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Die Notwendigkeit begründeter Entscheidungen in Krisenzeiten

Kann der transzendentalpragmatische Ansatz der Kommunikationsethik als Leitlinie dienen?

by Christine Armbruster (Author)
©2025 Monographs 442 Pages

Summary

Angesichts der gegenwärtigen Krisensituationen ist die Notwendigkeit begründeter Entscheidungen unbestritten. 1784 ruft Immanuel Kant dazu auf, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Es war auch Kant, der die Erkenntnislehre revolutionierte und dessen Philosophie in andere philosophische, rechtsphilosophische und rechtswissenschaftliche Lehren einfließt. Der vorliegende Band vermittelt nicht nur einen Einblick in die Kantische Philosophie und die Rechtswissenschaft, sondern vor allem in die Diskurstheorie in Form der Transzendentalpragmatik und in die Lehre der juristischen Argumentation, um der Frage, ob und auf welche Weise Entscheidungen zu begründen sind, näherzutreten. Begründete Entscheidungen sind möglich, wenn hierfür –
gemäß der (Diskurs-)Ethik und der Argumentationstheorien – an die Lebenswelt adaptierte Voraussetzungen geschaffen werden, womit sie sich dem Menschen nicht mehr als oktroyiert und willkürlich, sondern als selbstbestimmt und begründet präsentieren.

Table Of Contents

  • Abdeckung
  • Titelblatt
  • Copyright-Seite
  • Inhalt
  • Verzeichnis der Abbildungen
  • Vorwort
  • Zur Zitierweise
  • Immanuel Kant
  • Aristoteles
  • Platon
  • Zitierweise der verbleibenden Literatur
  • Hervorhebungen
  • Einleitung
  • Teil 1
  • 1 Von der Diskurstheorie und der Notwendigkeit begründeter Entscheidungen
  • 1.1 Karl-Otto Apel und sein transzendentalpragmatischer Ansatz der Diskurstheorie
  • 1.1.1 Immanuel Kant und sein philosophischer Beitrag zur Diskurstheorie
  • 1.1.2 Lawrence Kohlbergs Psychologie und ihre Bedeutung für die Diskurstheorie
  • 1.1.3 Der Rechtswissenschaftler Hans Kelsen und der Rechtsphilosoph Robert Alexy im Kontext mit der Diskurstheorie
  • 1.2 Jürgen Habermas als Bezugspunkt
  • 2 Von der Diskurstheorie und ihren philosophischen und psychologischen Einflüssen
  • 2.1 Immanuel Kants philosophisches „Wohnhaus“ (KrV B 735f./A 707f.)
  • 2.2 Lawrence Kohlbergs „Psychologie der Moralentwicklung“
  • 2.3 Emmanuel Levinas’ politisches Denken und Handeln
  • 3 Diskurstheoretische Implikationen auf Politik und Rechtswissenschaft
  • 3.1 Karl-Otto Apel: Diskursethik und Krisensituationen der Menschheit
  • 3.2 Robert Alexy: Rationale Argumentation im juristischen Kontext
  • 3.3 Hans Kelsens juristischer Werkzeugkasten: die Reine Rechtslehre
  • 3.4 Immanuel Kants Rechtsphilosophie als Verwirklichung ethischer Ansprüche
  • Teil 2
  • 4 Der transzendentalpragmatische Ansatz der Kommunikationsethik als Weg zur begründeten Entscheidung
  • 4.1 Letztbegründung anhand der Kantischen Philosophie
  • 4.2 Wolfgang Kuhlmanns Auseinandersetzung mit dem Problem der Letztbegründung
  • 4.3 Hans Kelsens Grundnormtheorie und die Letztbegründung des positiven Rechts
  • 4.3.1 Robert Alexy und Norbert Hoerster: Lösungsansätze für das Begründungsdilemma der Grundnorm Kelsens
  • 4.4 Juristische Argumentation und Letztbegründung anhand Robert Alexys Theorie des rationalen juristischen Diskurses
  • 4.5 Kann Karl-Otto Apels transzendentalpragmatischer Ansatz im Rahmen der Begründung von Entscheidungen Abhilfe schaffen?
  • 5 Schlussbemerkung
  • 6 Literaturverzeichnis

Christine Armbruster

Die Notwendigkeit begründeter Entscheidungen in Krisenzeiten: Kann der transzendentalpragmatische Ansatz der Kommunikationsethik als Leitlinie dienen?

Berlin · Bruxelles · Chennai · Lausanne · New York · Oxford

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISSN 2191-1878

ISBN 978-3-631-92683-3 (Print)

ISBN 978-3-631-92684-0 (E-PDF)

ISBN 978-3-631-94135-5 (E-PUB)

DOI 10.3726/b23092

Verlegt durch Peter Lang GmbH, Berlin (Germany)

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

www.peterlang.com

Inhalt

Verzeichnis der Abbildungen

Vorwort

Zur Zitierweise

Immanuel Kant

Aristoteles

Platon

Zitierweise der verbleibenden Literatur

Hervorhebungen

Einleitung

Teil 1

1 Von der Diskurstheorie und der Notwendigkeit begründeter Entscheidungen

1.1 Karl-Otto Apel und sein transzendentalpragmatischer Ansatz der Diskurstheorie

1.1.1 Immanuel Kant und sein philosophischer Beitrag zur Diskurstheorie

1.1.2 Lawrence Kohlbergs Psychologie und ihre Bedeutung für die Diskurstheorie

1.1.3 Der Rechtswissenschaftler Hans Kelsen und der Rechtsphilosoph Robert Alexy im Kontext mit der Diskurstheorie

1.2 Jürgen Habermas als Bezugspunkt

2 Von der Diskurstheorie und ihren philosophischen und psychologischen Einflüssen

2.1 Immanuel Kants philosophisches „Wohnhaus“ (KrV B 735f./A 707f.)

2.2 Lawrence Kohlbergs „Psychologie der Moralentwicklung“

2.3 Emmanuel Levinas’ politisches Denken und Handeln

3 Diskurstheoretische Implikationen auf Politik und Rechtswissenschaft

3.1 Karl-Otto Apel: Diskursethik und Krisensituationen der Menschheit

3.2 Robert Alexy: Rationale Argumentation im juristischen Kontext

3.3 Hans Kelsens juristischer Werkzeugkasten: die Reine Rechtslehre

3.4 Immanuel Kants Rechtsphilosophie als Verwirklichung ethischer Ansprüche

Teil 2

4 Der transzendentalpragmatische Ansatz der Kommunikationsethik als Weg zur begründeten Entscheidung

4.1 Letztbegründung anhand der Kantischen Philosophie

4.2 Wolfgang Kuhlmanns Auseinandersetzung mit dem Problem der Letztbegründung

4.3 Hans Kelsens Grundnormtheorie und die Letztbegründung des positiven Rechts

4.3.1 Robert Alexy und Norbert Hoerster: Lösungsansätze für das Begründungsdilemma der Grundnorm Kelsens

4.4 Juristische Argumentation und Letztbegründung anhand Robert Alexys Theorie des rationalen juristischen Diskurses

4.5 Kann Karl-Otto Apels transzendentalpragmatischer Ansatz im Rahmen der Begründung von Entscheidungen Abhilfe schaffen?

5 Schlussbemerkung

6 Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen  

Abbildung 1: (a) „Die ,Tafel der Kategorien‘“ (KrV B 106f./A 80f.); (b) „Die Tafel der Elemente der ,rationalen Seelenlehre‘“ (KrV B 402f./A 344f.).

Abbildung 2: „Die ,vier kosmologische[n] Ideen‘ analog zu den vier Titeln der Kategorien“ (KrV B 443/A 415f.).

Abbildung 3: (a, b). „Die ,Rechtsdogmatik‘ als ,tatsächlich betriebene Rechtswissenschaft im engeren und eigentlichen Sinne‘“ (Alexy 2021, 307).

Abbildung 4: „Die Kantische Rechtslehre auf einen Blick“ (Armbruster 2022, 234; vgl. AA VI, 229f.; Höffe 1999, 44).

Abbildung 5: „Die drei Maximen des gemeinen Menschenverstandes mit Blick auf die (Selbst-)Disziplinierung des endlichen Vernunftwesens und auf die (Selbst-)Konstitution eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens“ (vgl. Armbruster 2022, 318).

Abbildung 6: „Interaktion zwischen den Begründungsverfahren Deduktion, Induktion und Abduktion in Korrelation mit den drei Gewalten eines demokratischen Rechtsstaates“ (vgl. Armbruster 2022, 311; Zeidler 2016a, 36).

Vorwort  

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem Beschluß vom 14. Februar 1973 (Rechtsfortbildungsbeschluß) gefordert, daß die Entscheidung des Richters „auf rationaler Argumentation beruhen“ muß. […] Die Frage, was rationale bzw. rationale juristische Argumentation ist, ist […] kein Problem, das nur den Rechtstheoretiker oder Rechtsphilosophen zu interessieren hat. Es stellt sich ebenso dringlich dem praktisch tätigen Juristen und geht jeden an öffentlichen Dingen teilnehmenden Bürger an. (Alexy 2021, 15)

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung. (AA VIII, 35)

Im September 2024 gedachte der „14. Internationale Kant-Kongress“, der unter dem Titel „Kants Projekt der Aufklärung“ (https://www.kant2024.uni-bonn.de/de) firmierte, Immanuel Kant anlässlich seines 300. Geburtstags. Es ist Kant, der drei Jahre (1784) nach seiner einflussreichen Kritik der reinen Vernunft, die den Grundstein für seine Transzendentalphilosophie legte und einen Wendepunkt in der Erkenntnislehre markiert, eindringlich dazu aufruft, sich „ohne Leitung eines anderen [Hervorhebung, C. A.]“ des „eigenen Verstandes“ zu bedienen (AA VIII, 35). Es kommt mithin nicht von ungefähr, dass Kant im Rahmen meiner Untersuchung, die sich der Möglichkeiten einer rationalen, letztbegründeten Entscheidung verschreibt, die Explikation der philosophischen, rechtsphilosophischen und rechtswissenschaftlichen Lehren zu diesem Thema begleitet. Darüber hinaus ist der Einfluss der Kantischen Philosophie vor allem auf Karl-Otto Apels Transzendentalpragmatik und auf Hans Kelsens Reine Rechtslehre unverkennbar.

Karl-Otto Apel, der Begründer der Transzendentalpragmatik, stellt sich bereits mit seiner 1976 veröffentlichten Schrift „Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft und die Grundlagen der Ethik“ dem Problem der rationalen Begründung der Ethik und führt dieses Unternehmen im Text Diskurs und Verantwortung. Das Problem des Übergangs zur postkonventionellen Moral, in dem er seine Diskurs- und Kommunikationsethik zu einer geschichtsbezogenen „Verantwortungsethik“ erweitert, fort (Apel 2015, 358; Apel 2016, 123). Er ist bestrebt, mit dem „tief eingewurzelte[n] Vorurteil“, dass eine „rationale Begründung der Ethik“ unmöglich sei, vermittels einer „reflexiven, transzendentalpragmatischen Letztbegründung“ in Anlehnung an Kants Transzendentalphilosophie aufzuräumen (Apel 2016, 7). Eine derartige Begründung kann nur – entgegen der Kantischen Philosophie – auf der Ebene des „argumentativen Diskurses“, mithin intersubjektiv geschehen, weshalb es einer „idealen“ und einer „realen Kommunikationsgemeinschaft“ bedarf (Apel 2016, 8f.). Die „philosophische Letztbegründung“ bestimmt Apel als „reflexive[n] Rückgang auf das, was ohne performativen Selbstwiderspruch nicht bestritten werden kann“ (Apel 2016, 8). Im Sinne der geschichtsbezogenen, „postkonventionellen Verantwortungsethik“ führt er die Unterscheidung zwischen „Teil A“ und „Teil B“ seiner Ethik ein, wobei „Teil A“ – gemäß der Intention einer „transzendentalpragmatischen Letztbegründung“ – als Grundlegung der Ethik und damit als Grundlage für die „geschichtsbezogene“ Verantwortungsethik zu verstehen ist, und die, „vom Argumentierenden unbestreitbar vorausgesetzte […] ideale Kommunikationsgemeinschaft“ als „Ideal“ festmacht. „Teil B“ seiner Ethik stellt sich der Aufgabe, dieses Ideal für die Anwendung an kontingente Situationen, wie es Krisen der Menschheit sind, fruchtbar zu machen, weshalb – in Analogie zum Kategorischen Imperativ Kants und zum Universalisierbarkeitsprinzip Habermas’ – das „Handlungsprinzip“ zu formulieren ist (Apel 2016, 134; 123; vgl. Apel 2016, 122). Apel erkennt in Ansehung der Beantwortung der Frage „,Warum soll ich überhaupt moralisch sein […]?‘“ die Notwendigkeit einer „Transformation und Radikalisierung der transzendentalen Fragestellung Kants“ und geht mit seiner Diskursethik zudem insofern über Habermas’ Konzeption hinaus, als er den Anspruch auf Letztbegründung erhebt (Apel 2016, 173).

Robert Alexys Theorie der juristischen Argumentation fungiert gleichsam als Bindeglied zwischen der Ethik Kants und Apels und der Reine[n] Rechtslehre Hans Kelsens, dient sie doch als Theorie des rationalen Diskurses der juristischen Begründung. Entgegen der Annahme, dass die Anwendung der Rechtsnormen – gemäß der „Subsumtionsthese“ (Hoerster 2012, 70) – „nichts anderes als eine logische Subsumtion unter begrifflich geformte Obersätze sei“, geht er der Frage nach, „was unter rationaler juristischer Argumentation zu verstehen [und] ob und in welchem Umfang sie möglich ist“ (Alexy 2021, 17; 15). Alexy weist die „juristische“ Argumentation nicht nur als „sprachliche Tätigkeit“ – man denke an die zentrale Bedeutung der „Kommunikationsgemeinschaft“ in Apels Diskursethik (Alexy 2021, 32; Apel 2016, 9) – aus, sondern zudem als „Sonderfall des allgemeinen praktischen Diskurses“, womit er sich, wie Apel, mit dem Problem konfrontiert sieht, „praktische Fragen“ als Gegenstand des „empirischen“ Diskurses mit den „Kriterien für die Rationalität des juristischen Diskurses“ vermitteln zu müssen (Alexy 2021, 255; 33). Auch wenn der „juristische Diskurs“ als „Sonderfall des allgemeinen praktischen Diskurses“ zu interpretieren ist, bedarf es dennoch einer neuartigen Theorie der juristischen Argumentation, weil Letztere unter einschränkenden Bedingungen, wie beispielsweise den „Regeln der Prozeßordnung“, stattfindet. Die beiden Diskursarten – den „allgemeinen praktischen“ und den „juristische[n] Diskurs“ – eint, die „Richtigkeit normativer Aussagen“ ausweisen zu müssen (Alexy 2021, 32; 34). Trotz seiner elaborierten Darstellung einer Theorie des rationalen, juristischen Diskurses muss Alexy zu dem Schluss gelangen, dass die „Theorie des rationalen juristischen Diskurses in dem Umfang, in dem […] allgemeine praktische Argumente erforderlich sind, an den Unsicherheiten der Theorie des allgemeinen praktischen Diskurses“ leiden wird. Diese Schwäche seiner juristischen Diskurstheorie muss Alexy deshalb öffentlich bekennen, weil er die „,Integrationsthese‘“ vertritt, die „auf allen Stufen“ eine kombinierte Verwendung „spezifisch juristischer Argumente“ und „allgemeiner praktischer Argumente“ vorsieht (Alexy 2021, 358; 38).

Hans Kelsen, der die österreichische Bundesverfassung maßgeblich mitgestaltete, wird nach Matthias Jestaedt und Oliver Lepsius als „der ,Jurist des 20. Jahrhunderts‘“ gefeiert und repräsentiert einen „Klassiker von immenser Aktualität und globalem Interesse“, weshalb es gerechtfertigt erscheint, ihn zur Rechtswissenschaft zu befragen (Jestaedt & Lepsius 2006, VIII). Mit seiner „deutschsprachige[n] Hauptschrift“, der Reine[n] Rechtslehre, der – neben seinem Aufsatz Vom Wesen und Wert der Demokratie – in der vorliegenden Abhandlung das Hauptaugenmerk gilt, beschreitet er neue Wege des Rechtspositivismus im Sinne eines „(ideologie)kritischen Rechtspositivismus“ (Jestaedt 2017, XXII). Entgegen der Deutung mancher Interpreten ist es nicht Kelsens Absicht, mit der Reinen Rechtslehre eine „spezielle Rechtsordnung“ vorzulegen, sondern eine „Theorie des positiven Rechts [Hervorhebung, C. A.]“ zu erarbeiten (Kelsen 2017, 21). Er unterzieht die Rechtswissenschaft – als solche will er seine Lehre verstanden wissen – insofern einer „radikalen methodologischen Revision“, als er das „statische Konzept des Gesetzespositivismus“ durch ein „dynamisches Prinzip“ im Sinne eines Rechtserzeugungsprozesses ergänzt, und mithin die „Eigengesetzlichkeit“ qua Autonomie des Rechts unterstreicht (Jestaedt 2014, 4; Jestaedt & Lepsius 2006, XIV; Kelsen 2017, 351; Kelsen 1923, VI). In gleicher Weise wie es Kant mit dem Kategorischen Imperativ und Apel mit der „ethischen Grundnorm“ gelingt, ihre Konzeptionen prinzipientheoretisch letzt-zu-begründen (Apel 2016, 46), vermag auch Kelsen mit der „Grundnorm“ als „transzendental-logische Bedingung“ für die Deutung des „subjektiven Sinn[s]“ des verfassungsgebenden Aktes als „objektiv gültige Rechtsnorm“ eine transzendentale Letztbegründung des Rechts zu erwirken (Kelsen 2017, 346; 360f.).

In diesem Sinne spürt die vorliegende Untersuchung der Möglichkeit einer prinzipientheoretischen Begründung qua Letztbegründung von Entscheidungen und Urteilen nach und versucht, die Frage zu beantworten, ob im Ausgang der Transzendentalpragmatik Apels, der Kantischen Moral- und Rechtsphilosophie und im Anschluss an die Rechtslehre Kelsens eine Vermittlung zwischen den kontingenten Situationen der Menschen und unbedingten, allgemeingültigen Entscheidungen qua Urteilen möglich ist. Die Ergebnisse der Untersuchung eröffnen einen neuen Blick auf Entscheidungen, Urteile und Normen, die sich dem Menschen nicht mehr als bloß oktroyiert und willkürlich, sondern – vermittels des „argumentativen Diskurses“ und der Selbstgesetzgebung (Kategorischer Imperativ) und auf Basis einer „Theorie des positiven Rechts [Hervorhebung, C. A.]“ – als selbstbestimmt und begründet präsentieren (Apel 2016, 8; Kelsen 2017, 21).

Zur Zitierweise  

Ich zitiere entsprechend den Konventionen der Fachliteratur Immanuel Kant, Aristoteles und Platon wie folgt:

Immanuel Kant

  1. Die Kritik der reinen Vernunft, die Kritik der praktischen Vernunft einschließlich der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, und die Kritik der Urteilskraft werden nach der Ausgabe von Wilhelm Weischedel zitiert und die Seitenanzahlen der ersten (= A) und der zweiten (= B) Auflage – so es zwei Auflagen gibt – angegeben, z. B. B 670/A 642 = zweite Auflage, Seite 670.

    Diesen Angaben werden die folgenden Siglen vorangestellt: GMS / Grundlegung, „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“; KpV, Kritik der praktischen Vernunft; KrV, Kritik der reinen Vernunft; KU, Kritik der Urteilskraft;

  2. Die übrigen Schriften Kants werden nach der Akademie-Textausgabe (= AA), herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, zitiert, z. B. AA VI, 231 = Band VI der Akademieausgabe, Seite 231.

    Wird im Text auf eine der Schriften ohne direktes oder indirektes Zitat Bezug genommen, kommen die folgenden Siglen zur Anwendung: Gemeinspruch, „Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“; Idee, „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“; Metaphysik, „Die Metaphysik der Sitten“;

Aristoteles

Aristoteles wird mit den sogenannten Bekker-Zahlen zitiert, welche die Seite, die Spalte und die Zeile in der Textausgabe von Bekker angeben, z. B. An. Pr. I 6, 28a17 = Analytica Priora, Buch I, Kapitel 6, Seite 28, Spalte a, Zeile 17. Die Zeilenangaben zu den Texten der beiden Aristotelischen Analytiken beziehen sich auf die deutsche Übersetzung des Originaltextes nach Hans Günter Zekl.

Bei den Aristotelischen Schriften kommen die folgenden Siglen zur Anwendung: An. Pr., Analytica Priora; An. Post., Analytica Posteriora;

Details

Pages
442
Publication Year
2025
ISBN (PDF)
9783631926840
ISBN (ePUB)
9783631941355
ISBN (Hardcover)
9783631926833
DOI
10.3726/b23092
Language
German
Publication date
2025 (October)
Keywords
Krisen Atomare Bedrohung Kriege Zerstörung der Biosphäre Rationaler Diskurs und Argumentation in Ethik Jurisprudenz und Politik Demokratie Entscheidungsstrategien Karl-Otto Apel Immanuel Kant Hans Kelsen Robert Alexy Lawrence Kohlberg
Published
Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 2025. 442 S., 6 s/w Abb.
Product Safety
Peter Lang Group AG

Biographical notes

Christine Armbruster (Author)

Christine Armbruster lehrte als oa. Univ.Prof. an der Medizinischen Universität Wien und beendete ihr Studium der Philosophie 2017. Rationale Entscheidungen waren bereits für die medizinische Tätigkeit unverzichtbar. 2022 erschien ihr Buch Zur prinzipientheoretischen Begründung des positiven Rechts im Ausgang von Hans Kelsen und Immanuel Kant.

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Title: Die Notwendigkeit begründeter Entscheidungen in Krisenzeiten