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Die Anfechtung vertraglich vereinbarter Aufrechnungen innerhalb und außerhalb der Insolvenz

von Markus Johannes Huber (Autor:in)
Dissertation 440 Seiten

Zusammenfassung

Vertraglich vereinbarte Aufrechnungen gehören zu den wichtigsten zivilrechtlichen Erfüllungssurrogaten. Zugleich stellen sie bei drohender Insolvenz oder Zwangsvollstreckung relativ einfache Gestaltungsoptionen zur Verkürzung des schuldnerischen Vermögens dar, da sie es einem Gläubiger ermöglichen, eine Forderung des Schuldners ohne reale Leistungserbringung zum Erlöschen zu bringen. Diese Arbeit untersucht für die verschiedenen Varianten vertraglich vereinbarter Aufrechnungen, unter welchen Voraussetzungen diese zugunsten der Insolvenz- bzw. Zwangsvollstreckungsgläubiger im Wege der Anfechtung rückgängig gemacht werden können. Insbesondere wird der Frage nachgegangen, ob und inwieweit dabei Differenzierungen zwischen der Insolvenzanfechtung und der Gläubigeranfechtung geboten sind.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Thematik und Gang der Untersuchung
  • B. Terminologische Festlegungen
  • I. Zum Begriff der Gläubigeranfechtung
  • II. Zur vertraglich vereinbarten Aufrechnung
  • Kapitel 1. Das Verhältnis von Insolvenz- und Gläubigeranfechtung
  • A. Die historische Entwicklung beider Anfechtungsinstitute
  • I. Die actio Pauliana des römischen Rechts als Grundlage der heutigen Anfechtungsregelungen
  • 1. Die Schutzmittel für die Gläubiger im klassischen römischen Recht
  • a) Das Gesamtvollstreckungsverfahren im prätorischen Recht
  • b) Die Anfechtungsrechtsbehelfe bei Benachteiligung der Gläubiger
  • 2. Die Einheitsanfechtungsklage des nachklassischen römischen Rechts
  • 3. Fortwirkung der actio Pauliana im gegenwärtigen Anfechtungsrecht
  • II. Die Vorgängerregelungen der InsO und des AnfG
  • 1. Die Anfechtungsregelungen des preußischen Rechts
  • 2. Die Konkurs- und Einzelanfechtung in der Reichsjustizgesetzgebung
  • 3. Beibehaltung der anfechtungsrechtlichen Konzeption in den heutigen Regelungen der InsO und des AnfG
  • III. Konsequenzen für das Verhältnis beider Anfechtungsinstitute
  • B. Das teleologische Verhältnis von Insolvenz- und Gläubigeranfechtung
  • I. Die Wiederherstellung der Haftungsordnung als grundlegendes Rechtsschutzziel der Anfechtungsinstitute
  • 1. Die Wirkungen der Insolvenzanfechtung
  • 2. Die Wirkungen der Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens
  • 3. Die gemeinsame Zwecksetzung der Anfechtungsinstitute und deren unterschiedliche Verwirklichung
  • 4. Unergiebigkeit für eine fundierte Deutung der Anfechtungsinstitute
  • II. Sinn und Zweck der Tatbestände der Insolvenz- und Gläubigeranfechtung
  • 1. Der Schutz des Befriedigungsrechts der Gläubiger als weitgehend unzureichender Differenzierungsansatz
  • 2. Die par conditio creditorum als nur partiell tragfähiger Begründungsansatz für die Insolvenzanfechtung
  • a) Verhältnis zu den Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung
  • b) Die Vorverlagerung der par conditio creditorum als Grundlage der Deckungsanfechtung
  • c) Keine Erklärung der Vorsatz- und Schenkungsanfechtung aus dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung
  • d) Die unzutreffende Begründung des § 132 InsO über die par conditio creditorum
  • 3. Differenzierte Bestimmung von Sinn und Zweck der übrigen Anfechtungstatbestände
  • a) Die Zielsetzung der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen
  • b) Die der Vorsatzanfechtung zugrundeliegenden Erwägungen
  • c) § 132 InsO als Bindeglied zwischen Deckungsanfechtung und allgemeiner Insolvenzanfechtung
  • C. Resümee mit Folgerungen für die Auslegung der geltenden Anfechtungsnormen
  • Kapitel 2. Die Varianten der vertraglich vereinbarten Aufrechnung und ihre Wirkung in der Insolvenz sowie in der Zwangsvollstreckung
  • A. Die Arten der vertraglichen Aufrechnung nach bürgerlichem Recht
  • I. Überblick
  • II. Vorab: Die einseitige Aufrechnung nach den §§ 387 ff. BGB
  • 1. Gesetzliche Voraussetzungen nach den §§ 387 ff. BGB
  • 2. Doppelfunktion als Schuldnerakt und gleichzeitiger Gläubigerakt
  • a) Erfüllungs- und Schuldtilgungsfunktion
  • b) Vollstreckungs- und Sicherungsfunktion
  • 3. Rechtsnatur der einseitigen Aufrechnung
  • III. Die Aufrechnung durch Vertrag als Grundform der vertraglichen Aufrechnung
  • 1. Parteiautonomie als dogmatische Grundlage
  • 2. Erscheinungsformen der Aufrechnung durch Vertrag
  • a) Aufrechnungsvertrag mit Sofortvollzug – compensatio in praeteritum
  • b) Bedingter Aufrechnungsvertrag über bereits entstandene Forderungen
  • c) Antizipierter Aufrechnungsvertrag über künftig entstehende Forderungen
  • d) Rechtliche Eigenständigkeit der Vereinbarung einer Aufrechung durch Vertrag
  • 3. Verhältnis zu den Erfordernissen der einseitigen Aufrechnung
  • a) Abweichungsmöglichkeiten von den Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB
  • b) Zwingende Elemente der Aufrechnung durch Vertrag
  • 4. Wirkungen der Aufrechnung durch Vertrag
  • 5. Funktionen der konsensualen Aufrechnung
  • 6. Rechtsnatur
  • IV. Die einseitige Aufrechnung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung über Aufrechnungsvoraussetzungen
  • 1. Begriff und Bedeutung
  • 2. Abgrenzung zu den übrigen Aufrechnungstypen
  • 3. Dogmatische Grundlage gleich dem Aufrechnungsvertrag in der Parteiautonomie
  • 4. Disposition über die Anforderungen der §§ 387 ff. BGB
  • 5. Wirkungen der Aufrechnung aufgrund Vertrages
  • 6. Doppelfunktion des vertraglich begründeten Aufrechnungsrechts
  • 7. Rechtsnatur der Aufrechnung aufgrund Vertrages
  • V. Die vertragliche Aufrechnung aufgrund eines Aufrechnungsvorvertrages
  • 1. Gegenstand und Zulässigkeit des Aufrechnungsvorvertrages
  • 2. Wirkungen und Funktionen
  • 3. Bedeutung des Aufrechnungsvorvertrages
  • VI. Die Verrechnung im Kontokorrent als wichtigste Sonderform der Aufrechnungsvereinbarungen
  • 1. Begriff und praktische Relevanz des Kontokorrents
  • 2. Funktionen des Kontokorrents
  • 3. Das Kontokorrent als Institut des bürgerlichen Rechts
  • 4. Rechtstechnische Konstruktion des Kontokorrentverhältnisses
  • a) Geschäftsvertrag
  • b) Kontokorrentabrede
  • c) Verrechnungsvertrag
  • d) Feststellungs- und Anerkenntnisvertrag über den Saldo
  • 5. Rechtsnatur der Kontokorrentverrechnung
  • 6. Beendigung des Kontokorrents
  • VII. Zwischenergebnis
  • B. Die Erhaltung von vertraglich vereinbarten Aufrechnungen in der Insolvenz und der Einzelzwangsvollstreckung
  • I. Die Anerkennung vertraglich vereinbarter Aufrechnungen in der Insolvenz nach § 94 InsO
  • 1. Überblick über die Regelungen der §§ 94 ff. InsO
  • 2. Norminhalt des § 94 InsO
  • 3. Grundsätzliche Wirksamkeit vollzogener vertraglicher Aufrechnungen
  • 4. Anerkennung von vertraglich vereinbarten Aufrechnungsmöglichkeiten im eröffneten Insolvenzverfahren gemäß § 94 Alt. 2 InsO
  • a) Vereinbarungen über Aufrechnungsvoraussetzungen
  • b) Aufrechnungen durch Vertrag
  • aa) Antizipierte Aufrechnungsverträge über künftige Forderungen sowie Verrechnungsverträge im Kontokorrentverhältnis
  • bb) Bedingte Aufrechnungsverträge über bereits entstandene Forderungen
  • 5. Einfluss der Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Eröffnungsverfahren auf die Wirksamkeit von Aufrechnungsvereinbarungen
  • II. Die Wirksamkeit von vertraglich vereinbarten Aufrechnungen gegenüber Pfändungen der betreffenden Schuldnerforderung
  • 1. Priorität vorheriger Pfändungen der zur Aufrechnung gestellten Forderungsrechte
  • 2. Fortbestand von bereits erfolgten vertraglichen Aufrechnungen
  • 3. Aufrechterhaltung noch nicht vollzogener Aufrechnungsmöglichkeiten
  • a) Antizipierte Aufrechnung durch Vertrag und bedingter Aufrechnungsvertrag
  • b) Aufrechnung aufgrund eines Aufrechnungsvoraussetzungsvertrages
  • c) Verrechnung im Kontokorrent
  • C. Resümee
  • Kapitel 3. Der Geltungsumfang des Aufrechnungsverbots nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO und seine Bedeutung für die vorliegende Untersuchung
  • A. Geltung des Aufrechnungsverbots nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO im Hinblick auf vertraglich vereinbarte Aufrechnungen
  • I. Inhalt des Aufrechnungsverbots nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
  • II. Anwendbarkeit auf vor Insolvenzeröffnung vollendete Aufrechnungen
  • III. Geltung im Hinblick auf vertraglich vereinbarte Aufrechnungsbefugnisse
  • IV. Analoge Anwendung auf Aufrechnungen durch Vertrag sowie Verrechnungen im Kontokorrent
  • B. Verhältnis von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu den Vorschriften der Insolvenzanfechtung
  • C. Resümee mit Folgerungen für den weiteren Fortgang der Untersuchung
  • Kapitel 4. Die anfechtbare Rechtshandlung bei vertraglichen Aufrechnungen nach der InsO und dem AnfG
  • A. Die Rechtshandlung i.S.d § 129 InsO bei vertraglich geschaffenen Aufrechnungsbefugnissen und bei Herbeiführung einer Aufrechnung durch Vertrag
  • I. Allgemeines
  • 1. Begriff der Rechtshandlung
  • 2. Wirtschaftliche Betrachtungsweise der zugrundeliegenden Vorgänge
  • 3. Rechtshandlung und Gegenstand der Insolvenzanfechtung
  • II. Die anfechtungsrelevante Rechtshandlung bei vertraglicher Herstellung einer Aufrechnungsmöglichkeit
  • 1. Überblick
  • 2. Die Gesamtvorgangslehre im Aufrechnungsrecht
  • a) Der Gesamtvorgang der Forderungstilgung als anfechtbare Rechtshandlung
  • b) Der Gesamtvorgang der Vermögensübertragung bei Begründung einer aufzurechnenden Forderung durch die Veräußerung von Schuldnervermögen
  • c) Andere Fälle einer Verbindung mehrerer Rechtshandlungen zu einem einheitlichen anfechtungsrechtlichen Gesamtvorgang
  • d) Kritik
  • aa) Die Problematik der Gesamtvorgangslehre im Allgemeinen
  • bb) Folgerungen für die Annahme eines Gesamtvorganges bei Veräußerung von Gegenständen des Schuldnervermögens
  • cc) Einwände gegen die Definition der Aufrechnung als Gesamtvorgang
  • 3. Die Einzelbetrachtung der heute h.M. als zutreffender Ansatz zur Bestimmung der anzufechtenden Rechtshandlung
  • III. Das Spektrum der als Rechtshandlung in Betracht kommenden Einzelakte bei Aufrechnungen auf vertraglicher Grundlage und bei Verrechnungen im Kontokorrent
  • 1. Aufrechnung durch Vertrag
  • 2. Aufrechnung aufgrund eines Aufrechnungsvoraussetzungsvertrages
  • 3. Das Bewirken der Fälligkeit der Gläubigerforderung und das Werthaltigmachen der Schuldnerforderung als weitere anfechtungsrelevante Rechtshandlungen
  • 4. Kontokorrentverrechnung
  • 5. Begrenzung der Anfechtung auf separate Rechtsfolgen einer einzigen Rechtshandlung
  • IV. Zwischenergebnis
  • B. Das Vorliegen einer Rechtshandlung des Schuldners i.S.d. § 1 Abs. 1 AnfG bei vertraglich vereinbarten Aufrechnungen
  • I. Die Rechtshandlung im Rahmen der Gläubigeranfechtung
  • II. Das Hauptproblem der Gläubigeranfechtung: Die Bestimmung der anfechtungsrelevanten Rechtshandlung bei vertraglich vereinbarten Aufrechnungen
  • 1. Die bisherige Judikatur des BGH zur anfechtbaren Rechtshandlung bei Anfechtung von vertraglich geschaffenen Aufrechnungsmöglichkeiten sowie zu diesem Tatbestandsmerkmal im Allgemeinen
  • a) Urteil vom 2. Juni 1959 – VIII ZR 182/58: Erlangung einer Aufrechnungsmöglichkeit durch Veräußerung von Vermögensgegenständen an den Schuldner
  • b) Urteil vom 16. Mai 1979 – VIII ZR 156/78: Begründung einer Aufrechnungsmöglichkeit zugunsten eines Dritten durch Verkauf eines Vermögensgegenstands des Schuldners
  • c) Urteil vom 19. November 1998 – IV ZR 116/97: Aufrechnung durch Vertrag bezüglich einer Forderung des Vollstreckungsschuldners aus der gleichzeitigen Veräußerung eines Vermögenswerts der späteren Vollstreckungsmasse
  • d) Urteil vom 23. Oktober 2008 – IX ZR 202/07: Zweite Entscheidung zur Anfechtbarkeit von seitens des Schuldners vereinbarten vertraglichen Aufrechnungen einer Forderung aus der zugleich erfolgten Veräußerung ihm gehörender Vermögenswerte
  • e) Die Interpretation der anfechtbaren Rechtshandlung als Gesamtvorgang durch die Judikatur in anderen Bereichen
  • f) Nunmehrige Abweichung des BGH von den bisherigen Grundsätzen in seiner Entscheidung vom 26. Januar 2012 – IX ZR 99/11
  • 2. Die Interpretation des Tatbestandsmerkmals der anfechtbaren Rechtshandlung in der Literatur
  • a) Stellungnahmen im Schrifttum zur Anfechtbarkeit konsensualer Aufrechnungen
  • b) Die differierenden Auffassungen zur Reichweite des Rechtshandlungsbegriffs im Allgemeinen
  • 3. Folgerungen aus der bisherigen Rechtsprechung und h.L. für die Anfechtbarkeit der verschiedenen Varianten von konsensualen Aufrechnungen im Allgemeinen
  • a) Die Tilgung der Schuldnerforderung als Gesamtvorgang
  • b) Die Veräußerung eines Vermögenswerts des Schuldners als Gesamtvorgang
  • 4. Kritische Stellungnahme
  • a) Die par conditio creditorum als untauglicher Differenzierungsgrund zwischen Insolvenz- und Gläubigeranfechtung
  • b) Einwände gegen eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Rechtshandlung aus § 1 Abs. 1 AnfG im Sinne eines Gesamtvorgangs
  • c) Die Einzelbetrachtung als zutreffender Maßstab zur Bestimmung der anfechtbaren Rechtshandlung bei konsensualen Aufrechnungen
  • III. Die im Rahmen der Gläubigeranfechtung in Betracht kommenden Einzelakte bei vertraglich vereinbarten Aufrechnungen
  • 1. Grundsätzliche Beschränkung der Gläubigeranfechtung auf Rechtshandlungen des Schuldners
  • 2. Aufrechnung durch Vertrag über bestehende Forderungen
  • 3. Aufrechnung existenter Forderungen aufgrund eines Aufrechnungsvoraussetzungsvertrages
  • 4. Aufrechnungsvereinbarungen über künftige Forderungen
  • a) Allgemeines
  • b) Die Rechtshandlung des Schuldners bei Herbeiführung einer vorab vereinbarten vertraglichen Aufrechnungsmöglichkeit
  • 5. Die geringe Bedeutung des Herbeiführens der Fälligkeit sowie des Werthaltigmachens der Schuldnerforderung
  • 6. Kontokorrentverrechnung
  • a) Die anfechtungsrelevanten Rechtshandlungen im Bereich der Kontokorrentverrechnung
  • b) Auswirkungen des Erfordernisses einer Rechtshandlung des Schuldners
  • 7. Anfechtbarkeit separater Wirkungen einer Rechtshandlung im Rahmen der Gläubigeranfechtung
  • C. Resümee
  • Kapitel 5. Die Gläubigerbenachteiligung durch vertragliche Herbeiführung einer Aufrechnungsmöglichkeit innerhalb und außerhalb der Insolvenz
  • A. Die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch vertragliche Begründung einer Aufrechnungsbefugnis
  • I. Die Erfüllung des Gläubigerbenachteiligungserfordernisses aus § 129 Abs. 1 InsO bei vertraglichen Aufrechnungen
  • 1. Definition der Gläubigerbenachteiligung
  • 2. Die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger bei vertraglicher Aufrechnung
  • a) Generelle Bestimmung der gläubigerbenachteiligenden Wirkungen konsensualer Aufrechnungen
  • b) Eintritt der Gläubigerbenachteiligung und anfechtungsrelevanter Zeitpunkt i.S.d. § 140 Abs. 1 InsO
  • c) Maßgeblicher Zeitpunkt für das Bestehen der Schuldnerforderung
  • d) Verhältnis der vertraglich vorausgesetzten Aufrechnungslage zu einer Aufrechnungsbefugnis nach § 94 S. 1 InsO und einer „Kernaufrechnungslage“ nach § 95 Abs. 1 S. 3 InsO
  • e) Die Erfüllung des Gläubigerbenachteiligungserfordernisses in den einzelnen Varianten der konsensualen Aufrechnung
  • aa) Aufrechnungsvertrag mit Sofortvollzug und bedingter Aufrechnungsvertrag über bestehende Forderungsrechte
  • bb) Vertragliche Vereinbarung einer Aufrechnungsbefugnis
  • cc) Antizipierte Aufrechnung durch Vertrag über künftige Forderungsrechte
  • dd) Verrechnung im Kontokorrent
  • aaa) Erwerb einer Forderung durch den Schuldner bei einem debitorischen Kontokorrent
  • bbb) Erwerb einer Forderung durch den Gläubiger bei einem kreditorischen Kontokorrent
  • f) Die durch vertragliche Aufrechnungen herbeigeführten Arten der Gläubigerbenachteiligung
  • g) Sonderfall: Die Gläubigerbenachteiligung bei Vorliegen einer Leistungswertdifferenz
  • II. Die Auswirkungen von bereits bestehenden Sicherungsrechten für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO
  • 1. Verpfändung der Forderung des Schuldners an den Aufrechnungsgegner
  • a) Allgemeines
  • b) Das AGB-Pfandrecht der Kreditinstitute
  • aa) Bestellung des AGB-Pfandrechts
  • bb) Vereinbarkeit mit den Abreden des Kontokorrentverhältnisses
  • cc) Anfechtbarkeit des AGB-Pfandrechts
  • 2. Sicherungs- und Globalzessionen zugunsten des aufrechnungsberechtigten Gläubigers
  • a) Allgemeines
  • b) Ausschluss der Gläubigerbenachteiligung bei Zession der Valutaforderung
  • c) Benachteiligung der Insolvenzgläubiger bei Veräußerung eines sicherungsübereigneten Gegenstands an den Sicherungsnehmer bzw. einen Dritten
  • III. Zwischenergebnis
  • B. Die Benachteiligung der Befriedigungsmöglichkeiten des Vollstreckungsgläubigers bei im Konsens vorgenommenen Aufrechnungen
  • I. Die Erfüllung des Gläubigerbenachteiligungserfordernisses i.S.d § 1 Abs. 1 AnfG bei vertraglicher Aufrechnung
  • 1. Das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerbenachteiligung nach § 1 Abs. 1 AnfG
  • 2. Die Benachteiligung der Befriedigungsmöglichkeiten des Vollstreckungsgläubigers bei konsensualer Aufrechnung
  • a) Allgemeine Einordnung der vertraglichen Aufrechnungen unter das Tatbestandserfordernis der Gläubigerbenachteiligung
  • b) Gläubigerbenachteiligung durch vertragliche Aufrechnungen und Vornahmezeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung i.S.d. § 8 Abs. 1 AnfG
  • c) Das eigentliche Problem für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung bei konsensualen Aufrechnungen nach dem AnfG: Der für die Vermögenszugehörigkeit der Schuldnerforderung relevante Zeitpunkt
  • aa) Das von Teilen der Literatur angenommene Erfordernis einer vorherigen Zugehörigkeit des weggegebenen Gegenstandes zum Schuldnervermögen
  • bb) Folgerungen für die Anfechtbarkeit vertraglicher Aufrechnungen
  • cc) Kritische Würdigung
  • d) Wegfall der Gläubigerbenachteiligung bei Bestehen eines gesetzlichen Aufrechnungsrechts oder einer „werdenden Aufrechnungsbefugnis“ i.S.d. § 392 BGB
  • e) Einordnung der verschiedenen Varianten der vertraglichen Aufrechnung unter das Gläubigerbenachteiligungserfordernis aus § 1 Abs. 1 AnfG
  • aa) Aufrechnungsvertrag mit Sofortvollzug und bedingter Aufrechnungsvertrag über bestehende Forderungsrechte
  • bb) Vertragliche Vereinbarung einer Aufrechnungsbefugnis
  • cc) Antizipierte Aufrechnung durch Vertrag über künftige Forderungsrechte
  • dd) Verrechnung im Kontokorrent
  • aaa) Erwerb einer Forderung durch den Schuldner bei einem debitorischen Kontokorrent
  • bbb) Erwerb einer Forderung gegen den Schuldner in einem kreditorischen Kontokorrent
  • f) Abgrenzung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Gläubigerbenachteiligung
  • g) Der Sonderfall des Vorliegens einer Leistungswertdifferenz in der Gläubigeranfechtung
  • II. Ausschluss der Gläubigerbenachteiligung durch das Bestehen von Sicherungsrechten
  • 1. Verpfändung der Schuldnerforderung an den nachmaligen Anfechtungsgegner
  • 2. Sicherungs- und Globalzessionen zugunsten des aufrechnungsberechtigten Gläubigers
  • C. Resümee
  • Kapitel 6. Die Erfüllung der besonderen Anfechtungsvoraussetzungen durch vertraglich vereinbarte Aufrechnungsmöglichkeiten
  • A. Einordnung unter die einzelnen Tatbestände der Insolvenzanfechtung
  • I. Anfechtbarkeit nach den §§ 130 und 131 InsO
  • 1. Einordnung der Begründung einer vertraglichen Aufrechnungsmöglichkeit als kongruente bzw. inkongruente Deckung
  • a) Die von weiten Teilen der Literatur grundsätzlich angenommene Kongruenz erlangter Aufrechnungslagen
  • b) Die vereinzelt zur Kontokorrentverrechnung vertretene Gegenauffassung einer regelmäßigen Inkongruenz
  • c) Die differenzierte Lösung der h.L.
  • d) Abwägung der unterschiedlichen Auffassungen und eigener Ansatz
  • aa) Inkonsistenzen der h.L.
  • bb) Die nur partiell zutreffende Gleichsetzung des Eintritts der Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage mit der Gewährung einer Befriedigung
  • cc) Der Anspruch auf die Aufrechnungs- oder Verrechnungsmöglichkeit als dem Grunde nach zutreffender Ausgangspunkt für die Abgrenzung der Deckungsalternativen
  • dd) Folgerungen für die Deckungsqualität der einzelnen Varianten der konsensualen Aufrechnung
  • 2. Die Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs nach § 142 InsO auf vertraglich begründete Aufrechnungsbefugnisse
  • a) Definition des Bargeschäfts
  • b) Geltungsumfang der Bargeschäftsausnahme
  • aa) Gegenwärtiger Meinungsstand
  • bb) Kritische Betrachtung
  • c) Einordnung der verbleibenden Varianten der konsensualen Aufrechnungen unter die Voraussetzungen des § 142 InsO
  • aa) Keine Erfüllung des Bargeschäftstatbestandes durch die antizipiert vereinbarte Aufrechnungsmöglichkeit als solche
  • bb) Die Aufrechnung aufgrund vorheriger Vereinbarung als Leistung des Schuldners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages
  • d) Der Bargeschäftscharakter von Verrechnungen im Bankkontokorrent bei Zulassung von Verfügungen über den Verrechnungsbetrag
  • aa) Die unterschiedlichen Auffassungen zum Vorliegen eines Bargeschäfts
  • bb) Bewertung der differierenden Ansätze
  • 3. Verhältnis zur Anfechtung nach § 132 InsO
  • II. Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO bei Begründung einer vertraglichen Aufrechnungsmöglichkeit
  • 1. Die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung im Allgemeinen
  • 2. Die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners bei im Konsens geschaffenen Aufrechnungsmöglichkeiten
  • a) Aufrechnung durch Vertrag und aufgrund Vertrages
  • b) Herstellung einer Verrechnungslage im Bankkontokorrent
  • 3. Die Kongruenz bzw. Inkongruenz der mit einer vertraglichen Aufrechnungsmöglichkeit erlangten Deckung als Beweisanzeichen für die Erfüllung des subjektiven Anfechtungstatbestandes
  • a) Die Inkongruenz als starkes Beweisanzeichen für das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes
  • b) Die Erfordernisse an den Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes trotz Kongruenz
  • aa) Gegenwärtiger Meinungsstand in Schrifttum und Judikatur
  • bb) Kritische Stellungnahme
  • aaa) Generelle Erfüllung des Vorsatzerfordernisses durch kongruente Deckungen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bzw. ihres Drohens
  • bbb) Gründe für eine Korrekturbedürftigkeit des Ergebnisses
  • ccc) Lösung mittels einer teleologischen Reduktion der Vorsatzanfechtung durch das Erfordernis eines unlauteren Verhaltens
  • cc) Auswirkungen der aktuell beabsichtigten Reform des Rechts der Vorsatzanfechtung für die hier vertretene Auffassung
  • 4. Anwendbarkeit der Beweislastumkehr des § 133 Abs. 2 InsO
  • a) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch Vertrag
  • b) Entgeltlichkeit der vertraglichen Aufrechnung
  • c) Folgerungen für die Anwendbarkeit der Beweislastumkehr
  • III. Die untergeordnete Relevanz der Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO
  • B. Die vertragliche Aufrechnung unter dem Blickwinkel der besonderen Anfechtungsvoraussetzungen des AnfG
  • I. Die Anfechtung vertraglicher Aufrechnungen wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 3 Abs. 1 AnfG
  • 1. Überblick
  • 2. Der Beweiswert der Kongruenz bzw. Inkongruenz vertraglicher Aufrechnungen im Recht der Gläubigeranfechtung
  • a) Das in der Anfechtung nach dem AnfG gleichfalls starke Beweisanzeichen der Inkongruenz
  • b) Die auch im Bereich der Gläubigeranfechtung für die Anfechtbarkeit kongruenter Deckungen zusätzlich zu fordernde Voraussetzung eines unlauteren Verhaltens
  • 3. Einordnung der konsensualen Aufrechnungen unter die Vorschrift des § 3 Abs. 2 AnfG
  • II. Die wiederum geringe Bedeutung des Tatbestandes der Schenkungsanfechtung
  • C. Resümee
  • Kapitel 7. Die Rechtsfolgen der Anfechtbarkeit von vertraglich geschaffenen Aufrechnungsmöglichkeiten
  • A. Die Wirkungen der insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit von konsensualen Aufrechnungen
  • I. Unzulässigkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
  • II. Die Verjährung der schuldnerischen Forderung bei insolvenzrechtlich unzulässiger Aufrechnung
  • III. Verhältnis der Unzulässigkeit einer Aufrechnung zur Anfechtung der Sachleistung bei Veräußerungen von Schuldnervermögen
  • B. Die Folgen der Anfechtung vertraglicher Aufrechnungen nach dem AnfG
  • I. Einredeweise Geltendmachung der Anfechtbarkeit gemäß § 9 AnfG
  • II. Das Schicksal der Forderung des Anfechtungsgegners
  • III. Verhältnis zur Anfechtung der Erfüllungsleistung bei Veräußerung von Gegenständen des Schuldnervermögens
  • C. Resümee
  • Zusammenfassung
  • A. Allgemeines Verhältnis von Gläubiger- und Insolvenzanfechtung
  • B. Varianten der konsensualen Aufrechnung und ihre Wirksamkeit in Insolvenz und Vollstreckung
  • C. Anfechtbarkeit der vertraglich vereinbarten Aufrechnungen unter dem Blickwinkel der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen
  • D. Einordnung der konsensualen Aufrechnungen unter die Anfechtungstatbestände der InsO und des AnfG
  • E. Anfechtungsfolgen nach der InsO und dem AnfG
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Einleitung

A. Thematik und Gang der Untersuchung

Unter dem Begriff der Aufrechnung versteht man im Wesentlichen die wechselseitige Tilgung einander gegenüberstehender Forderungsrechte, welche ohne reale Leistungserbringung die Erfüllung eigener Verbindlichkeiten unter gleichzeitiger Durchsetzung eigener Forderungen erlaubt und damit das Erlöschen der beiderseitigen Leistungspflichten bewirkt1. Von großer praktischer Relevanz ist dabei vor allem die vertraglich vereinbarte Aufrechnung, denn unabhängig vom Vorliegen eines gesetzlichen Aufrechnungsrechts besteht überall dort, wo gegenseitige Zahlungen zu leisten sind, für die Beteiligten ein Bedürfnis dahingehend, die betreffenden Forderungsrechte zu saldieren und auf diese Weise den Zahlungsverkehr zu vereinfachen2.

Die gesetzliche oder vertragliche Aufrechnung gewährt dem Gläubiger aufgrund der durch sie vermittelten, relativ einfachen Möglichkeit, vermögenswerte Forderungen des Schuldners ohne tatsächliche Erfüllung zum Erlöschen zu bringen, eine besonders privilegierte Rechtsposition. Das Aufrechnungsrecht schafft damit aber auch einen deutlichen Anreiz, durch entsprechende Rechtsgestaltungen einem Gläubiger eine Aufrechnungsbefugnis im eben genannten Sinn zu eröffnen, weshalb den Aufrechnungen zugleich a priori der Verdacht etwaiger Gläubigerbenachteiligungen im Sinne der §§ 129 InsO bzw. 1 AnfG anhaftet3. Dies gilt zunächst für die gesetzliche Aufrechnung nach den §§ 387 ff. BGB, ist aber umso mehr für die Aufrechnung durch oder aufgrund eines Vertrages anzunehmen, da die Parteien hier weitgehend nicht einmal an die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen des Aufrechnungsrechts gebunden sind. Trotz ihrer großen praktischen Bedeutung und dem ihr innewohnenden erheblichen Potential zur Vornahme gläubigerbenachteiligender Rechtsgestaltungen hat die vertraglich vereinbarte Aufrechnung – mit Ausnahme der Kontokorrentverrechnung – im anfechtungsrechtlichen Schrifttum bislang keine große Beachtung gefunden, wohingegen die Anfechtbarkeit gesetzlicher Aufrechnungen wenigstens im Hinblick auf das Insolvenzrecht ganz überwiegend geklärt sein dürfte.

Die nachfolgende Untersuchung will diese Lücke für den Bereich der konsensualen Aufrechnung schließen, also die Voraussetzungen ihrer Anfechtbarkeit nach den Regelungen des Insolvenz- und Gläubigeranfechtungsrechts erläutern und bezüglich der sich in diesem Zusammenhang stellenden Rechtsprobleme dogmatisch ← 33 | 34 → begründete Lösungswege aufzeigen. Den Anlass gab dabei eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 20084, in welcher zur Anfechtung einer Verrechnungsabrede nach dem AnfG festgestellt wurde, dass eine Verrechnungsvereinbarung „jedenfalls dann“ keine selbständig gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung darstelle und daher nicht isoliert anfechtbar sei, wenn der Anfechtungsgläubiger zu keiner Zeit erfolgreich in die Forderung des Vollstreckungsschuldners hätte vollstrecken können. Das Ergebnis dieser Entscheidung wurde bisweilen zu Recht als „verblüffend“ bezeichnet5, da es geradezu diametral in Widerspruch zur Rechtslage im Insolvenzanfechtungsrecht steht. Dort ist für die Aufrechnung spätestens seit Einführung des Aufrechnungsverbots des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO zumindest dem Grunde nach geklärt, dass die Herstellung einer Aufrechnungslage für sich genommen als gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung anzusehen ist, weshalb es prima facie durchaus etwas verwunderlich erscheinen muss, dass in der Anfechtung nach dem AnfG etwas gänzlich anderes gelten soll. Die Kernfrage, die sich in dieser Arbeit stellt, ist daher, inwieweit in der Gläubigeranfechtung bezüglich der vertraglichen Aufrechnung tatsächlich von den Grundsätzen des Insolvenzanfechtungsrechts abgewichen werden muss und ob es auch im Bereich der Anfechtung nach dem AnfG Konstellationen gibt, in denen im Sinne der vorgenannten Entscheidung „jedenfalls“ von einer Anfechtbarkeit der vertraglichen Aufrechnung als solcher ausgegangen werden darf. Diese Frage lässt sich indes nur dann sinnvoll beantworten, wenn dabei auch untersucht wird, ob der für das Insolvenzanfechtungsrecht gemeinhin angenommene Fokus auf die Herstellung der Aufrechnungslage hinsichtlich der vertraglichen Aufrechnung überhaupt zutrifft oder nicht schon dort bisweilen eine isolierte Anfechtbarkeit zu verneinen ist.

Neben diesem sich im Rahmen der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen nach den §§ 129 Abs. 1 InsO und 1 Abs. 1 AnfG stellenden Kernproblem, gilt es in Bezug auf die Anfechtbarkeit konsensualer Aufrechnungen für beide Anfechtungsinstitute noch eine Reihe weiterer Rechtsfragen einer Lösung zuzuführen. So ist für den Fall der selbständigen Anfechtbarkeit der Herstellung einer Aufrechnungslage zudem zu eruieren, worin bei den verschiedenen Typen der vertraglichen Aufrechung jeweils konkret die für die Anfechtung maßgebliche Rechtshandlung zu sehen ist. Des Weiteren lässt sich die Frage der Anfechtbarkeit vertraglich vereinbarter Aufrechnungen nur dann vollumfänglich entscheiden, wenn über die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen hinaus ebenfalls die einzelnen Anfechtungstatbestände der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung mit in den Blick genommen werden. Hier ist vor allem fraglich, ob die einzelnen Varianten der konsensualen Aufrechnung in Bezug auf die besondere Insolvenzanfechtung als kongruente oder als inkongruente Deckungen anzusehen sind und inwieweit diese der Vorsatzanfechtung nach den §§ 133 InsO und 3 AnfG unterliegen können. Im Anschluss an die Feststellung der ← 34 | 35 → Anfechtbarkeit vertraglicher Aufrechnungen sind noch die diesbezüglichen Rechtsfolgen zu klären, was insbesondere für den Bereich der Gläubigeranfechtung gilt, da es dort an einer dem Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entsprechenden Spezialregelung fehlt.

Die Untersuchung nähert sich den eben dargestellten Rechtsfragen, indem im ersten Kapitel zunächst über die in den zentralen Normen auszumachende Wortlautidentität hinaus das historische und teleologische Verhältnis der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung erörtert wird, um feststellen zu können, inwieweit generell eine identische Auslegung beider Anfechtungsinstitute erforderlich ist bzw. Differenzierungen zwischen selbigen zulässig und geboten sind. Im zweiten Kapitel wird die vertragliche Aufrechnung näher beleuchtet und deren unterschiedliche Typen einschließlich der Kontokorrentverrechnung als ihrem bedeutendsten Sonderfall dargestellt, was insbesondere deshalb notwendig ist, weil die konsensuale Aufrechnung in unserer Zivilrechtsordnung keine Kodifikation erfahren hat und eine dogmatisch saubere Aufarbeitung ihrer Anfechtbarkeit aber nur bei Kenntnis ihrer zivilrechtlichen Grundlagen gelingen kann. Gleichzeitig schlägt dieses Kapitel auch die Brücke zur nachfolgend vorzunehmenden Untersuchung der Anfechtung vertraglicher Aufrechnungen als solcher, indem in einem zweiten Teil überdies die Wirksamkeit der verschiedenen Varianten der vertraglichen Aufrechnung in der Insolvenz und in der Einzelzwangsvollstreckung erläutert wird. Denn es kann ein Bedürfnis nach ihrer Beseitigung im Wege der Gläubiger- bzw. Insolvenzanfechtung grundsätzlich nur dann bestehen, wenn diese überhaupt Rechtswirkungen gegenüber der Insolvenz- oder Vollstreckungsmasse entfalten. Bevor sich die Arbeit allerdings der Anfechtung konsensualer Aufrechnungen selbst zuwenden kann, hat sich diese in einem kurzen dritten Kapitel noch mit der im Insolvenzrecht bestehenden Sonderregelung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, welche bei anfechtbarer Herstellung einer Aufrechnungslage ein Aufrechnungsverbot statuiert, zu befassen und deren Anwendbarkeit auf vertraglich vereinbarte Aufrechnungen sowie deren Bedeutung für die Anfechtbarkeit derselben zu klären. Dies ist vor allem deshalb erforderlich, weil ohne Ermittlung des Geltungsumfanges dieser Vorschrift für das Insolvenzrecht gar nicht klar wäre, welchen Regelungen die Anfechtung konsensualer Aufrechnungen unterliegt und in Bezug auf welche Anfechtungsvoraussetzungen insoweit eine Gegenüberstellung der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung vorgenommen werden kann.

Im Zentrum der vorliegenden Abhandlung steht alsdann die in den Kapiteln vier und fünf erfolgende Untersuchung der Anfechtbarkeit vertraglicher Aufrechnungen unter dem Blickwinkel der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen nach den §§ 129 Abs. 1 InsO und 1 Abs. 1 AnfG, also der Tatbestandsmerkmale der Rechtshandlung einerseits und der Gläubigerbenachteiligung andererseits. Mit dieser Untersuchung wird zugleich die oben dargestellte Kernfrage einer Lösung zugeführt werden können, inwieweit in der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung eine isolierte Anfechtung vertraglicher Aufrechnungen in Betracht kommen kann. Das nachfolgende sechste Kapitel widmet sich der Einordnung der konsensualen Aufrechnung unter die einzelnen Anfechtungstatbestände der InsO und des AnfG ← 35 | 36 → und ermöglicht damit eine abschließende Aussage über deren Anfechtbarkeit unter beiden Anfechtungsinstituten. Am Ende der Arbeit steht in Kapitel sieben die Untersuchung der Rechtsfolgen der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung, durch welche der thematische Kreis der Anfechtung vertraglich vereinbarter Aufrechnungen geschlossen werden kann.

B. Terminologische Festlegungen

Vor Beginn der Untersuchung erscheinen allerdings für das Anfechtungsrecht einerseits sowie die vertragliche Aufrechnung andererseits noch einige begriffliche Klarstellungen angezeigt, da in diesen beiden Bereichen bisweilen ein ganz unterschiedliches Verständnis bezüglich der grundlegenden Termini vorherrscht.

I. Zum Begriff der Gläubigeranfechtung

Der Begriff der „Gläubigeranfechtung“ wird von Teilen der Literatur in einem umfassenden Sinn sowohl für die Anfechtung nach der InsO als auch diejenige nach dem AnfG gebraucht6, was seine Rechtfertigung darin findet, dass nicht allein die Anfechtung außerhalb der Insolvenz, sondern letztlich beide Anfechtungsinstitute zugunsten der Gläubiger – seien es diese in ihrer Gesamtheit oder ein einzelner Vollstreckungsgläubiger – erfolgen. In der Literatur wird hingegen überwiegend von einer „Gläubigeranfechtung“ nur in Bezug auf die Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens gesprochen und für die Anfechtung nach der InsO ausschließlich den Terminus der „Insolvenzanfechtung“ verwendet7. Obgleich die erstgenannte Sichtweise aus dem eben angeführten Grund zweifellos ihre Berechtigung hat, erlaubt das engere Begriffsverständnis eine klarere terminologische Abgrenzung beider Anfechtungsinstitute, weshalb in dieser Untersuchung der Terminus der „Gläubigeranfechtung“ oder auch „Einzelgläubigeranfechtung“ allein für die Anfechtung nach dem AnfG reserviert bleiben soll.

II. Zur vertraglich vereinbarten Aufrechnung

Die Termini „vertragliche Aufrechnung“, „Aufrechnungsvertrag“, „Aufrechnungsvereinbarung“ oder „Aufrechnungsabrede“ lassen sich grundsätzlich gleichfalls in einem ← 36 | 37 → engeren und in einem weiteren Sinn verstehen8. Als „vertragliche Aufrechnung“, „Aufrechnungsvertrag“, „Aufrechnungsvereinbarung“ oder „Aufrechungsabrede“ im engeren oder eigentlichen Sinn ist dabei der verfügende Aufrechnungsvertrag9 bzw. die Aufrechnung durch Vertrag zu verstehen, also jeder Vertrag, der die unmittelbare oder antizipiert vereinbarte Aufrechnung von wechselseitigen Forderungen der Parteien zum Gegenstand hat10. Demgegenüber erfasst die „vertragliche Aufrechnung“ oder der „Aufrechnungsvertrag“ im weiteren Sinn auch die obligatorischen Aufrechnungsverträge11 oder Verträge über Aufrechnung, wie den Vertrag zur Begründung einer einseitigen Aufrechnungsbefugnis und den Aufrechnungsvorvertrag, die zwar nicht selbst die Aufrechnung herbeiführen, aber dennoch zumindest mittelbar auf die Herbeiführung von Aufrechnungswirkungen abzielen12.

Die Literatur gebraucht den Begriff der „vertraglichen Aufrechnung“ bzw. des „Aufrechnungsvertrages“ größtenteils nur im eben genannten engeren Sinn13, wohingegen teilweise auch die dem weiteren Begriffsverständnis unterfallenden Verträge als „vertragliche Aufrechnung“ oder „Aufrechnungsvertrag“ bezeichnet werden14. Der nachfolgenden Darstellung liegt insofern stets das weite Verständnis der Termini „vertragliche Aufrechnung“, „Aufrechnungsvertrag“, „Aufrechnungsvereinbarung“ und „Aufrechnungsabrede“ zugrunde, da die betreffenden Aufrechnungsverträge jedenfalls mit einer zukünftig erfolgenden Aufrechnung in rechtlicher Beziehung stehen15 und es häufig lediglich eine Frage der Auslegung des zugrundeliegenden ← 37 | 38 → Vertragswerkes ist, welcher Typus der vertraglichen Aufrechnung in concreto gegeben ist. Weit überwiegend wird in der Untersuchung dabei allerdings versucht werden, durch die Bezeichnungen „Aufrechnung durch Vertrag“ oder „Aufrechnung aufgrund Vertrages“ auch terminologisch eine nähere Präzisierung im Sinne der verschiedenen Varianten der vertraglichen Aufrechnung vorzunehmen.

Den Begriff „Aufrechnungsvertrag“ bzw. der „Aufrechnungsvereinbarung“ gilt es des Weiteren auch von den Bezeichnungen „Verrechnungsvertrag“, „Verrechnungsvereinbarung“ und „Verrechnungsabrede“ abzugrenzen, da diese in Literatur und Judikatur höchst uneinheitlich verwendet werden. Ein Teil der Literatur betrachtet den Verrechnungsvertrag bzw. die Verrechnungsabrede als Unterfall des Aufrechnungsvertrages und bezieht den Terminus der „Verrechnung“ bzw. des „Verrechnungsvertrages“ alleinig auf die antizipierte Aufrechnung durch Vertrag16. Insbesondere die spezifisch handelsrechtliche Literatur differenziert hingegen in Anlehnung an die kontokorrentrechtliche Vorschrift des § 355 Abs. 1 HGB zwischen „Aufrechnungsverträgen“ und „Verrechnungsverträgen“ und versteht unter einem „Verrechnungsvertrag“ zwar ebenfalls ein antizipiertes Verfügungsgeschäft, welches indes gleichsam auf Forderungen und Leistungen gerichtet ist17. Das überwiegende Schrifttum bezeichnet entsprechend dem oben dargestellten engen Begriffsverständnis nur die Aufrechnung durch Vertrag als „Aufrechnungsvertrag“ bzw. „Aufrechnungsvereinbarung“18 oder verwendet diese Termini neben denen der „Verrechnungsabrede“ und „Verrechnungsvereinbarung“19. Im Gegensatz dazu wählt die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte nur selten den Begriff der „Aufrechnungsvereinbarung“20, sondern überwiegend die Bezeichnungen „Verrechnungsvertrag“ bzw. „Verrechnungsabrede“21, welche dabei fast ausnahmslos sowohl auf die Aufrechnung bereits bestehender Forderungen als auch auf die im Voraus erklärte Aufrechnung künftiger Forderungen durch Vertrag bezogen werden22. ← 38 | 39 →

Eine eigenständige Bedeutung kommt dem „Verrechnungsvertrag“ bzw. der „Verrechnungsabrede“ dabei allein in oben erwähnter Terminologie des Kontokorrentrechts zu, da er dort zum Ausdruck bringt, dass nicht nur beiderseitige Forderungen, sondern darüber hinaus auch Leistungen der Beteiligten einbezogen werden können23. Im Übrigen lässt sich für den Bereich der Forderungsverrechnung feststellen, dass den Bezeichnungen „Aufrechnungsvertrag“ bzw. „Aufrechnungsabrede“ einerseits und „Verrechnungsvertrag“, „Verrechnungsvereinbarung“ sowie „Verrechnungsabrede“ andererseits in Literatur und Judikatur jedenfalls insoweit ein kongruentes Verständnis zugrunde liegt, als diese Begriffe auf die Aufrechnung existenter oder künftiger Forderungen durch Vertrag bezogen werden. Obgleich es wegen dieses kongruenten Begriffsverständnisses grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden gäbe, beide Begriffspaare im Hinblick auf die vertragliche Aufrechnung bestehender Forderungen sowie die antizipierte Aufrechnung zukünftiger Forderungen nebeneinander zu gebrauchen, erscheint es für die vorliegende Untersuchung angesichts des klaren Wortlauts des § 355 Abs. 1 HGB vorzugswürdig, die Bezeichnung „Verrechnungsvertrag“ bzw. „Verrechnungsabrede“ wie in der kontokorrentrechtlichen Literatur allein für die vertragliche Verrechnung von Forderungen und Leistungen zu verwenden und im Übrigen auf die Termini „Aufrechnungsvertrag“ bzw. „Aufrechnungsabrede“ abzustellen.


1 Arndt, Über den Aufrechnungsvertrag des bürgerlichen Rechts in Theorie und Praxis, S. 7; Dullinger, Handbuch der Aufrechnung, S. 1; Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, S. 225; Gursky, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu §§ 387 ff. Rn. 2, 5 f.; Schade, Über den Aufrechnungsvertrag, S. 9.

2 Schwahn, Der Aufrechnungsvertrag in der Insolvenz, S. 1; mannigfaltige Beispiele hierzu bei Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S. 7 ff.

Details

Seiten
440
ISBN (ePUB)
9783631693070
ISBN (PDF)
9783653062656
ISBN (MOBI)
9783631693087
ISBN (Hardcover)
9783631670538
DOI
10.3726/978-3-653-06265-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (August)
Schlagworte
Aufrechnungsverträge Insolvenzanfechtung Gläubigeranfechtung anfechtbare Rechtshandlung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 440 S.

Biographische Angaben

Markus Johannes Huber (Autor:in)

Markus Johannes Huber studierte Rechtswissenschaft an der Universität Passau und war dort von 2009 bis 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter. Das Rechtsreferendariat absolvierte er von 2013 bis 2015 im Bezirk des Oberlandesgerichts München. Im September 2015 erfolgte seine Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaft.

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