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Entlehnungen im slowenischen Basiswortschatz - ein gebrauchsbasierter Ansatz

von Emmerich Kelih (Autor:in)
©2023 Monographie 330 Seiten

Zusammenfassung

Der vorliegende Band bietet eine systematische Analyse des slowenischen Basiswortschatzes im Hinblick auf die in ihm vorkommenden lexikalischen Entlehnungen. Auf der Grundlage einer Wortliste mit über 1400 Bedeutungen und deren Untergliederung in 24 lexikalisch-semantische Gruppen werden die Gesamtanzahl an Entlehnungen und die thematischen Präferenzzonen für Entlehnungen ermittelt. Die chronologische Einordnung zeigt, dass das maßgebliche Inventar an Entlehnungen bereits in früheren Zeiten übernommen wurde. Im Hinblick auf die Gebersprachen sind keine dominanten Einflüsse nachzuweisen. Aus einer gebrauchsbasierten Perspektive zeigt sich, dass die Entlehnungen eine periphere Rolle einnehmen und hauptsächlich im mittel- und niederfrequenten Bereich zu finden sind. Darüber hinaus ist auch ihr semantisches Potenzial begrenzt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
  • Vorwort
  • 1 Einleitung
  • 2 Das Slowenische: Linguistische Eckpunkte
  • 2.1. Spuren des intensiven Sprachkontakts?
  • 2.1.1. Arbeiten zu lexikalischen Entlehnungen
  • 2.1.2. Purismus und Standardisierung
  • 2.2. Urslawisch – Alpenslawisch – Slowenisch
  • 2.2.1. Entlehnungen im (ur-)slawischen Erbwortschatz – Probleme der Identifikation
  • 2.2.2. Versuche der Abgrenzung
  • 3 Basiswortschatz und Grundwortschatz: eine Einführung
  • 3.1. Basiswortschatz in der hist.-vgl. Sprachwissenschaft
  • 3.2. Grundwortschatz: Beiträge der Fremdsprachendidaktik
  • 3.2.1. Kommunikativ-pragmatische Ausrichtung
  • 3.2.2. Frequenzbasierte Ansätze
  • 3.3. Zwischenresümee zu Basis- und Grundwortschatz
  • 4 Entlehnungen im Basiswortschatz
  • 4.1. Das WOLD (World Loanword Database) Projekt – Eckpunkte der empirischen Lehnwortforschung
  • 4.2. LWT-Wortliste – einige kritische Randbemerkungen
  • 4.2.1. Gruppierung des Wortschatzes nach lexikalisch-semantischen Kriterien
  • 4.3. Problemfelder der LWT-Liste
  • 5 Begriffsrepertoire für unterschiedliche Formen von Entlehnungen
  • 5.1. Typen von Entlehnungen: detaillierte Diskussion
  • 5.1.1. Wanderlehnwörter und Internationalismen
  • 5.1.2. Luxus- und Bedarfslehnwörter
  • 5.1.3. Scheinentlehnungen
  • 5.2. Zusammenfassung
  • 6 Gebrauchsbasierte (usage-based) Ansätze in der Lehnwortforschung
  • 6.1. Grundbegriffe: Entrenchment und Konventionalisierung
  • 6.1.1. Entrenchment und Vorkommenshäufigkeit
  • 6.2. Fallstudien aus der Lehnwortforschung
  • 7 Grundlegendes zur linguistischen Frequenz
  • 7.1. Frequenz und sprachliche Ökonomie
  • 7.2. Frequenz und sprachliche Komplexität
  • 7.3. Frequenz und Grammatikalisierung
  • 7.4. Frequenz und Markiertheit/Ikonizität
  • 7.5. Frequenz und Suppletion
  • 7.6. Frequenz in der Psycholinguistik
  • 7.6.1. Sprachproduktion, Worterkennung und Spracherwerb
  • 7.6.2. Lexikalische Frequenzen (word frequency effects)
  • 7.7. Unterschiedliche Formen von Frequenz
  • 7.8. Objektive und subjektive Frequenzen
  • 7.9. Schlussbetrachtung
  • 8 Slowenische LWT-Liste: Prinzipien und Probleme
  • 8.1. Verwendete Wörterbücher für die Auswahl der Äquivalente
  • 8.2. Bedeutung der englischen Ausgangswörter
  • 8.3. Umgang mit Mehrwortverbindungen
  • 8.4. Auswahl der Äquivalente und Umgang mit Synonymen
  • 8.5. Umgang mit Homonymen
  • 8.6. Umgang mit fehlenden Äquivalenten und Synsemantika
  • 9 Auswertungen: von der Quantität zur Qualität
  • 9.1. Kriterien der Bestimmung von Entlehnungen
  • 9.2. Entlehnungen: erste Resultate
  • 9.3. Präferenzzonen von Entlehnungen
  • 9.4. Erbwortschatz vs. Lehnwortschatz: Kontextualisierung
  • 9.5. Wörter mit unklarem Status
  • 9.6. Ein Zwischenresümee
  • 9.7. Entlehnungszeitpunkt: Versuche einer Kategorisierung
  • 9.8. Zu den vermutlichen Gebersprachen
  • 10 Gebrauchsbasierte Aspekte
  • 10.1. Vorkommenshäufigkeit im Gigafida: Einleitende Bemerkungen
  • 10.1.1. Fehlende Disambiguierung – zum Umgang mit Homonymie und Polysemie
  • 10.1.2. Frequenz von Autosemantika und Synsemantika
  • 10.2. Allgemeine Beobachtungen zur lexikalischen Frequenz
  • 10.3. Frequenz von Entlehnungen, deren Alter und Bedeutungspotential
  • 11 Zusammenfassung
  • Reihenübersicht

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Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: LWT-Liste: Lexikalisch-semantische Gruppen und Anzahl von Bedeutungen (WOLD)

Tabelle 2: Slowenische LWT-Liste: Lexikalisch-semantische Gruppen und Anzahl von Bedeutungen

Tabelle 3: Entlehnungen im slowenischen Basiswortschatz (sortiert nach lexikalisch-semantischen Gruppen)

Tabelle 4: Prozentueller Anteil von Entlehnungen pro lexikalisch-semantischer Gruppe

Tabelle 5: Anteil von Entlehnungen (bezogen auf die Gesamtanzahl von Entlehnungen)

Tabelle 6: Zusammensetzung des slowenischen Basiswortschatzes

Tabelle 7: Wörter mit dem Status „unklar“ in unterschiedlichen lexikalisch-semantischen Gruppen

Tabelle 8: Entlehnungen aus der Gruppe 1 (älteste Periode)

Tabelle 9: Entlehnungen aus der Gruppe 2 („Altslowenisch“)

Tabelle 10: Entlehnungen aus der Gruppe 3 („Neuslowenisch“)

Tabelle 11: Ausmaß von Entlehnungen in unterschiedlichen Perioden des Slowenischen

Tabelle 12: Anzahl von Homonymen im slowenischen Basiswortschatz (Basis SSKJ 2014²)

Tabelle 13: Anzahl von Entlehnungen in unterschiedlichen Frequenzbereichen

Tabelle 14: Rohdaten und Mittelwerte zur Polysemie von Entlehnungen

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen der Anzahl von Bedeutungen und der Anzahl von Entlehnungen in 24 lexikalisch-semantischen Gruppen

Abbildung 2: Proz. Entlehnungsanteil pro lexikalisch-semantischer Gruppe

Abbildung 3: Proz. Anteil der Entlehnungen in lexikalisch-semantischen Gruppen in Relation zur Gesamtanzahl von Entlehnungen

Abbildung 4: Erb- vs. Lehnwortschatz im slowenischen Basiswortschatz (rel. Anteil)

Abbildung 5: Häufigste Lemmata (Rangverteilung) in einem journalistischen Text (Delo)

Abbildung 6: Ranghäufigkeit von Lemmata im slowenischen Basiswortschatz (Autosemantika)

Abbildung 7: Kumulierte proz. Vorkommenshäufigkeit im Basiswortschatz

Abbildung 8: Anzahl von Entlehnungen in unterschiedlichen Frequenzbereichen

Abbildung 9: Ranghäufigkeitsverteilung der 185 Entlehnungen im slowenischen Basiswortschatz

Abbildung 10: Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Anzahl von Bedeutungen (x-Achse) und der Frequenz (y-Achse)

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Vorwort

Es wird kaum zu bestreiten sein, dass im gegenwärtigen linguistischen Betrieb quantitative bzw. statistische Methoden eine immer größere Rolle spielen. Davon sind alle Bereiche der Linguistik gleichermaßen betroffen, wenngleich dies für die Korpuslinguistik, Teile der Sprachtypologie, der empirisch orientierten kognitiven Linguistik und Psycholinguistik in besonderer Weise gilt. Darüber hinaus wird die in vielen philologischen Disziplinen diskutierte Digitalisierung (im Sinne des Regenschirmterminus digital humanities) mittelfristig in der Linguistik wohl Spuren hinterlassen. Dies insbesondere in Hinblick auf die Anwendung von statistischen Methoden, die nötig sind für eine adäquate Auswertung von eruierten linguistischen Daten. Im vorliegenden Buch geht es nicht darum, eine bestimmte Methode in den Vordergrund des Interesses zu stellen. Vielmehr soll gezeigt werden, welches Potential sich aus den genannten Entwicklungen für die aktuelle Sprachkontaktforschung ergeben kann. Im Fokus des vorliegenden Buches steht die Frage nach Entlehnungen im slowenischen Basiswortschatz aus einer gebrauchsbasierten Perspektive. Eine adäquate Beantwortung dieser Frage erfordert digitalisierte Textsammlungen (= Korpora), die es erlauben, die Häufigkeit (Frequenz) von linguistischen Einheiten festzustellen. Damit sind ohne Zweifel exakte und umfassende Einblicke in die untersuchten Bereiche möglich, die möglicherweise zwar auch intuitiv und introspektiv gewonnen werden könnten, aber für weiterführende fundierte, gesicherte epistemologische Verallgemeinerungen nicht taugen würden. Mit deskriptiven Befunden zur Häufigkeit von Entlehnungen allein ist es aber nicht getan, sondern genauso wichtig ist eine entsprechende linguistische Einbettung und Interpretation der eruierten Daten. Allerdings kommt dies dem Aufzäumen eines Pferdes von hinten gleich: Daten eruieren, statistisch auswerten, und dann erst interpretieren? Das ist nicht der übliche Weg, sondern in der Regel steht tatsächlich eine Forschungsfrage, eine These, und im Idealfall bereits eine Hypothese zur Verfügung. Im vorliegenden Fall wird die einigermaßen naive Frage nach der Anzahl von Entlehnungen im slowenischen Basiswortschatz in den Mittelpunkt gestellt. Einerseits wird bei der Beantwortung dieser Frage auf einen traditionellen wörterbuchbasierten Ansatz zurückgegriffen. Andererseits wird es notwendig sein, komplementär dazu auf gebrauchsbasierte (usage-based) Ansätze einzugehen. Diese lassen sich in weiterer Folge in einen direkten Bezug zur Frequenz (Vorkommenshäufigkeit) von lexikalischen Einheiten bzw. Entlehnungen stellen, wobei die Häufigkeit nicht nur eine „technische“ Größe ←11 | 12→darstellt, sondern für einen größeren theoretischen Rahmen von Interesse ist. Die Frequenz ergibt sich durch einen latenten Wiederholungsdruck in der Kommunikation und der Sprache und ist als eine durch kontinuierlichen Gebrauch durch den Sprecher/die Sprecherin bzw. den Hörer/die Hörerin geformtes Phänomen bzw. Struktur zu verstehen. Gebrauchsbasierte Ansätze sind zwar in der Vergangenheit mehrfach in der Sprachkontaktforschung fruchtbar angewandt worden, aber weniger allerdings im slawistisch-slowenistischen Kontext bzw. generell in Bezug auf slawische Sprachen. Demnach ist eine gebrauchs- bzw. frequenzbasierte Perspektive eine von vielen Möglichkeiten, um lexikalischen Transfer im Rahmen von Sprachkontakt zu untersuchen. Ohne Zweifel müssen aber Fragen des Sprachkontaktes bzw. daraus resultierende Entlehnungen auch in einen entsprechenden kultur- und sprachhistorischen Kontext gestellt werden. Lexikalische Systeme sind dynamische Systeme, deren Beschreibung zwar als eine Art Momentaufnahme erscheint, die aber das Resultat von vorangehenden historischen Prozessen sind und somit in vielerlei Hinsicht eine explizit extralinguistische Komponente beinhalten. Aus dieser Perspektive kann das Slowenische als Prototyp einer bewusst konstruierten Standardsprache in der Slavia angesehen werden, geprägt von einem unterschiedlichen Ausmaß an jeweils wirkenden puristischen Einflüssen bzw. einem bewussten Drang nach Slawisierung und Archaisierung, wenngleich gleichzeitig sich das Slowenische dem Einfluss von globalen Phänomenen und Entwicklungen, wie auch andere Sprachen, nicht entziehen konnte und kann. Die Auseinandersetzung mit lexikalischen Entlehnungen – und damit kehren wir zurück zum linguistischen Kerngeschäft – erfordert ein tiefgehendes Verständnis der etymologischen und sprachgeschichtlichen Dimension. Dies gilt vor allem in Hinblick auf die Provenienz und die möglichst genaue Datierung des Zeitpunktes einer Entlehnung. Während das Operieren mit Frequenzdaten den Eindruck von gebührender Exaktheit vermittelt, ist aber diese Art der linguistischen Kategorisierung und Identifikation von einem unterschiedlich hohen Grad an Unsicherheit, Vagheit und Mehrdeutigkeit begleitet. Genau dieses Spannungsfeld von Exaktheit und allgemeiner Unschärfe bei der Untersuchung von Entlehnungen im Basiswortschatz des Slowenischen galt es mit diesem vorgelegten Buch zu betreten, welches de facto nur einen selektiven Einblick in die bisher erzielten Ergebnisse liefert. Insofern schließen sich damit kleine Kreise in Hinblick auf einen größeren Forschungskreis, der neben Theorien und Methoden immer auch eine empirische Dimension zu beinhalten hat. Aus diesem Grund versteht sich das vorliegende Buch als ein Versuch, sowohl „qualitative“ und „quantitative“ Sichtweisen als auch induktive und deduktive Herangehensweisen zu verbinden. Wir sind davon überzeugt, dass der gewählte Weg zwar keine grundsätzlich ←12 | 13→neuen, aber dafür recht tiefe, empirisch fundierte, und insgesamt doch innovative Einblicke in die „Lehnwortbeziehungen“ des Slowenischen gibt. Der vorgeschlagene Weg, der gleichzeitig eine notwendige kritische Distanz gegenüber einer allzu naiven Einschätzung der Leistungsfähigkeit einer gebrauchs- und frequenzbasierten Linguistik beinhaltet, sollte sich, so die Hoffnung, in Zukunft auf andere slawische Sprachen übertragen lassen. Erst dann werden auf systematischem Vergleich beruhende Einschätzungen und nachhaltige „Typologisierungen“ der Formen und Arten von Sprachkontakt auf der Basis der Lexik der slawischen Sprachen möglich sein. Dank gebührt Wolfgang Eismann und Catharina Krebs für die Vielzahl von wertvollen Hinweisen zum Manuskript dieser Arbeit und den Herausgebern für die Aufnahme in die Reihe.

Wien, in und vor den Covid-19 Jahren

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1 Einleitung

Die zentrale Fragestellung des vorliegenden Buches ist schnell auf den Punkt gebracht: Wie viele Entlehnungen gibt es im Basiswortschatz der heutigen slowenischen Standardsprache? Auf den ersten Blick erscheint die Frage möglicherweise als relativ einfach, auf den zweiten Blick vielleicht als etwas naiv, aber zumindest von der Intention her ist die Fragestellung klar und vor allem legitim. Es geht um die Untersuchung von Entlehnungen unter erschwerten Bedingungen, zumal in der Linguistik die Annahme weit verbreitet ist, dass ein Basiswortschatz lehnwortresistent sei und nur im Falle von länger andauerndem Sprachkontakt lexikalische Einheiten aus anderen Sprachen aufnimmt. Diese Annahme ist zwar vielfach widerlegt, aber es bleibt zu beantworten, wie die Verhältnisse in dieser Hinsicht im Slowenischen sind. Die Beschränkung auf einen Teilbereich des Wortschatzes (in diesem Fall des Basiswortschatzes) muss schon allein deshalb erfolgen, da eine Teilmenge der unendlich großen Lexik einer Sprache als ein geschlossenes Inventar festgelegt werden muss, um zu seriösen quantitativen Bestimmungen zu kommen.

Nach einer entsprechenden tiefergehenden Reflexion dieser Frage kommt sofort eine Reihe von damit verbundenen Problemen in den Sinn, die es gilt im vorliegenden Buch schrittweise abzuarbeiten. Die ersten sieben Kapitel der vorliegenden Arbeit dienen im Grunde der eingehenden Klärung von notwendigen „Bausteinen“ und „Ingredienzien“ der vorliegenden Untersuchung, dem Abstecken des konzeptuellen Rahmens und der entsprechenden Abgrenzung der untersuchten Forschungsfragen.

In erster Linie geht es im vorliegenden Buch um das Slowenische, und da sich das Buch in einem slawistisch/slowenistischen Bereich verortet, wird im zweiten Kapitel zuerst ein geraffter Überblick zur Sprachgeschichte des Slowenischen gegeben. In erster Linie steht die slowenische Standardsprache im Mittelpunkt und genauer gesagt geht es vor allem um die Frage, welche Spuren der Sprachkontakt im lexikalischen Fonds des Slowenischen hinterlassen hat. Der von uns bewusst gewählte Fokus liegt auf der Standardsprache (bzw. in etwas anderer Terminologie Schriftsprache). Diese Festlegung ist möglicherweise nicht unumstritten, zumal Standardsprachen gerne der Makel von vermeintlicher Künstlichkeit bzw. fehlender Authentizität1 ←15 | 16→nachgesagt wird. In dieser Hinsicht scheint das Slowenische in der Tat eine Art Prototyp darzustellen (zumindest erweckt die einschlägige slawistisch-linguistische Literatur diesen Eindruck), wonach (vor allem) die Lexik des heutigen Standardslowenischen als das künstliche Produkt einer durch und durch puristisch orientierten Sprachpolitik des 19. Jahrhunderts anzusehen ist. Dieser Purismus soll mit Inbrunst jegliche zuvor zahlreich vorhandene Germanismen und Romanismen aus dem Wortschatz getilgt haben. Stattdessen wurde die Übernahme aus anderen slawischen Sprachen forciert. Dieser Prozess resultiert demnach in einer „künstlichen Archaisierung“ des Slowenischen. Derartige, hier zugegebenermaßen pointiert zusammengefasste Behauptungen, sind aber, wie zu zeigen sein wird, nur recht plakative und oberflächliche Einschätzungen und werden einer empirischen Prüfung nur eingeschränkt standhalten. Es wird auf der Basis empirisch fundierter Aussagen, die Frage nach Entlehnungen im Basiswortschatz des Slowenischen in einem etwas anderen Licht als bislang erscheinen. Darüber hinaus ist auf die Sprachgeschichte des Slowenischen einzugehen. Insbesondere im Fokus steht die Frage, welche Rolle die zeitliche Tiefe der Bestimmung von Entlehnungen spielen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Analyse eines Basiswortschatzes (unter anderem) relativ alte Entlehnungen zu Tage fördert, deren exakte chronologische Zuordnung Probleme bereiten kann. Insbesondere ist die Frage zu klären, ob es sich dabei tatsächlich bereits um Entlehnungen in das ←16 | 17→Slowenische handelt, oder ob diese nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt der Sprachentwicklung übernommen wurden. Insofern gilt es den zeitlichen Rahmen der Herausbildung des Slowenischen zu klären und entsprechende Vorstufen (Urslawisch, Alpenslawisch) in Betracht zu ziehen, um auch zu zeigen, welche Entlehnungen bereits im urslawischen Dialektkontinuum vorhanden gewesen sind und somit nur bedingt als genuin „slowenische“ Entlehnungen identifiziert werden.

Details

Seiten
330
Jahr
2023
ISBN (PDF)
9783631897706
ISBN (ePUB)
9783631897713
ISBN (Hardcover)
9783631886137
DOI
10.3726/b20588
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (April)
Schlagworte
Slowenischer Grundwortschatz lexikalische Entlehnungen im slowenischen Wortschatz Rolle der lexikalischen Entlehnungen
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 330 S., 10 s/w Abb., 14 Tab.

Biographische Angaben

Emmerich Kelih (Autor:in)

Emmerich Kelih ist Professor für slawische Sprachwissenschaft am Institut für Slawistik der Universität Wien. Er ist Autor mehrerer Publikationen zur Phonologie, Morphologie, Lexik und Semantik slawischer Sprachen und hat einen Schwerpunkt in der quantitativen Sprach- und Textanalyse.

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