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Bayerns Adel ― Mikro- und Makrokosmos aristokratischer Lebensformen

Unter Mitarbeit von Lisa Bauereisen

von Wolfgang Wüst (Band-Herausgeber:in)
©2017 Sammelband 382 Seiten

Zusammenfassung

Bayerns Adel schließt primär die Adelslandschaft im Gebiet des heutigen Bayern ein. Die Autoren des Bandes untersuchen Lebensformen, kommunikative Netzwerke sowie Familien- und Herrschaftsstrukturen im, mit und unter dem herzoglichen, kurfürstlichen und königlichen Hause Wittelsbach. Es geht nicht nur um Politik, Reichstags- oder Kreistagsgeschehen mit Adelsrepräsentation, Finanzen, Kredite, Geld und Schulden, Privilegien und Recht. Weitere Themen sind das Jagdwesen, die Sakralkultur in den zahllosen Hof-, Schloss- und Burgkapellen, die Schatzkammern sowie die familienbezogene Ikonographie repräsentativer Residenzen und Palais. Betrachtet werden zudem die Unterhaltungs-, Informations- und Kommunikationsstrukturen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Verzeichnis der Autoren und Mitarbeiter
  • Vorwort
  • Themeneinführung
  • Teil I: Einführung (Wolfgang Wüst)
  • Teil II: Zusammenfassung (Marina Heller)
  • Sektion I: Austausch, Netzwerke, Kommunikation und Vergleiche
  • Kommunikation in der Adelslandschaft – Zum Phänomen des „Unter sich Bleibens“ (Wolfgang Wüst)
  • Die Adelsburg – das Bild der Wehrhaftigkeit (Daniel Burger)
  • Hoffinanzen, Hofökonomie, Monarch und Hofgesellschaft im Zeitalter des „Absolutismus“ (Peter Claus Hartmann)
  • Wittelsbachische Sakralkultur im späten Mittelalter. Religiöse Fürsorge und persönliche Heilssorge bayerischer Herzöge (Carola Fey)
  • Ein unterschätztes Medium? – Briefe aus dem Frauenzimmer (Britta Kägler)
  • Jagd und adelige Lebensformen an den Fürstenhöfen im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit (Werner Rösener)
  • Sektion II: Höfe und Lebenswelten des niederen Adels
  • Die Adelslandschaft – Burgen, Schlösser, Herrensitze im Nürnberger Land (Michael Diefenbacher)
  • Blaues Blut und rote Zahlen? Finanzielle Spielräume des bayerischen Landadels im 18. Jahrhundert (Barbara Kink)
  • Sektion III: Die Höfe und Lebenswelten des hohen Adels – Teil 1: Die Wittelsbacher
  • Der Kurfürstliche und Königliche Hof als Zentrum des bayerischen Adels: Die bayerischen Hausritterorden (Dieter J. Weiß)
  • Literatur am Münchener Hof im 15. Jahrhundert (Klaus Wolf)
  • Erziehung im Hause Wittelsbach in der Frühen Neuzeit in Bayern und der Pfalz am Beispiel Kurfürst Maximilians I. (1573–1651) und König Max I. Josephs (1756–1826) (Lenelotte Möller)
  • Das Haus Wittelsbach im Zeitalter der Hochmoderne – Bayerns Monarchie zwischen Prinzregentenzeit und Ende des Ersten Weltkriegs (Stefan März)
  • Sektion III: Höfe und Lebenswelten des hohen Adels – Teil 2: Adel in Ansbach, Regensburg und Würzburg
  • Der spätmittelalterliche markgräfliche Hof in Ansbach zwischen Repräsentationsbedürfnis und ökonomischen Zwängen (Reinhard Seyboth)
  • Der Würzburger Hof in der frühen Neuzeit – Zur Charakteristik eines geistlichen Hofstaates (Winfried Romberg)
  • Die Fürsten von Thurn und Taxis als kaiserliche Prinzipalkommissare am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (Alois Schmid)
  • Abkürzungen
  • Orts- und Personenregister

Wolfgang Wüst (Hrsg.)

Bayerns Adel ―
Mikro- und Makrokosmos
aristokratischer Lebensformen

Unter Mitarbeit von Lisa Bauereisen

Herausgeberangaben

Wolfgang Wüst ist Inhaber des Lehrstuhls für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Über das Buch

Bayerns Adel schließt primär die Adelslandschaft im Gebiet des heutigen Bayern ein. Die Autoren des Bandes untersuchen Lebensformen, kommunikative Netzwerke sowie Familien- und Herrschaftsstrukturen im, mit und unter dem herzoglichen, kurfürstlichen und königlichen Hause Wittelsbach. Es geht nicht nur um Politik, Reichstags- oder Kreistagsgeschehen mit Adelsrepräsentation, Finanzen, Kredite, Geld und Schulden, Privilegien und Recht. Weitere Themen sind das Jagdwesen, die Sakralkultur in den zahllosen Hof-, Schloss- und Burgkapellen, die Schatzkammern sowie die familienbezogene Ikonographie repräsentativer Residenzen und Palais. Betrachtet werden zudem die Unterhaltungs-, Informations- und Kommunikationsstrukturen.

Zitierfähigkeit des eBooks

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Inhalt

Verzeichnis der Autoren und Mitarbeiter

Vorwort

Themeneinführung

Wolfgang Wüst

Teil I: Einführung

Marina Heller

Teil II: Zusammenfassung

Sektion I: Austausch, Netzwerke, Kommunikation und Vergleiche

Wolfgang Wüst

Kommunikation in der Adelslandschaft – Zum Phänomen des „Unter sich Bleibens“

Daniel Burger

Die Adelsburg – das Bild der Wehrhaftigkeit

Peter Claus Hartmann

Hoffinanzen, Hofökonomie, Monarch und Hofgesellschaft im Zeitalter des „Absolutismus“

Carola Fey

Wittelsbachische Sakralkultur im späten Mittelalter. Religiöse Fürsorge und persönliche Heilssorge bayerischer Herzöge

Britta Kägler

Ein unterschätztes Medium? – Briefe aus dem Frauenzimmer

Werner Rösener

Jagd und adelige Lebensformen an den Fürstenhöfen im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit ←5 | 6→

Sektion II: Höfe und Lebenswelten des niederen Adels

Michael Diefenbacher

Die Adelslandschaft – Burgen, Schlösser, Herrensitze im Nürnberger Land

Barbara Kink

Blaues Blut und rote Zahlen? Finanzielle Spielräume des bayerischen Landadels im 18. Jahrhundert

Sektion III: Die Höfe und Lebenswelten des hohen Adels – Teil 1: Die Wittelsbacher

Dieter J. Weiß

Der Kurfürstliche und Königliche Hof als Zentrum des bayerischen Adels: Die bayerischen Hausritterorden

Klaus Wolf

Literatur am Münchener Hof im 15. Jahrhundert

Lenelotte Möller

Erziehung im Hause Wittelsbach in der Frühen Neuzeit in Bayern und der Pfalz am Beispiel Kurfürst Maximilians I. (1573–1651) und König Max I. Josephs (1756–1826)

Stefan März

Das Haus Wittelsbach im Zeitalter der Hochmoderne  Bayerns Monarchie zwischen Prinzregentenzeit und Ende des Ersten Weltkriegs

Sektion III: Höfe und Lebenswelten des hohen Adels – Teil 2: Adel in Ansbach, Regensburg und Würzburg

Reinhard Seyboth

Der spätmittelalterliche markgräfliche Hof in Ansbach zwischen Repräsentationsbedürfnis und ökonomischen Zwängen

Winfried Romberg

Der Würzburger Hof in der frühen Neuzeit – Zur Charakteristik eines geistlichen Hofstaates ←6 | 7→

Alois Schmid

Die Fürsten von Thurn und Taxis als kaiserliche Prinzipalkommissare am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg

Abkürzungen

Orts- und Personenregister ←7 | 8→ ←8 | 9→

Verzeichnis der Autoren und Mitarbeiter

Lisa Bauereisen, M.A., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Susanne Bohn, M.A., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Dr. Daniel Burger, Staatsarchiv Nürnberg

Dr. Michael Diefenbacher, Stadtarchiv Nürnberg

Dr. Carola Fey, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Christian Gürtler, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Prof. Dr. Dr. Peter Claus Hartmann, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz; Ludwig-Maximilians-Universität München

Marina Heller, M.A., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Marc Holländer, B.A., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Dr. Britta Kägler, Ludwig-Maximilians-Universität München

Dr. Barbara Kink, Ludwig-Maximilians-Universität München

Dr. Stefan März, Technische Universität München

Dr. Lenelotte Möller, Speyer

Dr. Winfried Romberg, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Prof. Dr. Werner Rösener, Justus-Liebig-Universität Gießen

Prof. Dr. Alois Schmid, Ludwig-Maximilians-Universität München

Dr. Reinhard Seyboth, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München; Universität Regensburg

Prof. Dr. Dieter J. Weiß, Ludwig-Maximilians-Universität München

Prof. Dr. Klaus Wolf, Universität Augsburg

Prof. Dr. Wolfgang Wüst, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg←9 | 10→ ←10 | 11→

Vorwort

In Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung in München, dem Lehrstuhl für Landesgeschichte sowie dem Zentralinstitut für Regionenforschung, beide an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, luden wir im Mai 2016 zu einer mehrtägigen, internationalen und interdisziplinären Tagung in das repräsentative fränkische „Kloster“ Banz. Dort residiert zwar heute, über zwei Jahrhunderte nach der Säkularisation der altehrwürdigen Benediktinerabtei, die Hanns-Seidel-Stiftung, doch beschäftigten sich die Referenten der Tagung mit anderen Residenzen, primär mit den Lebensmittelpunkten und Aktionsfeldern des süddeutschen Adels. Das Thema lautete damals wie heute: Bayerns Adel – Mikro- und Makrokosmos aristokratischer Lebensformen.

Es ist dem großen Interesse des Peter Lang Verlags – hier insbesondere des leitenden Lektors Herrn Dr. Hermann Ühlein –, den meist willigen Autorinnen und Autoren – nicht alle Referenten konnten oder wollten allerdings ihr Manuskript zeitnah zur Druckreife bringen –, der ebenso emsigen wie disziplinierten Buchredaktion unter Federführung von Frau Lisa Bauereisen, M.A., und last but not least der Unbeirrbarkeit des Herausgebers und vormaligen Tagungsleiters geschuldet, dass der Band in relativ kurzer Zeit vollendet werden konnte. Erschwerend kam hinzu, dass unser wunderbares Thema eine breite inhaltliche wie räumliche Streuung im Sinne europäischer Kulturgeschichte zuließ, die ein sorgfältig gearbeitetes Register zur conditio sine qua non werden ließ. Ein großer Dank geht auch an Frau Susanne Bohn, M.A., und Herrn Marc Holländer, B.A., für umfangreiche Korrekturen und Hilfestellungen sowie an Herrn Christan Gürtler für die Erstellung des Registers.

Für die finanzielle Förderung danke ich als Herausgeber im Namen aller Autorinnen und Autoren der Forschungsstiftung Bayerische Geschichte in München, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Sektion Franken des Zentralinstituts für Regionenforschung an der FAU.

Unser oft aufgerufener Tagungsbericht von Marina Heller, M.A. im Online-Portal H/Soz/Kult (Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften) vom 12.10.2016 mag ein kleiner Vorgeschmack gewesen sein auf das nun vorliegende Buch. Ich wünsche dem ansprechend gestalteten Band als Ganzem und den Einzelbeiträgen der AutorInnen eine gute Aufnahme in den Medien und im Buchhandel sowie eine nachhaltige Rezeption in Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Erlangen, am Tag der Himmelskönigin Regina, 22.8.2017

Wolfgang Wüst als Herausgeber←11 | 12→ ←12 | 13→

Wolfgang Wüst

Teil I: Einführung

Bayerns Adel, das schließt primär die Adelslandschaft im Gebiet des heutigen Bayern ein. Auf der Tagung, die sich in den hier abgedruckten Beiträgen wiederfindet, wurden in erster Linie, aber nicht nur, Lebensformen, kommunikative Netzwerke sowie die Familien- und Herrschaftsstrukturen im, mit und unter dem herzoglichen, kurfürstlichen und königlichen Hause Wittelsbach untersucht. Hier setzten wir beispielsweise mit Blick auf den wittelsbachischen Hof als Musen-, Karriere- und Anziehungspunkt für den bayerischen Adel mit Auswirkung auf neubayerisches Gebiet im 19. und 20. Jahrhundert1 und auf die Vergabepraxis bayerischer Hausritterorden wie des bereits im 12. Jahrhundert begründeten und 1729 erneuerten Georgsorden2, der im Königreich Bayern 1806 bis 1918 immerhin noch 288 Mal nur für die Ritter verliehen wurde, regionale Akzente. Diese sind ein deutliches Zeichen gegenüber der verbreiteten Auffassung, Adelskultur als ein gesamteuropäisches, besser noch als universalgeschichtliches Phänomen3 zu verstehen. Adel als Global- und Weltgeschichte zu begreifen führt aber letztlich immer zu austauschbaren Versatzstücken für Haus und Herrschaft, Dynastie, Familie und Besitz, Zeremoniell, aristokratische Inszenierung und Theatralisierung4,←15 | 16→ Repräsentation, Standesehre, wehrhaften Burgen- und Schlossbau5 sowie Glaubens- und Lebensformen. Differenzierte Vergleichsanalysen wie die zu den europäischen Königs- und Fürstenhäusern Bourbon und Wittelsbach aus dem Jahr 2010 sprechen dagegen.6 Die Befunde bayerischer, fränkischer und schwäbischer Adelsarchive und die des Geheimen Hausarchivs der Wittelsbacher (Abtl. III des Bayerischen Hauptstaatarchivs München) widersprechen ebenfalls oder wie es Reinhart Koselleck einmal formuliert hat: „Es gibt stets ein Vetorecht der Quellen.“7 Freilich schweigen andererseits die Quellen, je weiter wir uns der emotionalen und privaten Haussphäre des Adels annähern. Hier helfen auch meist, zumindest für die Zeit vor dem „tintenklecksenden“ 18. Jahrhundert, klassische Privatbriefe, Egodokumente, Tagebücher, Stammbücher oder Rechnungsdokumente nicht immer grundlegend weiter. Für die familiären Beziehungen des süddeutschen Adels gilt die generalisierende Erfahrung des US-amerikanischen Mediävisten Joel T. Rosenthal (*1960): „Keys to the doors of private life and emotionality are never easy to turn.8 Briefe aus den Frauenzimmern9 am wittelsbachischen Hof können uns hier durchaus eines anderen belehren.

An dieser Stelle soll nochmals S.K.H. Herzog Franz von Bayern dafür gedankt werden, spontan die Schirmherrschaft der Tagung übernommen zu haben –←16 | 17→ unter seinem Schirm tagte es sich gerade bei unserem einschlägigen Thema formidabel. Gleichzeitig sind wir S.K.H. Luitpold Prinz von Bayern dafür verpflichtet, trotz vieler terminlicher Zusagen und ohne Zögern den Abendvortrag mit Buchvorstellung übernommen zu haben.10 Beide sind als exponierte Repräsentanten des Hauses Wittelsbach der Schlüssel, um mit Rosenthal zu sprechen, zu neuen Erkenntnissen und zum Erfolg der Tagungsthematik. Beide sind Mentoren des nun vorliegenden Buches.

Es nehmen auch andere Institutionen, Orte, Schlösser, Dynastien, Familien, Personen, Burgen und Territorien an unserer regionalen Adelstafel Platz. Zum empirisch-wissenschaftlichen Dinée sind geladen die fränkischen Hohenzollern zu Ansbach und Kulmbach-Bayreuth, die ehemals hochstiftischen Hofgesellschaften am Beispiel der Würzburger Fürstbischöfe11, die früheren Ritterkantone12, Ritterorte und Ritteradelige aus Franken und dem östlichen Schwaben zwischen Iller und Lech, soweit sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts bayerisch säkularisiert und mediatisiert wurden. Es folgt der Adel aus der früheren bayerischen Pfalz mit den Residenzorten Heidelberg13, Schwetzin←17 | 18→ gen14 (Sommerresidenz 1743–1748) und Mannheim15, selbst wenn der Mittelpunkt und Hof der regierenden Linie Pfalz-Sulzbach unter Kurfürst Karl Theodor 1777/ 1778 von Mannheim nach München verlegt wurde. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert rückte dafür seit 1816 die ehemalige freie Reichsstadt Speyer16, in der König Ludwig I. den mittelalterlichen Dom renovieren ließ17, als neues bayerisches Verwaltungszentrum auf, bis die Pfalz 1940 aus der Verwaltung Bayerns herausgelöst, 1945 im Unterschied zum bayerischen Kernland der französischen Zone zugeschlagen und 1946 schließlich ein Teil des Landes Rheinland-Pfalz wurde. Nicht vergessen wollen wir aber auch den weit gestreuten bayerischen Landadel, insbesondere den landsässigen Hofmarksadel und die patrizisch-aristokratischen Lebens- und Gestaltungsformen, wie sie sich im Umfeld ehemaliger Reichsstädte in Süddeutschland ausbildeten. Letztere wurden am Geschlecht der Tucher von Simmelsdorf←18 | 19→ exemplifiziert.18 Das Beispiel ist gut gewählt, denn mit Nürnbergs Tuchern lässt sich Elitebewusstsein dank einer lange etablierten reichsstädtischen Geschlechter- und Handelsforschung konkretisieren.19 In der sozialen Erweiterung des bayerischen Adels um patrizische Geschlechter lassen sich Fragen zu Luxus, Lebensstil und Kleidung klären. Die „Nobiles Norimbergenses“20 unterschieden sich im urbanen Alltag bereits äußerlich durch ihren Reichtum in Schmuck, festlicher Kleidung, Küche und Haus. Über Kritik an Luxus und Hoffart sowie ständisch gegliederten Kleider-, Fest- und Hochzeitsordnungen versuchte der reichsstädtische Rat, textile Standes- und Statussymbole auf Dauer als Privileg des Patriziats zu zementieren.21←19 | 20→

Dieser Band ist insofern nicht nur der Fürstengeschichte und dem europäisch vernetzten Hochadel geschuldet. Hier setzen wir uns von vielen Neuerscheinungen zur europäischen Adelskultur ab, die ausschließlich oder ganz überwiegend dem bekannten Kreis führender Dynastien gewidmet sind, während die Erforschung des Ritter- und Niederadels weiterhin ein Desiderat darstellt. Ihm hat man zuletzt in zwei von der Historischen Kommission für Hessen betreuten Tagungen zum Thema „Adel in Hessen“ mit dem Untertitel: „Herrschaft, Selbstverständnis und Lebensführung vom 15. bis ins 20. Jahrhundert“ (Marburg, 2010)22 und dem vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung 2011 in Freistadt ausgerichteten interdisziplinären und grenzüberschreitenden Kongress „Adel, Burg und Herrschaft an der Grenze. Österreich und Böhmen23 Rechnung getragen. Für Bayern kann die 2012 im Druck erschienene Adelstagung „Adelssitze – Adelsherrschaft – Adelsrepräsentation“ Erwähnung finden, die im September 2011 in Schloss Sinning und der Residenz Neuburg a.d. Donau stattfand.24 Zum Kreis wegweisender Forschungsliteratur mit weit geöffneter sozialer Bandbreite adeliger Herrschafts-, Lebens-, Familien- und Wohnkultur in Süddeutschland zählen ferner das von Mark Hengerer und Elmar Kuhn herausgegebene mehrbändige Sigmaringer Ausstellungs- und Aufsatzwerk „Adel im Wandel“ (2006)25 und der im Jahr 2008 von Walter Demel und Ferdinand Kramer in den Beiheften der Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte publizierte Tagungsband „Adel und Adelskultur in Bayern“.26

Details

Seiten
382
Erscheinungsjahr
2017
ISBN (PDF)
9783631739242
ISBN (ePUB)
9783631739259
ISBN (MOBI)
9783631739266
ISBN (Hardcover)
9783631734537
DOI
10.3726/b12690
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Wittelsbacher Herrschaftsstrukturen Hoch- und Niederadel Region, Landschaft
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 382 S., 48 farb. Abb., 13 s/w Abb.

Biographische Angaben

Wolfgang Wüst (Band-Herausgeber:in)

Wolfgang Wüst ist Inhaber des Lehrstuhls für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

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Titel: Bayerns Adel ― Mikro- und Makrokosmos aristokratischer Lebensformen