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Dinge, die die Welt bewegen

Zur Kohärenz im frühneuzeitlichen Prosaroman

von Martina Oehri (Autor:in)
©2015 Dissertation X, 283 Seiten

Zusammenfassung

Dinge bewegen die Welt frühneuzeitlicher Prosaromane. Sie werden getauscht, verschenkt, gehen verloren und werden gefunden. In der Melusine wird eine tafel mit der ganzen Familiengeschichte gefunden, Fortuna schenkt Fortunatus im gleichnamigen Roman einen glücksseckel, in der schönen Magelona werden ringe genutzt, um die adlige Herkunft zu beglaubigen, und im Gabriotto und Reinhart dienen rosen Liebenden als heimliches Liebeszeichen. Werden diese Dinge in die Lektüre und Analyse der frühen Prosaromane einbezogen, so zeigt sich, dass ihr Aufbau keineswegs simpel und alleine vom Ende her bestimmt ist, wie ihnen oft vorgeworfen wird, sondern dass diese frühen Romane ganz einfach mit einem anderen Kohärenzsystem arbeiten als mit jenem, welches uns von den hoch artifiziellen höfischen Romanen der hochmittelalterlichen Blütezeit oder von modernen Romanen vertraut ist. In der Auseinandersetzung mit der Melusine, dem Fortunatus, der schönen Magelona und dem Gabriotto und Reinhart zeigt sich, dass jeder dieser Romane auf seine ganz eigene Art und Weise Dinge nutzt, um verschiedene Handlungswelten zu verbinden und Kohärenz herzustellen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Vorwort
  • 1. Einleitung
  • 2. Theoretische Vorbemerkungen
  • 2.1 Dinge als Objekte
  • 2.2 Metonymie – Zum Begriff und zum Phänomen des metonymischen Erzählens
  • 2.3 Evidenz und Präsenz – Kohärenz literarischer Texte
  • 2.4 Zwischenfazit
  • 3. Objekte an Übergängen – Die Generationenromane Melusine und Fortunatus
  • 3.1 Die Melusine Thürings von Ringoltingen
  • 3.1.1 Relevante Forschung
  • 3.1.2 Objekthaftigkeit und Verweiskraft der Schrifttafel
  • 3.1.3 Materialität und Strukturierungspotenzial der Schrifttafel
  • 3.1.4 Macht des Wissens und Erzählschema
  • 3.1.5 Zeitökonomie
  • 3.1.6 Realpräsenz durch Statue: Bote und Botschaft
  • 3.1.7 Genealogie und Kontiguität (Zwischenfazit)
  • 3.1.8 Sperberepisode
  • 3.1.9 Brunnenszene
  • 3.1.10 Fazit
  • 3.2 Fortunatus
  • 3.2.1 Relevante Forschung
  • 3.2.2 Materielles im Fortunatus: Kleinode und Objekte
  • 3.2.3 Klainate als Objekte: Die drei magischen Gegenstände im Fortunatus
  • 3.2.4 Do ich die wal het: Hierarchisierung von Optionen
  • 3.2.5 Ein ‚unmarkiertes‘ Säckel markiert Wendepunkte
  • 3.2.6 die klaynat nit von ainander taillen:Der befolgte/nicht-befolgte Rat
  • 3.2.7 Wiedergewinnung der Objekte mit Objekten
  • 3.2.8 Präsenz und Evidenz (Zwischenfazit)
  • 3.2.9 Schriftdokument: Das Buch mit den Reiseberichten
  • 3.2.10 Höhlenszene
  • 3.2.11 Fazit
  • 3.3 Objekte an Übergängen – Gegenüberstellung
  • 4. Objekte als Formen der Kontinuität – Die Liebesromane Die Schöne Magelona und Gabriotto und Reinhart
  • 4.1 Die Schöne Magelona Veit Warbecks
  • 4.1.1 Relevante Forschung
  • 4.1.2 Objekte machen Leute: Der Ritter mit den silberin schlüsseln
  • 4.1.3 Materialität der Liebesgaben: Die drei Ringe und die goldene Kette
  • 4.1.4 Ringraub und Wiederauffindung
  • 4.1.5 Das Mögliche und das Zufällige
  • 4.1.6 Fazit
  • 4.2 Gabriotto und Reinhart Georg Wickrams
  • 4.2.1 Relevante Forschung
  • 4.2.2 Briefe zwischen Liebenden
  • 4.2.3 Objekte als Boten
  • 4.2.4 Gespiegelte Liebesbeziehungen und -bekundungen
  • 4.2.5 Objekte als Liebeszeichen: Rosenstock und Krone
  • 4.2.6 Kommunikation über Distanz: Modelle der (Liebes-)Kommunikation
  • 4.2.7 Das herausgeschnittene Herz
  • 4.2.8 Fazit
  • 4.3 Objekte als Formen der Kontinuität – Gegenüberstellung
  • 5. Kohärenz im Prosaroman – Übergang und Kontinuität
  • Bibliografie
  • Quellen
  • Forschungsliteratur
  • Reihenübersicht

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Frühjahr 2014 auf Antrag von Prof. Dr. Christian Kiening (Universität Zürich) und Prof. Dr. Susanne Reichlin (Ludwig Maximilian Universität München) als Dissertation angenommen. Der Forschungsstand entspricht diesem Datum, für die Drucklegung wurde die Arbeit leicht überarbeitet.

Mein herzlicher Dank gebührt zuerst meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Kiening, der mir stets den nötigen Freiraum zum Denken und Arbeiten gelassen und mir immer wieder wertvolle Anregungen gegeben hat. Neben dem Erstgutachter danke ich meiner Zweitgutachterin Professorin Dr. Susanne Reichlin für viele wertvolle Hinweise sowie für die Möglichkeit, an der Ludwig Maximilian Universität München mein Projekt vorstellen zu dürfen.

Dr. Cornelia Herberichs bin ich für Ihre stetige Unterstützung und Förderung während meiner Studien- und Promotionszeit zu besonders grossem Dank verpflichtet. Sie hatte wesentlichen Anteil an meinem akademischen Vorankommen und hat mein Interesse für die Mediävistik erst geweckt.

Für die Aufnahme in die Reihe „Deutsche Literatur von den Anfängen bis 1700“ danke ich insbesondere Professorin Dr. Hildegard Elisabeth Keller (Indiana University Bloomington / Universität Zürich).

Daniela Fuhrmann gebührt Dank für ihre kritischen Kommentare zu meinen theoretischen Überlegungen. Die zahlreichen Gespräche auch ausserhalb der Universität waren nicht nur fachlich inspirierend, sondern auch freundschaftlich von grossem Wert für mich. Dem Doktoratsprogramm „Medialität – Historische Perspektiven“ in Zürich danke ich auch für die Finanzierung der Forschungsarbeit, den Mitgliedern für viele spannende Diskussionen. Herzlichen Dank auch an die Doktorierenden an der Ludwig Maximilian Universität München, die insbesondere mein Kapitel zum Fortunatus mit vielen Anregungen bereichert haben. Herzlichen Dank möchte ich auch Patrick Schefczik sagen, der mir beim Korrekturlesen eine ausserordentlich grosse Hilfe war.

Während der Promotionszeit ist dieses Buch für mich gleichsam zu einem Objekt geworden, das mich immer an die Unterstützung erinnern ← 1 | 2 → wird, die ich in dieser Zeit von meinen Freunden und meiner Familie erfahren durfte. Ganz besonderer Dank gebührt dabei Andrea Zinndorf, die mir nicht nur beim Korrekturlesen eine unschätzbare Hilfe war, sondern auch stets ein offenes Ohr für fachliche Fragen und Probleme hatte und zudem immer wieder für die nötige Ablenkung in Zürich, Hamburg und London gesorgt hat.

Auch meinem Partner Nicolas Wüthrich möchte ich für die Unterstützung und sein Verständnis danken, das er insbesondere in der letzten Phase dieses Projektes immer wieder aufbringen musste. Er war mir immer ein hilfreicher Diskussionspartner und hat die Arbeit mit kritischen und unkonventionellen Fragen immer wieder vorangetrieben.

Meinen Eltern möchte ich nicht nur für ihre finanzielle Unterstützung, sondern auch für ihr stetes Interesse an meiner Arbeit und meinem Vorankommen sowie für ihre allzeit offene Haustür Danke sagen! Die (Aus-)Zeiten bei ihnen waren immer sehr erholsam und haben oftmals zu einem produktiven Schreibfluss geführt. Auch meinem Bruder Daniel danke ich für das Gegenlesen und die vielen gemeinsamen Stunden in Zürich, die ich immer sehr genossen habe.

Weiter waren viele Freunde am Fortgang meiner Arbeit interessiert und haben mich mit ihren Nachfragen immer wieder motiviert. Herzlichen Dank euch allen! Namentlich erwähnen möchte ich vor allem Vivek Sant, der wöchentlich für kulinarische Abwechslung gesorgt hat.

Zürich, im Februar
Martina Oehri

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1. Einleitung

Dinge bewegen die Welt der frühneuhochdeutschen Prosaromane. Es sind Dinge wie tafel, seckel, ring und rosen, die in den Handlungswelten dieser Romane eine zentrale Rolle spielen und die von Protagonisten genutzt werden, um aus der Ferne zu kommunizieren und Distanz zu überbrücken. Tafel, seckel, ring und rosen benennen dabei nur wenige Beispiele des materiellen Arsenals frühneuhochdeutscher Prosaromane. In der mediävistischen Forschung hatten aber nicht nur die frühneuhochdeutschen Prosaromane wie Fortunatus, Die Schöne Magelona, Melusine oder auch Gabriotto und Reinhart stets einen schweren Stand, sondern auch die darin enthaltenen Objekte und ihre Bedeutung für die Welt der Protagonisten wurde lediglich als märchenhaft charakterisiert. Unter der Hypothek des Volksbuchbegriffes1 und vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Hochblüte der höfischen Dichtung erschienen die Prosaromane simpel und wortarm, ihr Satzbau schlicht, ihre Komposition kunstlos und ihr Ende absehbar. Früh wurden sie als Verfallsprodukte verschrien2 und schienen der Analyse nicht wert.3 Erst in den 1960er Jahren erfuhren die Prosaromane der frühen Neuzeit Beachtung, insbesondere durch die Fruchtbarmachung der Studie Die Form der Individualität im Roman Lugowskis aus dem Jahre 1932 und wurden im Spannungsfeld von finaler und kausaler Motivation interpretiert.4 Lugowski postuliert zwar immer noch eine Motivation vom Ende her, also eine finale Motivation, doch werde diese immer wieder ← 3 | 4 → durch vorbereitende Motivationen durchbrochen. In der Auseinandersetzung mit Lugowski wurde deutlich, dass eine Orientierung an neuzeitlich-modernen Typen kausal motivierenden Erzählens wenig sinnvoll ist. Ohne der Studie Lugowskis ihre produktive Wirkung abzusprechen, glaube ich, dass eine erneute Betrachtung dieser Romane notwendig ist. Die Prosaromane scheinen in dem Spannungsfeld von kausaler und finaler Motivation nicht aufzugehen, sondern eine andere Art der Kohärenzerzeugung zu verfolgen, die bislang noch nicht zu fassen gelang. Die vorliegende Untersuchung ist ein Versuch sich dieser Art der Kohärenzerzeugung zu widmen, indem die auffallend inszenierten Objekte der Handlungswelten in strukturalistische Überlegungen einbezogen werden. Obwohl keine allgemeingültige Aussage für alle frühneuzeitlichen Prosaromane beansprucht wird, sollen die vier exemplarischen Analysen Anstoss geben, das materielle Repertoire der Romane vermehrt in die jeweilige Lektüre einzubeziehen. Tafeln, Säckel, Ringe und Rosen nehmen nämlich nicht nur im Beziehungsgefüge der Protagonisten eine ganz besondere Rolle ein, sondern sie verbinden Episoden, Räume und Zeiten auf komplexe Weise, indem sie in der Handlungswelt wandern, weitergereicht, gedeutet, benannt oder geliebt werden.

Auffallend oft geraten solche Gegenstände in den Fokus der Handlung dieser Prosaromane und werden insbesondere in Schlüsselszenen augenfällig inszeniert. So durchziehen beispielsweise Objekte die gesamte Handlung des Fortunatus: Fortuna überreicht dem Helden ein Glückssäckel, das nicht nur zum nötigen Reichtum verhilft, sondern gleichzeitig ermöglicht, die ganze Welt zu bereisen. Auf diesen Reisen ergattert der Held ein weiteres Objekt, einen Hut. Dieser bringt ihn an jeden beliebigen Ort der Welt. Und mit dem Ende des Titelhelden, ist die Geschichte der Objekte noch lange nicht zu Ende. Auf dem Sterbebett beschreibt Fortunatus seinen Söhnen das Erbe:

[…]also will ich eüch sagen wie ir eüch halten s*llen nach meinem tod / damit ir bey eeren vnnd gůtt beleyben / als ich biß an mein end beliben byn / vnd sagt yn wie er zway klainat het / den seckel vnd was tugent er het nit lenger dann so lang sy lebten / vnnd auch was tugent das h*tlin het / wie groß gůtt ym der soldan darumb wolt geben haben / vnd beualch jn sy solten die klaynat nit von ainander taillen / vnd solten auch niemand sagen von dem seckel und jn so lieb lassen werden / noch nieman so hold gewünnen / ob sy och weiber überk*men die sy vast liebhaben wurden / noch so s*lten sy yn nichtz von dem seckel sagen / wann so bald das ain mensch innen wurd / so wurden es darnach mer jnnen / wenn es dann also gar auß k*me so satzte man eüch nacht vnnd tag zu / so lang vnd so vil byß man eüch darumb br*chte. Vnnd wißsen das ich den seckel sechtzig iar gehebt hab / vnd hon es kainem ← 4 | 5 → menschen nye gesagt / vnd ir seynd yetzund die ersten / die es auß meinem mund h*ren […]. (Fortunatus, 509, 9–510, 4; Herv. M. O.)5

Die Söhne des Fortunatus werden diese Objekte schliesslich unter sich aufteilen, verlieren, wiedergewinnen, erneut verlieren und wiedergewinnen und am Ende doch einsam sterben bzw. getötet werden. Mit der Bedeutung, welche Fortunatus auf dem Sterbebett den Objekten zuschreibt, wird zugleich der Ausgang der Geschichte der Söhne impliziert.

Ähnlich wird auch in der Melusine ein Objekt als Vermittlungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Generationen eingesetzt. Die Schrifttafel in der Höhle erzählt die gesamte Familiengeschichte, gibt Antworten auf bisher ungestellte und tabuisierte Fragen, löst damit das Rätsel um den Familienursprung und lässt denselben gleichzeitig weiter im Dunkeln.

Dieses ist der durchleüchtig vnd großmechtig künig Helmas mein allerliebster gemahel. der hie begraben leit. […] Vnd ich ließ dieses grab also machen vnd darauff seine gestalt hauwen Darumb das die / die dise tafel ansehen oder lesen sein ingedenck weren / denn darein hat kein mensch mügen kommen Es were dann auch desselbigen geschlechts […] ich pin genant Presine. (Melusine, 138, 8–140, 27)6

Indem die Tafel gerade nicht den eigentlichen Ursprung für das Tabu bekannt gibt, löst sie dennoch das Rätsel um die Herkunft Melusines auf und verbindet die drei Generationen um Presine, Melusine und Goffroy. Und die Geschichte um diesen Ursprung dient ihrerseits wiederum einem französischen Adelsgeschlecht dazu, seinen eigenen Ursprung mit dieser Ursprungsgeschichte zu erhöhen. Die Tafel ist damit nicht nur innerhalb der Erzählung von herausragender Bedeutung, sondern deutet und benennt zugleich auch genealogische Zusammenhänge ausserhalb der Handlungswelt.

Nicht nur in Generationenromanen geben Objekte Zusammenhänge preis, sondern ähnliche Funktion kann auch in Liebesromanen beobachtet werden. So sind in Gabriotto und Reinhart und in Die Schöne Magelona Objekte in zentralen Szenen und in wichtigen Phasen der Liebesbeziehung ← 5 | 6 → inszeniert. Zentral sind die Objekte nicht nur für die Liebespaare selbst, sondern auch für die Kommunikation zwischen den Liebenden und, da Liebe hier nur als Kommunikation (mit und durch Objekte) dargestellt werden kann, auch zentral für die Erzähllogik der Romane.

Die Liebespaare in beiden Romanen nutzen Gegenstände beispielweise, um die Nähe zum abwesenden Geliebten herzustellen:

»Nimm hin jüngling den ballen / unnd wie du mir befahlst also thůihm« der jüngling Gabriotto […] der junckfrawen geschrifft erkennen thet / aller erst ward sein hertz mit tausendfaltigen freüden umbgeben / den brieff zům offtern ma lesen thet / ihn auch als offt / zů tausent malen kusset. (Gabriotto und Reinhart, 54, 18–31; Herv. M. O.)

Die selbenn nacht schlyeff die sch*n Magelona gantz wol / mit ihrem ring / w*lchenn sie zům offtermal küsset / auß grosser liebe mit hertzlichenn seüfftzenn an den Ritter gedenckennd / jhren liebstenn freünt. (Die Schöne Magelona, 613, 28–32; Herv. M. O.)7

Alle diese materiellen Gegenstände, wie sie eben skizziert wurden, heben sich in den Romanen von anderen Dingen in der Handlungswelt ab. [T]afel, seckel, ring und rose sind demnach keine gewöhnlichen Requisiten, sondern sie haben eine Bedeutung – eine Bedeutung für die Handlungswelt selbst, die Protagonisten oder die Erzähllogik. Sie werden bewusst an sozialen oder topographischen Grenzen oder Übergängen inszeniert, die mit deren Hilfe gleichzeitig überwunden werden können. Sie umspielen die Grenze zwischen sinnlicher und haptischer Wahrnehmung, zwischen Gegenständlichem und Sinnlichem, indem sie eben auch eine Bedeutung haben, die ihnen im syntagmatischen Verlauf der Romane erst zugeschrieben wird und die ihnen nicht an sich inhärent zu sein scheint.

Es soll in der vorliegenden Untersuchung nicht darum gehen, frühneuhochdeutsche Prosaromane als kohärent darzustellen, sondern darum, die Möglichkeit einer anderen Art der Kohärenzstiftung zu skizzieren und an vier ausgewählten Beispielen zu präsentieren. Denn die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texte schöpfen ihre Spannung oftmals gerade aus konkurrierenden Textstrategien und Motivationen, darüber ist sich die Forschung einig. ← 6 | 7 →

Obwohl sich für die skizzierte Analyse auch andere frühneuhochdeutsche Prosaromane geeignet hätten,8 habe ich mich bewusst für die bereits genannten vier entschieden: Melusine von Thüring von Ringoltingen, ← 7 | 8 → Fortunatus, Die Schöne Magelona Veit Warbecks und Gabriotto und Reinhart von Georg Wickram. Folgende zwei Gründe leiteten meine Auswahl: Erstens wird mit diesen vier Prosaromanen eine grosse Spannbreite abgedeckt. Einerseits in zeitlicher Hinsicht; das früheste Bespiel, die Melusine wurde 1456 erstmals gedruckt, der jüngste Roman Gabriotto und Reinhart 1551. Andererseits in inhaltlicher Hinsicht, denn es können nicht nur zwei Liebes- bzw. Generationenromane betrachtet, sondern innerhalb dieses Genres auch ganz verschiedene Arten von Objekten beleuchtet werden. Zweitens erscheinen mir diese vier Beispiele am ergiebigsten für eine erste Annäherung an Objekte und ihre mögliche Funktion als Mittel der Kohärenzerzeugung. Dies nicht nur wegen ihrer auffälligen Inszenierung innerhalb der jeweiligen Handlungswelt, sondern auch für eine abschliessende, vergleichende Betrachtung der Objekte in den Prosaromanen bieten sich dies vier Romane an, denn es können nicht nur Parallelen innerhalb eines Genres, sondern auch genreübergreifend festgestellt werden. So findet sich beispielsweise sowohl im Liebesroman Gabriotto und Reinhart wie auch im Generationenroman Melusine auffällig Schrift im Kontext der Objekte, was eine weitere Bedeutungsebene eröffnet.

Details

Seiten
X, 283
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783035108590
ISBN (ePUB)
9783035193657
ISBN (MOBI)
9783035193640
ISBN (Paperback)
9783034316552
DOI
10.3726/978-3-0351-0859-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Juli)
Schlagworte
Fortunatus Warbek Wickrams Metonymie Melusine
Erschienen
Bern, Berlin, Bruxelles, Frankfurt am Main, Oxford, New York, Wien, 2015. X, 283 S., 1 farb. Abb., 2 s/w Abb.

Biographische Angaben

Martina Oehri (Autor:in)

Martina Oehri studierte deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Allgemeine Geschichte und Publizistik in Zürich und Berlin. Nach dem Lizenziat 2011 promovierte die Liechtensteinerin als Mitglied des Doktoratsprogrammes «Medialität – Historische Perspektiven» im NCCR Mediality an der Universität Zürich. Seit 2013 lebt und arbeitet die Autorin in London.

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