Elina Gertsman, The Absent Image: Lacunae in Medieval Books. University Park, PA: The Pennsylvania State University Press, 2021, 232 S. mit 120 farbigen Abb.
2 Pages
Open Access
Journal:
Mediaevistik
Volume 36
Issue 1
Publication Year 2023
pp. 306 - 307
Summary
Was ist es, das der Mensch mehr liebt als sein Leben, was der Arme hat und der Reiche braucht, das alle Menschen in ihr Grab mitnehmen? Die bestechende Antwort ist: Nichts! Diese Einsicht ist einem Gedicht am Ende dieses inspirierenden Bandes entnommen, der sich gerade damit beschäftigt, was doch nur auf den ersten Blick als gar kein Thema der mittelalterlichen Kunstgeschichte verstanden werden könnte. Tatsächlich zeigt Elina Gertsman in diesem gedankenreichen Band, wie anregend das Nachdenken über die Absenz und das Nichts sein kann. Das konkrete Feld ihrer Studie sind dabei die mittelalterlichen Handschriften. Ausgehend von einer I-Initiale in der Kaishaimer Bibel (BSB Cod. lat. 28169) überlegt Gertsman, wie man in der Buchillumination, die doch oft eher den Eindruck von „horror vacui“ vermittelt, die absichtliche Ausklammerung von bemalter, aber umrahmter Fläche verstehen kann. Unzweifelhaft wird hier mit der Abwesenheit einer eigentlich angedachten Darstellung gespielt, der Betrachter vor den Kopf gestoßen. In diesem Fall ist der Grund dafür benennbar, denn es geht um eine Initiale, die die Genesis und die Schöpfung illuminiert. Damit hat das Buch schon eine erste ikonographische Situation vorgestellt, in der das Nichts abgebildet wurde – als Darstellung des Zustands vor der Schöpfung. Es gibt also eine theologische, eine künstlerische Tradition des Nachdenkens und des Abbildens des Nichts im Mittelalter.
Details
- Pages
- 2
- DOI
- 10.3726/med.2023.01.33
- Open Access
- CC-BY
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