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Gemeinsam/Together

Kognitiv beeinträchtigte Menschen in europäischen Theatern – Theorie und Praxis/People with Learning Disabilities in European Theatres – Theory and Practice. Unter Mitarbeit von Soledad Pereyra

von Susanne Hartwig (Band-Herausgeber:in)
©2022 Sammelband 396 Seiten
Open Access

Zusammenfassung

Can society mitigate hermeneutical injustice towards persons with learning disabilities? How do European theatres meet this challenge? How can artists with learning disabilities «have a voice»? The present volume searches for answers to these questions in theoretical approaches and in interviews with stage directors.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Title
  • Copyright
  • About the editor
  • About the book
  • This eBook can be cited
  • Inhaltsverzeichnis/Table of contents
  • Vorwort
  • Zusammenfassung in Leichter Sprache
  • I. Theorie/Theory
  • „A wie Dornen“: Hermeneutische Partizipation von Menschen mit ‚geistiger Behinderung‘ in Theatern (Susanne Hartwig)
  • Gemeinsam gegen das Coronavirus: Intermediale Strategien von mixed abled-Theatern in Zeiten der COVID-19-Pandemie (Soledad Pereyra)
  • „Jeder ist weise im eigenen Haus.“ Über ein barrierefreies Videospiel, das es noch nicht gibt (Alba Gómez García)
  • II. Praxis/Practice
  • AUSTRIA Theater Delphin (Wien)
  • Wir sind wie Goldschürfer: Interview mit Gabriele Weber, Theater Delphin (26. Mai 2021)
  • BELGIUM Theater Stap (Turnhout)
  • They are the jokers in the theatre, the most valuable card you have: Interview with Marc Bryssinck, Theater Stap (18th May 2021)
  • FRANCE Compagnie Création Ephémère (Millau)
  • C’est vraiment une rencontre humaine: Interview avec Philippe Flahaut, Compagnie Création Ephémère (3 mai 2021)
  • L’Oiseau-Mouche (Roubaix)
  • On est une compagnie comme toutes les autres compagnies: Interview avec Léonor Baudouin, L’Oiseau-Mouche (15 mars 2021)
  • Théâtre du Cristal (Éragny sur Oise)
  • « La machine à coudre et le cerf-volant » De la résistible ascension des pratiques art et handicap: Olivier Couder, Théâtre du Cristal
  • Entretien avec Olivier Couder à propos de Cabaret des Frissons Garantis (juillet 2017)
  • GERMANY Blaumeier Atelier (Bremen)
  • Bremen ist ‚blaumeierisch‘ gewöhnt!: Interview mit Sabina Mak, Barbara Weste und Karolin Oesker, Blaumeier Atelier (3. März 2021)
  • Klabauter Theater (Hamburg)
  • Das sind Erwachsene!: Interview mit Astrid, Theater Klabauter (25. Mai 2021)
  • RambaZamba (Berlin)
  • Theaterarbeit im Theater RambaZamba bei den Kindern des Olymp: Gisela Höhne, RambaZamba
  • Ein voller Tisch ist toll, ein leerer irgendwie nicht: Interview mit Jakob Höhne, RambaZamba (29. April 2021)
  • Theater Brût (Passau)
  • Wunderliche Eigenheiten und eigentümliche Verknüpfungen: Gerhard Bruckner, Theater Brût
  • Theater Thikwa (Berlin)
  • Eigen:sinnig. Wie Thikwa Theater macht: Gerd Hartmann, Theater Thikwa
  • GREAT BRITAIN Blue Apple Theatre (Winchester)
  • Things change bit by bit: Interview with Richard Conlon Full, Blue Apple Theatre (24th March 2021)
  • What we are looking for is creativity: Sam Dace, Tommy Jessop, Anna Brisbane, Katy Francis, Ros Davies, James Benfield & Richard Conlon
  • Hijinx (Cardiff)
  • You have to ensure that everyone understands the reasons for their actions: Interview with Ben Pettitt-Wade, Hijinx (16th February 2021)
  • IRELAND Blue Teapot Theatre (Galway)
  • We talk to them and we listen: Interview with Petal Pilley, Blue Teapot Theatre (17th May 2021)
  • ITALY Teatro la Ribalta (Bolzano)
  • Arte della Diversità: Paola Guerra, La Ribalta
  • SPAIN Asociación Alfa/Corralarte (Murcia)
  • Un lugar en el que no existe lo correcto o incorrecto: Javier Martínez Lorca, Corralarte
  • El Tinglao (Madrid) – ENKI Teatro (Pozuelo de Alarcón-Madrid) – Palmyra Teatro (Alcalá de Henares): Compañía de Teatro y Danza El Tinglao – Asociación APADIS
  • A propósito del arte escénico, de lo intelectual y de lo diverso: David Ojeda, El Tinglao/Asociación ENKI/Palmyra Teatro
  • Paladio Arte (Segovia)
  • Entidad declarada de utilidad pública: Marta Cantero Díaz, Paladio Arte
  • SWEDEN Moomsteatern (Malmö)
  • People with learning disabilities are part of democracy: Interview with Sandra Johansson, Moomsteatern (6th May 2021)
  • SWITZERLAND Hora (Zürich)
  • Jeder braucht seine Zeit: Stephan Stock, Nele Jahnke, Remo Beuggert & Matthias Brücker, Theater HORA (März 2021)
  • Liste der Abbildungen/Figuren
  • Series index

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Vorwort

Den Anstoß zu den Artikeln, Essays und Interviews dieses Buches gaben folgende Fragen: Berücksichtigen unsere europäischen Gesellschaften und Kulturen eigentlich auf gerechte Weise die Perspektive von Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung? Wo reden in unseren Gesellschaften Menschen mit und ohne kognitive Beeinträchtigung miteinander? Gibt es Orte mit Vorbildfunktion? Vielleicht das gemeinsame Theater?

Am Anfang dieses Buches mit dem Titel Gemeinsam/Together standen sehr theoretische Fragen. Das fertige Buch enthält nun viele praxisnahe Antworten von Regisseurinnen und Regisseuren, Dramaturginnen und Dramaturgen, Schauspielerinnen und Schauspielern sogenannter inklusiver Theater, in denen Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung und Menschen ohne sogenannte geistige Behinderung zusammenarbeiten. Solche Theater entstanden seit den späten 1980er Jahren überall in Europa. Sie haben sich aus dem Schatten der Rehabilitation und der Freizeitbeschäftigung gelöst und sind zu ästhetisch anspruchsvollen professionellen Theatern mit je eigenem Charakter herangereift. Von ihren künstlerischen Ergebnissen her können sie es mit anderen professionellen Theatern inzwischen problemlos aufnehmen, auch außerhalb spezialisierter Festivals. Sie treffen auf ein sehr unterschiedlich informiertes – ja, geradezu politisiertes – Publikum, das immer mehr lernt, Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung abzubauen und die Aufführungen als das zu genießen, was sie sind: Kunst.

Gemeinsam/Together fragt danach, wie die Idee eines Theaters entstand, wie die Zusammenarbeit organisiert wird, welche Entwicklungsschritte vollzogen wurden, wie die Aufführungen entstehen. Die Essays und Interviews wurden so weit wie möglich in ihrer Originalform belassen, auch die sprachliche Diversität wurde bewahrt. Damit will das in Form und Inhalt ungewöhnliche Lesebuch Gemeinsam/Together Anstöße geben für neue mögliche Denkweisen, wie das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung gestaltet werden kann und wie dabei Ungerechtigkeiten abgebaut werden können.

Dieses Buch entstand im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes „Erzählung, Erwartung, Erfahrung. Behinderung im zeitgenössischen europäischen Theater und Film“ (Projektnummer 429281822).

Besonderen Dank schulde ich bei der Durchführung und Transkription der Interviews sowie bei der redaktionellen Bearbeitung aller Beiträge meiner Wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Soledad Pereyra. Für die ←9 | 10→vielsprachigen Transkriptionen der Zoom-Interviews haben sich Laura Frank, Lisa Herold und Veronika Geldner verdient gemacht; von ihnen stammen auch die Präsentationen der einzelnen Theater, die den Interviews und Essays vorausgehen. Für eine finanzielle Unterstützung der Open Access-Publikation danke ich der Universität Passau. Den größten Dank aber schulde ich allen Menschen, die sich in diesem Buch zu Wort melden, für eine außergewöhnlich bereichernde Zusammenarbeit.

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Zusammenfassung in Leichter Sprache

Dieses Buch heißt „Gemeinsam/Together“.
Together ist Englisch und man spricht es so aus: tu ges sehr.
Together bedeutet: zusammen oder gemeinsam.

Alle sollen verstehen:
Darum geht es in dem Buch.
Deshalb haben wir diesen Text in Leichter Sprache geschrieben.
Wir trennen sehr lange Wörter.
Zum Beispiel: Theater·stück.
Dann können alle den Text besser lesen.

Wir schreiben immer nur die männliche Form von den Wörtern.
Dann kann man den Text leichter lesen.Das ist wichtig für Leichte Sprache.
Wir schreiben: der Schauspieler.
Wir schreiben nicht: der Schauspieler und die Schauspielerin.
Wir meinen aber immer alle Menschen.

Am Anfang vom Buch „Gemeinsam/Together war eine Frage:
Warum wissen wir nicht: Wie sehen Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung die Welt? Wir wissen nur sehr wenig über ihre Sicht auf die Welt.
Das ist ungerecht.

Auch Menschen mit Beeinträchtigung muss man zuhören. Auch Menschen mit Beeinträchtigung wissen etwas über die Welt.
Und wollen ihre Meinung mitteilen.
Deshalb haben wir uns gefragt:
Wo können sie ihre Meinung sagen?
Wo können sie ihre Ideen in unserer Gesellschaft einbringen?
Wer hört ihnen richtig zu?
Wie drücken sie sich aus?
Sprechen sie anders?
Was sagen sie?

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Wir haben uns gedacht:
Das Theater ist ein guter Ort dafür.
Hier können die verschiedensten Menschen
miteinander zusammen·arbeiten.
Auch Menschen mit und ohne Beeinträchtigung.

Darum veröffentlichen wir dieses Buch mit dem Titel „Gemeinsam/Together“.
In dem Buch geht es darum:
Menschen mit und ohne sogenannte geistige Behinderung
arbeiten gemeinsam. Sie reden miteinander und hören sich gegenseitig zu.

Ich habe viele Regisseure von inklusiven Theatern in Europa gefragt: Wie arbeiten Sie mit Schauspielern mit Beeinträchtigung zusammen?
Regisseur kommt aus dem Französischen.
Man spricht das Wort so aus: Re schie sör.
Es bedeutet auf Deutsch: Spiel·leiter.
Damit ist die Person gemeint,
die ein Theater·stück leitet und plant.
Auch Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung
haben manchmal geantwortet.

Wir haben diese Fragen gestellt:
Wie können die Schauspieler ihre Ideen und Vorschläge
in den Proben von einem Theater·stück einbringen?
Bitte erzählen Sie uns Ihre Geschichten aus den Proben.
Wie drücken die Schauspieler ihre eigene Vorstellung
von den Theater·stücken aus?
Bitte erzählen Sie uns von besonderen Momenten bei Ihrer Arbeit.

Wie entwickeln Sie normalerweise den Plan für das Theater·stück?
Das Fachwort für den Plan ist Inszenierung.
Wer hat die Ausgangs·idee?
Wie wird die Ausgangs·idee den Schauspielern erklärt?
Wie reagieren die Schauspieler?

Was ist Ihre Lieblings·inszenierung?
Was denken Sie über das Publikum?
Wo hat Sie das Publikum überrascht oder herausgefordert?
Was möchten Sie gerne dem Publikum sagen?
Worüber sollten wir forschen?
Was würden Sie gerne wissen?

In dem Buch haben wir die Antworten zu den Fragen aufgeschrieben.
Das Buch mit den Texten und Interviews erscheint im Internet.
Alle Menschen können das Buch im Internet lesen.


Übersetzt und geprüft vom Braunschweiger Büro für Leichte Sprache © Lebenshilfe Braunschweig
Bilder © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V.,
Illustrator Stefan Albers, Atelier Fleetinsel, 2013

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Susanne Hartwig (Universität Passau)

„A wie Dornen“: Hermeneutische Partizipation von Menschen mit ‚geistiger Behinderung‘ in Theatern

Abstract: Inveterate patterns of perception, of thought and of feeling limit open hermeneutic processes. This often causes great difficulties to people with learning disabilities. Based on Miranda Fricker’s (2007) concept of hermeneutical injustice, the present article asks for how society can include people with learning disabilities in the process of social sense-making and describes the possibilities of theatre in this context.

Keywords: Hermeneutical Injustice, Hermeneutical Participation, Inclusion, Inclusive Theatre

1. Einleitung

Jemand singt: „A wie Dornen“. Er hat ein Lied gehört, das zu einer einprägsamen Melodie „A wie Auto“ und „A wie Affe“ singt.1 „A wie Dornen“ klingt in diesem Kontext disharmonisch. Man erwartet „A wie Apfel“ oder „D wie Dornen“. Nun kann man versuchen, den Satz passend zu machen, indem man annimmt, dass der singende Mensch gerade an Dornen dachte, die stechen und die Reaktion „Ahh!“ hervorrufen. „A wie Dornen“ als Metonymie also. Oder man kommt zu dem Schluss, dass der Mensch, offensichtlich ein Kind oder ein Kulturfremder, noch nicht verstanden hat, dass es sich bei den Buchstaben im Lied um Anlaute handelt, die in Beispielwörtern eingeübt werden; ‚noch nicht‘ bedeutet die Erwartung einer Entwicklung.

Details

Seiten
396
Jahr
2022
ISBN (PDF)
9783631867815
ISBN (ePUB)
9783631867822
ISBN (Hardcover)
9783631867808
DOI
10.3726/b19074
Open Access
CC-BY-NC-ND
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Februar)
Schlagworte
Disability Studies Cultural Studies Theatre Studies Inclusive Theatres Hermeneutics
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 396 S., 51 s/w Abb.

Biographische Angaben

Susanne Hartwig (Band-Herausgeber:in)

Susanne Hartwig is Holder of the Chair of Romance Literatures and Cultures (Spanish and French Literature and Culture), Faculty of Arts and Humanities at the University of Passau, Germany. The main issues focussed on by her research are: What is the function of fictional and aesthetically structured non-fictional texts in societies and cultures? What does text theory bring to other disciplines? Her main research fields are «Images of Disability» and «Ethics and Literature».

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Titel: Gemeinsam/Together
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