Der Geist der Freude
Studien zu den Vorlagen, zur Textgestaltung und zu den Konzeptionen der Jugendwerke des «anderen» Goethe
Jochen Bertheau
X. Satyros oder der vergötterte Waldteufel
Extract
A. Bedeutung Goethe schätzte seine fertiggestellten Dramen so sehr auch in ihrer theatralischen Wirkung, dass er immer eine Gelegenheit suchte, sie aufführen zu lassen. Götz, Clavigo, Stella und Egmont wurden von großen Theatern in Deutschland aufgeführt, kleinere Singspiele führte er selbst in Weimar auf, selbst den rein satirisch gedachten Triumph der Empfindsamkeit. Nach der privaten Uraufführung der Iphigenie in Weimar gab er Schönborn in Mannheim nicht den Text, weil er an diesem einiges zu verbessern gedachte, sondern seine Komödie Die Mitschuldigen. Aber den Satyros führte er nie auf, und die Gründe dafür muss man suchen. Der angeblich rein private Hintergrund kann es nicht sein. Zwar suchten Goethe-Forscher des 19. Jahrhunderts nach einer biographischen Vorlage für Charakter und Wirken des Satyros. Wäre sie eindeutig gegeben wie etwa bei den Farcen Götter, Helden und Wieland (gegen Wieland) oder Prolog zu den neuesten Offenbarungen Gottes (gegen Bahrdt), wäre das Problem ausgestanden. Herder kann nicht die Vorlage gewesen sein, wie noch gezeigt werden soll. Die Kürze ist auch kein Grund, denn das gilt ja ebenso bei den aufgeführten Singspielen Goethes. Aber es handelt sich hier um ein Satyrspiel nach antikem Vorbild, bei welchem der Satyros sich einen ungeheuren Penis vorbindet und diesen erst später durch ein Tuch verhüllt: „Die Maidels laufen so vor mir.“ Das konnte man auf keiner großen deutschen Bühne und erst recht nicht im Weimarischen Privattheater zeigen. Heutzutage w...
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