Islamische Normen in der Moderne zwischen Text und Kontext
Zusammenfassung
Themenübersicht
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autoren
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort der Herausgeberin und der Herausgeber (Hatem Elliesie / Irene Schneider / Bülent Uçar)
- Islamische Normen in der Moderne zwischen Text und Kontext (Bülent Uçar)
- Von Alkohol bis Zinsen. Zur Bedeutung von Kontext und Autorität im Diskurs um islamische Normativität im Westen (Sarah Albrecht)
- Text und Kontext. Wandel islamisch-rechtlicher Vorstellungen am Beispiel religiös-politischer Begriffe (Assem Hefny)
- Die Scharia in Bosnien und Herzegowina im Lichte des gesellschaftlichen Wandels. Eine historisch-phänomenologische Retrospektive (Esnaf Begić)
- Al-Maqṣūd als Deutungs- und Entscheidungsgrundlage für die Normderivation in as-Saraḫsīs (gest. 483/1090) Kitāb al-Mabsūṭ (Serdar Kurnaz)
- Zu ḍarūra und ḥāǧa als Prinzipien für die Begründung göttlicher Normen. Fiqh al-aqallīyāt al-muslima als Fallstudie (Mahmud El-Wereny)
- Index
- Reihenübersicht
Vorwort der Herausgeberin und der Herausgeber
Der vorliegende Sammelband erscheint zum 20-jährigen Jubiläum der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht (GAIR)1 und zum 5-jährigen Jubiläum des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück (IIT), welche beide in das Jahr 2017 fielen. Ein Teil der Beiträge basiert auf Vorträgen einer gemeinsamen Tagung zum Thema Religiöse Normen in der Moderne zwischen Text und Kontext, die am 20. und 21. Oktober 2017 an der Universität Osnabrück im Sitzungsaal des Senats stattfand. Die Beiträge wurden zu diesem besonderen Anlass durch weitere Abhandlungen ausgewählter Fachvertreter ergänzt. Ein Ziel der Tagung war es, die deutschsprachige Forschung zur islamischen Normativität multidisziplinär aufzufächern und insbesondere zwischen den Fachdisziplinen der islamischen Theologie, Islam- sowie Rechtswissenschaft stärker zu vernetzen, um wissenschaftliche Kontakte und Diskussionen in diesem Bereich zu initiieren und zu intensivieren. Wir halten den wissenschaftlichen Austausch zwischen Islamischer Theologie und Islamwissenschaft für außerordentlich wichtig und zukunftsweisend und möchten mit diesem Band einen Beitrag dazu leisten, dass beide Disziplinen nicht nebeneinander her forschen, sondern miteinander ins Gespräch kommen und voneinander profitieren. ← 7 | 8 →
Dem gemeinsamen Oberthema der Tagung und damit dem Inhalt dieses Bandes liegt eine Maxime der islamischen Rechtsgelehrsamkeit zugrunde, welche lautet:
[Änderungen der iǧtihād-Regelungen aufgrund der Änderungen
der Zeit und des Ortes dürfen nicht abgelehnt werden.]
Diese Publikation befasst sich mithin mit dem Gesichtspunkt der Veränderbarkeit von Regelungen, die aus dem Komplex der Quellen religiösen Rechts abgeleitet werden.3 Dessen Textgrundlagen sind bekanntlich im Islam in erster Linie der Qurʾān (Koran) – der heilige Text – und die Sunna – die normativen Handlungen bzw. Aussagen des Propheten Muḥammad –, welche in Textsammlungen vorliegen, den aḥādīṯ (Hadithe). Während diesen fixierten Schriften eine Unveränderlichkeit anzuhaften scheint, verändern sich die zeitlichen Rahmenbedingungen und örtliche Ausprägungen „menschlicher Ordnung“,4 und obwohl das islamische Recht sicherlich mit einigem Recht als ein ‚heiliges‘ Recht bezeichnet werden kann, hat es sich in seiner Geschichte keineswegs als starr und unveränderbar erwiesen. Bereits die frühislamischen Juristen sahen die Offenbarungen der Koranverse, die sich über die Zeit Muhammads als Prophet hinzogen, als eingebettet in die ‚Offenbarungsanlässe‘ (asbāb an-nuzūl) und mithin in den historischen Ablauf der Zeit. Auch beziehen sich manche Vorschriften nur auf bestimmte Personengruppen oder Kontexte, bspw. auf die heidnischen, im Kampf gegen die neue muslimische Gemeinde sich befindenden Mekkaner.5 Schon hieran zeigt sich, wie verfehlt es wäre, solche materiellen Normen über ← 8 | 9 → zeitlich und als unveränderlich zu deuten.6 Demgemäß unterliegen normative Regelungen insoweit einer Veränderbarkeit, als es ihre Interpretation7 der „göttlichen Satzung“ zulässt.8
Es geht also um die Kontextualisierung des textlich fixierten Norminhalts, mithin die Übertragbarkeit oder Anpassbarkeit an die geänderten ‚Zeiten und Orte‘ gerade im 21. Jahrhundert Diesem Zusammenwirken – dem Verhältnis von Text und (geändertem) Kontext – geht dieses Buch nach, indem es die Wechselwirkung dieser Produktivität in den nachfolgenden exemplarischen Beiträgen auffächert. Besondere Berücksichtigung wird dabei dem Fragenkomplex gewidmet, wie innovative Zugänge (rechts)theoretisch begründet werden.
Abschließend ist es uns ein besonderes Anliegen, all denjenigen zu danken, ohne die der vorliegende Tagungsband in dieser Form nicht hätte erscheinen können. In erster Linie richten wir unseren Dank an die Beitragenden für die engagierte Mitwirkung an dieser Publikation. Herrn Bülent Uçar und seinem Mitarbeiterstab am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück sind wir ferner für die Vorbereitung, Durchführung und das Gelingen der diesem Sammelband zugrundeliegenden Tagung überaus verbunden. Gleiches gilt für die nun erfolgte Aufnahme in der Reihe für Osnabrücker Islamstudien. In diesem Zusammenhang wissen wir die sorgfältige redaktionelle Unterstützung von Frau Sina Nikolajew sehr zu schätzen. Ebenso danken wir Herrn Hermann Ühlein vom Peter Lang Verlag dafür, dass er in der bewährten guten und professionellen Zusammenarbeit das Publikationsprojekt ausgeführt hat. ← 9 | 10 →
Literaturverzeichnis
Abū Saʿīd al-Ḫādimī, Maǧāmiʿu-l-ḥaqāʾig, Istanbul 1308/1890.
Bergmann, Burkhard Josef, Internes Recht der Religionen: Einführung einer vergleichenden Disziplin, Stuttgart 2018.
Elliesie, Hatem, Binnenpluralität des Islamischen Rechts: Diversität religiöser Normativität rechtsdogmatisch und -methodisch betrachtet (SFB-Governance Working Paper Series 54), DFG-Sonderforschungsbereich 700, Berlin 2014.
Hefny, Assem, ‚Hermeneutik, Koraninterpretation und Menschenrechte‘, in: Hatem Elliesie (Hg.), Islam und Menschenrechte (Islam and Human Rights / , Beiträge zum Islamischen Recht VII, Leipziger Beiträge zur Orientforschung 26, Frankfurt am Main u. a. 2010, S. 73–97.
Muḥammad az-Zuḥīlī/ Al-qawāʿid al-fiqhīya wa-taṭbīqātihā fī-l-mazāhib al-ʾarbaʿa / Damaskus 2006.
Rohe, Mathias, ‚Die Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht: 10 Jahre in der Retrospektive‘, in: Hatem Elliesie (Hg.), Islam und Menschenrechte (Islam and Human Rights / Beiträge zum Islamischen Recht VII, Leipziger Beiträge zur Orientforschung 26, Frankfurt am Main u. a. 2010, S. 31–33.
Rohe, Mathias, Das islamische Recht: Geschichte und Gegenwart, München 2009.
Schneider, Irene, ‚Islamisches Recht zwischen göttlicher Satzung und temporaler Ordnung? Überlegungen zum Grenzbereich zwischen Recht und Religion‘, in: Irene Schneider/Christine Langenfeld (Hgg.), Recht und Religion in Europa: Zeitgenössische Konflikte und historische Perspektiven, Göttingen 2008, S. 138–191.
Schneider, Irene/Langenfeld, Christine, ‚Vorwort‘, in: Irene Schneider/Christine Langenfeld (Hgg.), Recht und Religion in Europa: Zeitgenössische Konflikte und historische Perspektiven, Göttingen 2008.
Scholz, Peter, ‚Scharia in Tradition und Moderne – Eine Einführung in das islamische Recht‘, in: Jura 8 (2001), S. 525–534.
Weiss, Bernard G., ‚Text and Application: Hermeneutical Reflections on Islamic Legal Interpretation‘, in: Peri Bearman/Wolfhart Heinrichs/Bernhard G. Weiss (Hgg.), The Law Applied: Contextualizing the Islamic Shariʿa, London/New York 2008, S. 374–396.
Yūsuf al-Qaraḍāwī/ ʿAwāmil as-siʿa wa-l-murūna fī-š-šarīʿa al-islāmīya, Kairo 31999. ← 10 | 11 →
1 Zum 10-jährigen Jubiläum der GAIR siehe Mathias Rohe, ‚Die Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht: 10 Jahre in der Retrospektive‘, Frankfurt am Main 2010, S. 31–33.
2 Vgl. Muḥammad az-Zuḥailī / Al-qawāʿid al-fiqhīya wa-taṭbīqātihā fī-l-maḏāhib al-arbaʿa / Damaskus 2006, S. 353–363; Yūsuf al-Qaraḍāwī / ʿAwāmil as-siʿa wa-l-murūna fī-š-šarīʿa al-islāmīya, Kairo 31999, S. 74–109.
3 Vgl. hierzu Burkhard Josef Bergmann, Internes Recht der Religionen: Einführung einer vergleichenden Disziplin, Stuttgart 2018, S. 145.
4 Irene Schneider, ‚Islamisches Recht zwischen göttlicher Satzung und temporaler Ordnung? Überlegungen zum Grenzbereich zwischen Recht und Religion‘, Göttingen 2008, S. 138–191.
5 Mathias Rohe, Das islamische Recht Geschichte und Gegenwart, München 2009, S. 49.
6 Hatem Elliesie, Binnenpluralität des Islamischen Rechts: Diversität religiöser Normativität rechtsdogmatisch und -methodisch betrachtet, Berlin 2014, S. 8; Mathias Rohe, Das islamische Recht: Geschichte und Gegenwart, München 2009, S. 49.
7 Vgl. dazu bspw. Bernard G. Weiss, ‚Text and Application: Hermeneutical Reflections on Islamic Legal Interpretation‘, London/New York 2008, S. 374–396; Assem Hefny, ‚Hermeneutik, Koraninterpretation und Menschenrechte‘, Frankfurt am Main u. a. 2010, S. 73–97.
Details
- Seiten
- 188
- Erscheinungsjahr
- 2019
- ISBN (PDF)
- 9783631798836
- ISBN (ePUB)
- 9783631798843
- ISBN (MOBI)
- 9783631798850
- ISBN (Hardcover)
- 9783631797136
- DOI
- 10.3726/b16016
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2019 (August)
- Schlagworte
- Islamisches Recht Islamische Normativität Islamische Theologie Islam Scharia
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 188 S., 20 s/w Abb.