Potter”: dem Fanwesen und den ökonomischen Implikationen des Harry Potter franchise. Susanne Kroner führt in einen speziellen Teilbereich der schier unermesslich weiten fan fiction ein: next gen fics, also Geschichten, welche das Leben der Kinder der Rowlingschen Hauptfiguren aus- oder weiterspinnen und sich dabei oft weit von den in den Büchern und Filmen vorgegebenen Parametern entfernen. Franziska Burstyn zeigt, wie sich die Konsumorientiertheit unserer Gesellschaft besonders in den frühen Harry-Potter-Büchern niederschlägt, um dann insbesondere in dem Erlebnispark The Wizarding World of Harry Potter in Orlando, Florida potenziert Ausdruck zu finden: “Konsumerismus als eine Form der Wiederverzauberung”. Und Maria Fleischhack gewährt einen Einblick in die Rechtsstreitigkeiten zwischen Rowling und Warner Bros. als Wahrer ihrer Copyrights auf der einen und den kreativen Fans auf der anderen Seite, der erneut erkennen lässt, dass finanzielle Interessen keinen geringen Teil der “Faszination Harry Potter” ausmachen. ← 8 | 9 →
Der erste Beitrag in der Varia-Abteilung bewegt sich auf dem ‘Heimatgrund’ der Inklings-Gesellschaft: Tolkiens Lord of the Rings. Martin Simonson widerlegt die Ansicht mancher Kritiker, dass die Figur der Tom-Bombadil-Episode einen Fremdkörper im Handlungsverlauf des Romans darstelle, und verweist auf die Tradition der mittelalterlichen Romanze mit ihrem charakteristischen Geflecht von ‘Abschweifungen’, auf die Tolkien zurückgreife, um so “einen Dialog zwischen verschiedenen narrativen Paradigmen zu etablieren”. Einem neueren ‘Klassiker’ der Fantasy Fiction wendet sich Rabanus Mitterecker zu: The Last Unicorn (1968), in dem der Autor Peter S. Beagle zwar auf postmoderne Weise mit Märchenkonventionen spiele, letztendlich aber doch den Leser auch emotional gefangenzunehmen verstehe. Und Werner Bies beendet seine in den letzten Inklings-Jahrbüchern etablierte Reihe von Analysen lyrischer Märchen-Umgestaltungen mit einer Interpretation von Sara Kirschs Gedicht “Schneelied”, die er mit einer resümierenden Betrachtung der “prekären Kleingattung” Märchengedicht abschließt.
Die Herausgeber widmen sich auch in diesem Jahr schließlich wieder der angenehmen Pflicht der Danksagung: an die Organisatoren des Symposiums, insbesondere Josef Schreier, Julian Eilmann und Maria Fleischhack, sowie an Professor Peter Wenzel von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen für die Bereitstellung von Tagungsräumen und das große Interesse an der Tagung. Und natürlich an die Beiträger und Rezensenten des Jahrbuchs und die Mitarbeiter des Peter Lang Verlags für ihre geduldige Kooperation.
Beiträge zur Tagung “Faszination Harry Potter”
Details
- Seiten
- 218
- Erscheinungsjahr
- 2018
- ISBN (PDF)
- 9783631759356
- ISBN (ePUB)
- 9783631759363
- ISBN (MOBI)
- 9783631759370
- ISBN (Hardcover)
- 9783631749340
- DOI
- 10.3726/b14272
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2018 (Oktober)
- Schlagworte
- Fantasyliteratur Fankultur Märchengedicht JRR Tolkien Peter S. Beagle Sarah Kirsch
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018., 218 S.