Gesammelte Werke
Schriften zur philosophischen Pädagogik Teil 2- Christliche Philosophie
Series:
Anton Hilckman
Edited By Tomasz Stepien
Orthodoxie und Staatskirchentum
Extract
169
Gewiss ist es für jeden abendländischen Christen freudeweckend und trostvoll, miterleben zu dürfen, dass der beinahe tausendjährige Riss, der die Christenheit des Ostens von der des Westens trennt, sich in unseren Tagen mehr und mehr schließt. Gleichwohl glaube ich, keinen häretischen Gedanken auszusprechen, wenn es mir angemessen scheint, vor einem Zu-weit-gehen zu warnen; denn ein solches wäre es meines Erachtens doch, wollten wir über dem Sich-Öffnen in der Begegnung mit dem Osten vergessen, dass es auch abendländische Eigenwerte gibt, die wir – damit die kommende, von uns allen erhoffte Einheit von Ost und West eine echte und nicht eine verfälschte Einheit werde – niemals preisgeben dürfen. Die dogmatischen Unterschiede zwischen Ostkirche und abendländischen Katholizismus, mochten sie auch vom Osten jahrhundertelang überbetont werden, sind minimal; es wäre aber Blindheit, zu verkennen, dass stattdessen die Unterschiede im kulturellen Bereich umso größer sind.
Das abendländische Christentum bildete seine Eigenart in jahrhundertelangen Auseinandersetzungen mit den politischen Mächten; unabdingbar ist der Anspruch der abendländischen Kirche auf ein freies Eigenleben, in das die staatliche Macht nicht hineinzuregieren hat. Man darf sagen, dass das Abendland in der Schule von Cluny zum vollen Bewusstsein seiner selbst gelangte. Ohne Cluny hätte es keinen Gregor VII. gegeben, der die abendländische Auffassung von der Freiheit der Kirche gegen einen Heinrich IV., der sich, ebenso wie später die Hohenstaufen, an der byzantinischen Kaiseridee orientierte, durchzusetzen vermochte.
Bei...
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