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Lauterkeitsrecht als Mittel zur Einhaltung von Arbeitsbedingungen

by Philipp Zelmer (Author)
©2021 Thesis 340 Pages
Series: Zivilrechtliche Schriften, Volume 81

Summary

Die Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards prägt die Arbeitskosten und ist damit ein Wettbewerbsfaktor. Gleichzeitig besteht für arbeitsrechtliche Vorschriften ein strukturelles Durchsetzungsdefizit. Die Arbeit untersucht, welche Rolle das Lauterkeitsrecht auf Grundlage des geltenden Rechts bei der Einhaltung von Arbeitsbedingungen spielen kann. Der Schwerpunkt liegt auf dem Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG. Dieser kann herangezogen werden, um Verstöße gegen einzelne Vorschriften über Arbeitsbedingungen auf Grundlage des Lauterkeitsrechts zu sanktionieren. Der überwiegende Teil der Vorschriften fällt aber nicht unter den Rechtsbruchtatbestand und lässt sich auch nicht mit der lauterkeitsrechtlichen Generalklausel erfassen.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • § 1 Einleitung und Gang der Untersuchung
  • A. Bedarf an einem zusätzlichen Kontrollmittel
  • B. Vereinbarkeit der Schutzzwecke von Lauterkeits- und Arbeitsrecht
  • C. Gang der Untersuchung
  • § 2 Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung
  • A. Entwicklungen unter Geltung des UWG 1909
  • I. Generalklausel des § 1 UWG a.F.
  • II. „Bewachungsgewerbe“-Entscheidung des Reichsgerichts vom 12.4.1927
  • III. Rechtsprechung bis in das Jahr 1997
  • 1. Unterscheidung von wertbezogenen und wertneutralen Vorschriften
  • 2. Rechtsprechung der Oberlandesgerichte insbesondere zur untertariflichen Entlohnung im Rahmen des § 1 UWG a.F.
  • 3. „Tariflohnunterschreitung“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3.12.1992
  • a) Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 4.10.1990
  • b) Stellungnahme des Bundesgerichtshofs
  • 4. Rechtsprechung zu weiteren Arbeitsbedingungen auf Grundlage des § 1 UWG a.F.
  • IV. „Paradigmenwechsel“ des Bundesgerichtshofs
  • B. Veränderungen durch das UWG 2004
  • C. UGP-Richtlinie und die UWG-Novelle 2008
  • I. Zielsetzung der UGP-Richtlinie
  • II. Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie und Vollharmonisierung
  • III. Umsetzung durch die UWG-Novelle 2008
  • D. Entwicklungen seit der UWG-Novelle 2015
  • § 3 Arbeitnehmer als Marktteilnehmer
  • A. Bedeutung der Fragestellung
  • B. Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • I. Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB
  • II. Verweisung in § 2 Abs. 2 UWG
  • 1. Unionsrechtskonforme Auslegung des Verbraucherbegriffs im UWG
  • 2. Entsprechende Anwendung der Verweisung in § 2 Abs. 2 UWG
  • a) Geschäfte ohne engeren Bezug zum Arbeitsverhältnis
  • b) Geschäfte, die das Arbeitsverhältnis als solches betreffen
  • (aa) Begründung der herrschenden Meinung für eine teleologische Reduktion
  • (bb) Gegenansicht für eine weite Anwendung des Verweises in § 2 Abs. 2 UWG
  • (cc) Stellungnahme
  • C. Arbeitnehmer als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • I. Erweiterung auf den Nachfragewettbewerb, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG und Begriff der Dienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • II. Keine Notwendigkeit der Unternehmereigenschaft
  • III. Arbeitnehmer als Anbieter von Dienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • 1. Situation beim Abschluss von Arbeitsverträgen in Abgrenzung zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses
  • 2. Weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses
  • D. Ergebnis
  • § 4 Unlauterkeitstatbestände des UWG
  • A. Rechtsbruchtatbestand, § 3a UWG
  • I. Vergleich mit der Rechtslage in Österreich und der Schweiz
  • II. Verhältnis des Rechtsbruchtatbestands zur UGP-Richtlinie
  • III. Tatbestandsmerkmale des § 3a UWG
  • 1. Gesetzliche Vorschrift
  • a) Arbeitsrechtliche Vorschriften anderer Länder
  • b) Vorgaben über Arbeitsbedingungen in CSR-Standards
  • aa) Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR)
  • bb) CSR-Standards als gesetzliche Vorschriften i.S.d. § 3a UWG
  • c) Internationales Recht
  • aa) Rolle der International Labour Organisation (ILO)
  • (1) ILO-Kernarbeitsnormen
  • (2) Dreigliedrige Grundsatzerklärung
  • bb) ILO-Übereinkommen und -Erklärungen als gesetzliche Vorschriften i.S.d. § 3a UWG
  • d) Verhaltenskodizes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UWG
  • 2. Regelung des Marktverhaltens auch im Interesse der Marktteilnehmer
  • a) Regelung des Marktverhaltens
  • b) Interesse der Marktteilnehmer
  • aa) Schutz von Allgemeininteressen
  • bb) Interessen der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • cc) Interessen der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB und der sonstigen Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • c) Erweiterung auf den Nachfragewettbewerb, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • 3. Zuwiderhandeln
  • 4. Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung
  • a) Kriterien bei der Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen
  • b) Nachahmungsgefahr als Kriterium der Spürbarkeitsschwelle
  • 5. Geschäftliche Handlung, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • IV. Vorschriften über Arbeitsbedingungen
  • V. Einzelne Vorschriften über Arbeitsbedingungen
  • 1. Arbeitszeitrelevante gesetzliche Vorschriften
  • a) Ladenschluss- bzw. Ladenöffnungszeitengesetze
  • aa) Gesetzliche Vorschriften
  • bb) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Arbeitnehmerschutz als primäre Zielsetzung
  • (b) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (c) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • cc) Ergebnis
  • b) Sonn- und Feiertagsgesetze der Länder
  • aa) Gesetzliche Vorschriften
  • bb) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Primäre Zielsetzungen der Sonn- und Feiertagsgesetze
  • (b) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (c) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • cc) Ergebnis
  • c) Werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten, §§ 3 ff. ArbZG
  • aa) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (b) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • (aa) Vergleich mit dem Nachtbackverbot
  • (bb) Zweck des Gesetzes nach § 1 ArbZG
  • (cc) Über § 1 ArbZG hinausgehende Zwecke
  • bb) Ergebnis
  • d) Sonn- und Feiertagsruhe nach § 9 ArbZG
  • aa) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (b) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • bb) Ergebnis
  • e) Lenkzeitregelungen
  • aa) Gesetzliche Vorschriften
  • bb) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (a) Unterschiede zwischen Lenk- und Arbeitszeitregelungen
  • (b) Übertragbarkeit auf die §§ 1 Abs. 5, 6 FPersV
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (b) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • (aa) Zielsetzung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006
  • (bb) Übertragbarkeit auf die Regelungen in FPersG und FPersV
  • cc) Ergebnis
  • 2. Weitere Arbeitnehmerschutzvorschriften
  • a) Arbeitsschutzrechtliche Pflichten des Arbeitgebers, §§ 3 ff. ArbSchG
  • aa) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (b) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • bb) Ergebnis
  • b) Erlaubnispflicht zur Arbeitnehmerüberlassung, § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG
  • aa) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (a) Abgrenzung zur reinen Marktzutrittsregelung
  • (b) Absatzmarkt der Waren oder Dienstleistungen der Entleiher
  • (c) Absatzmarkt der Arbeitsleistungen der Leiharbeitnehmer
  • (aa) Außenwirkung auf Leiharbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB oder sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (bb) Außenwirkung auf Entleiher als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (aaa) Entleiher als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (bbb) Der Bezug des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG zur Absatzhandlung des Verleihers
  • (ccc) Keine abschließende Regelung durch § 12 AÜG
  • (ddd) Die Zuverlässigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG als Qualitätsmerkmal in rechtlicher Hinsicht
  • (d) Beschaffungsmarkt der Arbeitsleistungen von Leiharbeitnehmern
  • (aa) Bezug des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG zur Nachfragehandlung des Verleihers
  • (bb) Außenwirkung auf Leiharbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (cc) Außenwirkung auf Leiharbeitnehmer als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (e) Zwischenergebnis
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Primäre sozialpolitische Zielsetzung des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG
  • (b) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB
  • (c) Interesse der sonstigen Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (aa) Entleiher als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (aaa) Schutz der Marktgegenseite
  • (bbb) Qualität der Leiharbeit in tatsächlicher Hinsicht
  • (ccc) Qualität der Leiharbeit in rechtlicher Hinsicht
  • (ddd) Historische Auslegung
  • (bb) Leiharbeitnehmer als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (d) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • bb) Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung
  • cc) Konkurrenz arbeits- und lauterkeitsrechtlicher Rechtsfolgen
  • (1) Grundsatz der parallelen Anwendbarkeit
  • (2) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG
  • (3) Begründung des Bundesgerichtshofs in der „Arbeitnehmerüberlassung“-Entscheidung vom 23.6.2016
  • (a) Umgehung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 AÜG i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG
  • (b) Umgehung der §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, 1a AÜG
  • (c) Umgehung der Verantwortungszuweisung
  • (aa) Rolle der Gewerkschaften
  • (bb) Rechtsgedanke des § 15 UKlaG
  • (cc) Gefahr paralleler Verfahren und divergierender Entscheidungen
  • (dd) Verweis auf die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer
  • dd) Ergebnis
  • 3. Gesetzliche Vorschriften mit Bezug zur Entlohnung der Arbeitnehmer
  • a) Allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn, §§ 1, 3 MiLoG
  • aa) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (a) Absatzmarkt der Waren oder Dienstleistungen
  • (aa) Argumentation zur untertariflichen Entlohnung
  • (bb) Übertragbarkeit auf die §§ 1, 3 MiLoG
  • (b) Beschaffungsmarkt der Arbeitsleistungen
  • (aa) Abschluss von Arbeitsverträgen
  • (aaa) Regelungswirkung des § 3 S. 1 MiLoG
  • (bbb) Fraglicher Wettbewerbsvorteil durch Vereinbarung niedrigerer Löhne
  • (ccc) Außenwirkung auf Arbeitnehmer als sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (bb) Verhalten im laufenden Arbeitsverhältnis
  • (aaa) Außenwirkung der Entlohnung im laufenden Arbeitsverhältnis
  • (bbb) Bezug zum Beschaffungsmarkt
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • (a) Interesse der sonstigen Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (b) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • (aa) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten
  • (bb) Begründung des Regierungsentwurfes
  • (cc) Faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen i.S.d. § 9 Abs. 2 S. 1 MiLoG
  • (dd) Regelungszusammenhang mit dem AEntG
  • (ee) Zwischenergebnis
  • bb) Konkurrenz arbeits- und lauterkeitsrechtlicher Rechtsfolgen
  • (1) Umgehung des § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG
  • (2) Umgehung der §§ 14 ff. MiLoG
  • (3) Umgehung der Verantwortungszuweisung
  • cc) Ergebnis
  • b) Pflicht zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen, vgl. § 2 SGB IV
  • aa) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Regelung des Marktverhaltens
  • (2) Interesse der Marktteilnehmer
  • bb) Ergebnis
  • 4. Tarifvertragliche Regelungen
  • a) Gesetzliche Vorschriften
  • aa) Bei Allgemeinverbindlichkeit, § 5 TVG
  • bb) Bei Tarifgebundenheit, § 3 Abs. 1 TVG i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 1 TVG
  • cc) Bei Erweiterung nach § 3 AEntG
  • b) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • aa) Regelung des Marktverhaltens
  • (1) Absatzmarkt der Waren oder Dienstleistungen
  • (a) Allgemeine Argumente gegen eine Regelung des Marktverhaltens
  • (b) Bei Allgemeinverbindlichkeit, § 5 TVG
  • (c) Bei Erweiterung nach § 3 AEntG
  • (2) Beschaffungsmarkt der Arbeitsleistungen
  • (a) Abschluss von Arbeitsverträgen
  • (aa) Rechtswirkung der Tarifnormen bei Widerspruch zu arbeitsvertraglichen Regelungen
  • (bb) Regelungsinhalt von Abschluss- und Inhaltsnormen
  • (b) Verhalten im laufenden Arbeitsverhältnis
  • bb) Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Interesse der sonstigen Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • (2) Interesse der Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • (a) Bei Allgemeinverbindlichkeit, § 5 TVG
  • (aa) Ansichten in der Rechtsprechung
  • (bb) Historische Auslegung
  • (cc) Bedeutung der Außenseiterkonkurrenz
  • (dd) Eignung zur Herstellung von Wettbewerbsgleichheit
  • (ee) Verfahren der Allgemeinverbindlicherklärung
  • (ff) Öffentliches Interesse i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 TVG
  • (gg) Regelungszusammenhang mit MiLoG und AEntG sowie die Änderungen durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz
  • (hh) Zwischenergebnis
  • (b) Haustarifverträge
  • (c) Verbandstarifverträge
  • (d) Bei Erweiterung nach § 3 AEntG
  • c) Konkurrenz arbeits- und lauterkeitsrechtlicher Rechtsfolgen
  • d) Ergebnis
  • 5. Unwirksame Klauseln in Formulararbeitsverträgen als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Rahmen der Inhaltskontrolle, §§ 307 ff. BGB
  • a) Gesetzliche Vorschriften
  • b) Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer
  • aa) Regelung des Marktverhaltens
  • bb) Interesse der Marktteilnehmer
  • (1) Interesse der Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB und unionsrechtlicher Hintergrund
  • (2) Interesse der sonstigen Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • c) Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung
  • d) Konkurrenz der lauterkeitsrechtlichen Rechtsfolgen mit den Vorschriften des UKlaG
  • aa) Sperrwirkung der §§ 1, 3 UKlaG
  • bb) Sperrwirkung des § 15 UKlaG
  • e) Ergebnis
  • B. Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG
  • I. Unlauterkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 UWG
  • II. Verhältnis des § 3a UWG zu § 3 Abs. 1 UWG
  • 1. Ergänzende Anwendung der Generalklausel bei fehlender Bestimmung zur Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer i.S.d. § 3a UWG
  • a) Argumente für die Zulässigkeit eines Rückgriffs
  • b) Argumente gegen die Zulässigkeit eines Rückgriffs
  • c) Rolle des Vorsprungsgedankens
  • aa) Argumente gegen die Anwendung des Vorsprungsgedankens im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG
  • bb) Argumente für die Anwendung des Vorsprungsgedankens im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG
  • d) Stellungnahme
  • e) Ergebnis
  • 2. Fortwirkung vorgelagerter Verstöße und Rückwirkung nachgelagerter Verstöße
  • a) Keine „Rückschau“ oder Unzumutbarkeit
  • b) Kein Rechtsbruch ohne weitere gesetzliche Regelung
  • c) Kein Rückgriff auf die Generalklausel
  • 3. Ergänzende Anwendung der Generalklausel bei fehlender Rechtsnormqualität (insbesondere CSR-Standards und Verhaltenskodizes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UWG)
  • a) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  • b) Befürwortende Ansichten in der Literatur
  • c) Zurückhaltende Ansichten in der Literatur
  • d) Stellungnahme
  • 4. Ergänzende Anwendung der Generalklausel bei Ausnutzung internationaler Rechtsgefälle bzw. bei Verstößen gegen sittliche Grundanforderungen o.ä.
  • a) Historischer Hintergrund der Fallgruppe
  • b) Argumente für eine Übertragbarkeit auf die heutige Rechtslage
  • c) Argumente gegen eine Übertragbarkeit auf die heutige Rechtslage
  • d) Stellungnahme
  • § 5 Geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • A. Geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG als „Zentralbegriff des UWG“
  • B. Objektiver Zusammenhang i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • I. Objektiver Zusammenhang bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern (Vertikalverhältnis)
  • II. Objektiver Zusammenhang bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Mitbewerbern (Horizontalverhältnis)
  • III. Bedeutung des Marktbezuges
  • C. Objektiver Zusammenhang i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bei Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen
  • I. Objektiver Zusammenhang bei Handlungen gegenüber Mitbewerbern i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • 1. Verhältnis zur Regelung des Marktverhaltens i.S.d. § 3a UWG
  • 2. Handlungen ohne Marktbezug
  • a) Handlungen in Bezug auf Arbeits- und Arbeitszeitschutz
  • b) Entlohnung unterhalb gesetzlicher oder tariflicher Mindestentgelte
  • 3. Handlungen mit Marktbezug
  • II. Objektiver Zusammenhang bei Handlungen gegenüber Arbeitnehmern als sonstigen Marktteilnehmern i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • 1. Entlohnung unterhalb gesetzlicher oder tariflicher Mindestentgelte
  • 2. Abschluss von Arbeitsverträgen
  • III. Vorgelagerte Handlungen als unselbstständige Teile späterer geschäftlicher Handlungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • IV. Nachgelagerte Verstöße als geschäftliche Handlungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
  • 1. Anknüpfungspunkte bei Mindestentgeltverstößen
  • 2. Beschränkung auf vertragliche Rechte
  • 3. Übertragbarkeit auf weitere Arbeitsbedingungen
  • 4. Stellungnahme
  • § 6 Gläubiger der Abwehransprüche, § 8 Abs. 3 UWG
  • A. Keine Anspruchsberechtigung des einzelnen Arbeitnehmers
  • B. Mitbewerber i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG
  • C. Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • I. Hintergrund der Regelung
  • II. Arbeitgeberverbände als Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • III. Gewerkschaften als Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • 1. Rechtsfähige Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • 2. Zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • IV. Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien als Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • V. Wettbewerbsvereinigungen als Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
  • D. Gewerkschaften als qualifizierte Einrichtungen zum Schutz von Verbraucherinteressen i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG
  • E. Gewerkschaften i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG n.F.
  • I. Schutzlücke insbesondere für sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
  • II. Regelung des § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG n.F. zu Gewerkschaften
  • 1. Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG n.F.
  • 2. Beschränkung auf die Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG n.F.
  • 3. Begriff der Gewerkschaften i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG n.F.
  • F. Pflicht zur Schaffung einer umfassenden Anspruchsberechtigung und Klagebefugnis der Gewerkschaften im Rahmen des § 8 Abs. 3 UWG aus Art. 9 Abs. 3 GG
  • I. Abgrenzung zur allgemeinen arbeitsrechtlichen Verbandsklage
  • II. Gewährleistung der kollektiven Koalitionsfreiheit durch Art. 9 Abs. 3 GG
  • III. „Burda-Beschluss“ des Bundesarbeitsgerichts
  • IV. Begründung einer verfassungsrechtlichen Pflicht aus Art. 9 Abs. 3 GG
  • 1. Ausgestaltungsbedürftigkeit des Art. 9 Abs. 3 GG
  • 2. Keine verfassungswidrige Beeinträchtigung
  • 3. Vergleich mit der Verbandsklage im Umweltrecht
  • a) Beschränkungen der Verbandsklage als Grundlage der Vergleichbarkeit
  • b) Versuche der verfassungsrechtlichen Begründung
  • aa) Rechtsweggarantie, Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG
  • bb) Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG
  • cc) Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG
  • § 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis

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§ 1 Einleitung und Gang der Untersuchung

Schon im Jahr 1927 bezeichnete Hueck die Generalklausel § 1 UWG a.F. in seiner Anmerkung zu einem Urteil des Reichsgerichts als ein – bei richtiger Benutzung – „gutes Hilfsmittel zur Durchsetzung der Tarifbedingungen“.1 Das im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelte Lauterkeitsrecht könnte darüber hinaus geeignet sein, neben tariflichen auch gesetzlich geregelte sowie in freiwilligen Selbstverpflichtungen oder Verhaltenskodizes angegebene Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Kohte hob 1989 in seinem Beitrag „Arbeitsschutzrecht und UWG – ein fruchtbares Wechselverhältnis“ insbesondere die mögliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch Verbraucherverbände als Möglichkeit der „dezentralen sozialen Kontrolle“ hervor.2

A. Bedarf an einem zusätzlichen Kontrollmittel

Dennoch wird oft ohne eine vertiefte Betrachtung davon ausgegangen, dass das Lauterkeitsrecht nicht zur effektiven Durchsetzung von Arbeitsbedingungen geeignet ist. Dabei hätten verschiedene Gruppen ein Interesse an einem solchen Ansatz. Neben den betroffenen Arbeitnehmern interessieren sich auch Verbraucher zunehmend dafür, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt bzw. Dienstleistungen erbracht werden.3 Für Unternehmer wäre dies ein Weg, um gegen die sogenannte „Schmutzkonkurrenz“ durch Mitbewerber, die sich durch die Nichteinhaltung von Regelungen über Arbeitsbedingungen Vorteile verschaffen, vorzugehen.4 Insbesondere könnten die Unternehmer auf diese Weise der Sogwirkung durch den Wettbewerbsdruck entgehen, der entsteht, wenn ihre Mitbewerber durch die Missachtung von Arbeitsbedingungen Kosten einsparen.5 Auch die Gewerkschaften haben naturgemäß ein Interesse an der Durchsetzung insbesondere tariflich geregelter Arbeitsbedingungen. Ohnehin besteht ein gesamtgesellschaftliches Interesse daran, dass Arbeitsstandards tatsächlich beachtet werden.6

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Die Einhaltung von Arbeitsbedingungen können zunächst die Arbeitnehmer selbst kontrollieren, indem sie diese dem Arbeitgeber gegenüber einfordern und ggf. vor den Arbeitsgerichten einklagen. Deshalb wird teilweise die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer in den Vordergrund gestellt, um das Lauterkeitsrecht als zusätzliches Mittel der Durchsetzung abzulehnen.7 Insbesondere in Branchen und Unternehmen, in denen die Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen verbreitete Praxis ist, stößt diese Eigenverantwortung an ihre Grenzen. Die Klagebereitschaft der Arbeitnehmer ist angesichts ihrer strukturellen Unterlegenheit zu gering, um eine effektive Durchsetzung zu gewährleisten.8 Darüber hinaus bestehen zwar regelmäßig behördliche Zuständigkeiten zur Kontrolle.9 Zudem können Gewerkschaften und ggf. Betriebsräte einen gewissen Druck ausüben. Dennoch lassen sich Durchsetzungsdefizite im Bereich der Arbeitsbedingungen nicht bestreiten.

Speziell bei „problematischen Beschäftigungsverhältnissen“, beispielsweise in der Pflegebranche, sind Mittel zur effektiven Sicherung sozialer Mindeststandards gefragt.10 Auch die Entwicklungen der modernen Arbeitswelt wie die Tariferosion oder die Arbeitnehmerüberlassung spielen hier eine Rolle.11 Ein deutliches Beispiel aus nationaler Sicht ist der Mindestlohn. Im Jahr 2019 wurden nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes etwa 1,8 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns bezahlt – bezieht man die Branchenmindestlöhne ein, sind sogar 2,2 Millionen betroffen.12

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Aus internationaler Sicht lässt sich beispielsweise die Kinderarbeit anführen. Nach Schätzungen von UNICEF und der International Labour Organisation (ILO) gibt es weltweit noch 160 Millionen Kinderarbeiter.13 Gerade für die Produktionsbedingungen im Ausland sind Selbstverpflichtungen, Kodizes und Siegel, auch aus dem Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR), interessant, soweit sie Angaben über Sozial- und Arbeitsstandards enthalten. Ihre Bedeutung wächst auch unter dem Einfluss des Unionsrechts. In Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) werden Verhaltenskodizes als zu förderndes Mittel der Kontrolle in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken hervorgehoben. Ähnliches gilt für transnationale und völkerrechtliche Standards, die Unternehmen nicht direkt binden. Der Einsatz des Lauterkeitsrechts könnte hier eine rechtliche Durchsetzung gewährleisten. Es stellt sich die Frage, ob sich so „soft law“ in „hard law“ transformieren lässt.14

Kann die Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen selbst nicht auf Grundlage des Lauterkeitsrechts sanktioniert werden, lässt sich immer noch an etwaige Angaben über die Produktionsbedingungen zu Marketingzwecken anknüpfen.15 Das Lauterkeitsrecht dient zwar nicht der Durchsetzung moralischer Vorstellungen ohne Marktbezug, es kann aber keinen rechtsfreien Raum geben, wenn die Werbung mit sozialem Engagement zur Absatzförderung genutzt wird.16 Die Bedeutung von Transparenz sollte nicht unterschätzt werden. Sie gewährleistet die Möglichkeit, durch den Konsum mittelbar Einfluss auf die Arbeitsbedingungen bei der Produktion zu nehmen.17 In einem funktionierenden Wettbewerb kommt den Abnehmern die Rolle eines Schiedsrichters zu.18 Verbraucher können eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung und Kontrolle der Einhaltung von Arbeitsbedingungen spielen. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Anspruchsberechtigung und Klagebefugnis für Verbraucherverbände nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.19

Insgesamt ist es wichtig, dass verschiedene Mittel zur Durchsetzung und Kontrolle zur Verfügung stehen, die von verschiedenen Beteiligten unabhängig voneinander eingesetzt werden können.20 Gerade diese Vielfalt abseits der ←25 | 26→Klagemöglichkeit des Arbeitnehmers könnte das Lauterkeitsrecht bieten. Neben den Verbrauchern bzw. den Verbraucherverbänden stehen im UWG nach wie vor die Mitbewerber im Vordergrund. Sie sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG anspruchsberechtigt und könnten die Selbstkontrolle des Wettbewerbes auf die Einhaltung der Arbeitsbedingungen ausdehnen. Mit Wirkung vom 01.12.2021 erfasst § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG n.F. zudem die Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

Dabei soll und kann das Lauterkeitsrecht keinen Ersatz für die vorhandenen Durchsetzungsmechanismen darstellen. Vor allem der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1, 2 UWG kommt aber als zusätzliches Mittel der Kontrolle in Betracht. In der Praxis bietet auch die schnelle Arbeitsweise der zuständigen Kammern der ordentlichen Gerichte einen Beweggrund für ihre Anrufung, weil so in kurzer Zeit einstweilige Verfügungen erwirkt werden können.21

B. Vereinbarkeit der Schutzzwecke von Lauterkeits- und Arbeitsrecht

Zu Recht wird eingewandt, dass allein behördliche Defizite bei der Verfolgung von Rechtsverstößen eine weite Auslegung der lauterkeitsrechtlichen Tatbestände zur Kompensation nicht begründen können.22 Ob das Lauterkeitsrecht als Mittel zur Begegnung des Durchsetzungsdefizits im Arbeitsrecht geeignet ist, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit sich die Rechtsgebiete und ihre jeweiligen Zielrichtungen vereinbaren lassen. Die jüngere Rechtsprechung steht dem eher ablehnend gegenüber.23 Auch im lauterkeitsrechtlichen Schrifttum findet sich oft nur ein kurzer Hinweis, wonach der Arbeitnehmerschutz nicht vom Regelungsbereich des UWG erfasst sein soll.24

Auf den ersten Blick besteht zwischen den beiden Rechtsgebieten kein näherer Zusammenhang. Insofern werden die Funktionsunterschiede von Arbeits- und Gütermarkt betont.25 Andererseits bestehen erhebliche ←26 | 27→Wechselwirkungen.26 Ob ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Normen einen unlauteren Wettbewerb begründet oder nicht, lässt sich aus dieser Betrachtung aber jedenfalls nicht schließen.27 Das UWG selbst enthält keine Anhaltspunkte für die Bedeutung arbeitsrechtlicher Regelungen. § 8 Abs. 2 UWG als Zurechnungsnorm nennt zwar Mitarbeiter, geht dabei aber gezielt über den Arbeitnehmerbegriff hinaus.28 Immerhin spielen Arbeitsbedingungen eine Rolle im Wettbewerb,29 wie auch die Verlagerung der Produktion in Länder mit geringeren Standards und damit regelmäßig auch geringeren Kosten zeigt.30 Indem Unternehmer arbeitsrechtliche Normen missachten, können sie Kosten sparen und damit ihre Stellung im Wettbewerb zu ihren Gunsten beeinflussen.31

Ungeachtet dieser tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb ist fraglich, ob die Schutzzwecke sich in Einklang bringen lassen. Gemäß § 1 S. 1 UWG bezweckt das UWG den Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Nach § 1 S. 2 UWG schützt es zudem das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Erfasst ist nach dem klaren Wortlaut nur das Interesse an einem unverfälschten Wettbewerb, während der Schutz sonstiger Allgemeininteressen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts ist.32 Das Arbeitsrecht hingegen dient dem Schutz der Arbeitnehmer vor Benachteiligung und Gefährdungen während des Arbeitsverhältnisses sowie vor dem unvermittelten Verlust des Arbeitsplatzes.33 Auch und insbesondere das kollektive Arbeitsrecht dient dem Ausgleich der strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeberseite.34 Es handelt sich um Schutzrecht für Arbeitnehmer. Damit stellt sich als Teil der Untersuchung die Frage, ob Arbeitnehmer auch als Marktteilnehmer zu den Schutzsubjekten des Lauterkeitsrechts gehören.

←27 | 28→

Eine wichtige Rolle im Lauterkeitsrecht spielt der Verbraucherschutz. Jedenfalls unter dem Einfluss der UGP-Richtlinie gewinnt er zunehmend an Bedeutung.35 Diese Entwicklung könnte sich auf das Verhältnis zum Arbeitsrecht auswirken. Insbesondere könnten Arbeitnehmer Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB und hierüber Schutzsubjekte des Lauterkeitsrechts sein. Ohnehin sind Verbraucher- und Mitbewerberschutz oft zwei Seiten derselben Medaille.36 In anderen Fällen hat der Gesetzgeber eine klare Entscheidung getroffen, beispielsweise gibt das LadSchlG den Interessen der Arbeitnehmer und Mitbewerber den Vorzug vor denen der Verbraucher, die ein Interesse an längeren Öffnungszeiten hätten.37

Insgesamt kommt es maßgeblich auf die Abgrenzung zu sonstigen Allgemeininteressen an. Das Lauterkeitsrecht soll kein einzelnes Verhaltensunrecht sanktionieren, sondern die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs gewährleisten.38 Das UWG ist kein Mittel zur allgemeinen Rechtsaufsicht.39 Das bedeutet für den in § 3a UWG geregelten Rechtsbruchtatbestand, dass die Primärnormen nicht um ihrer selbst willen durchgesetzt werden, sondern negative Einflüsse von Verstößen gegen Marktverhaltensregelungen auf den Wettbewerb verhindert werden sollen.40 Die Begründung zum Regierungsentwurf des UWG 2004 stellte klar, dass es nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts ist, Gesetzesverstöße generell zu sanktionieren.41

Allerdings haben Regelungen über Arbeitsbedingungen nicht selten einen ambivalenten Charakter.42 Das Arbeitsrecht schützt die Arbeitnehmer, indem es Regeln für das Arbeitsverhältnis aufstellt. Damit begrenzt es zugleich den Spielraum, den Arbeitgeber beim Wettbewerb über Arbeitsbedingungen und die damit verbundenen Kosten haben. Arbeitnehmer- und Wettbewerbsschutz sind nicht immer klar trennbar. Teilweise hat der Gesetzgeber selbst einen Bezug zwischen Vorschriften über Arbeitsbedingungen und fairen, funktionierenden ←28 | 29→Wettbewerbsbedingungen hergestellt, wie beispielsweise die in § 1 AEntG genannte Zielsetzung zeigt.43 Ob tatsächlich eine rein sozialpolitische Zielsetzung vorliegt, ist nicht immer eindeutig und muss für einzelne Regelungen gesondert ermittelt werden.

C. Gang der Untersuchung

Die Untersuchung beginnt mit einer historischen Darstellung der Entwicklung von Rechtsprechung und Gesetzgebung zum UWG (§ 2). Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Fallgruppen, Urteilen und Gesetzesänderungen, die sich mit dem Verhältnis von Lauterkeits- und Arbeitsrecht sowie ähnlich gelagerten Fragestellungen befassen oder sich in diesem Zusammenhang auswirken. Diese Darstellung dient als Grundlage, um im weiteren Verlauf der Untersuchung ältere Ansichten in Literatur und Rechtsprechung in den aktuellen Rechts- und Diskussionsstand einordnen zu können. Insbesondere wurden bei der Gesetzgebung zum UWG einige Fallgruppen der vorherigen Rechtsprechung kodifiziert.44 Das gilt insbesondere für den Rechtsbruchtatbestand, der sich heute in § 3a UWG befindet, bis 2004 aber lediglich als Fallgruppe der Generalklausel § 1 UWG a.F. existierte und als solche primärer Gegenstand der Versuche war, Arbeitsbedingungen mithilfe des Lauterkeitsrechts durchzusetzen. Im Zusammenhang mit der UWG-Novelle 2008 erfolgt zudem eine Darstellung der UGP-Richtlinie, die insbesondere deren Fokus auf den Verbraucherschutz, die damit verbundene Beschränkung des Anwendungsbereiches und die Auswirkungen auf das nationale Lauterkeitsrecht durch die Vollharmonisierung behandelt.

Es folgt die Untersuchung, ob Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. § 13 BGB oder sonstige Marktteilnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG zu den Schutzsubjekten des Lauterkeitsrechts zählen (§ 3). Diese Einordnung ist von maßgeblicher Bedeutung für den Hauptteil (§ 4). In diesem werden Tatbestände der §§ 3 ff. UWG dahingehend untersucht, ob sie geeignet sind, die Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren. Den Schwerpunkt bildet der Rechtsbruchtatbestand. Zu Beginn steht eine Einführung zu den Tatbestandsmerkmalen des § 3a UWG. Diese behandelt einige typische Probleme, die in diesem Zusammenhang bei Vorschriften über ←29 | 30→Arbeitsbedingungen auftreten. Sie enthält auch eine Einordnung der Corporate Social Responsibility (CSR) als Ausgangspunkt für die Frage, ob CSR-Standards als gesetzliche Vorschriften unter § 3a UWG fallen können.

Der Einführung schließt sich die Prüfung der einzelnen in Betracht kommenden Vorschriften an. Der Schwerpunkt liegt dabei regelmäßig bei der Frage, ob die jeweilige Norm i.S.d. § 3a UWG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Rechtsfolgenkonkurrenz zwischen dem arbeits- und dem lauterkeitsrechtlichen Rechtsfolgensystem ist von besonderer Bedeutung im Rahmen des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG und wird deshalb im Wesentlichen an dieser Stelle behandelt. Zum Abschluss des Hauptteils wird die Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG behandelt. Hier ist vor allem von Interesse, ob die Generalklausel als Auffangtatbestand für die Sachverhalte dienen kann, die § 3a UWG nicht erfasst. Diskutiert wird dies unter anderem bei der Ausnutzung internationaler Rechtsgefälle.

Dem folgt ein Teil zur geschäftlichen Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, die den Anwendungsbereich des UWG bestimmt (§ 5). Hier stellen sich bei Handlungen mit Bezug zu Arbeitsbedingungen, die dem Marktauftritt oft vorgelagert sind, einige typisierbare Probleme. Schließlich werden die möglichen Gläubiger der Abwehransprüche herausgearbeitet (§ 6). Untersucht wird insbesondere, ob die speziell im Arbeitsrecht relevanten Beteiligten wie Arbeitgeberverbände oder Gewerkschaften nach § 8 Abs. 3 UWG anspruchsberechtigt bzw. klagebefugt sind. Den Schlusspunkt der Arbeit bildet eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (§ 7).


1 Hueck, JW 1927, 2366, 2367.

2 Kohte, AuR 1989, 241, 247.

3 Kocher/Klose/Kühn/Wenckebach, S. 6.

4 So schon Hueck, JW 1927, 2366, 2367.

5 Fechner, AuR 2018, 456; vgl. Kohte, AuR 1989, 241, 247 f.

6 Kocher/Klose/Kühn/Wenckebach, S. 12.

7 BGH 23.6.2016, GRUR 2017, 95 Rn. 44; Ulrici, jurisPR-ArbR 22/2015, Anm. 4, E. III. 4. b).

8 Höland FS Bepler, 221, 238 f.; Kocher/Klose/Kühn/Wenckebach, S. 10; Fechner, AuR 2018, 456.

9 Zuständige Behörde ist oft die Zollverwaltung, z.B. §§ 14 ff. MiLoG, §§ 16 ff. AEntG, §§ 17 ff. AÜG.

10 Bepler, SR Sonderausgabe 2019, 12 ff.

11 Klocke Latzel/Picker, 145, 146; Bepler, SR Sonderausgabe 2019, 12 ff.

12 S. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/arbeit-dgb-defizite-durchsetzung-mindestlohns (zuletzt abgerufen am 30.11.2021); das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gab für das Jahr 2017 – bei Berücksichtigung der Arbeitnehmer, deren Lohn durch die Nichtbezahlung von Überstunden den Mindestlohn unterschreitet – sogar 3,2 Millionen Betroffene, die trotz eines entsprechenden Anspruchs in einer Hauptbeschäftigung nicht den Mindestlohn erhalten, sowie 500 000 Betroffene in einer Nebentätigkeit an, s. Fedorets/Grabka/Schröder, DIW Wochenbericht 28/2019, 483, 486 f.

13 S. https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kinderarbeit-fragen-und-antworten/166982 (zuletzt abgerufen am 30.11.2021).

14 Kocher, GRUR 2005, 647.

15 Henning-Bodewig, WRP 2010, 1094, 1103.

16 Henning-Bodewig, WRP 2011, 1014, 1022.

17 Kocher/Klose/Kühn/Wenckebach, S. 12.

18 Beater, Rn. 112.

19 Däubler, Rn. 443.

20 Fechner, AuR 2018, 456.

21 Köhler FS Glaeser, 499.

22 KG 14.2.2017, WRP 2017, 460 Rn. 15 f. mit Verweis auf Köhler, GRUR 2010, 657, 658.

23 BGH 23.6.2016, GRUR 2017, 95 ff.; KG 14.2.2017, WRP 2017, 460 ff.

24 Böhler, S. 198; Büscher/Büscher, § 1 UWG Rn. 53 f.; MAH/Dittert, § 14 Rn. 56; Elskamp, S. 139; Fleischer, S. 104; K/B/F/Köhler, § 1 UWG Rn. 41; Sack, WRP 2004, 1307, 1310; MüKo-UWG/Sosnitza, § 3 Rn. 36; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG Rn. 30, § 3 UWG Rn. 21; v. Walter, S. 98 f.; HK-UWG/Wirtz, § 3 Rn. 93.

25 Ziegler, S. 1 ff., 7 ff.

26 Klocke, S. 157; Rieble, Rn. 231 ff.

27 Klocke, S. 156 ff.

28 Klocke, S. 154.

29 Kissel, S. 5 f.; Rieble, Rn. 231 ff.

30 Oppenhoff, GRUR 1980, 861.

31 Sack FS Wiese, 493.

32 Begr. RegE., BT-Drs. 15/1487, S. 15 f.

33 Dütz/Thüsing, § 1 Rn. 1a f.; MHdB ArbR/Fischinger, § 3 Rn. 29 ff.; Junker, § 1 Rn. 3 ff.; Preis/Temming, Rn. 2.

34 MHdB ArbR/Fischinger, § 3 Rn. 37; Junker, § 1 Rn. 4; Preis/Temming, Rn. 7; Preis/Greiner, Rn. 4.

Details

Pages
340
Year
2021
ISBN (PDF)
9783631873557
ISBN (ePUB)
9783631873564
ISBN (MOBI)
9783631873571
ISBN (Hardcover)
9783631873335
DOI
10.3726/b19434
DOI
10.3726/b19487
Language
German
Publication date
2022 (January)
Published
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 340 S.

Biographical notes

Philipp Zelmer (Author)

Philipp Zelmer ist Rechtsreferendar im Bezirk des Kammergerichts. Er studierte Rechtswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im Anschluss war er dort wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Handelsrecht sowie am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht, wo er auch promovierte.

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